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Hasters Anwesen lag im oberen Teil des Palastes. Auch wenn er selbst bisher kaum etwas vorzuweisen hatte was dies gerechtfertigt hätte, besaßen seine Eltern doch großen Einfluss und verschafften ihm diese Residenz. Sie war groß und geräumig, und auch wenn sie nicht mit dem Prunk manch anderer mithalten konnte, so war sie doch ein erhabener Anblick.
Nur ausgestattet mit ausgesuchten Möbeln der bekanntesten Designer. Überall hingen Kunstwerke von berühmten Malern, und wertvolle Teppiche in viollet und grün verzierten die Wände. Nirgendwo war von den Beratern seiner Familie gespart worden, als diese die Räumlichkeiten eingerichtet hatten. "Eines Siris würdig" hatten sie es genannt.
Doch einer der Räume stach deutlich aus diesem Bild von Reichtum und Pracht heraus. Ein paar schlichte Möbel, ein Bett, ein Schrank, ein Schreibtisch. Dies war Hasters Zuflucht. Hierhin zog er sich zurück aus der Welt des Adels, und aus den trostlosen Laboratorien des Hauses. Zwischen all der Pracht seines Anwesens war dies der einzige Ort an dem er sich entspannen konnten und an dem er sich sicher fühlte.
Schmale Lichtstreifen fielen durch die heruntergelassenen Rolladen auf das Gesicht eines Jungen Mannes. Es war Abend, und das letzte Tageslicht schien durch die großen Fenster, welche die gesamte Wand einnahmen. Haster lag regungslos auf seinem Bett, doch er schlief nicht. Er überlegt, dachte nach. Ließ sein Leben reveau passieren.
So verharrte er noch einige Minuten bis er schließlich, von neuem Tatendrang erfasst, aufsprang. Er lief zu seinem Schreibtisch hinüber, holte seine Pistole hervor, kramte seine Creditkarte aus einer der überfüllten Schubladen, und griff sich das Shirt welches über der Lehne des Stuhles lag. Er zog es sich über seinen nackten Oberkörper und machte sich bereit zu gehen. Denn bevor er das Haus offiziel verlassen durfte musste er noch eine Sache erledigen. Es war nicht leicht für ihn, und nachdem er den pompösen Flur seines Anwesens durchschritten, und die Tür erreicht hatte zögerte er kurz. Er war unsicher, schwankte. Eine einzelne Schweißperle lief seine Schläfe hinunter, doch er wusste, dass er diesen Schritt gehen musste. Er atmete noch einmal tief durch, und überwand sich schließlich. Er öffnete die Tür und betrat den hell erleuchteten Korridor. Ohne zurückzublicken verschloss er die Tür hinter sich und machte sich auf den Weg zu seinem Ziel.
- Dem Büro seines Vaters.
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Nachdem Haster mithilfe eines Lifts das Büro seines Vaters erreicht hatte stieg die Nervosität in ihm. Er konnte seine Besuche hier an einer Hand abzählen, und er war immer wieder aufs neue eingeschüchtert.
Die Räume waren mehrere Meter hoch, und die Wände bestanden fast komplett aus riesigen Glasscheiben, die einen wundervollen Blick auf die Türme von Ghomor gewärten. Diese waren durch Rahmen aus glänzendem Edelstahl eingefasst. Kleine Flüsse aus glasklarem Wasser fließen an den Wänden entlang und münden alle samt in einem kleinen Brunnen in der Mitte des Raumes.
Insgesamt fühlte man sich klein und unbedeutend wenn man sich in diesem Raum aufhielt. Er wirkte einschüchternd, und genau das sollte er auch. Der Raum sollte seinen Besuchern deutlich machen wer am längeren Hebel sitzt. Und das funktionierte wunderbar.
Am anderen Ende des Raumes befand sich ein langer gewundener Schreibtisch, an dem eine junge Frau saß. Mit ihrer Brille, dem Anzug und wie sie dort geschäftig auf ihrem Computer herumtippte sah sie aus wie eine typische Sekretärin. Doch sie war viel mehr als das. Sie war Torius Siris persönlicher Wachhund, dazu ausgebildet jegliche ungebetene Besucher oder Bittsteller wehement abzuwimmeln. Im Laufe der Jahre hatte sie es darin zu Meisterschaft gebracht, und war ein sehr unangenehmer Zeitgenosse. Doch Haster hatte nicht vor sich von ihr aufhalten zu lassen.
