03-02-2014, 09:37 PM
Am Morgen...
Weiß traf auf Schwarz ohne es zu entweihen. Zwei farbliche Gegensätze existierten harmonisch nebeneinander, abgegrenzt und doch miteinander in Einklang.
Die Essenz der Nacht beschrieb Bahnen und Striche, kreierte damit Bedeutungen, die ohne das Weiß nie zu Stande gekommen wären und die beide hätten ewig in Sinnlosigkeit und unbedeutender Nur- Existenz ihr Dasein gefristet. Nun war Sinn geschaffen, denn in wenigen Sekunden waren aus Weiß und Schwarz die Zeichen für Wind, Kühle und Licht geworden. Durch den Überstrich zum Symbol für Morgen zusammengefasst.
Dieses Schriftzeichen, welches durch die drei anderen entstand, war das Einzige was in diesem Raum jemals zu Papier gebracht wurden war, das Einzige was hier durch menschlichen Geist, Situation, Pinsel, Tinte und Pergament Schöpfung fand. Denn allein zu diesem Zweck existierte der kleine, helle Raum.
Einzig und allein um die wenigen Momente des Morgens zu bannen.
Hattori Tesshuni Inagha setzte den Pinsel ab und reinigte ihn in der kleinen Schale Wasser, in welcher sich die Tinte wie ein Nebel ausbreitete. Drei Mal strich er die Carnakhaare am Rand des Gefäßes ab und legte das Instrument das quer auf dem Schälchen ab.
Nun erlaubte er sich auszuatmen und begutachtete sein Werk mit durchgedrücktem Rücken. Die Tinte trocknete unregelmäßig und machte Hattori darauf aufmerksam, dass Natur Perfektion nicht durch Synchronizität anstrebte und der Mensch niemals einen endgültigen Grad der Beherrschung würde erreichen können, egal wie sehr er sich auch darum bemühte. Das Wissen darum beinhaltete die größte Erkenntnis und immerhin diese Einsicht hatte er erlangt. Auch wenn dies Jahrzehnte gedauert hatte.
Denn etwas wissen und etwas verstehen waren zwei gänzlich unterschiedliche Aspekte.
Hattori war zufrieden mit seinem Werk und nahm sich die Zeit zu warten bis die Tinte völlig durchgetrocknet war. Dann sah er auf und lenkte seinen Blick durch das Fenster, welches fast die komplette Seite der Zimmers einnahm. Fenster war dabei dabei eigentlich das falsche Wort, denn vielmehr war die Wand zu seiner Rechten nicht vorhanden. Dadurch war ein ungestörter Blick auf das Bergpanorama frei. Die kargen Felsen, majestätisch mit ihren Schneekronen und der Zierde vereinzelt stehender Bäume.
Das Zimmer war so gelegen, dass die Strahlen der aufgehenden Sonne ihren Weg hinein fanden, wenn sie auch nie die Kälte der Höhe und der Nacht niederringen konnten.
Natürlich ließen sich die Geräusche der Festungsfabrik niemals ganz aussperren, um so den Eindruck perfekt zu machen. Auch wenn der bergseitige Wind das Meiste von seinen Ohren fern hielt, so war der Lärm der Aktivität doch zu allgegenwärtig um ihn zu verleugnen.
Und dabei hatte er schon so schmerzlich nachgelassen. Verglich Hattori ihn mit den Tagen seiner Kindheit, war die eigentliche Fabrik heute nur noch ein Schatten ihrer selbst. Inzwischen liefen nur mehr zwei der zehn Förderanlagen und von den vier Schmelzöfen, denen damals keine Minute Ruhe gegönnt worden war, befeuerten sie inzwischen nur noch einen, zwei oder drei mal im Jahr.
Sie legten mehr Wert auf den Anbau der Hochlandwurzeln, die sprichwörtlich ihr täglich Brot waren. Das was sie an Öl und Eisen förderten war größtenteils für den Eigenbedarf und nur zu sehr geringen Teilen für den Export gedacht. Die Bahnstrecke nach Golga verfiel sowieso zusehends und jede Reise war mit immer neuen Gefahren verbunden.
Hattori gestattete sich diese Ablenkung. Das Zeichen war gemalt und die Sonne verschwand sowieso schon am oberen Rand des Mauerausschnittes. Einen Moment der Ruhe würde er sich noch zugestehen, bevor er sich erhob um seinen morgendlichen Tee und sein asketisches Frühstück einzunehmen. Im Anschluss warteten die Pflichten des Tages.
