03-26-2014, 02:49 AM
Das Feuer brannte lichterloh, denn sie hatten zu den mitgeführten Chemieblöcken alles geworfen was sie hatten finden können, solange es einigermaßen brennbar war. Nun sah die Siedlung seit Jahrhunderten das erste mal wieder von Menschenhand erzeugtes Licht. Auf dem höchsten Turm loderte es, einem Leuchtfeuer gleich.
Die beiden Krieger aus den Reihen der Rasankuri waren nicht zu sehen. Sie hatten die Aufgabe bekommen den Eingang zu bewachen und gegen jedwede Störung abzusichern. Die vier Novizen des Schwarzkünstlers waren die letzte Stunde damit beschäftigt gewesen die Plattform des Turmes akribisch zu säubern. Einst hatte hier eine Antenne in die Höhe geragt, doch Wind und Wetter hatten sie längst bezwungen und ihre Trümmer waren von den Vieren über die Brüstung geworfen wurden. Danach hatten sie sich darangemacht kleinste Bruchstücke aufzulesen und es hätte nur noch gefehlt, dass sie Besen und Schaufel unter ihren Roben hervorholten und die Steine sauber fegten.
In diesem Moment hatten sie ihre Aufräumarbeiten beendet und fingen an komplizierte Muster auf die Steinfliesen zu zeichnen. Dazu bedienten sie mitgebrachter Fettkreide.
Magal kam derweil zu Juliette geschlendert, die mit schwer deutbarer Miene etwas abseits stand und das Geschehen beobachtete.
Der Schwarzkünstler trat neben sie an das Geländer und spähte in die Tiefe. Viel war dort nicht zu sehen, denn die Dunkelheit in den Bergen war in der Tat ausgesprochen allumfassend.
Ich habe ihnen ein Wunder versprochen, meine Teure. Und ich pflege meine Versprechen einzuhalten.
Irgendwo schrie ein Nachtvogel,
Dieser Ort hier ist etwas ganz Besonderes, wissen sie? Wir haben den beschwerlichen Weg nämlich nicht grundlos auf uns genommen. Nicht nur das dieser Platz in idealer Entfernung zum Ziel unseres Fürsten liegt, er weißt darüberhinaus noch ganz spezielle Eigenschaften auf.
Aber das werden sie gleich persönlich begutachten könne. Er drehte sich von dem Abgrund weg und sah sie nun an.
Die Prozedur ist... wie soll ich es ausdrücken... ein wenig delikat. Ich möchte sie daher auf zwei sehr essentielle Bedingungen einschwören.
Die erste ist die, dass sie unter gar keinen Umstanden die Vorgänge stören werden, ganz gleich was sie auch sehen oder hören. Die zweite und diese ist wie die erste für ihre eigene Sicherheit von absoluter Wichtigkeit, ist die, dass sie die hier erst wieder absetzen wenn ich es ihnen sage. Damit hielt er ihr eine Maske hin. Wie jene der Novizen war auch diese weiß und erinnerte an ein angedeutetes Puppengesicht. Wir werden Besucher bekommen, die es nicht gewohnt sind in lebende Gesichter zu sehen und daher bei einem solchen Anblick zu großes Interesse bekunden könnten. Er legte ihr die Maske in die zögerlich ausgestreckte Hand. Also aufsetzen und nicht abnehmen. Magal drückte die Schulter der Imperialen mit väterlicher Jovialität und lächelte sie an. Und jetzt machen wir ein Wunder.
Eifrig ging er in die Mitte, nahe an das Feuer heran und klatschte auffordernd in die behandschuhten Hände.
Wohlan Kinder... tummelt euch. Ein jeder auf seinen Platz. Die letzten Linien wurden gezogen und es ward ersichtlich, dass es sich um ein verschnörkeltes Symbol in der Mitte eines Kreises handelte, dessen Zentrum ein achtstrahliger Stern, mit dem Feuer als absolute Mitte.
Die Anwesenden zogen ihre Masken auf. Fünf weiße, eine goldene!
Der Platz der Novizen fand sich an je einem der Hauptbalken des Sterns, während Magal begann um das Feuer herumzulaufen. Dies tat er sehr bedächtig, in einem genau abgemessenen Zirkel. In der Linken hielt er dabei das Buch, welches bis dato an seinem Gürtel gebaumelt hatte. Nun ruhte es aufgeschlagen in seiner Hand und der Hexer rezitierte dabei laut und vernehmlich. Den Text schien er weitestgehend auswendig zu können und nur ab und an zuckten seine Augen zu den Seiten. Die Worte waren befremdlich. Mal kehlig, so dass es schien einem jeden müsste die Zunge bluten, der sie aussprach. Dann klang das Gesagte fein und geschliffen und schien geradezu von den Lippen zu perlen und wie zarter Glockenschlag in der Nacht nachzuhallen.
Die Novizen wiederholten einige Passagen in einem übereinstimmenden Gemurmel, dann wieder sprachen sie wild durcheinander, in Worten die ihnen Magal nicht vorgegeben hatte.
Für die Außenstehenden, was in diesem Moment genaugenommen nur Juliette war, musst dies einfach nur lächerlich wirken.
In Gohmor gab es sicherlich unzählige Kulte die Ähnliches taten und finstere Mächte anriefen. Sei es das dies zum Erlangen von Macht geschah, aus Langeweile oder einfach um die folgende Orgie auf mystisch verklärte Weise zu rechtfertigen. Meist wurde dabei wohl irgendein unschuldiges Tier geopfert oder wenn es sich um besonders eifrige und wohlhabende Kostümierte handelte, tötete man gar eine arme Seele aus einem der Armenhäuser. Das Resultat dürfte dabei meistens das Gleiche bleiben, nämlich eine ziemliche Schweinerei an Blut und anderen Körpersäften und tote Leitungen zur Anderswelt.
