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Als sich das Rolltor öffnete, schlug Aurelia der beißende Geruch von Müll, verfaulendem Müll und brennendem Müll entgegen.
Kein saurer Regen und so wenig Smog von der Stadt, dass man sogar ein wenig Sonne durch die dicken Wolken aus Abgasen sehen konnte, die Gohmor stets und ständig wie einen Brautschleier oder eher noch wie ein Leichentuch umgaben.
Ein wunderschöner Morgen in den Slums also.
Ein aufgemotztes Fahrzeug, Automobil wäre ein etwas hoch angesetzter Begriff, raste in einiger Entfernung vorbei und seine Insassen gaben Schüsse in die Luft ab und grölten irgendwelches unverständliche Zeug.
Es musste Partygänger der letzten Nacht sein, denn niemand bei Verstand oder im nüchternen Zustand würde derart kostbare Munition verschwenden.
Apropos Munition, wenn sie pünktlich sein wollte, dann musste sie sich beeilen. Also lenkte sie ihre Schritte in Richtung ihrer Arbeitsstätte, das aufragende, künstliche Gebirge der Makropole dabei im Rücken. Abgesehen von der kleinen Showeinlage war ihr Arbeitsweg relativ unspektakulär.
Keine wilden Schießereien zwischen verfeindeten Gangs, kein Mord auf offener Straße oder Leichen, die in der Gegend herumlagen und von Drogensüchtigen geplündert wurden.
Sicher, sicher, all das gab es dann und wann, aber hatte nicht jede Gesellschaft ihre kleinen Problemchen? Und meistens waren die Menschen in den Elendsvierteln stinknormale Leute, mit stinknormalen Problemen und Sorgen. Eine Schar Kinder rannte krakeelend an ihr vorbei, barfuß und dreckverkrustet. Händler boten Selbstgebrannten, Kleidung und Batterien an. Andere verkauften Lebensmittel, die sie aus den Müllbergen der Stadt geklaubt hatten und die noch immer essbar waren. Die Makros, wie die Slumbewohner die Städter nannten, warfen unglaublich viel Zeug weg, an dem nichts auszusetzen war. Sie mussten wirklich im Überfluss leben da drinnen, wenn sie Dinge, die kaum oder gar nicht beschädigt oder vergammelt waren, einfach in den Müll schmissen. Glück für die Slums.
Ein aufgeknüpfter Mutant störte das idyllische Bild ein wenig und erinnerte Aurelia, dass diese Gegend hier vor einigen Tagen von den "Konvertierten der Reinigung" erobert wurden war. Sie hatten in einer Nacht die bis dahin herrschende Gang ausgelöscht und gleich begonnen nach Mutanten zu suchen und mit ihnen kurzen Prozess zu machen. Eine üble Bande von Fanatikern, die sich selbst gern den Anschein von frommen Glaubenskriegern gaben, aber im Grunde nicht besser waren als jede andere Gang. Eher im Gegenteil, da sie ihre Gewaltausbrüche mit rechtschaffenen Sprüchen verschleierten. Als sie um ein zweistöckiges Gebäude aus Schrott Wellblech bog, sah sie zwei der Konvertierten, als hätten ihre Gedanken an sie, sie heraufbeschworen.
Zwei Männer, der eine hochgewachsen und sehr dünn, der andere breit und gedrungen, vollgestopft mit billigen Kunstmuskeln. Beide trugen fleckig, vormals weiße Tücher über dem Kopf, die am Hals mit groben Stricken verschnürt waren und so eng anlagen, dass man die Konturen der Gesichter darunter ausmachen konnte. Wie sie durch diese Lappen sehen, geschweige denn atmen konnten, blieb ein Rätsel.
Die beiden standen am Rand der Straße, wenn man denn den Schlammweg so nennen wollte. Der Breite interessierte sich nicht für Aurelia als sie vorbei ging. Der andere aber drehte ihr den Kopf nach und als sie schon fast vorbei war rief er sie an.
Mädchen!
Wenn du sündige Dirne anschaffen gehst, dann vergiss nicht wem du jetzt die Abgaben zu zahlen hast. Wir beten auch für deine verkommene Seele. Die Stimme kam gedämpft unter dem Tuch hervor und trotzdem konnte man den Hohn heraushören. Er tropfte geradezu durch den schmutzigen Stoff. Oder wie wäre es, wenn du gleich hier und jetzt ein wenig Abbitte leistest. Der Dienst an den Menschen ist schwer und verlangt ab und an etwas Zerstreuung. Die Daumen in den Gürtel gesteckt wollte er einen Schritt auf Aurelia zu machen, wurde jedoch im selben Moment von seinem Kumpanen an der Schulter zurückgehalten. Die künstliche Kraftverstärkung ließ den anderen sichtlich zusammenzucken. Zügle dich Bruder. Das Mädchen gehört zu den Flussmachern.
Der Andere schien sie zu mustern, auch wenn man das wegen der absonderlichen Maske nur ahnen konnte. Dann schnaubte er verächtlich, belästigte die junge Frau aber nicht weiter.
Ja sie gehörte irgendwie zu den Flussmachern und dieser Name hatte Gewicht. Dabei war die Gang nicht sonderlich groß oder überdurchschnittlich bewaffnet. Aber sie stellten Munition her und das gab ihnen einen unsagbaren Faktor der Macht an die Hand. Munition war nicht nur nötig um das eigene Gebiet zu schützen oder das anderer Gangs zu erobern, es war auch Währungsmittel und Statussymbol. Wer Munition machen konnte, konnte in den Slums Politik und Könige machen.