Als er zur Tür blickte, konnte er durch das dünne Papier die Silhouetten zweier seiner Leute sehen. Für gewöhnlich wusste jeder seiner Vasallen, dass er bei der Morgenstunde nicht gestört werden durfte und niemals hätte es einer von ihnen gewagt den kleinen Raum unaufgefordert zu betreten. Allein das sie vor der Tür warteten verhieß bereits etwas von Wichtigkeit. Zugegebenermaßen geschah hier so wenig was von der Routine abwich, dass auch Kleinigkeiten als wichtig gelten konnten.
Tritt ein Takayuki!
Auch du Kenshin. Die Schattenrisse genügten um die beiden Männer seines engsten Kreises zu identifizieren.
Kenshin schob die Tür zur Seite und bewegte sich auf den Knien in den Raum hinein. Takayuki tat es ihm gleich und beide verbeugten sich, bis ihre Stirn den Boden berührte.
Sprecht, wieso behelligt ihr mich?
Vergebt uns Erhabener.
Ein Bauernjunge aus dem Dorf Nama will eine Plündererhorde aus der Wüste beobachtete haben. Er sagt, sie sei viele hundert Männer stark. Ich glaube er übertreibt und ich biete mich an die Bande mit ein paar Kriegern zu zerstreuen, doch Takayuki bestand darauf euch zu informieren.
Da ich um die Weisheit meines Freundes weiß, stimmte ich ihm zu.
Takayuki bestätigte dies mit einem knappen Nicken.
Hattori hatte unterdessen den kleinen Zeichentisch beiseite gestellt und sich so gedreht, dass er seinen beiden Untergebenen frontal gegenüber saß.
Er dachte nach.
Die Wilden aus der Wüste, Steppenvölker und Mutanten, den Tieren näher als den Menschen, hatten es viele Jahre schon nicht mehr gewagt in die Berge vorzustoßen. War es ihnen zu Zeiten seines Vaters noch gelungen ein paar der kleinen Siedlungen zu plündern, so hatten die entschlossenen Krieger der Festung ihnen bei späteren Versuchen derart schwere Niederlagen beigebracht, dass sie seit jenen Tagen keine weiteren Überfälle mehr gewagt hatten. Gut möglich das sich inzwischen ein besonders viehisches Exemplar über die anderen erhoben und sie zu einer Mordbrennerschar zusammengefasst hatte.
Wo ist der Junge? Ich möchte mit ihm reden.
Er wartet draußen mein Herr!
Holt ihn!
Man hatte dem Knaben offenbar die Grundbegriffe der geforderten Etikette beigebracht. Dennoch schien er zu zittern wie Espenlaub, so als rechne er jeden Augenblick damit für ein Vergehen hingerichtet zu werden. Vor einigen Jahrzehnten wäre diese Befürchtung nicht einmal so unrealistisch gewesen, doch inzwischen waren Leben und damit Arbeitskräfte, ein Gut das man nicht unbedacht vergeuden durfte. Besonders wenn es sich um einen der wenigen Sprösslinge handelte.
Was hast du gesehen, mein Sohn?
Fragte Hattori so milde wie möglich, nachdem der Junge in den Raum gekrochen war und sich in ungelenken Verbeugungen ergeben hatte.
Ich war auf den südlichen Feldern, mein Herr, zusammen mit meiner Schwester. Wir wolten nach den Wurzel sehen, da sie oft von Bergziegen verbissen werden.
Meine Schwester ist noch sehr klein und ich dachte erst sie redet Unsinn, als sie mich fragte wer all die Leute dort unten seien und ob sie zu einem Fest gehen würden.
Ich ging zu ihr, wollte ihr eine Ohrfeige geben und sie wieder an die Arbeit scheuchen. Aber dann habe ich sie auch gesehen. Der ganze Pass unter uns war voll. Sie gingen in einer langen Schlange hintereinander und sie hatte Fahrgeräte bei sich. So wie der Zug, der die Waren weg bringt, aber ohne Schienen unter den Rädern.
Sag dem Herren wieviele es waren.
Ich bin mir nicht sicher, aber sehr viele. Ich weiß nicht... so viele wie... eine große Herde Ziegen hat. Nein mehr... so viel wie zwei.
Das sind etwa tausend! Kommentierte Kenshin.
Erzähl dem Herren von dem Feldzeichen.
Sie hatten Banner... so wie die auf den Rücken der Krieger, aber größer und in den Händen getragen. Darauf war etwas wie ein Kreuz, aber wie aus mehreren Kreuzen.
