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Die sonderbare Kreatur, war sie dereinst ein Mensch gewesen oder zur Gänze ein Geschöpf der geisteskranken Stadt, schien sich der unmittelbaren Gefahr gar nicht bewusst. Als die Kreuzung aus Bullen und Menschen, mit Wut im Bauch und Mord im klarer werdenden Blick erwachte, erboste sich der Vogelmensch über die Störung des rituellen Ablaufes. Das hier eine Bedrohung seines Lebens zu sich kam, lag offenkundig außerhalb seines Begreifens. Es war daher wohl ehr Reflexen als Überlegung geschuldet, dass er einen Sprung zurück machte, als sich der Bhrak auf ihn stürzte. Flucht schien für die Kreatur keine Option zu sein, denn während Yok noch ungelenk und halb wie trunken vorstürmte, machte der Andere seinerseits einen Satz auf sein, nicht ganz so hilfloses, Opfer zu und versetzte ihm einen horizontalen Schnitt über die Brust. Die Klinge war scharf wie ein Rasiermesser und ihr Besitzer führte sie überaus geschickt. Mühelos schnitt sie durch die lederne Haut des Alpha.
Schmerz brandete auf, stärker als er bei so einem Schnitt hätte sein dürfen. Die Schneide war mit unseligem Gift getränkt. Mit dem Öl des Wolfsmooses, um genau zu sein. Nicht tödlich, doch von Meisterhand destilliert, um die Nervenenden eines Unglücklichen in sengendes Feuer zu hüllen. Ein Produkt, quasi ein Verkaufsschlager der unlängst verstorbenen Schlange und Erzgiftmischerin Nagari. Wer seine Waffe mit diesem Gift benetzte, konnte einen Angreifer meist in die Flucht schlagen oder sich selber Zeit zum Fliehen erkaufen.
Ein kleiner Schnitt oder Stich genügte und ein ausufernder Kampf konnte vermieden werden. Was dem gewöhnlichen Bürger anderer Großstädte das Pfefferspray oder der handliche Elektroschocker war, war den Bewohnern Rasankurs dieses zauberhafte kleine Toxin. Tatsächlich rechnete der Vogelmann nun auch damit, dass sich der Muskelberg in Agonie krümmen und in den Staub werfen würde.
Wie war er überrascht, als ein unwilliges Grunzen alles war, was sich sein Opferlamm entlocken lies. Eine Pranke, groß wie ein Charnak, schoss auf ihn zu und legte sich um seinen dürren Hals. Das Wesen krächzte verwundert und ärgerlich. Es holte noch einmal mit dem Dolch aus. Doch bevor ein weiterer Hieb mit der Waffe erfolgen konnte, krachte der Stein gegen die Seite des vogelartigen Kopfes. Es gab ein dumpfes Geräusch, als würde ein Knüppel auf einen umgedrehten Eimer geschlagen.
Fast augenblicklich erschlaffte die Gestalt in Yoks Faust. Das Messer klirrte zu Boden, die Augen des Schwarzwirkes verdrehten sich ins Weiße.
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Wie ein Höhlenmensch, der just ein Raubtier erschlagen hatte, stierte Yok, über den rituellen Zeichen am Boden stehend, in die leeren, weißen Augen des Vogelmenschen. Abschätzend. Überlegend. Er lauerte offenbar darauf, dass sein Gegenüber plötzlich doch noch eine Regung zeigte, während seine Schraubstock-artige Hand dessen Kehle umklammerte, als wollte Yok jeden Funken Leben aus seiner Beute heraus pressen.
Ein dumpfes Geräusch, Stein traf auf Stein, als der blutbenetzte Brocken aus Yoks Hand auf den Boden viel und dort zu liegen. Der Körper des gefiederten Hexers wurde gesenkt, bis er Halt auf dem Boden hatte, ehe der Bhrak seine Hände um den verformten Kopf schloss und ihn schließlich herum drehte. Das krachende Brechen von Nackenwirbeln folgte, ehe der Alpha nun sicher sein konnte, dass er nicht doch irgendeiner Art Trick auf den Leim gehen würde. Er atmete kehlig und träge, das kochende Blut in seinen Adern mit seinem Herzschlag durch die Adern ströhmen spührend, als wäre er ein Panzer, dessen Motor heiß lief. Irgendwo musste all die Energie hin, die Yok so lange nicht mehr gespürt hatte und sie fand einen Weg, sich zu manifestieren: Ein lauter, gutturaler Schreih schallte in der Gasse auf, wurde gen Himmel gestoßen wie das Brüllen einer Bestie, die man in ihrem Schlaf gestört hatte.
Erst ein paar Augenblicke später, klärte sich sein grober Verstand so weit, dass er weiter denken konnte, als bis ans Ende der Gasse, in der er stand. Abermals fiel eine Scheinwelt um Yok herum in sich zusammen, während er durchatmete und den Blutrausch über sich hinweg rollen ließ. Es wäre Wahnsinn, in seiner jetzigen Form allein durch die Stadt zu rasen, ohne zu wissen, wohin. Alphas wie Yok waren keine Narren.
