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Erste Schritte in die Freiheit
#1
Die Stunden vor dem Landeanflug verbrachte Salem mit schlafen. Während des Landeanflugs lauschte er beiläufig den nie versiegen wollenden Anekdoten seines Sitznachbars. Den Flug über hatte der feiste Vertreter ihn gut unterhalten, doch in dieser letzten Phase herrschte ganz klar die Anspannung vor. Wie würde der Planet sein? Würde seine ultra-teuren Papiere anerkannt werden oder saß er gleich wieder im Flieger zurück, oder gar im Knast?
All diese Fragen schwirrten Salem durch den Kopf und mit vor Nervosität schweißnassen Handflächen beschlich ihn wieder die dumpfe Erkenntnis, dass er keine Ahnung von einem Leben in Feiheit hatte.
So ganz wohl war ihm bei der Sache noch nicht, doch würde sich bestimmt jemand finden lassen, in dessen Obhut er unter- und auf dessen Gehaltsliste er auftauchen konnte.
Für Leute wie ihn gab es in Makropolen immer Arbeit, hatte Travin gesagt und Salem hatte ihm gelglaubt. “Man muss sie nur finden und dafür muss man wissen, wo man zu suchen hat. Du findest schon was.”, hatte Travin augenzwinkernd gesagt.

“Wollen wir doch mal sehen.”, dachte sich Salem und wischte sich die Handflächen an der Hose trocken.


Salem stieg aus dem Transporter. Er war von einem regen Treiben umgeben und hatte gar keine Wahl, als sich von der Masse der aussteigenden Personen zur Gepäck- und Frachtzone drängen zu lassen. Jeder wollte der Erste sein. Salem machte sich seine Größe und seine Masse zunutze, um sich an einer Gruppe von drei kleinen, dünnen Glatzköpfen vorbei zu schieben und verpasste einem Kerl mit dunklem Vollbart einen Hieb mit dem Ellenbogen, als dieser ihn zum dritten Mal heftig angerempelt hatte.
Salem sah seinen Koffer und beließ es bei dieser Warnung, da der Bartträger ein Stück zurückgefallen war. Dem Strom der Menschen folgend erreichte Salem schon bald einen der Kontrollpunkte an denen die Ausweise und Frachtpapiere kontrolliert wurden. Nun hieß es warten. Den Koffer fest im Griff stand Salem fast eine halbe Stunde in einer Schlange und sah sich derweil das Prozedere, so gut es ihm die Situation erlaube, an.
Es war eine langweilige, immergleiche Arbeit und Salem fragte sich, wieviele der schlecht gefälschten Papiere die im Umlauf waren wohl übersehen wurden, weil der Kontrolleuer betriebsblind war und in jedem Fetzen, der annähernd die richtige Größe hatte, ein amtliches Dokument sah.

“Ein ätzender Job, was?”, sagte Salem, bemüht teilnahmsvoll, oder zumindest einigermaßen freundlich rüberzukommen. Statt einem kurzen, emotionalen aufleben kassierte er nur einen kalten, verächtlichen Blick von der glubschäugigen Frau, die instinktiv die Hand ausstreckte um seine Papiere zu nehmen. Er gab sie ihr hastig und sie ließ einen fachmännischen Blick zwischen den Dokumenten und seinem Gesicht hin und her wandern.
“Sie sind wohl einer von der ganz komischen Sorte, was?”, fragte sie und zog genervt eine Augenbraue hoch. Ihre Stimme war hoch und nasal und ihre Augen hatten dunkle Ringe. Mit einem blassen Finger tippte sie wiederholt auf den Tisch vor sich.
“Tasche aufmachen.”

Zögernd kam Salem der Aufforderung nach. Dies war der alles entscheidende Moment, nachdem der Ausweis scheinbar angenommen worden war. Er legte die Tasche vor sich auf den Tisch und ließ ihn aufschnappen. Viel war nicht darin. Ein paar Klamotten, ein Paar Stiefel, eine Stange Zigaretten, ein paar andere Kleinigkeiten von wenig Belang und ein Koffer mit einem Siegel des Munitoriums. Sie starrte den Koffer an und dann starrte sie Salem an, als würde sie auf etwas warten. Er kramte in den Taschen seiner Cargo-Hose und knallte ihr den entsprechenden Zettel auf den Tisch.

“Was dauert da so lange?”; “Mann, wann geht das endlich weiter da vorn?”, konnte er aus dem Stimmengewirr hinter sich hören. Warum hatte er den Zettel nicht gleich mit rausgeholt, als er gewartet hatte? “Dumm! Dumm! Dumm!”, fluchte Salem wortlos und war erleichtert, als ihm die blasse Kontrolleurin den Transportschein endlich abstempelte und ihn durchwinkte, was mit Sprüchen wie: “Na endlich.” und “Geht doch!” aus der Schlange kommentiert wurde.
Erst jetzt, wo er seine Tasche wieder in der Hand und die Kontrolle hinter sich zurückgelassen hatte merkte Salem, dass ihm das Herz bis zum Halse schlug. Keine Stunde auf dem Planeten und schon Streitigkeiten mit den Arbites oder dem PVS? Darauf konnte er verzichten. Seine Knöchel traten weiß hervor, so sehr umkrallte er den Griff der Tasche. Der Adrenalinrausch verebbte, je weiter er zum Ausgang kam. Durch die Tür und er war draußen.

“Puh.”, entfuhr es ihm vor Erleichterung, als ihn seine Schritte von der Ankunftshalle des Raumhafens fort trugen.
Die ersten, holprigen Schritte auf dem neuen Planeten waren geschafft. Jetzt galt es sich einen Überblick zu verschaffen und die Fracht zu kontrollieren.

[Gehend nach: Red Cards
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