Hattori bemerkte das der Junge nicht in Worte fassen konnte was er eigentlich ausdrücken wollte. Kurzentschlossen schob er dem Bauern Papier, Pinsel und Tinte hin. Durch die Leiber der beiden Männer ging ein knapper Ruck, als sich der Knabe ihrem Herren auf die Länge eines Dolches näherte, doch der hielt sie mit einer knappen Geste zurück.
Ohne zu verstehen sah der Jüngling auf die dargereichten Utensilien. Dann schlich sich Begreifen in seinen Blick. Er ergriff den Pinsel und benetzte ihn ungeschickt mit zu viel Tinte. Dann malte er ein Kreuz auf das Papier, welches sodann von einem schräg liegenden Ebenbild mit übereinstimmendem Zentrum überlagert wurde. An die Enden jedes der acht Balken pinselte der Junge eine stilisierte Pfeilspitze.
Hattori sah dabei zu wie das Symbol entstand und mit jedem Strich wurde sein Unbehagen größer. Als der Lakai geendet hatte zwang er sich zu einem Lächeln.
Du hast deine Sache gut gemacht. Dein Vater kann stolz auf dich sein. Wann verleiht man dir das Schwert?
Nächstes Jahr, Herr!
Gut. Geh und sagt deinem Vater, ich werde es dir persönlich umgürten.
Der Junge bekam große Augen und hatte offenbar plötzlich einen sehr trockenen Mund.
Da... danke Herr!
Er wurde freigestellt und schien es sehr eilig zu haben haben die Burg zu verlassen. Wohl um ihren strengen Regeln zu entkommen, als auch um seiner Familie die Botschaft zu überbringen.
Als die drei Männer alleine waren, war es der Herr der Festung, der die Stille unterbrach.
Was denkt ihr?
Es sind Banditen, mein Gebieter! Entgegnete Kenshin erregt. Gebt mir zwanzig Krieger und eine Handvoll Bauern und ich jage dieses Ungeziefer zurück in die Wüste.
Banditen oder nicht, es sind tausend und sie haben Fahrzeuge.
Herr, der Bursche war erschrocken und ist ja kaum des Zählens fähig. Wahrscheinlich hat die Furcht für ihn die Feinde verdoppelt oder gar verdreifacht. Von da ist es nur ein kleiner Schritt, bis aus Wagen allein fahrende Fahrzeuge werden.
Hmmm.... was denkst du Takayuki?
Ich sage, dass Hochmut eine splitternde Klinge ist.
Wenn es nur eine Horde Banditen ist, gut. Aber wenn sie organisiert sind und sich auf das Kämpfen verstehen, dann riskieren wir wertvolle Leben. Unser Haus ist nicht mehr so zahlreich wie dereinst und jeder Tote ebenso schmerzlich wie ruhmreich.
Lange dachte Hattori nach, bevor er seinen Entschluss verkündete.
Wir ziehen dieser Horde nicht entgegen.
Zumindest nicht ohne mehr über sie zu wissen. Sendet Späher aus und sammelt Informationen. Vor einigen Wochen gab es unaufgeklärte Morde und die Dorfbewohner sprachen von einem Fremden, der sich unter sie geschlichen hatte. Möglich das diese Vorfälle nichts miteinander zu tun hatten.
Ebenso möglich das es sich bei dem geheimnisvollen Mörder um einen Spitzel handelte.
Ihr unterrichtet die Krieger über das was wir wissen und verpflichtete sie darüber Schweigen zu bewahren. Die Männer der Dorfes ruft ihr auf die Burg, gerüstet zum Kampf. Sagt ihnen und ihren Familien, dass es sich um eine Übung handelt. Zur Entlohnung ihrer Mühen müssen sie diesen Monat nur den elften Teil ihrer Erträge abtreten. Sollte dieser Feind wirklich nur ein Haufen wagemutiger Narren aus dem Süden sein, so werden wir ihnen entgegen marschieren und sie auslöschen, noch ehe sie das erste Dorf erreichen. Falls nicht, finden sie eine vorbereitete und verriegelte Festung vor. Um die Frauen und Kinder mit ihren Habseligkeiten hinter die Mauern zu bringen bleibt dann noch genügend Zeit.
Geht nun und erledigt diese Dinge.
Und gebt meiner Leibwache Bescheid, sie sollen meine Waffen und meine Rüstungen herrichten.
Ja Gebieter!