Magal hatte selbst schon an derartigen Veranstaltungen teilgenommen und einen Budenzauber veranstaltet. Wieso einen Tiger entfesseln, wenn man eine Hauskatze als solchen ausgeben konnte?
Hier lag der Fall freilich anders.
Sicher, irgendein selbsternannter Guru oder Priester hätte nicht einmal hier etwas bewirken können. Vielleicht hätten seine Novizen es vermocht eine Präsenz heraufzubeschwören, ohne dabei jedoch genau zu wissen um was es sich handelte. Er konnte jedoch auf einen Erfahrungsschatz zurückgreifen über den diese vier Würmer nicht verfügten. Sie mochten sich für begabt oder gar auserwählt halten, auf jeden Fall aber für bestens vorbereitet. Doch all das waren sie bei Leibe nicht. Ein Meister der seinen Schülern soviel lehrte das sie ihm überlegen waren, war ein törichter Meister.
Ah! jetzt konnte er es spüren.
Sein Geist war aufgefächert, wie das Rad eines Pfau und tief trieb er seine astralen Fingen in den Boden dieser geschundenen Stadt.
Er hatte recht gehabt. Dieser Ort war nicht mit einem Paukenschlag vernichtet wurden wie Rasankur. Hier war das Sterben quälen und voller Pein gewesen und hatte sich lange, lange hingeschleppt. Er konnte es nicht sehen und doch stand es ihm klar vor Augen. Männer in blauen Uniformen, mit silbernen Helmen, von einem roten Federbusch gekrönt. Sie hatten lange gebraucht, bis die Stadt erstürmt war und selbst dann wehrten sich ihre Bewohner verbissen. Die Soldaten waren zornig und voller Angst. Beides betäubten sie mit Gräuel. Zum Ende hin war es ein Rausch. Vergewaltigung, ganz gleich ob die Opfer bereits tot waren. Erschießungen und der Einsatz des Bajonetts. Zwischen Frauen und Männern, Alten und Kindern wurde dabei kein Unterschied gemacht. Dabei waren beide Parteien dem Leichenkaiser ergeben gewesen und nur durch machtpolitische Verwicklungen in feindliche Lager gespalten. So waren es imperiale Soldaten, die die größte Kirche der Stadt erstürmten und den letzten Unterschlupf säuberten. Das Blut rann die Treppen der Kathedrale hinab und die Schreie übertönten das Geräusch der Schüsse und Kettenschwerter.
Magal lächelte mit geschlossenen Augen, während diese Visionen durch seinen Geist zuckten.
Sie liebten solche dramatischen Dinge.
Oh dieser perfekte Ort troff nur so vor Schmerz und Panik.
Magal zerrte sie ans Licht dieser Welt, dieser Zeit. In den Gassen regten sie sich, kamen aus den Häusern und verlassen Ruinen.
Schwarze Schemen, schwärzer als die Nacht und nur sehr grob in die Formen von Menschen gepresst. Wie ein Trauermarsch, in Burkas aus stofflosem Dunkel gehüllt. Tausende dieser unirdsichen Schemen streben auf den Turm zu, auf dessen Spitze das Feuer loderte.
Die beiden Krieger langweilten sich in der Eingangshalle.
Einst musste hier ein wichtiger Platz gewesen sein, denn der Saal bot nicht nur vielen Menschen Platz, er beherbergte auch sechs Aufzugsschächte und zwei Treppenhäuser. Bis auf einen waren die Stahlseile bei allen Fahrstühlen gerissen und die Kabinen lagen verformt und verkeilt auf der untersten Ebene. Einer der Krieger, jener mit der mutierten Haarpracht, saß auf dem Empfangstheke, das Gewehr auf dem Schoss, die Beine frei baumelnd. Sein Kamerad durchsuchte lustlos die angrenzenden Nischen, in denen dereinst Cafes und kleine Läden gewesen sein mussten. Ihm war bewusst das er dort nichts Brauchbares finden würde aber er tat es dennoch. Der Hexer hatte ihnen weder gestattet ein Feuer anzumachen, noch die Masken abzunehmen. Beides nichts was ihrer Laune zuträglich war. Wozu das Un-Anbara tragen wenn es keinen Feind gab, der sich bei dessen Anblick besudelte? Meroch, der die beiden stillen und erfahrenen Spurenleser persönlich ausgesucht hatte, sagte ihnen sie seien Teil einer besonders wichtigen Mission. Das mochte stimmen und gewiss fühlten sie sich geehrt. Aber Ruhm und Beute erlange man nun einmal nur im Kampf und nicht bei Eskortmissionen weitab von jedwedem Schlachten.
Aus der Halle erklang ein kurzer und leiser Pfiff.
Sofort ließ der Rasankuri von seiner Durchsuchung ab und entsicherte die Drachenklaue, während er geduckt hinter der Ecke des Ladens in Deckung ging.
Sein Kamerad hatte seinen Platz verlassen und hocke seinerseits hinter dem Tresen. Auch er hatte die Waffe in der Hand.
Kurz drehte er den Kopf, wobei seine Stachelfrisur wippte. Mit einem schnellen Handzeichen bedeutete er, dass er etwas beim Haupteingang gesehen habe.
Ein Nicken als Antwort.