Woher der Name "Flussmacher" stammte wusste niemand ganz genau zu sagen. Einige behaupteten es sei der Nachname des ursprünglichen Gründers gewesen. Andere meinten es bezog sich darauf, dass die Lieferungen von Munition alles im Fluss hielten und wieder andere verwiesen darauf, dass ein Treffer mit einer Kugel einen roten Fluss erzeugte. Natürlich war Aurelia kein direktes Mitglied der Gang. Dazu musste man nicht nur den Anführer Mean Dean so beeindrucken, dass er einem die generelle Erlaubnis gab, sondern auch einige sehr spezielle Aufnahmeprüfungen erfüllen. Die Gang verstand sich als eine elitäre Gruppe, die Loyalität und Können über schiere Masse stellte. Immerhin mussten die Mitglieder Dean so ergeben sein, dass sie bereit waren im Falle eines Angriffes, welchen sie nicht mit bloßer Waffengewalt zurückschlagen konnten, die gesamte Fabrik in die Luft zu jagen. Nur das Wissen, dass die Flussmacher diesen letzten Schritt wenn nötig gehen würden, hielten andere Gruppierungen davon ab die Fabrik permanent anzugreifen und zu versuchen sie unter ihre Kontrolle zu bringen.
Aurelia war mehr so eine Art Angestellte. Sie und ihre Kollegen hatten alle ein paar ganz spezielle Fähigkeiten, welche sie für die Produktion von Kugeln, Raketen und Granaten wichtig machten. Sie selbst vereinte dabei gleich mehrere Kriterien in sich. Sie wusste wie man Kugeln für Handfeuerwaffen presste und sie war außerdem jung und gesund. Sie würde für die Gang also noch längere Zeit von Nutzen sein. Im Gegenzug bekam sie Schutz, jedenfalls solange sie sich auf dem Gelände der Fabrik aufhielt und wurde in mehr oder minder regelmäßigen Abständen mit Munition bezahlt, wodurch sie ein gutes Auskommen hatte.
Aurelia erreichte das Tor.
Die Fabrik war eines der wenigen Gebäude, das noch auch den Zeiten stand, in denen hier feste Bauwerke und keine windschiefen Hütten die Normalität gewesen waren. Es bestand aus zwei Hallen aus Backstein. Bis auf drei Meter Höhe waren die Hallen mit Metallschrott verkleidet, um gegen Beschuss geschützt zu sein. Wer wusste schon was früher in diesen Hallen gewesen war? Fischverarbeitung vielleicht oder eine Schlachterei. Das Verwaltungsgebäude, ebenfalls aus Backstein aber in einem etwas verspielteren Stil, war Wohnsitz und Hauptquartier von Mean Dean. In einem anderen Kontext wäre das Gebäude keinen zweiten Blick wert gewesen. In den Slums kam es einem Palast gleich. Um das gesamte Gelände erstreckte sich eine Mauer aus Schrott und Schutt, auf der Wachen patrouillieren konnten und die an den vier Eckpunkten Wachtürme aufwiesen. Eine regelrechte kleine Festung. In der vorderen Lagerhalle befanden sich die Produktionsstätten, in der hinteren lagerte die Gang ihre Ausrüstung und ihre Fahrzeuge.
Lauri und Iraf hatten heute Torwache. Beide musterten die Arbeiter ganz genau und kontrollierten nach dem Zufallsprinzip einige Taschen. Lauri nickte Aurelia zu, als diese passierte und sparte sich eine Kontrolle.
Ihre Schicht konnte beginnen.
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Auch die Schicht lief merkwürdig gut. Es gab Essen, obwohl es bereits vor 2 Tagen etwas gegeben hatte, das fand Aurelia merkwürdig, da das Essen der einzelnen Schichten für gewöhnlich wöchentlich rationiert wurde. Bester Tag seit ich hier arbeite, bei dir nicht? fragte einer von Aurelias Kollegen. Idiot dachte Aurelia als sie ohne ihn näher zu beachten an ihm vorbei ging. Alles was sie so sehen konnte war, dass er mager war und ein eingefallenes Gesicht mit deutlichen Wangenknochen hatte. Dem Mädchen fiel kein Name ein, den sie mit einem solchen Mann in Verbindung brachte. Jedoch war dies nichts besonderes, da sie ihren Mitarbeitern so gut wie möglich aus dem Weg ging, auch brauchte sie ihre Kollegen nicht persönlich zu kennen um zu sagen, dass es Idioten waren. Sie hatte in diesem Beruf mit genug Leuten gesprochen um die Hoffnung auf eine intelligente Person, welche sich in dem Gebäudekomplex aufhielt zu verlieren. Zum Glück war es anderen nur während der Pausen, welche sehr selten und auch sehr kurz waren möglich sie anzusprechen. In allen anderen Situationen wurde man mit Gehaltskürzungen oder Ausfall einer Mahlzeit bestraft, wenn man abgelenkt war. Weiterhin war es durch den Lärm der Maschinen nicht möglich eine Person, welche unter einem Meter entfernt war zu verstehen.
Ein weiteres mal wurde Aurelia nicht angesprochen, was Aurelia als eine der wenigen Freuden in ihrem Leben empfand. Das Mädchen hasste ihren Beruf, die Arbeit war monoton und die Kollegen nicht für Gespräche zu gebrauchen. Schon mehrfach wäre sie fast gegangen doch konnte sie die Kugeln gebrauchen und die Flussmachergang zählte verhältnismäßig gut. Des weiteren war der durch die Flussmachergang versprochene Schutz sehr nützlich. Also würde Aurelia trotz all der Nachteile wohl noch länger hier arbeiten. Auch wenn sie sich fragte, was "noch länger" bedeutete. Wie lang konnte ein Mensch, welcher ungeschützt giftigen Staub einatmete und ungeschützt mit Geräten arbeitete schon leben? Zweifelslos würde sie es irgendwann sehen.
Als Aurelia nach Hause ging war es bereits dunkel, allerdings schien sich der Smog, welcher die Slums umgab tagsüber nicht verdichtet zu haben.
Der Tag ist zu gut gelaufen, irgendetwas muss heute noch passieren dachte die 18. Jährige, als sich das Rolltor ihrer Garage in der sie lebte öffnete. Ohne noch etwas anderes zu machen legte sich das Mädchen auf ihre provisorische Schlafgelegenheit. Diese bestand aus einigen zerrissenen Tüchern, welche die reichen wegwarfen, aber die dennoch einigermaßen brauchbar wirkten. Zwar wäre es übertrieben gewesen diese konstruktion bequem zu nennen, doch konnte man mach einem Tag mehrerer Stunden harter körperlicher Arbeit durchaus darauf schlafen, was Aurelia jetzt auch vor hatte.