Erinnerungen erreichten ihn. Erinnerungen an die Schlachtfelder seiner Heimat, die Gemetzel, die die Festungen unter sich anzettelten, ohne einen besonderen Grund dafür zu brauchen. Das Heulen und Gröhlen von tausenden seiner Artgenossen. Schwarze Banner, aufgestellt in Mitten unzähliger Klingen. Sein Stamm war stehts mehr Beobachter als alles andere gewesen, Jäger und Krieger, Plünderer und Schlächter in kleinen Zahlen. Je mehr Yok nachdachte, desto degenerierter fühlte sich das Wesen zu seinen Füßen an, als er ihr eine ihrer Klauenhände abschnitt und sie am Gurt seiner Rüstung befestigte, als er diese in einem Haufen Unrat in der Nähe gefunden hatte. Nicht gänzlich seine Rüstung, doch sie würde es werden, das spürte er. Teile mussten einem von Arraks Jägern gehört haben, doch wie war dieser an diesem Ort gelandet? Eine Trophäe für den Jäger, geziert mit Fragen, die sich entweder bald beantworten, oder vergessen werden würden. Der Stahl seines Schwertes fühlte sich vertraut in der Hand an. Fast, als habe er einen verlorenen Körperteil wiedergefunden. Auch Pfeil und Bogen brachten ihm dieses Gefühl, waren sie doch Teil seines Wesens, auch wenn er an die Worte des antiken Kriegers dachte. Er zweifelte einen kurzen Moment; fragte sich, ob dies der "richtige Weg" war, an der er sich erinnern sollte, doch das Gefühl seines Innersten sah keine Zweifel: Er war einer der größten Jäger seines Clans. Die Waffen des Jägers waren Klauen, Zähne und Pfeile. Alle drei hatte er nun wieder bei sich. Alles, was noch fehlte, war die Beute am Ende seiner Hatz und Yok wusste genau, wer das sein würde.
Anders, als die Bhrak hier in Rasankur, die befleckten Bhrak, rührte Yok den Vogel nicht weiter an. Keine Verstümmelungen, keine Nahrung ohne Hunger. Die Vision hatte etwas in Yok erweckt. Etwas, dass ihn all den Makel, all die Dekadenz und Schwäche seiner Brut erkennen ließ. Nein, nicht die seiner Brut. Die Brut Ras-An-Kurs! Ich werde dich packen und töten, Akosh und jeden, der mir missfällt. Jeden, der wie diese Menschen geworden ist und wenn es mich umbringt! Nichts wird von euch übrig bleiben, so lange meine Hände ein Schwert halten können. Alles, was Akosh ist, wird sterben. Sein Gehirn formte diese Sätze, diesen Fehden-Schwur, während er ans Ende der Gasse stapfte. Bereit, den ersten Schritt seiner Hatz, seiner Vendetta zu gehen. Die Gedanken, die ihn noch Stunden zuvor so verfolgt hatten, das Buhlen um die Gunst des Drachen, sein Verlangen nach Heimkehr, waren wie weggefegt. Wie früher auf Burr-Zum lag klar vor Yok, was er wollte und war keine Frage des Ob, sondern nur des Wann.
Doch wo anfangen? Dass Yok ins Gebirge wollte, stand außer Frage. Seine Getreuen warteten dort auf ihn und er würde sie brauchen, um Akoshs Blutjäger selbst zu Gejagten zu machen. Dem entgegen stand bloß, dass er recht zentral in der Stadt erwacht war. Er würde einen weiten Weg gegen den Strom laufen müssen, um seine Krieger zu erreichen. Einen Weg, überflutet mit bibbernden Menschen und anderen Feinden, die auf alles schießen würden, was sich ihnen näherte. Nein, er würde klug sein müssen, um sein Ziel zu erreichen.
Am Ende seines Weges kreuzte der Bhrak eine der wichtigeren Straßen, erfüllt von einem Strom aus fliehendem Stadtvolk. Die erbärmlichsten der Bewohner Rasankurs, erfüllt von ihrer Angst vor den knallenden Peitschen des Krieges. Durch die Öffnungen seiner Schädelmaske folgten Yoks blickte dem Strom der Schwachen, deren Gestank allein fast den Geruch des Feuers zu ersticken wusste: Das nahe Stadtzentrum, dessen Mauern sich am Ende des graden Weges erhoben.
Plötzlich stieß ihn etwas an. Ein Knabe, gehüllt in kaum mehr, als eine Tunika und Sandalen war gegen den großen Jäger geprallt und auf seiner Kehrseite gelandet. Andere hätten das leicht geschminkte, aber auch von Prügel gezeichnete Gesicht als das eines Lustknaben erkannt. Yok jedoch verstand diese Zeichen nicht zu deuten, während er das verängstigte Wesen musterte, als es sich auf der sandigen Straße von ihm fort schob. "Willst du da hin?" Yok deutete mit dem Finger in Richtung des Palastes. Der Jüngling nickte zögerlich, ehe er von einem feisten Mutanten am Arm gepackt und gezerrt wurde. "Dreckiger Ausreißer! Dir bringe ich Manieren bei! NIEMAND stiehlt sich von mir davon!" Ein Hieb ertönte und drosch das feminisierte Wesen zu Boden, ehe es in die Gasse floh, aus der Yok gekommen war, um sich zu verstecken. "Halte dich fern, Mutant! Das hier hat nichts mit dir zutun! Diese kleine Ratte gehört mir allein!" Der klobige Kerl deutete auf seinen Lendenbereich, der erst jetzt als freiliegend zu erkennen war sein Schaft glich in Größe dem Arm eines Kleinkindes. Es zeigten sich Symptome der Erregung des Kerls, die Yok ebenfalls nicht verstand. Stattdessen ruhte sein bohrender Blick auf der schmächtigen Kreatur, die im Schutze einiger Krüge kauerte. "Bitte, Herr, helft mir! Ich kenne Wege in die Stadt! Heimliche, sichere Wege, die kaum einer kennt! Nur bitte helft mir!" Yok legte den Kopf schief, während auf der Straße selbst immernoch der Strom aus Menschen und Mutanten tobte. Er fühlte sich merkwürdig angesprochen, auch wenn der Sklavenhalter dies für sich selbst beanspruchte, während er sich mit der freien Hand durch den Schritt fuhr, während die andere einen Stock hielt. "Ooooh, ich werde dir helfen! Aber dafür brauche ich dich nur noch ein paar Augenblicke..." Den Bhrak völlig ignorierend, stiefelte der Klobs ins Innere der Gasse, ehe ein quiekender Laut aus dem Versteck des Knaben der ertönte, gefolgt vom Laut gezückten Stahls. Stapfende Schritte folgten dem Gestank des Stadtmenschen, bis zu der Ecke, wo sich der schmächtige Sklave versucht hatte, zu verbergen. Der Unmensch beobachtete die Versuche des Kerls, sich an seinem Eigentum zu vergehen, bis sich eine von Yoks Händen auf die schwulstige Schulter des Verwachsenen legte, um ihn zu packen und die andere ihm den Stahl seines Schwertes durch den Wanst stieß. Ein kräftiger Ruck und die Klinge riss sich ihren Weg seitlich aus dem halbnackten Kerl heraus und sprühte sein Blut an die Wand der Gasse.