Er verließ seinen Posten nicht, denn wenn es tatsächlich eine Gefahr war, so konnte er ihr in die Flanke fallen, sobald sie auf seinen Kameraden losging.
Dieser schob in dem Moment die Mündung seines Gewehres über die Theke. Mehr war von dieser Position aus nicht zu sehen.
Dann feuerte er.
Ein Schuss brüllte ohrenbetäubend los, dann noch einer. Der hohe Raum warf das Geräuch mehrfach gebrochen zurück. Das Mündungsfeuer schmerzte in den Augen, obwohl es von dem Dämpfer gemindert wurde. Dann folgte das Klirren der Messinghülsen auf dem Boden.
Keine weiteren Schüsse,
Sie richteten nichts aus gegen die Bewohner der Stadt, welche durch die Tür drängten.
Große und kleine, einige kaum so hoch wie Kleinkinder, glitten lautlos durch die Eingänge. Die beiden Krieger waren keine zimperlichen Zeitgenossen, ganz und gar nicht. Doch sie waren nun wie erstarrt, als diese wogende Menge aus halbdurchsichtigen, schwarzen Phantomen an ihnen vorbei schwebten. Eines der Wesen blieb auf Höhe des einstigen Geschäfts stehen.
Es verharrte, während seine gespenstischen Artgenossen an ihm vorbei oder direkt durch ihn durch zogen. Es näherte sich dem Rasankuri, der wie gelähmt sein Gewehr umklammert hielt und nicht einmal hätte schießen können, wenn er geglaubt hätte dies würde irgendeinen Effekt erzielen. Die Wölbung, die so etwas wie das Haupt des Dinges sein mochte, beugte sich zu ihm herunter.
Etwas schwamm an die Oberfläche.
Ein Gesicht, ein bleiches Gesicht,
Es war eingefallen und verzerrt, vielleicht durch Schmerz, vielleicht durch Wut. Die weißen Augen darin tasteten über die zähnefletschende Maske des Rasankuri, als suchten sie das Anzeichen einer Bewegung. Für einen langen Moment blieb der leblose Blick an den Augen des Kämpfers haften. Denn endlich richtete sich das Geschöpf auf und schloss sich wieder dem Strom Seinesgleichen an.
Das Heer der Phantome hatte sich aufgeteilt und schwebte die Treppenaufgänge empor.
Sehr gut! Sie schwärmten heran wie die Wespen, die Zuckerwasser rochen.
Die ersten standen bereits oben auf der Plattform und mehr und mehr gesellten sich zu ihnen. Das war der leichtere Teil der Übung. Diese Rückstände menschlichen Empfindens waren schwächlich und ohne eigenen Antrieb, genau wie die, die sie vor zweihundert Jahren oder mehr ausgeschieden hatten. Nur die Tatsache, dass sie in einem ekstatischen Reigen der Leids gegangen waren machte sie zu etwas von Nutzen. Gut brennbares Holz, welches er in das Feuer werfen konnte.
Inzwischen drängten sie sich am Rand des Lichtkreises und jene die keinen Platz fanden standen auf den Stufen bis hinab auf die Straße.
Magal indes hatte diese Elendsgestalten für den Moment in den Hintergrund seiner Aufmerksamkeit gestellt. Sein Sinn, jener der den gewöhnlichen Fähigkeiten eines Menschen um soviel überlegen war, sah sich nicht länger an das Fleisch seines Körpers gebunden. Während die Hülle noch immer seine Kreise um das Lagerfeuer zog, war sein Geist auf ganz anderen Pfaden unterwegs.
Er folge der Ballonschnur, wie der Hexer die Stränge scherzhaft nannte. Es waren die Verbindungen der Menschen mit dem Warp. Er konnte jene der beiden Rasankuris sehen, die der Frau aus Gohmor und die seiner Novizen. Letztere waren etwas dicker als die anderen, aber nicht wesentlich. Seiner eigenen folgte er nach oben, auch wenn „oben“ hier eine Wort ohne Bedeutung war. Je weiter er ihr folgte, umso mehr Abzweigungen gingen von dem Strang ab, bis er mehr an ein Spinnennetz erinnerte, denn an eine Schnur.
Schließlich erreichte er sein Ziel. Das brodelnde Alles des Immateriums!
So wunderschön, so gewaltig, so gefährlich!
Farben denen jeglicher Vergleich in der Realität abging. Ein Meer aus Emotionen und absoluter, ungezügelter Energie. Durchschnitten von den Flossen der großen Räuber dieses Ozeans.
Doch genug dieser bemühten Allegorien. Es rief die Arbeit.
Er suchte und fand die Stränge seiner Novizen und verbreiterte sie mühelos. Sofort strömte Urenergie in die Gefäße ihrer flackernden kleinen Seelen. Eine... er glaubte es war Magdalena... brach sofort zusammen. Die Masse war zu viel. Gern hätte Magal ihr gesagt wie enttäuscht er von ihr war, doch ihr Strang flackerte bereits und erlosch. Glücklicherweise hatte sie nicht erkannt was ihr widerfuhr. Das abgestrahlte Entsetzen hätte sonst gewisse Aasfresser anziehen können.
Während die Frau wie vom Donner gerührt nieder fiel und zu atmen aufgehört hatte bevor sie den Boden erreichte, verkrafteten es die anderen besser. Theobald, wankte sichtlich, Namara keuchte, als hätte sie einen Schlag in den Magen bekommen. Julian biss die Zähne zusammen, blieb aber tapfer. Nachdem Magals Ansicht nach genügend Energie gesammelt war, verschloss er die Gefäße seiner Lehrlinge wieder und ließ sich zurück fallen. Es war gefährlich soviel Energie direkt aus dem Warp zu zapfen und er war nicht so lange in der schwarzen Kunst erfolgreich weil er vermeidbare Risiken einging.
