10-06-2008, 05:38 PM
Nichts hätte es vollbracht, in jenem klammen, wortlos hingelebten Herzensschlag auch nur einen ihrer plötzlich rasenden Gedanken nach außen hin zu offenbaren. Erahnen hätte sie es sehr wohl können, was hier und heute folgen musste, hätte es schon wissen müssen, bevor sie noch am vergangenen Sonnenaufgang, verkehrt an die Kraftfahrerkabine gelehnt gesessen hatte. Dennoch vermochte sie es nicht zu deuten, ob sie nun glücklich freudestrahlend zelebrieren oder krämerische Wachstränen schluchzen sollte. Fühlte er, was sie nun fühlte, oder war sein rührseliges Gesäusel nur ein weiteres Mal arglistige Täuschung, wie es ihr schon so viele Male widerfahren war? Sie wollte sich umdrehen, noch unter dem selben Samt gefangen, wollte ihn anstarren, eintauchen in das was seine Seele war, darin schwimmen, sehen, wie er die Welt nun sah, verstehen, was sie nicht verstand. Woher also diese zögerlich hervorgekrochene Erkenntnis nehmend, wie sie katalogisierend? Ratlos wankte sie im Innersten, erschüttert barsten all die eitlen Spiegel, welche sie als Schildkreis um die menschliche Seele gezogen hatte. Nichts von alledem war noch real, nichts von Bedeutung, den in ungeordneten Strukturen, durfte nur das Chaos bestehen, als räuberische Resonanz allen Lebens. Verachtung zischend um die Herzfassaden, krachend schon die Rippen brachen, fühlte erneut den bangen Hass, ohnmächtig wie er war, drachengleich wütend zwischen all den Sphären Yggdrasils. Augenblicks verkrümmten sich ihre Fingerknöchel schmerzhaft in seinem zarten Griff, pulsierend fühlte sie des Herzens eignen Schlag als Widerhall in seinen Händen. Entgegen jeglichen gepriesenen Ratio, warfen sich seine Nägel in die ihren, gebot man jetzt nicht raschen Einhalt, so waren all die großen Taten schon verloren, noch ehe sie entstanden waren. Er wusste es, sie wusste es, ein jeder wusste es, ja selbst der golden schimmernde Narrenkreis der hohen Herren Terras, konnte es schon ablesen aus den Gesichtern. Dennoch suchte sie es zu leugnen, wiegte sich ins Ungewisse, wollte wiederhaben, was zuvor noch spöttisch zwischen ihnen im Schatten des Betruges gelauert hatte. Belüge mich, forderte sie innerlich schon schäumend, belüg mich doch du elender Tor. Doch der zartbesaitete Zungenschlag in seinen schicksalhaften kurzen Worten, vermochte nicht die Unwahrheit zu gebären, sie waren verloren, was sie geißelte wie zehntausend harte Peitschenhiebe, welche er ihr einstmals schon hatte angedroht, in jenen Kammern der Zuflucht, als sie noch Meister und Sklavin gewesen waren. Die ungezähmte Bestie von ehedem war fort, auch die schwerlich zählbaren Grausamkeiten, bissiger Spott, harte Hiebe mit der Faust, physische Erniedrigung und götzenhafte Huldigung, welcher er von ihr gefordert hatte. All diese keimte nun, brodelte wie im schwarzen Hexenkessel des antiken Bühnenstückes welches sie noch dieser Tage als “MacBeth” einstudiert hatten, selbst wenn es schon seit zwanzigtausende Jahren aus der Mode war. Alles wie hinfort gefegt, alles Nichtig, alles schon vom soliden Eis geschmolzen. Was nur, was, ersann er sich bei diesen Worten, so unverhofft und doch gewünscht, sie wollt es ja, begehrte es, doch andererseits… warum? Was band sie, was kettete ihren langen Schicksalspfad, geprägt von theoretischen Historien, mit seinem blankpolierter Klingenblätter? Nichts. Verdammt waren sie, verdammt zum Chaos, welches gehässig schon zum zigsten Mal die vorderste Reißerreihen bleckte, ihrer beiden spottete, während sich alles schon von Götterhand vorbestimmt, auch eben sie ereilte. Schachfiguren waren sie, womöglich er der schwarze König und sie die dunkle Königin, über alle Felder springend, ganz wie es das Regelwerk nun erlaubte. Darin erkannte sie das wirken, noch war sie nicht verfallen den dunklen Mächten, noch so fühlte sie, war schimmernd wie der Morgenstern, ein letzter goldner Hoffnungsstrahl, welcher sich doch gerade in der absoluten Verweigerung des Verzehrs von menschlichem Fleisch geäußert hatte. Noch… ja noch war sie bei Sinnen, mochte noch klar und nicht diffus die Kanten, Spitzen und Krümmungen erkennen, welche dieser kranke Geist ersonnen hatte. Doch was war er? Ein willentlich geknechtetes Instrument, ein blutbespritztes Schlachterbeil irgendeines intellektbefähigten Gefühls… wie genoss er diese zugedachte Rolle, erreichte schon die perfekte Blüte, gefiel sich selbst, als fleischgewordener Messiahs, Schlachtenbote des Bronzethrones, welcher erhaben in ihm