Erst, als dieser Brocken von Mensch in sich zusammen sackte und seine Eingeweide aus ihm auf den Boden quollen, als wäre er ein durchstochener Müllsack, konnten Yok und der Knabe sich wieder gegenseitig sehen. Zumindest, wenn Letzterer aufhörte, seine Augen zu bedecken. Yok streckte seine prankenhafte Hand nach dem Knaben aus, um ihn aufzuhelfen. "Zeig mir deine Pfade durch die Stadt und du wirst leben. In Sicherheit." Yoks Instinkte leiteten ihn dazu an. Die Instinkte des Jägers, der er einmal gewesen war und der es verstand, Tiere zu zähmen und ihre Eigenschaften zu seinem Vorteil zu nutzen.
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Der Junge nickte, in Schock und dem Versuch gefangen, die neue, so jäh veränderte Situation zu begreifen. Darin jedenfalls schien er schnell zu sein, was das Überleben am unteren Ende der Nahrungskette wohl auch bedingte.
Hier entlang Herr! Er machte Anstalten über den Leichnam hinwegzusetzen, verharrte dann jedoch noch einmal und versetzte dem Toten einen kräftigen Tritt.
Dann noch einen und noch einen. Der Kadaver stöhnte gequält, als Luft entwich. Der entfesselte Zorn des Knaben zügelte sich erst, als Yok ungeduldig knurrte.
So in die Realität, dass er nur einen Meister gegen einen anderen ausgetauscht hatte, zurückgeholt, sputete er sich das Verlangte zu erfüllen. Scheinbar hatte der Junge nicht zu viel versprochen, denn zielstrebig beschritt er einen Weg, der die großen Straßen und bevölkerten Bereiche aussparte. Er zögerte nur dann und wann, wenn es galt eine vorbeiziehende Gruppe unbemerkt passieren zu lassen oder eine besonders finster aussehende Gasse gegen eine, möglicherweise umkämpfte, als Weg abzuwägen.
Sie mussten eine Stelle umgehen, wo sich zwei große Gruppen Rasankuri eine Straßenschlacht lieferten. Der genaue Hintergrund ließ sich nur erahnen. Vielleicht die Diener verfeindeter Gebieter, vielleicht die Stimme des Palastes, die versuchte auf ihrer Autorität zu beharren.
Der Junge suchte einen Pfad durch die Hinterhöfe verlassener Häuser, ein Stück über die Dächer und dann durch eine aufgegebene Karawanserei. Wieselflink und gleichsam ein geschickter Kletterer, wie ausdauernder Läufer. Der Bhrak seinerseits hielt Schritt.
Schließlich gelangten sie an ein aufragendes Gebäude, welches sich aus verschiedenen, quadratischen Segmenten zusammensetzte.
Yoks Führer machte sich an der Tür zu schaffen, scheiterte jedoch als Einbrecher. Grunzend schob ihn der Abhumane zur Seite, schlug die Faust durch das antike Holz der Tür, griff hindurch und zog den Riegel auf der anderen Seite auf.
Sie traten in die staubige Stille des Gebäudes. Welchen Zweck es jemals gehabt haben mochte, jetzt war es leer und ungenutzt.
Es war finster.
Das bisschen Sternen- und Mondlicht, welches durch die schmalen Fenster des Hauptraumes fiel, genügte kaum, dass man die Hand vor Augen zu erkennen vermochte.
Im Keller soll es einen Zugang zu einem geheimen Tunnelsystem geben. Angeblich führt es bis in den Turm der Seherin.
Es wurde früher vom Kult der Seherin benutzt, um von den Palastschranzen ungesehen, kommen und gehen zu können. Ich habe es noch nie selber benutzt… es… es ist gefährlich.
Aber tiefer in die Stadt kommt ihr nur, wenn ihr direkt in den Palast marschiert.
Ich dachte nur nicht, dass es so dunkel wäre.
Vielleicht gibt es eine Fackel oder Öllampe hier. Der Junge sah sich übertrieben um. Natürlich würden sie kein solches Glück haben und selbst wenn. Was nützte eine Fackel oder Lampe, wenn man weder Zunder noch Feuerschlägel hatte sie zu entfachen.
Der Junge aber war sich wohl bewusst, dass er hier mit einem, mit Leichenteilen behangenem, Ungeheuer, in einem finsteren Gemäuer eingeschlossen war und zugeben musste, dass sein weiterer Weg aus Hörensagen und wortwörtlichem Stochern im Dunkeln bestand. Für in konnte es daher überlebenswichtig sein, die Stimmung möglichst lange hochzuhalten.