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später in der Nacht
Das rhythmische Hämmer der Stanzmaschine, welche die eigentliche Kugel auf die Hülse mit dem Pulver drückte, verfolgte sie sogar bis in den Traum. Ein nerviges Klopfen, von Metall auf Metall.
Konnte das sein, dass etwas in einem Traum derart unangenehm war, dass es einen nicht etwa aufschrecken ließ oder vor Furcht zurück ins Wachsein trieb, sondern einzig dadurch, dass es nervte?
Es war möglich und Aurelia war der lebende Beweis.
Denn in diesem Moment erwachte sie in der Dunkelheit ihrer Garage. Es war Finster wie in der Minusebene und die Luft war abgestanden und schal.
Das Klopfen der Maschine klang noch nach.
Nein halt!
Das war kein Produkt einer, von der ewig gleichen Arbeit geschundenen und überreizten Fantasie. Da klopfte wirklich jemand an ihre Behausung. Viele Erklärungen gab es dafür nicht. Entweder da versuchte tatsächlich jemand sie zu sprechen, was unwahrscheinlich war, da sie weder viele Freunde noch wirkliche Bekannte hatte. Schon gar keine, die wussten wo man sie mitten in der Nacht finden konnte. Also blieb nur die zweite Erklärung, das unangenehme "Oder" zum unwahrscheinlichen "Entweder". Plünderer. Bis jetzt hatte sie Glück gehabt. Entweder wussten potenzielle Diebe das sie für die Flussmacher arbeitete oder die versteckte Lage ihrer Behausung hatte sie vor willkürlicher Plünderung geschützt. Scheinbar hatte das jetzt ein Ende und irgendjemand war scharf darauf ihr Messer zu spüren zu kriegen.
Trotz der relativ guten Bezahlung durch die Gang, gingen die meisten, so verdienten Kugeln für Medikamente und Lebensmittel drauf. Trotz des Rufs der Slums hatte hier durchaus nicht jeder eine Schusswaffe. Nicht aus moralischen Gründen, sondern schlicht weil man zu einer Gang gehören musste, um sich noch den billigsten Schießprügel leisten zu können. Blieb also zu hoffen, dass der oder die Eindringlinge auch nur Knüppel und Klingen ihr Eigen nannten. Wenn es nur einer oder zwei waren, dann hatte sie eine Chance. Vielleicht hofften diese Bastarde das die Garage leer war, dann konnte sie die abstechen bevor sich die Augen der anderen an die absolute Dunkelheit gewöhnt hatten. Waren es mehrere, so machten ein paar Tote oder Verwundete sie mit etwas Glück so wütend, dass sie sie umbrachten ohne sie vorher zu vergewaltigen.
Immer positiv denken!
Während sie ihr Messer fester umklammerte kam ein geflüstertes Wort durch das Metall der Wand.
Ihr Name!
Eine männliche Stimme flüsterte ihren Namen, gerade laut genug, dass man ihn auf der anderen Seite hören konnte.
Ich bins. Eine Pause, in welcher der Sprecher zu realisieren schien, dass „Ich bins“ wenig hilfreich war, wenn der andere die Stimme nicht erkannte und sein Gegenüber nicht sehen konnte. Pakito setzt der nächtliche Besuch daher nach. Es dauerte eine Weile, bis Aurelia den Namen einer Person zuordnen konnte, dann machte es Klick. Pakito arbeitete auch für die Flussmacher. Er war einer der Fahrer, der die gepanzerten Trucks und Geländewagen fuhr, welche Lieferungen ausführen oder Produktionsmaterial zur Fabrik brachten. Ein gefährlicher Job, denn die Transporte waren natürlich begehrtes Ziel für jede andere Gang in der Gegend. Die Fahrer lebten schnell und starben meist jung. Sie waren bevorzugte Anwärter auf eine vollwertige Gangzugehörigkeit, aber dazu kam es nur bei den wenigsten.
Sie kannte Pakito bestenfalls vom Sehen und wenn überhaupt, war er dadurch positiv aufgefallen, dass er sich mit dummen Anmachsprüchen etwas mehr zurück hielt als der Rest der Fahrer, die sie alle für des Imperators Geschenk an das jeweils andere Geschlecht hielten.
Was wollte der Kerl hier?
Verdammt Aurelia, lass mich schon rein. Ich bin allein und unbewaffnet... wieder ein längere Pause. Nein ich bin natürlich nicht unbewaffnet, das wäre dämlich. Aber ich muss mit dir reden, dringend.
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Nach kurzem Überlegen öffnete Aurelia die Tür, noch immer ihr Messer fest in der Hand haltend. Warum redete Pakito nicht in der Arbeit mit ihr? Oder wenigstens am Tag? Diese Frage musste sie ihm stellen, falls sie dazu kam und er keine Absichten hatte ihr etwas zu stehlen. Sollte er sie doch angreifen wollen konnte sie nur hoffen, dass es stimmte das er alleine war. Wäre dem so hätte sie gute Chancen ihn zu besiegen auch wenn er vermutlich besser bewaffnet wäre so konnte sie besser mit der schlechten Beleuchtung in der Garage umgehen, was ihr einen vorteil verschaffen könnte. Sie hoffte einfach, dass Pakito die Wahrheit gesagt hatte. Als er rein kam wirkte er nicht so als wollte er sie angreifen. Woher wusstest du wo du mich suchen musst und was gibt es so wichtiges? fragte sie noch immer mit dem Messer in der Hand falls Pakito plötzlich angreifen sollte.
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Das war nicht so schwer. Pakito eilte sich ins Innere zu kommen und das Rolltor hinter ihnen zu schließen. Nicht jedoch bevor er noch einmal die Umgebung nach möglichen Verfolgern oder Zuhörern abgesucht hatte.