Ja Gebieter!
Weiß traf auf Schwarz ohne es zu entweihen. Zwei farbliche Gegensätze existierten harmonisch nebeneinander, abgegrenzt und doch miteinander in Einklang.
Die Essenz der Nacht beschrieb Bahnen und Striche, kreierte damit Bedeutungen, die ohne das Weiß nie zu Stande gekommen wären und die beide hätten ewig in Sinnlosigkeit und unbedeutender Nur- Existenz ihr Dasein gefristet. Nun war Sinn geschaffen, denn in wenigen Sekunden waren aus Weiß und Schwarz die Zeichen für Wind, Kühle und Licht geworden. Durch den Überstrich zum Symbol für Morgen zusammengefasst.
Dieses Schriftzeichen, welches durch die drei anderen entstand, war das Einzige was in diesem Raum jemals zu Papier gebracht wurden war, das Einzige was hier durch menschlichen Geist, Situation, Pinsel, Tinte und Pergament Schöpfung fand. Denn allein zu diesem Zweck existierte der kleine, helle Raum.
Einzig und allein um die wenigen Momente des Morgens zu bannen.
Hattori Tesshuni Inagha setzte den Pinsel ab und reinigte ihn in der kleinen Schale Wasser, in welcher sich die Tinte wie ein Nebel ausbreitete. Drei Mal strich er die Carnakhaare am Rand des Gefäßes ab und legte das Instrument das quer auf dem Schälchen ab.
Nun erlaubte er sich auszuatmen und begutachtete sein Werk mit durchgedrücktem Rücken. Die Tinte trocknete unregelmäßig und machte Hattori darauf aufmerksam, dass Natur Perfektion nicht durch Synchronizität anstrebte und der Mensch niemals einen endgültigen Grad der Beherrschung würde erreichen können, egal wie sehr er sich auch darum bemühte. Das Wissen darum beinhaltete die größte Erkenntnis und immerhin diese Einsicht hatte er erlangt. Auch wenn dies Jahrzehnte gedauert hatte.
Denn etwas wissen und etwas verstehen waren zwei gänzlich unterschiedliche Aspekte.
Hattori war zufrieden mit seinem Werk und nahm sich die Zeit zu warten bis die Tinte völlig durchgetrocknet war. Dann sah er auf und lenkte seinen Blick durch das Fenster, welches fast die komplette Seite der Zimmers einnahm. Fenster war dabei dabei eigentlich das falsche Wort, denn vielmehr war die Wand zu seiner Rechten nicht vorhanden. Dadurch war ein ungestörter Blick auf das Bergpanorama frei. Die kargen Felsen, majestätisch mit ihren Schneekronen und der Zierde vereinzelt stehender Bäume.
Das Zimmer war so gelegen, dass die Strahlen der aufgehenden Sonne ihren Weg hinein fanden, wenn sie auch nie die Kälte der Höhe und der Nacht niederringen konnten.
Natürlich ließen sich die Geräusche der Festungsfabrik niemals ganz aussperren, um so den Eindruck perfekt zu machen. Auch wenn der bergseitige Wind das Meiste von seinen Ohren fern hielt, so war der Lärm der Aktivität doch zu allgegenwärtig um ihn zu verleugnen.
Und dabei hatte er schon so schmerzlich nachgelassen. Verglich Hattori ihn mit den Tagen seiner Kindheit, war die eigentliche Fabrik heute nur noch ein Schatten ihrer selbst. Inzwischen liefen nur mehr zwei der zehn Förderanlagen und von den vier Schmelzöfen, denen damals keine Minute Ruhe gegönnt worden war, befeuerten sie inzwischen nur noch einen, zwei oder drei mal im Jahr.
Sie legten mehr Wert auf den Anbau der Hochlandwurzeln, die sprichwörtlich ihr täglich Brot waren. Das was sie an Öl und Eisen förderten war größtenteils für den Eigenbedarf und nur zu sehr geringen Teilen für den Export gedacht. Die Bahnstrecke nach Golga verfiel sowieso zusehends und jede Reise war mit immer neuen Gefahren verbunden.
Hattori gestattete sich diese Ablenkung. Das Zeichen war gemalt und die Sonne verschwand sowieso schon am oberen Rand des Mauerausschnittes. Einen Moment der Ruhe würde er sich noch zugestehen, bevor er sich erhob um seinen morgendlichen Tee und sein asketisches Frühstück einzunehmen. Im Anschluss warteten die Pflichten des Tages.