Yok, dessen Augen an die Dunkelheit unter den Bergen gewöhnt waren, sah die absonderlichen Kapriolen seines kleinen Spürhundes zwar, mehr noch nahm er aber die Finsternis wahr, die unter der Decke des hohen Raumes wucherte.
Finsternis, die nichts mit Schatten und der Abwesenheit von Licht zutun hatte. Aus dieser zusammengeballten Konvulsion von Schwarz schälte sich eine dürre Gestalt. Lautlos, kraftvoll sehnige Abgemagertheit.
Es hatte die rudimentäre Form eines Menschen, wenn es auch nicht an dessen Limitierungen gefesselt zu sein schien. Es hing an einem Arm wie ein Affe, das eigene Gewicht spielerisch haltend.
Dann entfaltete es sich zu seiner ganzen Länge, wobei es den Oberkörper drehte, als wären da keine Gelenke und Pfannen, die einer solchen Bewegung Grenzen auferlegten. Ohne ein Geräusch zu verursachen kam es hinter dem Knaben auf.
Der bekam davon nichts mit. Nur kurz verzog der Junge irritiert den Kopf, als das Wesen einen niederfrequenten Ton ausstieß, den er mehr spürte als hörte.
In die Dunkelheit über ihren Köpfen kam jetzt Bewegung. Dort hatten noch mehr geschlummert.
Die Kreatur, die sich bereits auf dem Boden befand erhob sich im Rücken des Jungen.
Wo ein Gesicht hätte sein sollen, da war eine rostige Metallplatte, die nur den Mund aussparte, der wiederum mehr geifernde Zähne beherbergte, als möglich hätte sein sollen.
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Endlich ein Mensch, der zu etwas taugt. So dachte sich Yok, während er dem schmächtigen Knaben hinterherstieg. Der kurze Gewaltausbruch gegenüber dem Kadaver seines letzten Herren hatte der Bhrak bereits vergessen, kaum, dass sie um die erste Ecke herum waren. Er konnte mit solchem Verhalten leben, solange er bekam, was er wollte und es war schnell offenbar, dass sein Brust-hoher Begleiter nur zu gern lieferte. Tatsächlich imponierte Yok, mit welcher Fertigkeit sich der Junge seinen Weg durch die Stadt bahnte, erwartete er doch von Menschen, dass sie sich - von Maschinen träge gemacht - schon schwer taten, ihre eigenen Körper zu einem lockeren Zwei-Stunden-Lauf zu motivieren. Er würde dieses kleine Wiesel behalten, sofern er sich auch weiterhin als nützlich erwies. Und genau das tat der Junge, als er ihm die verborgenen Pfade der Stadt zeigte und schließlich zu einem Gebäude führte, das ihm selbst so nicht aufgefallen wäre. Zu nichtssagend war die menschlcihe Bauweise in seinen Augen, zu unverständlich ihre für ihn pretentiöse Komplexität. Die Erklärungen, die der Junge erbrachte, verstand Yok allerdings ziemlich gut. Er nickte zufrieden, offenbar unerschrocken ob der Aussicht auf Gefahr. Es gibt hier keinen Ort, der sicher ist, Mensch. Sie gingen ins Innere des Gebäudes und blickten sich um. Noch während Yoks Augen sich an das Dunkel gewöhnten und er begann, erste Umrisse zu sehen, wurde ihm gewahr, dass sein Begleiter trotz allem nicht sicher vor menschlichem Makel war. Er schnaubte missbilligend, als der Junge sich all zu bemüht nach einer Lichtquelle umsah.
Er wollte schon etwas sagen, als sich plötzlich eine gänzlcih aus Schwärze bestehende Kreatur von der Decke schälte und sich hinter dem offenbar ahnungslosen Knaben aufbaute. Dabei wog der Bhrak einen kurzen Moment ab, ob er seinen Begleiter einfach zurücklassen sollte, während er die Bewegungen des Schattenmonsters belauerte. Erst als die Kreatur ihr eisernes, mit Zähnen erfülltes Gesicht zeigte und beabsichtigte, über dem Haupt des Jungen zuzuschnappen, griffen Yoks Instinkte nach den Zügeln, packten sein Schwert mit der einen, ehe er brüllend mit der anderen Hand nach dem Jungen langte, um ihn aus dem Weg und hniter sich zu zerren. Ein horizontaler Hieb sollte das Biest bestenfalls halbieren, doch Yok wollte sich nicht damit abhalten, herauszufinden, ob sich diese Wesen davno beeindruckt zeigten, zumal es offensichtlich mehrere davon gab. Los. Weiter. Wird's bald? So drängte der Abhumane den Knaben nach dessen Angaben durch das Dunkel des Gebäudes, hin zu den Kellergewölben, hier und da ihr Fortkommen mit Hieben seiner Klinge freimachend, als hackte er sich durch einen Urwald.
Ich sehe gut genug für uns beide, Welpe, bis wir ein Feuer finden. Wir haben keine Zeit, um hier zu verrecken. Eine weitere, hölzerne Tür wurde eingetreten, dass das trockene Holz fast auseinander barst. Yoks Instinkte wurden immer stärker, ließen ihn die Schrecken und den Terror, mit dem die Dämonen den Raum fluteten, ignorieren. Er war wirklich das Kind einer Spezies von Dämonentötern und nicht in der Stimmung, sich stoppen zu lassen, galt es doch eine Blutfehde auszufechten. Gedanken an Rache und Blutvergießen peitschten den Bhrak weiter voran, den bebenden Jungen vor sich her schiebend, bis er ihn packte und vor der Brust mit sich schleppte, als dieser zu stolpern begann. Dein Wissen amcht dich wertvoll, Welpe. Nicht deine Füße. Also los, kenne diesen... Pfad. Bald waren sie im Kellergewölbe angekommen, wo es nun darum ging, den Geheimgang zu finden. Schützend baute sich der Bhrak nahe des Knaben auf, an dem es jetzt lag, sich an sein Wissen zu erinnern, während Yok sich damit befasste, zu wittern, zu lauern und zu töten.