abgewandter Richtung emporragte. Gierig, wissend schon des Dramas Ende, schielten gekniffene Reptilienaugen auf sein Rückgrat herab. Wie er sich gebar… endmenschlichte sich selbst, mit jeder sinnlos grausamen Quälerei, schon war ihr, als habe er abermals gemordet, noch grotesker und boshafter als je zuvor, denn sie hatte sich umgewandt, betrachtete ihn nicht mit dem gewachsnen Augen, sondern mit dem Verständnis eines weiblichen Herzens. Was sie in frühen Morgenstunden, eingepfercht in dieser Halle, fest umschlossen hielt, war nicht eines Mannes schwaches Fleischgestell, sondern scheußliches Zerrbild eines totgeborenen Infernalen. Scharfe, schief gewachsene Dornenkronen zierten seine Fänge, wie aus Alpträumen auferstanden, bargen seinen Linsen die mitternächtliche Acht, anstelle des klaren Gestirns, tief krallten sich auch morastig gähnenden Sensen seitlich in ihr Rückenmark, als er wohl noch höhnend liebkosend ihre Flanken strich. Glänzend rote Schuppen, vermengt mit verbranntem Sulfur und triefendem Pech, Prometheus selbst lag ausgestreckt, gezackten Drachenschweif an ihrer Leibesmitte wiegend. Allein der Imperator… falsche Imperator… wusste, welches Scheusal unter ihrer Decke sich verbarg. Was immer er geworden war, was immer werden mochte, es geschah Kraft seines freien Willens, ungeformt von fremder Hand, selbst wenn die Segnung sichtlich war. Empfangen hatte er es, wie er nun mit gespaltener Zunge sich die winterschroffen Lefzen leckte, ein geflossnes Perlchen salzigen Blutes sich erhaschend. Dämon… keifte sie im geistigen Zerwürfnis, menschliche Ausgeburt zwecklos grober Zerstörungswut. Liebe, hauchte gänzlich fremd, jenes Quäntchen ihrer Seele, welches schon verdorben war, oder eben auch nicht. Welche Hälfte war den nun die Reingeborene, chaotisch voll Veränderung oder treu dem Lichte? Nein, sie hatte sich getäuscht, was ihn gehoben hatte, vom kargen Schlammbewohner hoch zum oftmals ersehnten, unsterblichen Dämonenstand, hatte ihr schon längst den Geist geraubt. Uneinig mit sich selbst, legte sie die Flanken um seine Hüften, um wie reitend sich über ihn zu erheben, einzig ohne geißelnde Gerte bei der behandschuhten Rechten. Während sie in Möbiusschleife so versank, erkannte sie, was zuvor ihr verborgen gewesen war, ein trauriges Schicksal, welches sie gleißend wie der sieben Höllen Flammen umschlang. Was hier und jetzt besiegelt war, stand liebend zwischen ihm und ihr. Dennoch, verratene Emotion, so spürte sie, nicht etwas Kampfeslärm und schweres Schlachten, brachte ihn wie sie zum Fall. Durch ihren Willen, durch ihr tun und handeln, durch ihre unbescholtnen, unbefleckten Hände nun, würde er sein dunkles Schicksal beschließen. Grausam nur, das selbes auch sie dereinst ereilen würde, durch eben seine purpurnen Lippen, jetzt gesprungnen Lefzen, wenn er ihr, nach seinem eignen Ableben schon, ihr der finstren Nacht kühlen Kuss überbrachte. Es peinigte sie, über alles bekannte noch hinaus, doch es waren arge Lügen. Kreischend wie aus Tartarus Schlünden, zerbrach schon ihre Seele, zersprang wie alle silbernen Spiegel. Nichts band sie, nichts hielt sie zurück. Das verräterische Herz, es schlug! Gnadenlos wie einst die große Bestie, ergriff sie seinen geschuppten Nacken, verwundert schon die lange Acht in seinen Linsen, schmetterte sie, mit ungekannter Macht, die geballte Faust wieder seine konkaven Hohlwangen. Merkwürdig, wie sich sein deutlich massigeres Haupt, für Bruchteile rascher erfolgter Herzensschläge, seitlich auf das weiche Kissen wand, als wäre es nicht erwartet gewesen.
“Ich hasse dich, du elende Chaotenbrut!” , keifte sie zitternd vor gekränkter Selbstjustiz, fiel dann weinend nieder, schlang sich fest um seinen Hals, schluchzte leise, fast schon wimmernd, befeuchtete nunmehr willenlos mit sengenden Tränen sein locker liegendes Haar, als sie, dieses Mal die andere Wange, zärtlich küsste, und leise hauchend hinzufügte, “Verdammt seien alle dunklen Götter… ich liebe dich!”, und presste weinend zitternd ihren Leib an seinen.
“Ich hasse dich, du elende Chaotenbrut!” , keifte sie zitternd vor gekränkter Selbstjustiz, fiel dann weinend nieder, schlang sich fest um seinen Hals, schluchzte leise, fast schon wimmernd, befeuchtete nunmehr willenlos mit sengenden Tränen sein locker liegendes Haar, als sie, dieses Mal die andere Wange, zärtlich küsste, und leise hauchend hinzufügte, “Verdammt seien alle dunklen Götter… ich liebe dich!”, und presste weinend zitternd ihren Leib an seinen.