Sie standen erneut in absoluter Finsternis, bis Aurelia mit einigen Handgriffen eine Talgkerze entzündete. Ihr ungeladener Gast hatte die Dunkelheit nicht genutzt das lange Messer in seinem Gürtel zu ziehen. Scheinbar hatte er tatsächlich nicht die Absicht sie zu attackieren. Ich habe einen der Straßenbengel eine halbe Flasche sauberes Wasser gegeben und er konnte sich kaum bremsen dich zu verfolgen und mir genau zu sagen, wo man dich findet. Er blickte sich um.
Nett hast du es hier...
Pakito war kein sonderlich hübscher Bursche. Er war groß und drahtig, wirkte aber eher schlaksig als stattlich, auch wenn sich seine nackten Arme muskulös zeigten. Wie fast alle Bewohner der Slums sah er abgemagert aus, hatte ungepflegte Haare und unreine Haut, die zusätzlich noch von einer langen Narbe auf der Wange geziert wurde. Er war stets angespannt, schien gehetzt und paranoid aufmerksam, wie einer der verlausten Köter auf der Straße, der jederzeit damit rechnen musste, dass ihm irgendwer seine tote Ratte abnehmen wollte.
Er begriff wohl, dass Aurelia nicht sonderlich an seiner Meinung über ihre Fähigkeiten als Innenausstatter interessiert war und kam zur Sache.
Ich suche Leute, die mir bei einem Ding helfen. Das müssen Leute sein die ich kenne und von denen ich wenigstens ungefähr weiß, dass ich ihnen trauen kann.
Soweit wie eben möglich.
Aber es dürfen keine Gangmitglieder sein, weil die mich sofort ans Messer liefern würden. Wegen ihrer Zugehörigkeitsehre und so.
Das schränkt den Kreis der Kandidaten ganz schön ein, wie du dir denken kannst. Ich weiß, du ziehst diese ganze „Welt-lass-mich-in-Ruhe-Nummer“ ab, aber ich weiß auch, dass du nicht gleich zur nächsten Aufsicht der Flussmacher rennst, wenn mal jemand eine Patrone für sich einsteckt.
Du bist also kein komplettes Arschloch, was dich zum Kandidaten macht. Er setzte sich auf eine leere Kabelrolle, die als Schemel diente und grinste breit. Erstaunlicherweise hatte er noch aller Zähne im Mund. Durchaus keine Selbstverständlichkeit. Also hör zu. Ich hab Kontakt zu einer Gruppe Städter, die mit einem Schiff über das Meer kommen. Die waren in irgendeinem Krieg auf der anderen Seite des Ozeans und sind da an Waffen von der PVS gekommen. Pakito ließ das einen Moment wirken. Material aus Armeebeständen war in den Slums das Äquivalent zu Gold. Sie können natürlich nicht einfach im Hafen anlegen und die Knarren beim Zoll vorzeigen. Also geben sie sie uns und wir fahren sie bis an den Rand der Stadt, zu einem illegalen Zugang ins Innere. Als Bezahlung kriegen wir eine Kiste mit Gewehren für uns.
Weiß du was das bedeutet?
Damit sind wir gemachte Leute. Wenn du dich geschickt anstellst und so ein Ding an die richtigen Typen verkauft kriegst, dann hast du erst mal ein paar Jährchen ausgesorgt. Mit dir und mir wären wir vier Leute. Ich weiß nicht wie viel Gewehre in so einer Kiste drin sind, aber mit etwas Glück fällt für jeden mehr als eins ab. Er sprach sehr schnell, während er seinen Plan mit fieberhafter Begeisterung herunter spulte. Ich soll in zwei Tagen ein Fahrzeug zu einem Schrauber in der Nähe von Hafen bringen. Der repariert das Ding, wir bringen die Sachen zu dem Eingang und die Flussmacher haben am Morgen ihre Karre wieder und sind kein Stück schlauer.
Und wir sind fein raus.
Was sagst du Aurelia?
Willst du dein Leben lang Kugeln pressen und darauf warten, dass du bei irgendeinem Angriff umgelegt wirst oder das die Lungenfäule dich erwischt?
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Aurelia steckte ihr Messer weg. Sie vertraute Pakito zwar nicht vollkommen, doch wollte das Pakito verdeutlicht wird, dass er recht damit hatte ihr zu vertrauen. Desweitern befürchtete sie nicht, dass sie noch einen Angriff von Pakito zu erwarten hatte. Einerseits hätte er die Dunkelheit dazu nutzen können seine eigene Waffe zu ziehen andererseits hatte sie zu viele Informationen als dass er einen Angriff wagen würde. Klar könnte er versuchen sie zu töten, doch sollte sie überleben, eine Möglichkeit die immer bestand, so könnte sie ihn töten ohne sich selbst die Hände schmutzig zu machen.
Was Pakito erzählte klang sehr gefährlich, aber auch sehr verlockend. Und was hatte Aurelia zu verlieren außer eine Garage mit kaum Möbeln darin und einen Beruf der monoton war und ein paar geistig zurück gebliebene Kollegen?
Des weiteren fand Aurelia es interessant, dass jemand ihr vertraute. Klar war sie würde sie niemanden verraten und im Notfall für Leute die sie mochte eine Strafe für ihr Schweigen hinnehmen, doch wer konnte das wissen. Freiwillig redete sie nur sehr selten und wenn es sein musste hielt sie sich so kurz wie möglich.