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In ihrem Nest gestört oder entzückt darüber, dass ihnen die Mahlzeit frei Haus geliefert wurde, stürzten sich die Wesen auf ihre vermeintliche Beute. Wie überrascht und zornig waren sie dann, als eines der Opfer alles andere als das war.
Die grobe Klinge spaltete die vorwitzigste Kreatur auf Höhe ihrer dünnen Hüfte und ließ sie als zwei strampelnde, fuchtelnde Teile davonfliegen. Stinkendes, salziges Blut bespritzte den Bhrak im heißen Schwall. Ein zweites Ungeheuer drängte nach und spießte sich auf dem Schwert des Alphas auf.
Nach diesem unerwarteten Widerstand wurden die Bestien vorsichtiger und nutzten erst einmal was da war, indem sie sich auf die Überreste ihrer Artgenossen stürzten und sich an dem noch zuckenden Fleisch gütlich taten.
Das erkaufte Yok und seinem Begleiter wertvolle Sekunden, in denen sie den Weg nach unten suchten. Flüssige Dunkelheit schwappte ihnen wie ein Sturzbach die Treppe nach. Die Unterkellerung schien weit geräumiger zu sein, als das Gebäude darüber. Auch möglich, dass sich mehrere Bauten die Untergeschosse teilten. Staubige Korridore gingen in verschiedene Richtungen. Die meisten Alkoven und Räume waren leer. Ab und an stand Gerümpel und Unrat darinnen, das Jahrhunderte überdauert haben mochte. Was greifbar war schleuderten sie hinter sich, um so eine Barriere zwischen ihnen und den Monstern zu schaffen, auch wenn dies bei der Agilität dieser Kreaturen wohl eher Wunsch als Effizienz war.
Zwei Wesen hatten die Verfolgung aufgenommen und krochen an der Decke entlang, als gelten für sie die Regeln von Insekten und nicht die von menschenähnlichen Geschöpfen. Das Vorderste, das geifernde Maul noch feucht und schäumend vom Fleisch der eigenen Art, stürzte sich mit der Sprungkraft einer Raubkatze auf ihn.
Der Gang war zu eng, um das Schwert effizient zu nutzen und so fing Yok seinen Angreifer mit der freien Hand am Hals. Es zuckte und wand sich in seinem Griff, Krallen kreischten über die Rüstung des Bhrak, schlitzten die lederne Haut des Biestmannes auf, ohne dass der davon mehr Notiz nahm als vom Stich einer Mücke. Für eine Kreatur, die vielleicht einmal etwas mit einem Menschen gemein gehabt haben mochte, war dieses dürre Gerippe kräftig. Jedenfalls so weit, wie der Alpha das beurteilen konnte. Schließlich verglich man dabei Schwäche mit Schwäche. Er brach das Genick des Wesens wie einen Hühnerknochen und die Wolke aus Schwärze um sie her wurde dünner. Die verbleibende Kreatur machte an der Decke ein paar Schritte zurück und fauchte, zornig und ängstlich zugleich.
Hier ist es Herr! Rief der Junge, der bereits ein paar Schritte die Treppe hinter ihnen herunter gelaufen war und hörbar erleichtert klang, dass er den Anforderungen gerecht wurde. Andernfalls hatten seine Alternativen zwischen diesem Monster verseuchten Gewölbe und dem Zorn seines ebenso monströsen Begleiters gependelt.
Er drückte an einer steinernen Tür herum, welche das Abbild eines Tieres, einer Art Bock zeigte. Yok drückte die Tür für den Jungen auf und Flugsand knirschte unter der passgenauen Schwelle.
Dahinter lag Grabesschwärze.
Man konnte nur hoffen, dass die Kreaturen hier nicht auch schon nisteten. Der Geruch jedenfalls deutete darauf hin, dass dem nicht so war. Allerdings gab es hier andere Dünste, die sich für eine menschliche Nase unter Staub verbargen. Etwas Raubtierhaftes, anders als der Geruch der Kreaturen, mehr dem Schimmelpilz verwandt, als etwas tierischem. Dennoch lag darin eine Gefahr, die nicht mit Wucherungen in Ecken und auf altem Holz zu tun hatte. Schwach und abgründig, aber doch nicht zu leugnen.
Es gibt eine falsche Bodenplatte… ich kann es nicht sehen, aber es heißt ein Hund bewacht den Eingang. Diese Beschreibung schien anfangs rechtunsinnig, bis sich den Augen Yoks, wie auch den tastenden Händen offenbarte, dass um das Gewölbe, etwa auf Brusthöhe, eine steinerne Zierleiste verlief, die auf der Breite einer Handspanne Tierapplikationen zeigte. Insekten, Echsen und Geflügel und endlich auch einen Hund mit heraushängender, steinerner Zunge. Yok sah für sie beide und führte den Jungen an die entsprechende Stelle. Er wollte sich gerade bücken, um die Steinplatte zu untersuchen, als diese sich zu bewegen begann.
Was… Die Pranke des Kriegers legte sich über den Mund des Jungen und brachte ihn damit nicht nur zum Verstummen, sondern gab ihm unfreiwillig auch etwas von dem Bestienblut zu kosten. Gedämpftes Glucksen des Eckels.