Atella, sagen sie meinem Vater, dass ich hier bin.
Während er sprach sah er ihr nicht in die Augen, sondern hatte seinen Blick sturr auf die Tür gerichtet. Er wollte ihr deutlich machen, dass er nicht gekommen war um mit ihr zu diskutieren.
Ach und sagen sie ihm, dass es wichtig ist. Ich bin mir sicher, dass er hören will was ich zu sagen habe.
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Der Kettenhund mit der perfekten Frisur und Figur machte diese Mal keine Schwierigkeiten. Der Sohn des Chefs zu sein brachte in dieser Beziehung vielleicht doch den ein oder anderen Pluspunkt.
Roland Mauritzo Siris dominierte den Raum als Zentrum einer bewusst herbeigeführten Leere. Inzwischen war der tiefgründige Einrichtungsstil, welchen das Haus pflegte, den heiligen Hallen längst entkommen und wurde im zivilen Bereich, für viel Geld, an die besseren Kreise herangetragen. Die Lehre der Wertigkeit aller Dinge und ihrer Wechselwirkung mit anderen Objekten. Ihre Ursprünge hatte diese Bewegung im kriegerischen Teil des Hauses, welchen man vor dem Krieg der Häuser noch nicht so penibel zu verstecken versucht hatte. Nach den Erkenntnissen der ursprünglichen Kriegerkaste konnte nur der in der Schlacht Erfolg haben, der sich und seine Umgebung in Waage brachte. Die minimalistische Raumgestaltung war der Gipfel dieser Überzeugung und hatte die Jahrhunderte überdauert.
Während auch das Büro Rolands die Decke in schwindelnde Höhen verbannte und den chronischen Platzmangel einer Makropole damit für Siris als nicht gültig abstempelte, war der Raum ansonsten spartanisch eingerichtet. Während eine Wand ebenfalls das Wolkenmeer durch eine Fensterfront offenbarte, beherrschte die andere Seite ein marmornes Relief von atemberaubender Kunstfertigkeit. Es zeigte ein Menschengewimmel, athletische Leiber die sich in Pein und Qualen wanden, während unter ihnen einer, von einem Strahlenkranz umspielt, sich erhob um über diesem Jammertal zu schweben.
Fromme Leute mochten in dieser Gestalt den Imperator sehen, andere deuteten es als die letztliche, evolutionäre Vollkommen des Menschengeschlechts.
Ansonsten gab es in dem Raum noch zwei beleuchtete Vitrinen, in welchen Stasisfelder einige Exponate sirischer Errungenschaften schweben ließen. Da gab es künstliche Organe, Mikrochips und Dinge von denen nur mehr Eingeweihte und die Erfinder selbst hätten sagen können um was es sich genau handelte.
Schließlich war da der Schreibtisch. Eine Platte, natürlich auch aus Marmor, und nichts mehr. Auch sie war von den Fesseln der Schwerkraft befreit, dank verborgener Antigraveinheiten. Der spielerische Umgang mit derart teurer und wartungsintensiver Technologie sagte etwas über das Selbstverständnis des Hauses aus.
Hinter diesem extravaganten Möbel sah Roland selbst.
Ein Mann den man unmöglich älter als 30 schätzen würde, was natürlich verjüngenden Maßnahmen zuzurechnen war. Inzwischen war er fast doppelt so alt, was jedoch nur seine Augen verrieten. Sein schwarzes Haar war kurz geschnitten, die Gesichtszüge scharf, wie aus Stein gehauen. An der rechten Schläfe funkelte der Adapter einer Datenbuchse. Seine Hände bildeten ein Zelt, während er wartete das sein Sohn näher trat.
Du bist lange nicht hier gewesen, Haster. Er vermied es immer peinlich seinen Nachkommen als Sohn zu bezeichnen.
Wie ich höre hast du deine Aufgaben in letzter Zeit ein wenig vernachlässigt. Keine Frage nach Befindlichkeit oder irgendwelchen Problemen.