Doch wusste Aurelia auch, dass sie mehr Informationen brauchte. Auch wenn sie nichts zu verlieren hatte, so wäre es doch sinnlos ihr Leben für ein sinnloses Unterfangen zu Opfern. Was weiß Pakito über diese Städter? Wie lang arbeite er schon mit ihnen zusammen? Woher kannte er sie? Hatte Pakito die Leute schon mal gesehen? Wo war der Beweis dafür, dass man ihnen trauen kann? Wer waren die anderen Personen, die daran teil nehmen würden? Kannten sich alle? Waren es Kollegen von ihnen? Wer war der Straßenjunge? Wie alt war er? Und woher konnte er so gut anderen folgen, dass selbst Aurelia es nicht merkte? Die letzte Frage konnte Aurelia sich leicht beantworten. Klar war Aurelia darin geübt Verfolger zu erkennen, doch konnte man sich immer besser verbergen als jemand anderes einen erkennen konnte. Hier kam es lediglich auf Erfahrung und Übung an. Zwar wat die Antwort leicht, beruhigend war sie jedoch nicht. Wenn jemand so geübt darin war andere zu verfolgen musste er dies öfter machen. Das er oft irgendetwas bekam um andere zu beobachten war unwahrscheinlich, gerade wenn man bedachte, dass er dies für eine halbe Flasche sauberes Wasser machte. Sicher, klares Wasser war in den Slums selten und zu einem gewissen Grad wertvoll, doch müsste er nicht selber genug Kugeln und Kontakte haben um an klares Wasser zu kommen? Diese potentielle Gefahr war ein weiterer Grund für Aurelia sich der Aktion anzuschließen. Zwar könnte sie sich wahrscheinlich problemlos gegen einen Straßenjungen verteidigen, doch wollte sie keine Kinder verletzen. Das Kinder dumme Sachen machten war klar, wozu mussten sie denn schließlich lernen? Und die Erwachsenen hier waren nur wenig klüger. Außerdem wollte sie, dass andere auch positive Sachen lernten. Ihre negative Einstellung zu Menschen hatte dafür gesorgt, dass Aurelia vereinsamt war. Warum sollte sie dafür sorgen, dass es anderen genauso erging, nur weil er etwas unüberlegtes machte. Und wie sicher konnte sie sich sein, dass sie den Jungen so einfach besiegen könnte? Sollte sie nicht auch bemerken, wenn er sie verfolgte? Sagte Alter wirklich etwas über Kampferfahrungen aus? Bei Intelligenz war dies ja nicht der Fall, wie Aurelia schon oft vor Augen geführt wurde. Verdammt, warum mach ich mir so viele Gedanken über den Jungen? Als gäbe es im Moment nichts wichtigeres. dachte sie in dem Versuch sich wieder auf das zu fokussieren worum es eigentlich ging.
Natürlich wusste Aurelia, dass sie Pakito nicht all ihre Fragen stellen konnte. Dieses mal ging es seit langem jedoch nicht daran, dass sie an seiner Intelligenz zweifelte, sodass er sich die Fragen nicht merken könnte. Als Pakio dem Mädchen die Situation erklärt hatte wirkte er durch seine Artikulation intelligent, jedenfalls intelligenter als die Leute die Aurelia bisher kannte. Jedoch wollte Aurelia nicht den Eindruck machen als würde sie ihm misstrauen oder ihn Ausfragen. Zwar kannte Aurelia Pakito kaum und vertraute ihm somit nicht richtig, doch war ein gewisses Grundvertrauen wichtig, wenn sie sich tatsächlich entschloss an der Operation teilzunehmen und es am besten war es wenn sie schon jetzt damit anfing Vertrauen aufzubauen.
Was du sagst klingt sehr interessant, doch bevor ich mit mache hätte ich noch ein paar Fragen und würde mich über Antworten freuen. Allerdings könnte ich auch verstehen, wenn du nicht antworten würdest. Die erste ist, wie sicher wir uns dabei sein können, dass wir den Städtern vertrauen können. Dann würde ich noch wissen wollen, wer noch daran teilnimmt. Aurelia entschied sich bewusst dafür die Fragen so zu stellen und hoffte, dass Pakito ihr die somit entstandene Pause verzieh. Vor allem die Antwort auf die erste Frage war Aurelia wichtig, da diese sehr allgemein gestellt war und somit richtig beantwortet Antworten auf mehrere der Fragen, die sich in ihrem Kopf festsetzen geben konnte. Die zweite Frage diente viel mehr zur Betonung dessen, dass sie durchaus Interesse daran hatte. Weiterhin war sie eine Absicherung für sie. Sollte eines der Teammitglieder sie betrügen wenn es um die Belohnung oder ähnliches ging, so könnte sie entsprechenden Personen einen Hinweis auf dieses Mitglied geben, sodass er oder sie in große Probleme geriet.
Die Fragen zu dem Jungen jedoch musste sie ein anderes mal im einem Gespräch unauffälliger klären. Sie waren unangebracht, da er nur kurz erwähnt wurde und eigentlich nicht weiter von Bedeutung war. Außerdem würde es sie ablenken und sie könnte wichtige jedoch nur kurz erwähnte Informationen verpassen.
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Vertrauen? Scheiße, nein!
Du kannst keinem Städter vertrauen. Wenn es hart auf hart kommt und das tut es immer, kannst du keiner Menschenseele vertrauen.
Aber man kann kalkulieren. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lehnte sich soweit zurück, wie es der wackelige Hocker zuließ. Scheinbar war er mächtig stolz auf das komplizierte Wort und die damit verbundene Philosophie, die er sich für sein eigenes Leben zusammengebastelt hatte.
Ich sehe das so: Diese Städter wollen ohne viel Trouble durch die Slums kommen und ihre Knarren nach Gohmor schmuggeln. Sie können also während des Transports keinen Ärger gebrauchen und beim Einstieg in die Stadt auch nicht. Wenn sie plötzlich anfangen rumzuballern, haben sie entweder die Gang der Gegend am Arsch oder die Bullen oder was die da haben, in der Stadt. Außerdem, wenn sie Waffen schmuggeln, dann sicher nicht nur einmal. Sie wären doch dämlich uns umzulegen und damit ihren Kontakt in die Slums abzuschneiden. Ich habe den Kontakt vom Alten. Dabei handelte es sich um den Barmann des „Lochs“, einer berühmt berüchtigten Kneipe in den Slums. Sie stellte so etwas wie neutralen Boden dar, auch wenn man dafür nie die Hand ins Feuer legen sollte. Zuweilen kamen Städter in das Loch um Deals mit den Slumbewohnern abzuschließen. Wenn der Kontakt also durch den Alten zustande gekommen war, dann musste etwas dran sein. Er sagt der Anführer der Städter sei ein Zwerg, mit dem er schon ein paar Mal zutun gehabt hätte. Also niemand der kommt, seine Gewehre schmuggelt und uns dann abknallt um eine Kiste zu sparen.