Er hatte drei aufgeladene Batterien, die sich für mächtige Hexer, Zauberer, Magier oder sonst was hielten. Das sollte ausreichen.
Er blieb stehen und öffnete die Augen in dem Moment, als er das Buch in der Hand zuschnappen ließ. Von oben ertönte ein verhaltenes Grollen und der Wind hatte spürbar aufgefrischt. Die Phantome wiegten sich hin und her, wie im Rhythmus eben dieses Windes. Noch immer murmelten die Novizen die auferlegten Texte, auch wenn einer ihrer Plätze inzwischen von einer Leiche eingenommen wurde.
Über ihnen zuckte ein Blitz und die Sterne verdunkelten sich.
Wer in diesem Moment nach oben geblickt hätte, der hätte eine überaus abnorme Wolkenbildung beobachten können. Es war nicht wie die Entstehung eines herkömmlichen Unwetters. Auch erschienen die Wolken nicht unvermittelt oder man sah den Zeitraffer einer gewöhnlichen Zusammenballung. Vielmehr hatte es den Anschein, als öffne sich ein Riss und jemand goss Tinte in ein Glas Wasser. Nur das dieses Wasser die bekannte Welt und die Tinte alles andere als Tinte war.
Die Schlieren streben nach allen Seiten in die Realität, während Magal mit unsichtbaren Fingern nach der aufgenommenen Energie Theobalds griff. Er saugte sie aus dem Jüngling heraus und schleuderte sie direkt in den Riss.
Dieser dehnte sich weiter und die unnatürlichen Schwaden verfestigten sich nun zu Gewitterwolken, welche gewiss bedrohlich aussahen, aber nichtsdestotrotz beruhigend irdisch. Ein paar Blitze durchzuckten diesen einsamen Wolkenberg und beleuchteten seine Unterseite.
Magal ließ von dem ausgelaugten Jungen aus Gohmor ab und dieser brach erschöpft in die Knie. Sein einstmals rabenschwarzes Haar war weiß wie Schnee geworden.
Der Schwarzkünstler bediente sich bereits der Kraft Namaras und entfachte mit dieser einen Sog, einen gestaltlosen Strudel und manifestierte ihn in den Flammen des Lagerfeuers. Er stieß die Rechte in Richtung des Feuers, die Finger zu einer Klaue verkrümmt.
Wie auf Befehl hin verschwand der Wind. Er legte sich nicht oder flaute ab, sondern war von Jetzt auf Gleich fort.
Das Feuer sackte in sich zusammen und wechselte seine Farbe von einem gesunden Grot-Gelb in ein gespenstisches Blau. Im selben Moment strebten die aufgereihten Phantome auf das Feuer zu. Sie schwebten dabei in die Höhe und begannen sich in einer gewaltigen, schwarzen Spirale den drohenden Sturmwolken entgegenzuschrauben. Ein klagendes Heulen ging dabei von ihnen aus. Als die ersten die Wolken berührten hatte dies einen gewaltigen Effekt auf das, bis dato nur ob seiner Entstehung beeindruckende, Unwetter. Es blähte sich regelrecht auf, wuchs wie ein bösartiges Geschwür zu enormer Größe. Aus dem Berg wurde ein Gebirge.
Als der Strom der Geistwesen versiegte war der Sturm eine hoch aufragende Wand aus wabernden Luftmassen. Mit einem ureigenen Gewicht schien es die Welt erdrücken zu wollen, doch noch war Magal nicht am Ende seines Tuns.
Mittlerweile atmete er sehr schwer und Schweiß rann ihm in Strömen unter der Maske hervor.
Das Monstrum hatte er erschaffen, nun galt es ihm Leben einzuhauchen.
Julian wurde die Energie entrissen und wenn er auch nicht dabei starb, so beraubte ihn diese Tat doch auf immer seines Augenlichts.
Ein Umstand der den Hexer nicht einmal interessiert hätte, hätte er ihn mitbekommen.
Er jagte seinen Willen, mittels der gesammelte Energie verstärkt, durch das Feuer und den Strudel nach oben. Sofort explodierte die blaue Flamme in einer Feuersäule gen Himmel, nun wieder in den altgewohnten Farben,
Als sei dies ein Ansporn gewesen erwachte das Unwetter wahrhaftig. Bis jetzt hatte es sich ausgedehnt und war ab und an von Blitzen kontrastiert wurden.
Nun schien es wütend zu werden.
„Ein Sturm tobt“ bekam eine völlig neue Bedeutung. Die Blitze steigerten sich in eine orgiastische Permanenz, das Donnern war ein durchgehendes Geräusch. Zeitgleich brach Regen, nein eine Sintflut, über sie herein. Das Feuer erlosch, doch Dunkelheit brauchten sie nicht fürchten. Das Blitzen riss die Welt in Scherenschnittmomentaufnahmen aus der Nacht.
Hinter dem Donner brüllte noch etwas anderes und wenn der heiße Regen auch den Blick verschleierte, so konnte man doch glauben in dem brodelnden Wolkenmeer bewege sich etwas abnorm großes.
Ein gigantischer Leib, geschuppt und gewunden wie der Körper einer Schlange.
Möglich das dies Einbildung war, schließlich war dieser Sturm im Auftrag des Drachens entstanden, war es da nicht möglich, dass der Verstand ein solches Fabelwesen in das Unwetter hineindichtete?
