10-06-2008, 01:20 AM
Eben noch von Nyxes fein gewobenen Seidenmantel eingehüllt, nicht jedoch im realen Zeitgefüge eingebettet, tummelten sich gestaltgewordene Schatten um die Liegestatt. Am marmornen Absatz kauerte ein Gargyl, Maul mit Zähnen dick gespickt, Krallen über glattes Gestein wetzend, während ein Anverwandter mit siebzig Beinen, Fassaden kletternd sich zum Kuppelbau des nächsten Daches hievte. Noch klamm und heißer um die Brust, die Lungenflügel schlaff verbrannt, keuchte sie milder durch des Morgens kühle Luft. Hätte sie nur einen Fächer gehabt, so hätte sie mit jenem nun, sich lindernde Winde zugesandt, ganz wie es einstmals Brauchtum gewesen war. Was geschah, erschütterte Weltengefüge, ließ gleißend noch das Morgenrot einbrechend kreischen, während tumultartig schwer polterndes Schuhwerk wie von Dannen geworfen wurde. Beschwichtigend säuselnd, reckte sich des kriegerischen Koroners müdes Haupt an ihre mittlerweile wieder belebte Wange. Sein Wortlaut schien schwach, schon fast entrückt, wie von fernen Tunneln her gesprochen, mühte er sich am Ende gar noch, zu behaupten überhaupt fortgewesen zu sein? Sie wusste es nicht, nicht einmal wie viele kostbare Lebensminuten arglos liegend hier vergeudet waren, als er sie dem sanften Todesengel gleich, ins finstre Reich der Stille hinüber geleitete. Sein versiegelnder, heiß herbeigesehnter Lippenkuss war es gewesen, welcher sie entführte, sie jedes feinren Sinnes beraubte. Dennoch grollte sie weder ihm noch seinem chaotischem Verhalten, wusste sie ja um des Mannes unverhohlener Vorliebe für merkwürdige Exzesse, spätestens nachdem er barbarischer den je, von zartem Menschenfleisch gekostet hatte. Makelhaft wie er wahr, fehlerbehaftet in vieler Narren Augen, wusste sie schon seit vielen verstrichenen Wochen, egal ob getrennt oder zusammen, um dessen wahren Wert. Schätzend strich sie rücklings über seinen Schenkel, was sie nicht besehen konnte, ertastete sie wie es nun mal Blinde taten. Gewahr wurde ihr, das nun die eigenartige Kette gelöst war, ebenso wie seinen plötzlich seltsame anmutende Anämie, fraglich glitt sie banger Fingerkuppen, immer noch verhüllt durch die nächtliche Schwärze, weiter, bis das die ihre, sich in seine krallte. Sachte, dennoch merklich drückend, hielt sie seine Hand umschlossen, jedenfalls im Zwischenraum der Knöchel, seine war ja ungleich größer, wie es nun mal Sitte war, in jenen Belangen. Non verbal, wie man so schön sprach, vermittelte sie somit, was sie empfand, wenngleich er es wohl nicht verstehen konnte oder wollte. Der Götterunterpfand, verspürte sie regungslos geschlossen, an ihrer Brust noch seinen starken Griff, gleichsam seine salzbestrichnen Lippen an ihrer Wange. Was es war, das ihn umflochten hielt, wusste sie nicht zu deuten, wenn selbst sie gerade noch erfühlen konnte, so in der geänderten Ruhe seines Wesens, das wiederum eine Seele kreischend in des Wahnsinns Fänge gerissen wurde. Mit vollem Leib schmiegte sie sich rückwärts pressend, nun an seine maskulinen Körperformen. Auch er, gewahr sich dieser Regung, umfing sie wie der Kraken, sanfter nun, wie bereits gesättigt. Noch immer hielt sie seine Hand, noch immer zirkulierten des Lebens blühende Strömungen hindurch. Nichts hatte sich wohl geändert, alles war verblieben, bleich und ausgemerzt. Mochte er sie nicht leiden, oder war dies höhere Bestimmung? Doch dann, Bestätigung der fälschlichen Annahme, er fester an ihre unbefleckten Flanken gepresst, leise wispernd. Zeitig war sie wohl von ihm geschieden, noch ehe er den “Akt” vollzog, unbesudelt ihre Mitte, gleichsam er befriedigt schien. Verwunderlich nicht im Mindesten, vielmehr genoss sie zärtliche Einigkeit, dessen physisch geschwächte Herrschaftsmanier. Schützend hielt er sie, archaisch schon im Grundgedanken, er der Jäger, sie die Hüterin. Doch von was? Seine Knöchel regten sich, erwiderten den schlichten Druck. War er schon entschlafen?
“Woran liegt es, das du zwar Linderung erhieltst, ich aber nichts dergleichen fühle?” , hauchte sie mit gedämpfter Liebesstimme, “Empfindest du nicht, wie ich empfinde? Flüchtest dich vor meiner…. Nähe?”
“Woran liegt es, das du zwar Linderung erhieltst, ich aber nichts dergleichen fühle?” , hauchte sie mit gedämpfter Liebesstimme, “Empfindest du nicht, wie ich empfinde? Flüchtest dich vor meiner…. Nähe?”