Als er zur Tür blickte, konnte er durch das dünne Papier die Silhouetten zweier seiner Leute sehen. Für gewöhnlich wusste jeder seiner Vasallen, dass er bei der Morgenstunde nicht gestört werden durfte und niemals hätte es einer von ihnen gewagt den kleinen Raum unaufgefordert zu betreten. Allein das sie vor der Tür warteten verhieß bereits etwas von Wichtigkeit. Zugegebenermaßen geschah hier so wenig was von der Routine abwich, dass auch Kleinigkeiten als wichtig gelten konnten.
Tritt ein Takayuki!
Auch du Kenshin. Die Schattenrisse genügten um die beiden Männer seines engsten Kreises zu identifizieren.
Kenshin schob die Tür zur Seite und bewegte sich auf den Knien in den Raum hinein. Takayuki tat es ihm gleich und beide verbeugten sich, bis ihre Stirn den Boden berührte.
Sprecht, wieso behelligt ihr mich?
Vergebt uns Erhabener.
Ein Bauernjunge aus dem Dorf Nama will eine Plündererhorde aus der Wüste beobachtete haben. Er sagt, sie sei viele hundert Männer stark. Ich glaube er übertreibt und ich biete mich an die Bande mit ein paar Kriegern zu zerstreuen, doch Takayuki bestand darauf euch zu informieren.
Da ich um die Weisheit meines Freundes weiß, stimmte ich ihm zu.
Takayuki bestätigte dies mit einem knappen Nicken.
Hattori hatte unterdessen den kleinen Zeichentisch beiseite gestellt und sich so gedreht, dass er seinen beiden Untergebenen frontal gegenüber saß.
Er dachte nach.
Die Wilden aus der Wüste, Steppenvölker und Mutanten, den Tieren näher als den Menschen, hatten es viele Jahre schon nicht mehr gewagt in die Berge vorzustoßen. War es ihnen zu Zeiten seines Vaters noch gelungen ein paar der kleinen Siedlungen zu plündern, so hatten die entschlossenen Krieger der Festung ihnen bei späteren Versuchen derart schwere Niederlagen beigebracht, dass sie seit jenen Tagen keine weiteren Überfälle mehr gewagt hatten. Gut möglich das sich inzwischen ein besonders viehisches Exemplar über die anderen erhoben und sie zu einer Mordbrennerschar zusammengefasst hatte.
Wo ist der Junge? Ich möchte mit ihm reden.
Er wartet draußen mein Herr!
Holt ihn!
Man hatte dem Knaben offenbar die Grundbegriffe der geforderten Etikette beigebracht. Dennoch schien er zu zittern wie Espenlaub, so als rechne er jeden Augenblick damit für ein Vergehen hingerichtet zu werden. Vor einigen Jahrzehnten wäre diese Befürchtung nicht einmal so unrealistisch gewesen, doch inzwischen waren Leben und damit Arbeitskräfte, ein Gut das man nicht unbedacht vergeuden durfte. Besonders wenn es sich um einen der wenigen Sprösslinge handelte.
Was hast du gesehen, mein Sohn?
Fragte Hattori so milde wie möglich, nachdem der Junge in den Raum gekrochen war und sich in ungelenken Verbeugungen ergeben hatte.
Ich war auf den südlichen Feldern, mein Herr, zusammen mit meiner Schwester. Wir wolten nach den Wurzel sehen, da sie oft von Bergziegen verbissen werden.
Meine Schwester ist noch sehr klein und ich dachte erst sie redet Unsinn, als sie mich fragte wer all die Leute dort unten seien und ob sie zu einem Fest gehen würden.
Ich ging zu ihr, wollte ihr eine Ohrfeige geben und sie wieder an die Arbeit scheuchen. Aber dann habe ich sie auch gesehen. Der ganze Pass unter uns war voll. Sie gingen in einer langen Schlange hintereinander und sie hatte Fahrgeräte bei sich. So wie der Zug, der die Waren weg bringt, aber ohne Schienen unter den Rädern.
Sag dem Herren wieviele es waren.
Ich bin mir nicht sicher, aber sehr viele. Ich weiß nicht... so viele wie... eine große Herde Ziegen hat. Nein mehr... so viel wie zwei.
Das sind etwa tausend! Kommentierte Kenshin.
Erzähl dem Herren von dem Feldzeichen.
Sie hatten Banner... so wie die auf den Rücken der Krieger, aber größer und in den Händen getragen. Darauf war etwas wie ein Kreuz, aber wie aus mehreren Kreuzen.