Trotzdem müssen wir uns natürlich Augen im Hinterkopf zulegen. Wenn du kannst, besorg dir irgendwo eine Knarre. Kennst du wen, der dir ein Schießeisen, eine Armbrust oder so was leihen kann?
Die Städter heuern uns wegen unserer Ortskenntnisse an, aber es kann auch nicht schaden, wenn wir da nicht nur mit unseren Messerchen aufkreuzen. Er klopfte auf die Klinge in seinem Gürtel.
Die anderen beiden sind Flip und Jona.
Flip kennst du vielleicht vom Sehen, sie ist Fahrer, wie ich. Eine kleine Stämmige, mir Rastas. Die nennen sie Flip, weil sie mal eine Karre gesteuert hat, unter der eine Mine hochgegangen ist. Der Wagen ist hochgeflogen, hat einen Flip gemacht und ist wieder auf den Rädern gelandet. Sie hat nur aus dem Fenster gespuckt und ist weitergefahren Pakito lachte.Is vermutlich ne Lügengeschichte, aber eine gute. Und Flip ist wirklich eine der besten Fahrer die ich kenne. Sie und ich werden die Fahrerei übernehmen. Jona ist ein Mutant und bevor du ausrastest... Tatsächlich waren Mutanten in den Slums nicht sehr beliebt. Wenn man es genau nahm waren sie das nirgendwo im Imperium, aber Gohmor galt, im Vergleich mit anderen Imperiumsstädten als relativ tolerant. Die Slums bildeten da eine Ausnahme. Die Menschen hier hassten die Veränderten mit inbrünstigem Eifer. Das lag vielleicht daran, dass die Mutanten noch eine Stufe unter selbst ihnen standen oder das, wenn man nicht anderes hatte worauf man stolz sein konnte, wenigstens die eigene Menschlichkeit ein Quell der Selbstachtung darstellte. ... wir brauchen ihn, weil er sich am Wasser auskennt und weiß, wo das Schiff landen kann. Er kennt auch den Zwerg persönlich und wird ihm ein Signal geben und dann einweisen. Ihn brauchen wir also auf jeden Fall.
Flip und Ich fahren, Jona macht den Winkaugust und dich brauchen wir bei der Ladung. Du musst darauf achten, dass niemand aufspringt wenn wir langsamer werden oder die Sicherung der Ladung den Geist aufgibt und die Kisten verloren gehen, verrutschen oder sowas.
Der Wagen, den ich zur Reparatur bringen soll, hat eine Waffe oben drauf, aber ich weiß nicht, ob die Flussmacher sie mich während der Fahrt behalten lassen. Ich denke mal nicht, sie haben sicher Angst, dass sie in der Werkstatt oder auf dem Weg dahin geklaut wird.
Wenn du einschlägst und dabei bist, dann musst du morgen ganz normal arbeiten und dir nichts anmerken lassen. Nach der Arbeit besorgst du dir eine Waffe, wenn du kannst und wenn es dunkel wird, dann kommst du zu „Mama Papillon“. Kennst du das?
Das ist der Puff an der Grenze zum Labyrinth, in der Nähe vom Whaler Inn. Kann man gar nicht verfehlen. Hat drei Stockwerke und ist mit roten Lampions geschmückt.
Nach alter Tradition spuckte er geräuschvoll in die Hand und streckte sie der jungen Frau hin.
Also? Schlägst du ein?
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Es war klar, dass man den Städtern nicht vollständig vertrauen konnte und Aurelia konnte Pakitos Einstellung zu diesem Thema nur zustimmen. Allerdings verstand sie nicht, warum er auf diese Erkenntnis so stolz war, vermutlich war es eine Einstellung, die so ziemlich jeder hatte, zumindest in den Slums. In anderen Gegenden vermutete Aurelia hierbei wenig Unterschiede, allerdings konnte sie nur darüber spekulieren, da sie sich noch nie außerhalb der Slums aufgehalten hatte. Was Pakito sagte klang jedoch einleuchtend und zeigte, dass die Städter lediglich sich selber schaden würden, falls sie vor hatten die kleine Truppe zu töten. Dies lies es unwahrscheinlich erscheinen, dass sie die kleine Gruppe töten würden. Warum riskieren alle Waffen zu verlieren, wenn man nur ein paar Kisten mit beliebiger Anzahl und Waffentypen zurück lassen müsste?
Von den Städtern ging folglich eine sehr geringe Gefahr aus. Aber wie verhielt es sich mit anderen potentiellen Problemen. Ein großes Problem würde die Flussmacher-Gang darstellen. Diese würde, wie Pakito bereits am Anfang des Gesprächs erwähnt hatte, nicht sehr begeistert sein, wenn sie das herausfand und alle Beteiligten ohne Probleme töten. Doch wie wahrscheinlich war es, dass die Gang es jemals erfahren würde? Sie konnten unmöglich alle Fahrer und Fahrzeuge überwachen, da es zu viele waren und wenn alles wie geplant funktionierte würden sie das fehlende Fahrzeug nicht bemerken. Natürlich bestand immer die Gefahr, dass etwas nicht so lief wie es geplant war, doch wäre die Flussmachet-Gang dann ihr größtes Problem? Außerdem war das Leben hier gefährlich, man konnte immer auf dem Weg nach Hause erstochen werden. In der Arbeit konnte immer etwas runter fallen, das einen tötete oder schwer verletzte.