Ich habe gewusst das es ein Fehler war dir den Militärdienst zu gestatten. Das Zusammensein mit derart vielen... gewöhnlichen Leuten wirkt sich nicht gut auf den Charakter aus. Das Haus sollte für einen Siris immer an erster Stelle stehen. Aber gut...
Du bist jung und musstest dir die Hörner abstoßen, das verstehe ich natürlich.
Ich werde dafür sorgen das deine Ausbildung weiter geht. Man sagte mir du bist auf den Gebiet der Zellerneuerung sehr vielversprechend. Ich denke in dieser Richtung lässt sich etwas einrichten. Ich habe einen guten Freund beim Projektausschuss. Sicherlich könnte man dich dort unterbringen.
Was hältst du davon?
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Jedesmal wenn Haster diesen Raum betrat machte sich ein bedrückendes Gefühl in ihm breit. Ob es nun an der erdrückenden Leere, oder an den verstörenden Momenten die er während seiner Kindheit hier erlebte vermochte er nicht zu sagen. Zusätzlich dazu kamdas jugendliche Gesicht seines Vaters, das sie eher wie Brüder denn wie Vater und Sohn erschienen ließ.
Doch trotz alle dem ließ sich Haster nicht einschüchtern. Es ging hierbei um seine Zukunft, da durfte er sich nicht von solch lächerlichen Dingen ablenken lassen.
Mit sicherem Gang schritt er an den Schreibtisch seines Vaters heran. Es wunderte ihn nicht, dass sein Vater keine Zeit damit verschwendete Nettigkeiten auszutauschen. Das tat er nie. Er zögerte nicht, kam direkt zum wesentlichen und begann das Gespräch wie so oft mit einer Anschuldigung über Hasters Verhalten.
Genauso wenig überraschte es Haster, dass er das Gespräch so begann als hätte er ihn herbestellt, und nicht als wäre Haster aus eigenem Antrieb gekommen. Er versuchte ohne Umschweife dem Gespräch seinen Stempel aufzudrücken, und es in eine für ihn vorteilhafte Bahn zu lenken.
Doch Haster ließ sich nicht aus der Fassung bringen, und legte die Karten direkt auf den Tisch.
Es tut mir leid dich entäuschen zu müssen Vater, aber ich befürchte ich muss dein Angebot ausschlagen.
Und es ist gut, dass du das Militär erwähnst. Denn in Bezug darauf habe ich beschlossen das Haus auf unbestimmte Zeit zu verlassen. Ich kann mich selbst nicht mehr mit dem Weg den das Haus eingeschlagen hat identifizieren, aus moralischen sowie ethischen Gründen.
Du verstehst sicher, dass ein so denkender Mitarbeiter unprodutkiv ist, und es deshalb unnütz wäre mich am fortgehen hindern zu wollen. Haster versuchte seinen Vater mit Argumenten zu überzeugen deren Logik er unmöglich abstreiten kann.
Für die Zeit meiner Abwesenheit werde ich mich also beim Militär aufhalten, und dort meinen dienst verrichten. Bevor er fortfuhr hielt er kurz inne, um die Reaktion seines Vaters abzuwarten.
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Ein langer Moment des Schweigens, in dem nur das erahnbare Summen der Antischwerkraftmotoren zu hören war. Im Gesicht seines Vaters zuckte nicht ein Muskel, deutete nichts auf die Gefühle dieses Mannes hin. Dann endlich sprach er wieder, ebenso beherrscht und ruhig wie von Anfang an.
Nun gut! Du bist ein freier und erwachsener Mann. Wenn du dich derartigen Torheiten hingeben willst werde ich dich nicht aufhalten. Aber ich hoffe es ist dir klar das du alle Türen hinter dir zuwirfst und sie von der anderen Seite verriegelt werden. Du kannst das Haus nicht verlassen und irgendwann wiederkommen, wie dir gerade danach ist. Gehst du jetzt, dann hast du nichts mehr. Kein Geld, keine Bleibe, keine Kontakte. Er erhob sich, verschränkte die Hände auf dem Rücken und schritt zu der aufragenden Fesnterfront.