War es wie es war, das Ungeheuer Sturm zog langsam aber zielstrebig nach Nord-Ost.
Windströmungen und andere Luftfronten waren ihm dabei gleichgültig und behinderten es dabei nicht im mindesten.
Die beiden Krieger aus den Reihen der Rasankuri waren nicht zu sehen. Sie hatten die Aufgabe bekommen den Eingang zu bewachen und gegen jedwede Störung abzusichern. Die vier Novizen des Schwarzkünstlers waren die letzte Stunde damit beschäftigt gewesen die Plattform des Turmes akribisch zu säubern. Einst hatte hier eine Antenne in die Höhe geragt, doch Wind und Wetter hatten sie längst bezwungen und ihre Trümmer waren von den Vieren über die Brüstung geworfen wurden. Danach hatten sie sich darangemacht kleinste Bruchstücke aufzulesen und es hätte nur noch gefehlt, dass sie Besen und Schaufel unter ihren Roben hervorholten und die Steine sauber fegten.
In diesem Moment hatten sie ihre Aufräumarbeiten beendet und fingen an komplizierte Muster auf die Steinfliesen zu zeichnen. Dazu bedienten sie mitgebrachter Fettkreide.
Magal kam derweil zu Juliette geschlendert, die mit schwer deutbarer Miene etwas abseits stand und das Geschehen beobachtete.
Der Schwarzkünstler trat neben sie an das Geländer und spähte in die Tiefe. Viel war dort nicht zu sehen, denn die Dunkelheit in den Bergen war in der Tat ausgesprochen allumfassend.
Ich habe ihnen ein Wunder versprochen, meine Teure. Und ich pflege meine Versprechen einzuhalten.
Irgendwo schrie ein Nachtvogel,
Dieser Ort hier ist etwas ganz Besonderes, wissen sie? Wir haben den beschwerlichen Weg nämlich nicht grundlos auf uns genommen. Nicht nur das dieser Platz in idealer Entfernung zum Ziel unseres Fürsten liegt, er weißt darüberhinaus noch ganz spezielle Eigenschaften auf.
Aber das werden sie gleich persönlich begutachten könne. Er drehte sich von dem Abgrund weg und sah sie nun an.
Die Prozedur ist... wie soll ich es ausdrücken... ein wenig delikat. Ich möchte sie daher auf zwei sehr essentielle Bedingungen einschwören.
Die erste ist die, dass sie unter gar keinen Umstanden die Vorgänge stören werden, ganz gleich was sie auch sehen oder hören. Die zweite und diese ist wie die erste für ihre eigene Sicherheit von absoluter Wichtigkeit, ist die, dass sie die hier erst wieder absetzen wenn ich es ihnen sage. Damit hielt er ihr eine Maske hin. Wie jene der Novizen war auch diese weiß und erinnerte an ein angedeutetes Puppengesicht. Wir werden Besucher bekommen, die es nicht gewohnt sind in lebende Gesichter zu sehen und daher bei einem solchen Anblick zu großes Interesse bekunden könnten. Er legte ihr die Maske in die zögerlich ausgestreckte Hand. Also aufsetzen und nicht abnehmen. Magal drückte die Schulter der Imperialen mit väterlicher Jovialität und lächelte sie an. Und jetzt machen wir ein Wunder.
Eifrig ging er in die Mitte, nahe an das Feuer heran und klatschte auffordernd in die behandschuhten Hände.
Wohlan Kinder... tummelt euch. Ein jeder auf seinen Platz. Die letzten Linien wurden gezogen und es ward ersichtlich, dass es sich um ein verschnörkeltes Symbol in der Mitte eines Kreises handelte, dessen Zentrum ein achtstrahliger Stern, mit dem Feuer als absolute Mitte.
Die Anwesenden zogen ihre Masken auf. Fünf weiße, eine goldene!
Der Platz der Novizen fand sich an je einem der Hauptbalken des Sterns, während Magal begann um das Feuer herumzulaufen. Dies tat er sehr bedächtig, in einem genau abgemessenen Zirkel. In der Linken hielt er dabei das Buch, welches bis dato an seinem Gürtel gebaumelt hatte. Nun ruhte es aufgeschlagen in seiner Hand und der Hexer rezitierte dabei laut und vernehmlich. Den Text schien er weitestgehend auswendig zu können und nur ab und an zuckten seine Augen zu den Seiten. Die Worte waren befremdlich. Mal kehlig, so dass es schien einem jeden müsste die Zunge bluten, der sie aussprach. Dann klang das Gesagte fein und geschliffen und schien geradezu von den Lippen zu perlen und wie zarter Glockenschlag in der Nacht nachzuhallen.
Die Novizen wiederholten einige Passagen in einem übereinstimmenden Gemurmel, dann wieder sprachen sie wild durcheinander, in Worten die ihnen Magal nicht vorgegeben hatte.
Für die Außenstehenden, was in diesem Moment genaugenommen nur Juliette war, musst dies einfach nur lächerlich wirken.
In Gohmor gab es sicherlich unzählige Kulte die Ähnliches taten und finstere Mächte anriefen. Sei es das dies zum Erlangen von Macht geschah, aus Langeweile oder einfach um die folgende Orgie auf mystisch verklärte Weise zu rechtfertigen. Meist wurde dabei wohl irgendein unschuldiges Tier geopfert oder wenn es sich um besonders eifrige und wohlhabende Kostümierte handelte, tötete man gar eine arme Seele aus einem der Armenhäuser. Das Resultat dürfte dabei meistens das Gleiche bleiben, nämlich eine ziemliche Schweinerei an Blut und anderen Körpersäften und tote Leitungen zur Anderswelt.