Die Steinplatte hob sich und ein Lichtschein tastete sich wie ein suchender Finger daraus hervor. Ihm folgte der markant ummantelte Lauf einer Laserpistole.
Yok und das Menschlein standen hinter der Platte, so dass sie im toten Winkel desjenigen waren, der da von unten herausspähte, die Umgebung dilettantisch zu sichern.
Unvermittelt sprang der Bhrak vor, schleuderte die Platte beiseite, als bestünde sie aus Pappe und nicht aus Stein. Er langte in das Loch. Ein spitzer Schrei, zuckendes Licht. Yok hatte ein dünnes Handgelenk umklammert, so dass er bestimmte in welche Richtung der Lauf der Waffe zeigte. Er zerrte den heraus, der an jenem Handgelenkt dranhing. Dieser schrie, als wäre ihm dass schon passiert, was der Bhrak mit ihm vor hatte.
Ein zappeldürrer Knabe, kaum anders als sein eigener. Scheinbar waren die heute Nacht besonders zahlreich unterwegs. Er holte mit dem Schwert aus, um dem Geschrei ein Ende zu bereiten, als nun sein kleiner Spürhund seinerseits anfing zu schreien.
Yok war wahrlich gestraft.
Verschont ihn Herr, verschont ihn… ich kenne ihn.
Warum der Umstand, dass ein Floh den anderen kannte, ihn darin hindern sollte selbigen zu zerquetschen, erschloss sich Yok nicht wirklich. Allerdings kam ihm der Gedanke, dass dieser Bursche etwas über die Gänge wissen mochte, durch die er gekommen war, was ihm vielleicht einen Vorteil und wenn nur ein Zeitersparnis bedeuten mochte. Er wand ihm die Laserpistole aus der Hand und setzte ihn relativ sanft ab, indem er ihn dem anderen Burschen vor die Füße schleuderte.
Das Licht stammte von einer Öllampe, wie man sie in Rasankur allerorten fand. Sie war auf die Seite gefallen, aber noch nicht erloschen. Sein Wegweiser nahm sie auf und erleuchtete den anderen, der rückwärts und auf allen Vieren von Yok fortzukommen versuchte.
Es ist gut Nomo… ich bin es, Saan. Der andere schaffte es mit Mühe und Not seinen Blick von dem Ungeheuer zu reißen, das über ihm aufragte wie ein Turm, vom flackernden Licht der Lampe unheildräuend beschienen. Dann schaffte er es und mit flatternden Augen erkannte er schließlich den Sprecher.
Hichamm? Bei den Geistern der Wüste, bist du es?
Ja! Glaube es ruhig. Dieser Krieger hat mich vor dem Zorn Kinil dem Fetten errettet. Er hat ihn getötet.
Der Fette ist tot? Dann bist du frei!
Der Blick des Jungen namens Hichamm zuckte kurz zu Yok, als wisse er nicht recht um die Antwort auf diese Frage.
Ich habe mich dem Krieger verschworen, muss ihm mein Leben aufwiegen. Was ist mit dir? Bist du im Dienst der Schlange unterwegs?
Die Schlange ist tot. Die Kämpfer Knochenbackes haben die Grube überfallen. Der Schlange haben sie den Kopf abgeschlagen. Viele haben sie getötet, uns wollten sie in die Sklaverei treiben. Dann kam Sie und hat uns gerettet!
Sie?
Sie hat ein Dämon herbeigerufen. Zumindest habe ich das hinterher gehört. Ich konnte nichts sehen zu diesem Zeitpunkt. Der Dämon hat die Krieger Knochenbackes besiegt und uns befreit. Sie heißt Selari und Mandias sagt, der Prinz hat sie auserwählt das Erbe der Schlange anzutreten.
Hichamm hätte gern noch mehr erfahren, doch man musste kein langjähriger Kenner der Bhrak sein um zu begreifen, dass Geduld nicht ihre bestechenste Eigenschaft war. Entsprechend versuchte er das Gespräch in eine praktischere Richtung zu lenken.
Wieso bist du in den Tunneln unterwegs?
Ich habe einen Auftrag von Selari, soll in die Berge und eine Botschaft überbringen.
Hier kommst du nicht raus. Hinter dieser Tür sind Verteidiger und ich glaube sie sind ziemlich sauer.
Es gibt noch einen anderen Weg. Wenn man dahinten lang geht kommt man bei der Karawanserei und dem Tuchmarkt raus.
Versuch dein Glück und möge Mutter Nacht dich behüten. Aber wie sieht es auf dem Weg aus, den du gekommen bist. Können wir ihn nutzen?
Er führt euch direkt in die Kavernen unter dem Palast. Gebt acht vor dem Sandgebläse.
Was ist das?
All der menschliche Unflat der Aborte wird auf diese Weise hinausgeblasen. Steht ihr in den Sandstrom ist es um euch geschehen. So weit aber müsst ihr gar nicht. Der Turm liegt ein Stück weiter vorne, vor dem eigentlichen Palast. Folgt dem Gang, an dem die Speier wie Vogelköpfe aussehen. Aber geht nicht tiefer nach unten. Niemals geht tiefer.
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Jenseits der leblosen Augenhöhlen seiner Knochenmaske stierten Yoks Augen Madenlöcher in den Wanst des Knaben, den er aus dem Durchgang in den Katakomben gezerrt hatte. Normalerweise hätte er diese Kreatur sofort niedergestreckt, oder wenigstens in die Dunkelheit der Katakomben gejagt, wollte er sich doch nicht mit so mickrigen Wesen befassen. Es lag für ihn kein Reiz darin, Insekten zu zertreten, aber das mussten diese ja nicht wissen. Die Großen, Starken und Tyrannen waren es, die es wert waren, dass man sie bejagte und tötete. Schließlich machte man auch kein gutes Feuer, indem man brüchige Ästchen und nasses Laub verheizte.