Verantwortung! Das ist der Kernpunkt, Haster. Deine Mutter und ich wurden ausgewählt weil wir die genetisch passendsten Partner waren und man hoffte unsere ausgeprägten, nützlichen Eigenschaften würden auf unsere Nachkommen übergehen und durch diese veredelt. Sehr viele Leute haben sehr viel Zeit und Arbeit investiert um dir das Leben zu schenken, welches du jetzt so leichtfertig wegwerfen willst. Was glaubst du wie viele deiner noblen PVS- Offiziere alles hingeben würden um eine solche Chance zu erhalten, wie sie dir zum Geschenk gemacht wurde?
Auch ich gehe nicht mit allen Methoden des Hauses konform, aber ich sehe das Große und Ganze. Es gibt Grenzen die überschritten werden müssen, um die Welt zum Guten zu ändern. Wenn ein Leben enden muss, um hunderttausende andere zu retten, kannst du dann diesen Hunderttausenden gegenübertreten und ihnen sagen das du nach deinen Moralvorstellungen ihren Untergang beschlossen hast? Und da willst du dich zu dieser Armee melden? Wo sie auf Unbewaffnete schießen lassen, die für Brot demonstrieren gehen? Du weißt das alle Zeichen auf Bürgerkrieg stehen? Für welche Seite wirst du dich entscheiden, was verbindet dich mit diesen Leuten?
Wir schulden dem Haus Loyalität, für das was es uns tun lässt, was es uns an Gutem tun lässt. Wenn du all die Menschen, die dafür Sorge getragen haben das du hier vor mir stehst, gesund und gut ausgebildet, mit Füßen treten willst, dann sag es und ich werde persönlich deinen Ausschluss aus Haus Siris unterschreiben.
Das hier ist kein Spiel, Junge! Kein „Ich habe vorübergehend keine Lust mehr.“ Das Haus, oder das da draußen. Du musst dich entscheiden.
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Aufmerksam und stellenewise sehr überrascht lauschte Haster den Worten seines Vaters. Sie brachten ihn sogar zum nachdenken, doch er wusste das er die richtige Entscheidung fällen würde.
Einige Grenzen müssen überschritten werden? Pah, einige Mitglieder dieses ach so noblen Hauses müssten für ihre Taten auf dem Scheiterhaufen brennen.
Angewiedert verzog er das Gesicht.
Ich habe gesehen was scheinbar mit diesen Leuten passieren muss bevor sie.. gerettet werden könnnen. Und danach kann man es nicht mehr als Rettung bezeichnen. Nein, danach kann man sie nicht mal mehr als Menschen bezeichnen, genauso wie die meisten Siris selbst.
Bei diesen Worten richtete er seinen Blick genau auf seinen Vater.
Den meisten Mitgliedern des Hauses sind die wichtigsten Merkmale eines Menschen verloren gegangen. Dinge wie Mitgefühl, Nächstenliebe, oder ein Gewissen. Dinge die einen Menschen erst wirklich zu einem Menschen machen, und ihn von einer Maschine unterscheiden.
Und glaube mir, mich verbindet wahrscheinlich mehr mit jedem einzelnen Soldaten auf diesem Planeten als mit unserem Haus, so traurig es auch ist.
Einen langen Moment stand Haster noch dort im Büro seines Vaters, bevor er das unvermeidliche aussprach.
Nun gut Vater, ich habe mich entschieden. Und zwar gegen das Haus.
Auch wenn es schade ist das ihr die Türen hinter mir zusperren werdet, so habe ich doch keine Wahl.
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Also gut... In seiner Stimme klang ein Hauch von Resignation mit und unter der starren Maske lebenslanger Selbstbeherrschung schimmerte ein Anflug von Bedauern. Es ist deine Entscheidung und ich werde sie dem Rat mitteilen. Dir bleiben 48 Stunden um deine Angelegenheiten zu reinigen, danach erlischt deine Berechtigung für das Hausgelände und deine Zugangscodes werden gesperrt. Er wandte sich demonstrativ den Unterlagen auf seinem Schreibtisch zu, so als wolle er anzeigen das, das Gespräch damit beendet sei. Dann blickte er jedoch noch einmal auf und als er sprach klang seine Stimme etwas weicher.
Wenn du da draußen bist, Junge. Dann behalte alles was du über das Haus weißt für dich. Ich sage das nicht um Schaden vom Haus abzuhalten, sondern um dich davor zu bewahren. Siris Schatten ist lang und man vergisst hier nicht.
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