Magal hatte selbst schon an derartigen Veranstaltungen teilgenommen und einen Budenzauber veranstaltet. Wieso einen Tiger entfesseln, wenn man eine Hauskatze als solchen ausgeben konnte?
Hier lag der Fall freilich anders.
Sicher, irgendein selbsternannter Guru oder Priester hätte nicht einmal hier etwas bewirken können. Vielleicht hätten seine Novizen es vermocht eine Präsenz heraufzubeschwören, ohne dabei jedoch genau zu wissen um was es sich handelte. Er konnte jedoch auf einen Erfahrungsschatz zurückgreifen über den diese vier Würmer nicht verfügten. Sie mochten sich für begabt oder gar auserwählt halten, auf jeden Fall aber für bestens vorbereitet. Doch all das waren sie bei Leibe nicht. Ein Meister der seinen Schülern soviel lehrte das sie ihm überlegen waren, war ein törichter Meister.
Ah! jetzt konnte er es spüren.
Sein Geist war aufgefächert, wie das Rad eines Pfau und tief trieb er seine astralen Fingen in den Boden dieser geschundenen Stadt.
Er hatte recht gehabt. Dieser Ort war nicht mit einem Paukenschlag vernichtet wurden wie Rasankur. Hier war das Sterben quälen und voller Pein gewesen und hatte sich lange, lange hingeschleppt. Er konnte es nicht sehen und doch stand es ihm klar vor Augen. Männer in blauen Uniformen, mit silbernen Helmen, von einem roten Federbusch gekrönt. Sie hatten lange gebraucht, bis die Stadt erstürmt war und selbst dann wehrten sich ihre Bewohner verbissen. Die Soldaten waren zornig und voller Angst. Beides betäubten sie mit Gräuel. Zum Ende hin war es ein Rausch. Vergewaltigung, ganz gleich ob die Opfer bereits tot waren. Erschießungen und der Einsatz des Bajonetts. Zwischen Frauen und Männern, Alten und Kindern wurde dabei kein Unterschied gemacht. Dabei waren beide Parteien dem Leichenkaiser ergeben gewesen und nur durch machtpolitische Verwicklungen in feindliche Lager gespalten. So waren es imperiale Soldaten, die die größte Kirche der Stadt erstürmten und den letzten Unterschlupf säuberten. Das Blut rann die Treppen der Kathedrale hinab und die Schreie übertönten das Geräusch der Schüsse und Kettenschwerter.
Magal lächelte mit geschlossenen Augen, während diese Visionen durch seinen Geist zuckten.
Sie liebten solche dramatischen Dinge.
Oh dieser perfekte Ort troff nur so vor Schmerz und Panik.
Magal zerrte sie ans Licht dieser Welt, dieser Zeit. In den Gassen regten sie sich, kamen aus den Häusern und verlassen Ruinen.
Schwarze Schemen, schwärzer als die Nacht und nur sehr grob in die Formen von Menschen gepresst. Wie ein Trauermarsch, in Burkas aus stofflosem Dunkel gehüllt. Tausende dieser unirdsichen Schemen streben auf den Turm zu, auf dessen Spitze das Feuer loderte.
Die beiden Krieger langweilten sich in der Eingangshalle.
Einst musste hier ein wichtiger Platz gewesen sein, denn der Saal bot nicht nur vielen Menschen Platz, er beherbergte auch sechs Aufzugsschächte und zwei Treppenhäuser. Bis auf einen waren die Stahlseile bei allen Fahrstühlen gerissen und die Kabinen lagen verformt und verkeilt auf der untersten Ebene. Einer der Krieger, jener mit der mutierten Haarpracht, saß auf dem Empfangstheke, das Gewehr auf dem Schoss, die Beine frei baumelnd. Sein Kamerad durchsuchte lustlos die angrenzenden Nischen, in denen dereinst Cafes und kleine Läden gewesen sein mussten. Ihm war bewusst das er dort nichts Brauchbares finden würde aber er tat es dennoch. Der Hexer hatte ihnen weder gestattet ein Feuer anzumachen, noch die Masken abzunehmen. Beides nichts was ihrer Laune zuträglich war. Wozu das Un-Anbara tragen wenn es keinen Feind gab, der sich bei dessen Anblick besudelte? Meroch, der die beiden stillen und erfahrenen Spurenleser persönlich ausgesucht hatte, sagte ihnen sie seien Teil einer besonders wichtigen Mission. Das mochte stimmen und gewiss fühlten sie sich geehrt. Aber Ruhm und Beute erlange man nun einmal nur im Kampf und nicht bei Eskortmissionen weitab von jedwedem Schlachten.
Aus der Halle erklang ein kurzer und leiser Pfiff.
Sofort ließ der Rasankuri von seiner Durchsuchung ab und entsicherte die Drachenklaue, während er geduckt hinter der Ecke des Ladens in Deckung ging.
Sein Kamerad hatte seinen Platz verlassen und hocke seinerseits hinter dem Tresen. Auch er hatte die Waffe in der Hand.
Kurz drehte er den Kopf, wobei seine Stachelfrisur wippte. Mit einem schnellen Handzeichen bedeutete er, dass er etwas beim Haupteingang gesehen habe.
Ein Nicken als Antwort.
Er verließ seinen Posten nicht, denn wenn es tatsächlich eine Gefahr war, so konnte er ihr in die Flanke fallen, sobald sie auf seinen Kameraden losging.
Dieser schob in dem Moment die Mündung seines Gewehres über die Theke. Mehr war von dieser Position aus nicht zu sehen.