So sehr Yoks Gedanken ihn letztlich dazu anhielten, den Augenblick, den die Knaben austauschten, nicht gewaltsam zu unterbrechen, auch wenn seine Instinkte ihn vorwärts treiben wollten, so sorgten sie auch dafür, dass er ungeduldiug knurrend dazwischen ging, als er das Warten und Lauschen all zu leid war. Immerhin schien die Unterhaltung einen gewissen Wert für ihn besessen zu haben. Der Weg war beschrieben und galt als sicher. Gut.
So schob man sich weiter durch die dunklen Korridore der Kavernen und Katokomben, die immer weniger wie enge Geheimngänge und mehr wie die zweckdienliche Unterwelt dieser Stadt anmuteten, zumindest, wenn man sich damit auskannte. Für Yok wurden diese Höhlen und Gänge nur grader, größer, krummer, oder kleiner, je nach dem, in welche Richtung man blickte. "Du kennst also auch einen Weg in die Berge. Das ist gut." So sprach Yok mit seiner knurrigen, rohen Stimme. "Das wird unser nächstes Ziel, wenn ich mit den Feiglingen im Palast fertig bin. Danach kannst du machen, was dir gefällt, kleiner Mensch." Einen Moment stopten sie, damit Yok einen Blick voraus werfen konnte. Das Geräusch der Gebläse wurde lauter, offenbar näherte man sich dem Ziel. "Ich rate dir aber, dich an einem sicheren Ort zu verkriechen, wenn du weißt, was gut für dich ist. Die Geschuppte wird nämlich nicht die Letzte sein, deren Lungen sich mit Blut gefüllt haben werden." Er deutete dem Knaben an, zu ihm aufzuschließen. Keine Gefahr. "Ich habe zugesehen, wie die Geschuppte hingeschlachtet wurde. Von Unwürdigen und Feiglingen. Wenn sie mit den Verrätern im Bund stehen, die das Tor des Drachen zerstört und meine Krieger verderbt haben, werden ihre Köpfe die Ersten sein, die aufgespießt die Wälle dieser Stadt schmückern werden." In Yok gährten Pläne. Keine großen, ehrgeizigen von Machtgier motivierten Pläne, sondern solche Pläne, die man schmiedet, wenn man etwas zerstört wissen wollte. Nicht mehr und nicht weniger. "Das muss dich aber nicht kümmern, kleiner Mensch."
Immer näher kamen sie den Lauten des Sandgebläses, bis der Junge schließlich seine Sitmme erhob und auf einen Einlass in der Wand deutete. "Hier ist es, Herr! Speier, die wie Vogelköpfe aussehen." Yok musterte die kunstvoll gehauenen Steinfiguren, ehe er nickte und den Jungen weiter mit sich durch die Dunkelheit zerrte. Jetzt wieder schweigend, lauschend, während das Gebläse wieder allmählich in den Hintergrund rückte und man bald den Zugang zum Turm erreicht hatte. Der Bhrak gab dem Knaben ein Zeichen, jetzt umso stiller zu sein, während er erneut ein Stück vor ging, jetzt schleichend, um um ein paar Ecken zu blicken und zu lauschen, ob er eventuell einen Hinweis auf Wachen, oder anderswie bedrohliche Kreaturen aufschnappen konnte, ehe man sich seinen Weg durch die nächsten paar Gänge bahnte.
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-Ruine der Schlangengrube-
Lebendig begraben!
Diese Worte hallten in ihrem Verstand wieder wie ein Echo. Alles was davor gekommen war, Panik, die Angst, die Wut und die Hilflosigkeit war bereits wieder aus ihr herausgeflossen.
Scheinbar war das ganze Gebäude über ihr zusammengefallen und der Geruch nach Rauch und die ansteigende Hitze ließ vermuten, dass es auch gebrannt hatte.
Das sie noch lebte lag daran, dass der kleine Raum, in welchem sie nach dem Zusammentreffen hatte warten sollen, nur halb eingestürzt war. Ihre Beine waren unter Steinen und Balken eingeklemmt, auch wenn sie nicht glaubte, dass sie gebrochen waren. Nicht das das irgendeinen Unterschied machte. Bewegen konnte sie sie nicht und selbst wenn sie sich hätte befreien können, genützt hätte ihr das auch nichts. Als die Decke heruntergekommen war, war sie ohnmächtig geworden. Hatte sie etwas am Kopf getroffen? Keine Ahnung, Schmerzen hatte sie jedenfalls nicht. Natürlich wäre es besser gewesen, wenn sie ein herunterfallender Stein erschlagen hätte.
Dann wäre ihr das Ersticken erspart geblieben. Ersticken wenn sie Glück hatte. Verdursten wenn sie Pech hatte.
All die Strapazen, all die Entbehrungen die sie hatte erleiden müssen, dann doch so ein elendes Ende. Das sie nicht altersschwach im Bett aus dieser Welt scheiden würde, dass war ihr schon immer klar gewesen, das hier aber war dann doch ein wenig jämmerlich.
Was hatte sie denn mit diesem Pferdemann zu schaffen? Was mit dem Verseuchten und dem Mutantenmädchen mit den Ziegenbeinen?
Was hatte sie mit Rasankur zu schaffen?
Nichts!