Hattori bemerkte das der Junge nicht in Worte fassen konnte was er eigentlich ausdrücken wollte. Kurzentschlossen schob er dem Bauern Papier, Pinsel und Tinte hin. Durch die Leiber der beiden Männer ging ein knapper Ruck, als sich der Knabe ihrem Herren auf die Länge eines Dolches näherte, doch der hielt sie mit einer knappen Geste zurück.
Ohne zu verstehen sah der Jüngling auf die dargereichten Utensilien. Dann schlich sich Begreifen in seinen Blick. Er ergriff den Pinsel und benetzte ihn ungeschickt mit zu viel Tinte. Dann malte er ein Kreuz auf das Papier, welches sodann von einem schräg liegenden Ebenbild mit übereinstimmendem Zentrum überlagert wurde. An die Enden jedes der acht Balken pinselte der Junge eine stilisierte Pfeilspitze.
Hattori sah dabei zu wie das Symbol entstand und mit jedem Strich wurde sein Unbehagen größer. Als der Lakai geendet hatte zwang er sich zu einem Lächeln.
Du hast deine Sache gut gemacht. Dein Vater kann stolz auf dich sein. Wann verleiht man dir das Schwert?
Nächstes Jahr, Herr!
Gut. Geh und sagt deinem Vater, ich werde es dir persönlich umgürten.
Der Junge bekam große Augen und hatte offenbar plötzlich einen sehr trockenen Mund.
Da... danke Herr!
Er wurde freigestellt und schien es sehr eilig zu haben haben die Burg zu verlassen. Wohl um ihren strengen Regeln zu entkommen, als auch um seiner Familie die Botschaft zu überbringen.
Als die drei Männer alleine waren, war es der Herr der Festung, der die Stille unterbrach.
Was denkt ihr?
Es sind Banditen, mein Gebieter! Entgegnete Kenshin erregt. Gebt mir zwanzig Krieger und eine Handvoll Bauern und ich jage dieses Ungeziefer zurück in die Wüste.
Banditen oder nicht, es sind tausend und sie haben Fahrzeuge.
Herr, der Bursche war erschrocken und ist ja kaum des Zählens fähig. Wahrscheinlich hat die Furcht für ihn die Feinde verdoppelt oder gar verdreifacht. Von da ist es nur ein kleiner Schritt, bis aus Wagen allein fahrende Fahrzeuge werden.
Hmmm.... was denkst du Takayuki?
Ich sage, dass Hochmut eine splitternde Klinge ist.
Wenn es nur eine Horde Banditen ist, gut. Aber wenn sie organisiert sind und sich auf das Kämpfen verstehen, dann riskieren wir wertvolle Leben. Unser Haus ist nicht mehr so zahlreich wie dereinst und jeder Tote ebenso schmerzlich wie ruhmreich.
Lange dachte Hattori nach, bevor er seinen Entschluss verkündete.
Wir ziehen dieser Horde nicht entgegen.
Zumindest nicht ohne mehr über sie zu wissen. Sendet Späher aus und sammelt Informationen. Vor einigen Wochen gab es unaufgeklärte Morde und die Dorfbewohner sprachen von einem Fremden, der sich unter sie geschlichen hatte. Möglich das diese Vorfälle nichts miteinander zu tun hatten.
Ebenso möglich das es sich bei dem geheimnisvollen Mörder um einen Spitzel handelte.
Ihr unterrichtet die Krieger über das was wir wissen und verpflichtete sie darüber Schweigen zu bewahren. Die Männer der Dorfes ruft ihr auf die Burg, gerüstet zum Kampf. Sagt ihnen und ihren Familien, dass es sich um eine Übung handelt. Zur Entlohnung ihrer Mühen müssen sie diesen Monat nur den elften Teil ihrer Erträge abtreten. Sollte dieser Feind wirklich nur ein Haufen wagemutiger Narren aus dem Süden sein, so werden wir ihnen entgegen marschieren und sie auslöschen, noch ehe sie das erste Dorf erreichen. Falls nicht, finden sie eine vorbereitete und verriegelte Festung vor. Um die Frauen und Kinder mit ihren Habseligkeiten hinter die Mauern zu bringen bleibt dann noch genügend Zeit.
Geht nun und erledigt diese Dinge.
Und gebt meiner Leibwache Bescheid, sie sollen meine Waffen und meine Rüstungen herrichten.
Ja Gebieter!
Ja Gebieter!