Dann feuerte er.
Ein Schuss brüllte ohrenbetäubend los, dann noch einer. Der hohe Raum warf das Geräuch mehrfach gebrochen zurück. Das Mündungsfeuer schmerzte in den Augen, obwohl es von dem Dämpfer gemindert wurde. Dann folgte das Klirren der Messinghülsen auf dem Boden.
Keine weiteren Schüsse,
Sie richteten nichts aus gegen die Bewohner der Stadt, welche durch die Tür drängten.
Große und kleine, einige kaum so hoch wie Kleinkinder, glitten lautlos durch die Eingänge. Die beiden Krieger waren keine zimperlichen Zeitgenossen, ganz und gar nicht. Doch sie waren nun wie erstarrt, als diese wogende Menge aus halbdurchsichtigen, schwarzen Phantomen an ihnen vorbei schwebten. Eines der Wesen blieb auf Höhe des einstigen Geschäfts stehen.
Es verharrte, während seine gespenstischen Artgenossen an ihm vorbei oder direkt durch ihn durch zogen. Es näherte sich dem Rasankuri, der wie gelähmt sein Gewehr umklammert hielt und nicht einmal hätte schießen können, wenn er geglaubt hätte dies würde irgendeinen Effekt erzielen. Die Wölbung, die so etwas wie das Haupt des Dinges sein mochte, beugte sich zu ihm herunter.
Etwas schwamm an die Oberfläche.
Ein Gesicht, ein bleiches Gesicht,
Es war eingefallen und verzerrt, vielleicht durch Schmerz, vielleicht durch Wut. Die weißen Augen darin tasteten über die zähnefletschende Maske des Rasankuri, als suchten sie das Anzeichen einer Bewegung. Für einen langen Moment blieb der leblose Blick an den Augen des Kämpfers haften. Denn endlich richtete sich das Geschöpf auf und schloss sich wieder dem Strom Seinesgleichen an.
Das Heer der Phantome hatte sich aufgeteilt und schwebte die Treppenaufgänge empor.
Sehr gut! Sie schwärmten heran wie die Wespen, die Zuckerwasser rochen.
Die ersten standen bereits oben auf der Plattform und mehr und mehr gesellten sich zu ihnen. Das war der leichtere Teil der Übung. Diese Rückstände menschlichen Empfindens waren schwächlich und ohne eigenen Antrieb, genau wie die, die sie vor zweihundert Jahren oder mehr ausgeschieden hatten. Nur die Tatsache, dass sie in einem ekstatischen Reigen der Leids gegangen waren machte sie zu etwas von Nutzen. Gut brennbares Holz, welches er in das Feuer werfen konnte.
Inzwischen drängten sie sich am Rand des Lichtkreises und jene die keinen Platz fanden standen auf den Stufen bis hinab auf die Straße.
Magal indes hatte diese Elendsgestalten für den Moment in den Hintergrund seiner Aufmerksamkeit gestellt. Sein Sinn, jener der den gewöhnlichen Fähigkeiten eines Menschen um soviel überlegen war, sah sich nicht länger an das Fleisch seines Körpers gebunden. Während die Hülle noch immer seine Kreise um das Lagerfeuer zog, war sein Geist auf ganz anderen Pfaden unterwegs.
Er folge der Ballonschnur, wie der Hexer die Stränge scherzhaft nannte. Es waren die Verbindungen der Menschen mit dem Warp. Er konnte jene der beiden Rasankuris sehen, die der Frau aus Gohmor und die seiner Novizen. Letztere waren etwas dicker als die anderen, aber nicht wesentlich. Seiner eigenen folgte er nach oben, auch wenn „oben“ hier eine Wort ohne Bedeutung war. Je weiter er ihr folgte, umso mehr Abzweigungen gingen von dem Strang ab, bis er mehr an ein Spinnennetz erinnerte, denn an eine Schnur.
Schließlich erreichte er sein Ziel. Das brodelnde Alles des Immateriums!
So wunderschön, so gewaltig, so gefährlich!
Farben denen jeglicher Vergleich in der Realität abging. Ein Meer aus Emotionen und absoluter, ungezügelter Energie. Durchschnitten von den Flossen der großen Räuber dieses Ozeans.
Doch genug dieser bemühten Allegorien. Es rief die Arbeit.
Er suchte und fand die Stränge seiner Novizen und verbreiterte sie mühelos. Sofort strömte Urenergie in die Gefäße ihrer flackernden kleinen Seelen. Eine... er glaubte es war Magdalena... brach sofort zusammen. Die Masse war zu viel. Gern hätte Magal ihr gesagt wie enttäuscht er von ihr war, doch ihr Strang flackerte bereits und erlosch. Glücklicherweise hatte sie nicht erkannt was ihr widerfuhr. Das abgestrahlte Entsetzen hätte sonst gewisse Aasfresser anziehen können.
Während die Frau wie vom Donner gerührt nieder fiel und zu atmen aufgehört hatte bevor sie den Boden erreichte, verkrafteten es die anderen besser. Theobald, wankte sichtlich, Namara keuchte, als hätte sie einen Schlag in den Magen bekommen. Julian biss die Zähne zusammen, blieb aber tapfer. Nachdem Magals Ansicht nach genügend Energie gesammelt war, verschloss er die Gefäße seiner Lehrlinge wieder und ließ sich zurück fallen. Es war gefährlich soviel Energie direkt aus dem Warp zu zapfen und er war nicht so lange in der schwarzen Kunst erfolgreich weil er vermeidbare Risiken einging.