Niemand hier war besser als in den imperialen Städten. Sie taten so, als würde ihr Götterglaube sie edler machen, sie in einen besseren Stand heben. Aber am Ende war sie doch allein.
Du bist nicht allein. Die Stimme war neben ihrem Ohr in der Dunkelheit. Freundlich und warm. Vielleicht männlich, vielleicht weiblich. Wie flüssiger Honig. Da war noch mehr. Musik, leise und lieblich. Ferne Flöten und Harfen, Zimbeln und Leiern.
Jemand war bei ihr, auch wenn sie selbst kaum genug Platz hatte um die Arme zum Kopf zu bewegen. War das vielleicht schon der Sauerstoffmangel, der ihr Gehirn mit freundlicher Stimme in die letzten Minuten auf dieser Welt geleitete?
Wer bist du? Flüsterte sie in die staubige Finsternis.
Du weißt wer ich bin. Denn ich bin schon immer bei dir gewesen Magen.
So heiße ich nicht mehr.
Nein! So heißt du nicht mehr. Die Stimme lachte glockenhell, wie ein Frühlingstag. Die Musik wurde heiterer, verspielter.
Du bist Circe, weil du und ich dich dazu gemacht haben.
Als deine Mutter verschwand, da hättest du verhungern müssen.
Als deine Tante sich schlug und zur Arbeit antrieb, da hätte dein Willen brechen müssen.
Als schmutzige Hände dich gierig betasteten, da hätte deine Kraft erlöschen müssen.
Als dieser Freier wollte das du ihn würgst, wer gab dir die Kraft, weiterzumachen, auch als er winselte und röchelnd darum flehte aufzuhören?
Ich war bei dir mein Kind. Du hast es genossen, als seine Augen aus den Höhlen quollen und sein Zunge schwarz wie eine fette Made aus seinem Maul hing.
Vor dir selbst und den anderen hast du es gerechtfertigt, dass es ein Unfall war… aber das war es nicht.
Es hat dir gefallen dieses Schwein zu töten. Es war richtig und es war gut.
Die Symbole, die du in deinem Zimmer unter das Bett gemalt hast und wegen denen sie dich rausgeschmissen haben. Du hast gesagt es seien nur Fantasiezeichen gewesen. Nur eine Spielerei. Aber das war es nicht und du wusstest es in deinem Inneren.
Es war Zeit für dich diesen Ort zu verlassen und als du sie gemalt hast, da hast du mich gebeten dir zu helfen.
Und das habe ich.
Du bist meine Tochter, meine Schwester und meine Braut. Ich war immer da.
Und jetzt bist du bei mir, während ich sterbe?
Wieder dieses wissende Lachen.
Du stirbst nicht süße Circe. Dein Weg beginnt grade erst. Aber du musst lernen dir nicht selber im Weg zu stehen.
Was machst du hier?
Dumme Frage… ich bin eingeklemmt.
Das meine ich nicht und das weißt du auch.
Was machst du an diesem Ort? Was hast du für eine Rolle in der kleinen Intrige gehabt, die jetzt durch ein einstürzendes Gebäude, durch eine einstürzende Welt beendet wurde?
Das Ziegenmädchen will in das Bett des Fürsten, will die Rolle der Seherin übernehmen. Was sie berührt verändert sich und was sie streichelt verfällt ihr. Den Pferdemann hat sie umgarnt und den Drachen will sie ebenso umgarnen. Du solltest nur ein Bauernopfer auf dem Schachbrett dieses Spielchen werden. Und du wärst es auch geworden, wenn die Welt nicht eingestürzt wäre.
Hör auf dich klein zu machen. Ich habe dir eine Gabe geschenkt aber du nutzt sie nicht, nutzt sie nicht in zur Gänze.
Was für eine Gabe? Ich tanze doch nur.
Nur?
Was meinst du?
Du wirst es herausfinden, wenn du hier heraus bist.
Und wie soll ich das tun?
Drachen, Pferde, Ziegen. Hast du nicht auch ein Getier zu deiner Verfügung?
Einen Ziegenbock?
Kaum hatte die Stimme dies geflötet, als Bewegung in die Brocken kam, die Circe einklemmten. Ein Scharren und schleifen, bröckelnde Steine. Das Gewicht auf ihren Beinen verlagerte sich, wurde unerträglich und verschwand dann. Luft strömte durch ein kleines Loch zu ihr herein Der Spalt vergrößerte sich. Breite Hände griffen herein, tasteten nach Ecken und Halt und rissen Balken und Brocken zur Seite. Ihre Beine waren frei. Geschunden und zerschrammt aber frei. Die Hände griffen nach ihr und zogen sie heraus. Es war Nacht, aber nach der Dunkelheit ihres Grabes schien es ihr Tag hell. Selas stand in Mitten der Trümmer. Der Bocksköpfige Mutant war mit Schweiß und Staub bedeckt. Er musste wie ein Wahnsinniger gearbeitet haben um sich zu ihr durchzugraben. Jetzt zog er sich in seine Arme.
Ich dachte du wärst des Todes… den Göttern sei Dank! Den Göttern sei Dank. Er gab ihr Wasser aus einem Trinkschlauch und berichtete ihr hastig das Wenige, was er wusste. Der Fürst war mit seiner Armee verschlossen, die Stadt in Aufruhr. Es hieß Rebellen marschierten auf den Palast zu. Niemand wusste genau wer diese Rebellen waren. Einige sagten abtrünnige Rasankuri, andere sprachen von grauen Riesen unter einem Krieger namens Balius, andere meinten die Bhrak hätten sich wider die Menschen erhoben.
Was sollen wir jetzt machen Circe? Wo sollen wir hin?
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