Von Flip hatte Aurelia tatsächlich bereits gehört. Irgendwelche ihrer Kollegen hatten mal über sie geredet. Natürlich handelte es sich bei der Geschichte mit der Mine nur um ein Märchen. Zwar wusste Aurelia weder viel über Naturgesetze noch über die Bauweise der Karren, doch klang es völlig unmöglich, dass ein solcher nach einem Flip unbeschadet auf den Rädern landete. Dennoch hatte jedes Gerücht einen wahren Kern und dies sprach für ihre Fähigkeiten als Fahrerin.
Von Jona hatte Aurelia noch nie etwas gehört. Natürlich war sie nicht davon begeistert mit einem Mutanten zusammen zu arbeiten. Doch hatte sie noch nie mit einem geredet, also konnte sie eigentlich nicht über diese Urteilen, auch wenn ihre Grundeinstellung eher negativ war, wie bei jedem, den sie noch nicht kannte, somit war das nicht wirklich schlimm.
Zusammenfassend lies sich sagen, dass Aurelia viele Gefahren und negative Sachen bei dem Plan sah. Allerdings überwog das Positive. Es wäre einmal eine Abwechslung von ihren schon lange eintönigem Leben. Ein Leben, gegen das sie sich vor ein paar Jahren mit aller Kraft gewehrt hätte. Sie könnte, wenn alles wie geplant lief ein anderes Leben leben. Sie hätte Geld, was sie zumindest vorläufig dazu befähigen würde ungebunden zu agieren. Auch klang der Plan gut. Das Sichern der Ladung müsste sie schaffen. Zwar hatte sie diese Aufgabe noch nie, doch klang es nicht kompliziert. Und vielleicht würden die Städter die Gruppe auch noch irgendwie schützen. Es wäre sicherer um die Landung nicht zu verlieren.
Klar man musste sich verteidigen können, das konnte Aurelia jedoch.
Somit war nur noch ein Problem vorhanden. Wo sollte Aurelia eine Schusswaffe herbekommen. Sie hatte keine Freunde und nur einige flüchtige Bekannte, welche jedoch nicht über eine Schusswaffe verfügen dürften. Und selbst wenn sie es täten, warum sollten sie diese Aurelia leihen? Sie zeigte offen, dass sie ihnen nicht vertraute, ebenso wie sie ihr nicht vertrauten.
ok, ich bin dabei, aber ich habe keine Waffe, sagte sie, während sie einschlug.
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Sein Händedruck war kräftig, aber ihrer war auch nicht von Pappe. Schön, ich wusste, dass man dich dazu bewegen kann. Hab dich schon immer für ein cleveres Mädel gehalten. Er stand auf und wischte sich die Hand mit der Spucke am Oberschenkel ab. Wegen der Knarre mach dir mal keine Sorgen. Du könntest zwar zum schwarzen Georg gehen, der leiht dir eine, für eine kleine Gebühr, aber lass ma. Wenn du keine hast, kannst du vermutlich auch nicht besonders gut damit umgehen, also wird es das Beste sein, wenn du bei deinem Messerchen bleibst. Das sollte schon klappen. Wenn einer auf die Ladefläche krabbelt um sich eine Kiste zu krallen, dann verpasst du ihm einfach ein Ding mit deinem Tortenheber und gut. Und wenn wir das Ding gedreht haben, dann hast du eine Waffe, um die man dich beneiden wird. Ich hab gehört, die Knarren der PVS können normale Mumpeln und Schrotgeschosse verballern. Da sieht man wo die Kohle steckt. So ich werd mal los. Aurelia löschte das Licht bevor sie das Rolltor hoch schob.
So war die Gefahr geringer, dass Neugierige den Schein der Kerze erspähen würden. Nicht das sich jemand in dieser Gegend an spätem Herrenbesuch gestört hätte, aber man konnte schließlich nie wissen. Gut... flüsterte Pakito morgen bei Sonnenuntergang bei Mama Papillon. Ich denke mal du wirst das Fahrzeug erkennen, wenn du es siehst. Solltest du nicht da sein, warte ich eine Stunde und fahre dann ohne dich. Bis dann.
Er schlug den Kragen seiner Jacke hoch, denn auch wenn es unter der Abgasglocke nie wirklich eisig wurde, konnte einem der Wind von der Seeseite her doch böse in die Knochen fahren. Nach ein paar Schritten war er in den Schatten zwischen den Wellblechhütten verschwunden.
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Aurelia blieb allein im Dunkeln zurück. An Schlaf war jedoch nicht mehr zu denken. Da sie die Dunkelheit genoss machte sie das Licht nicht mehr an und setzte sich auf den kalten, schmutzigen Boden der Garage. Sie stellte nochmal ein paar Überlegungen übet Pakito's Plan an. Hierbei kamen ihr keine Ideen, allerdings gelangte sie immer mehr zu der Überzeugung, dass ihre Entscheidung mitzumachen richtig war. Klar hatte sie keine Schusswaffe, doch hatte der Fahrer recht. Woher sollte sie wissen, ob sie eine bedienen könnte? Immerhin hatte sie noch nie eine besessen. Auch sollte der Platz im Transporter reichen um mit einem Messer etwas bewirken zu können. Würde sie es gut verstecken könnten Angreifer davon ausgehen, dass sie unbewaffnet war, was ihr einen Vorteil verschaffen könnte. Zudem wären Schusswaffen laut, wodurch die Gefahr auf einen weiteren Angriff nur steigen würde. Wer in den Slums Schusswaffen hatte, war so gesehen reich, so reich, dass manche ihre Angst anzugreifen für diesen Besitz vergessen könnten. Aurelia war zuversichtlich, dass sie die Ladung trotz dem Verzicht auf eine Schusswaffe verteidigen könnte. Das einzige was ihr Schwierigkeiten bereiten dürfte wäre es, nach längerer Zeit ohne Angriffe noch angespannt genug zu sein um sofort zuzuschlagen.