Er hatte drei aufgeladene Batterien, die sich für mächtige Hexer, Zauberer, Magier oder sonst was hielten. Das sollte ausreichen.
Er blieb stehen und öffnete die Augen in dem Moment, als er das Buch in der Hand zuschnappen ließ. Von oben ertönte ein verhaltenes Grollen und der Wind hatte spürbar aufgefrischt. Die Phantome wiegten sich hin und her, wie im Rhythmus eben dieses Windes. Noch immer murmelten die Novizen die auferlegten Texte, auch wenn einer ihrer Plätze inzwischen von einer Leiche eingenommen wurde.
Über ihnen zuckte ein Blitz und die Sterne verdunkelten sich.
Wer in diesem Moment nach oben geblickt hätte, der hätte eine überaus abnorme Wolkenbildung beobachten können. Es war nicht wie die Entstehung eines herkömmlichen Unwetters. Auch erschienen die Wolken nicht unvermittelt oder man sah den Zeitraffer einer gewöhnlichen Zusammenballung. Vielmehr hatte es den Anschein, als öffne sich ein Riss und jemand goss Tinte in ein Glas Wasser. Nur das dieses Wasser die bekannte Welt und die Tinte alles andere als Tinte war.
Die Schlieren streben nach allen Seiten in die Realität, während Magal mit unsichtbaren Fingern nach der aufgenommenen Energie Theobalds griff. Er saugte sie aus dem Jüngling heraus und schleuderte sie direkt in den Riss.
Dieser dehnte sich weiter und die unnatürlichen Schwaden verfestigten sich nun zu Gewitterwolken, welche gewiss bedrohlich aussahen, aber nichtsdestotrotz beruhigend irdisch. Ein paar Blitze durchzuckten diesen einsamen Wolkenberg und beleuchteten seine Unterseite.
Magal ließ von dem ausgelaugten Jungen aus Gohmor ab und dieser brach erschöpft in die Knie. Sein einstmals rabenschwarzes Haar war weiß wie Schnee geworden.
Der Schwarzkünstler bediente sich bereits der Kraft Namaras und entfachte mit dieser einen Sog, einen gestaltlosen Strudel und manifestierte ihn in den Flammen des Lagerfeuers. Er stieß die Rechte in Richtung des Feuers, die Finger zu einer Klaue verkrümmt.
Wie auf Befehl hin verschwand der Wind. Er legte sich nicht oder flaute ab, sondern war von Jetzt auf Gleich fort.
Das Feuer sackte in sich zusammen und wechselte seine Farbe von einem gesunden Grot-Gelb in ein gespenstisches Blau. Im selben Moment strebten die aufgereihten Phantome auf das Feuer zu. Sie schwebten dabei in die Höhe und begannen sich in einer gewaltigen, schwarzen Spirale den drohenden Sturmwolken entgegenzuschrauben. Ein klagendes Heulen ging dabei von ihnen aus. Als die ersten die Wolken berührten hatte dies einen gewaltigen Effekt auf das, bis dato nur ob seiner Entstehung beeindruckende, Unwetter. Es blähte sich regelrecht auf, wuchs wie ein bösartiges Geschwür zu enormer Größe. Aus dem Berg wurde ein Gebirge.
Als der Strom der Geistwesen versiegte war der Sturm eine hoch aufragende Wand aus wabernden Luftmassen. Mit einem ureigenen Gewicht schien es die Welt erdrücken zu wollen, doch noch war Magal nicht am Ende seines Tuns.
Mittlerweile atmete er sehr schwer und Schweiß rann ihm in Strömen unter der Maske hervor.
Das Monstrum hatte er erschaffen, nun galt es ihm Leben einzuhauchen.
Julian wurde die Energie entrissen und wenn er auch nicht dabei starb, so beraubte ihn diese Tat doch auf immer seines Augenlichts.
Ein Umstand der den Hexer nicht einmal interessiert hätte, hätte er ihn mitbekommen.
Er jagte seinen Willen, mittels der gesammelte Energie verstärkt, durch das Feuer und den Strudel nach oben. Sofort explodierte die blaue Flamme in einer Feuersäule gen Himmel, nun wieder in den altgewohnten Farben,
Als sei dies ein Ansporn gewesen erwachte das Unwetter wahrhaftig. Bis jetzt hatte es sich ausgedehnt und war ab und an von Blitzen kontrastiert wurden.
Nun schien es wütend zu werden.
„Ein Sturm tobt“ bekam eine völlig neue Bedeutung. Die Blitze steigerten sich in eine orgiastische Permanenz, das Donnern war ein durchgehendes Geräusch. Zeitgleich brach Regen, nein eine Sintflut, über sie herein. Das Feuer erlosch, doch Dunkelheit brauchten sie nicht fürchten. Das Blitzen riss die Welt in Scherenschnittmomentaufnahmen aus der Nacht.
Hinter dem Donner brüllte noch etwas anderes und wenn der heiße Regen auch den Blick verschleierte, so konnte man doch glauben in dem brodelnden Wolkenmeer bewege sich etwas abnorm großes.
Ein gigantischer Leib, geschuppt und gewunden wie der Körper einer Schlange.
Möglich das dies Einbildung war, schließlich war dieser Sturm im Auftrag des Drachens entstanden, war es da nicht möglich, dass der Verstand ein solches Fabelwesen in das Unwetter hineindichtete?
War es wie es war, das Ungeheuer Sturm zog langsam aber zielstrebig nach Nord-Ost.
Windströmungen und andere Luftfronten waren ihm dabei gleichgültig und behinderten es dabei nicht im mindesten.