Am nächsten Morgen musste die junge Frau zu ihrer Enttäuschung feststellen, dass der Smog in den Slums wieder stärker war als am Vortag. Obwohl die Luft in ihrer Garage abgestanden und stickig war konnte sie nach dem Verlassen dieses Gebäudes so schlecht atmen, dass sie mehrfach husten musste. Dennoch waren viele Einwohner der Slums auf der Straße. Auf dem Weg zur Arbeit starrten einige sie an, doch solang sie niemand ansprach oder ihr hinterher lief ignorierte sie dies.
Hey kleine. Du hast doch sicher Essen für mich sagte ein Bettler Nein, ich hab selber hunger antwortete Aurelia. Sie hasste Bettler. Wenn sie aufgrund einer Körperlichen Behinderung nicht arbeiten konnten waren sie ok, aber nicht Leute, die Körperlich gesund waren, so wie der Mann, der vor ihr saß. Er hatte lange braune Haare, eine braune Hose und ein zerrissenes T-Shirt. Die grauen Augen starrten stumpf aus den tiefen Höhlen hervor. Sein Körper hatte einen stechenden Geruch und wie die meisten Bewohner der Slums war er abgemagert, außerdem roch er stark mach Alkohol, was Aurelia noch wütender machte. Hätte der Mann gearbeitet wäre ihr letzteres zwar auch aufgefallen, hätte sie jedoch nicht weiter gestört. Sicher roch sie auch manchmal stark nach Alkohol, wenn sie etwas trank, doch besorgte sie sich das Geld dazu ohne sich vor anderen hilfsbedürftig zu präsentieren. Doch war es irgendwie merkwürdig sich wie ein kleines Kind auf die Hilfe anderer zu verlassen und danach wie ein erwachsener Alkohol zu trinken. Allerdings sagte sie nichts weiteres zu dem Bettler, es würde sich nichts ändern. Vielleicht sagte ein anderer Passant etwas. Das Mädchen konnte es zwar nicht sicher wissen, dennoch glaubte sie nicht, dass nur sie von Bettlern genervt war.
Wie vermutet hatten Lauri und Iraf auch heute Torwache. Die Schicht bei der Torwache wurde wöchentlich gewechselt, nur das lies einen bei der ständigen Monotonie die Zeit nicht total vergessen. Allerdings stellte dies heute ein Problem dar. Da Aurelia schon gestern nicht kontrolliert wurde würde man sie heute vermutlich kontrollieren, weswegen sie ihr Messer zuhause lassen musste, weswegen sie sich nach wer Arbeit beeilen musste, um in ihrer Garage ihre Waffe zu holen und noch rechtzeitig am Treffpunkt zu sein. Zwar hatte sie bei Sonnenuntergang noch eine Stunde Zeit, das Unternehmen wollte sie, jedoch nicht unnötig herauszögern. Wie es zu erwarten war winkte Iraf sie her und sie wurde nach gefährlichen Gegenständen kontrolliert. Du bist ja hell wach scherzte Laurie, eine der wenigen hier gegen die Aurelia nichts einzuwenden hatte, auch wenn sie diese kaum kannte Ja, hab heute Nacht noch die frische Luft hier genossen erwiderte Aurelia ironisch in der Hoffnung so der Frage nach dem Grund zu entgehen. Es schien zu funktionieren, sie konnte ohne ein weiteres Gespräch die Fabrik betreten.Verdammt ich brauch eine Ausrede, falls ich nochmal darauf angesprochen werde überlegte Aurelia, beschloss dann jedoch einfach Fragen zu ignorieren um nicht aufzufallen, jeder wusste, dass sie Gespräche so weit wie möglich vermied.
Das eintönige Klopfen der Maschine machte Aurelia fast verrückt. Sie war zwar nicht zum ersten mal übermüdet auf der Arbeit, doch würde sie die Mischung aus Müdigkeit und dem Klopfen der Maschine, welches schon im wachen Zustand schlimm genug war, nie vertragen. Trotzdem schaffte sie es relativ fehlerfrei zu arbeiten. Na süße, heute nach der Arbeit schon was vor? fragte sie ein Kollege der neu zu sein schien. Er sah nicht schlecht aus, seine dunkelbraunen Haare umrahmten ein jugendliches Gesicht mit grünen Augen. Obwohl auch er offensichtlich nicht viel Essen hatte konnte man seine Muskeln sehen. Dennoch wollte Aurelia ihm nicht mit ihm reden Ja, dir aus dem Weg gehen antwortete sie ruhig. Ihr Gesprächspartner wollte offensichtlich nicht etwas sagen, daher bediente Aurelia die Maschine absichtlich falsch, so dass sie extrem laut wurde und man froh sein konnte, wenn man sich selber hörte. Mit einem genervten Blick ging der junge Mann weg. Die Möglichkeit das zu machen ist das einzige Gute hier dachte Aurelia, obwohl sie wusste, dass sie dafür Ärger bekommen konnte, auch wenn das noch nie der Fall war, obwohl die junge Frau das schon häufiger gemacht hatte. Ein paar mal wurde Aurelia an diesem Tag noch angesprochen, allerdings ignorierte sie dies. Ihre Kollegen sollten langsam gemerkt haben wie sie was. Bei dem Neuen hatte sie nur so reagiert um ihm zu zeigen, dass es intelligenter war sie in Ruhe zu lassen, was die anderen einfach nicht lernen wollten oder vielleicht wegen ihrer Dummheit nicht konnten.
Nicht lange vor Sonnenuntergang war Aurelia fertig. Schnell ging sie nach Hause und holte ihr Messer. Zum Schlaf nachholen, wie es eigentlich geplant war war nun keine zeit mehr, aber kämpfen konnte sie auch so einigermaßen und zu schauen, dass keine Kisten verrutschen konnte ja nicht so schwer sein. Circa 5 Minuten vor Sonnenuntergang war Aurelia bei "Mama Papillon", was leichter zu finden war als Aurelia dachte. Sie war selten in diesem Teil der Slums, doch hatte Pakito recht, als er sagte, man könne es nicht verfehlen. Um nicht aufzufallen lief Aurelia herum und schaute sich an, was es in der Nähe des Treffpunkts alles gab. Den Transporter würde sie, wie sie annahm erkennen.
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