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Natürlich war der Standort des Kreuzzugslager mit Bedacht gewählt. Außerhalb des eigentlichen Stadtkomplex, aber soweit im Schatten des aufragenden, stählernen Termitenstocks das die schlimmsten Wettereinflüsse sich an der Struktur des Hive verausgabten. Freilich war das nur ein untergeordnetes Kriterium. Das heilige Heer sammelte sich in den Slums weil man wusste wo die Masse des Kriegskörpers zu finden war. Und bei der Gnade des Imperators, sie kamen wahrhaft reichlich. Einige wurden gewiss von der Aussicht auf warme Suppe angelockt, andere gedachten vielleicht nur einmal eine Nacht in einer der umfunktionierte, trockenen Lagerhallen zu verbringen. Der hypothetischen, dritten Fraktion gelüstete es nur danach einen Blick auf dieses Spektakel zu werfen. Und ein Spektakel war es ganz ohne Zweifel.
Zwischen zwei ehemaligen Lagerhäuser, von denn rote Standarten der Ekklesiearchie herabhingen, breitete sich das gewaltige Feldlager aus. Es mussten bereits tausende Menschen sein, die um Feuer saßen, sich um Redner scharrten oder im gleichen Maß um die Verkaufsstände die Waffen, Nahrung und heilige Devotionalien anboten.
Im Zentrum, direkt zwischen den beiden Hallen, konnte man einen gesondert abgesperrten Bereich finden. Hier stand nicht nur der Fuhrpark, welcher im Vergleich zu der Masse der Menschen sehr beschaulich war, sondern hier waren auch die Unterkünfte der höheren Würdenträger zu finden. Verarmte Adlige hatten sich dem Heer ebenso angeschlossen wie kirchliche Vertreter aus allen Stadtebenen und den wenigen Siedlungen der direkten Umgebung. Sie residierten in schadstoffresistenten Zelten oder in Wohn-Containern. Bewacht wurde dieses Arial von gut ausgerüsteten Söldnern. Derartige Krieger stellten einen Kontrast zum Rest der Kämpfer dar. Der überwiegende Teil war, neben seinem Glauben, lediglich mir sehr kärglicher Ausrüstung ausgestattet. Hieb- und Stichwaffen ließen an primitive Feudalwelten denken und die Schusswaffen bestanden zum überwiegenden Teil aus Pistolen. Der ganze Stolz waren zwei Feldhaubitzen, die direkt neben dem Zelt des Kardinals standen.
Wer immer sich für den Kampf entschied und sich mustern ließ für die größte aller Sachen, dem wurde ein goldenes S auf die Schulter der Kleidung gestickt. Wer dafür zu wenig am Leib trug erhielt einen Stofffetzen mit dem entsprechenden Symbol. Nun hätten Spötter behaupten können die hier versammelte Kriegsschar sei nicht mehr als eine Ansammlung der Ärmsten, die die Aussicht drüben in Truzt ein wenig zu plündern und zu brandschatzen zusammengerottet hatte. Wer aber auch nur einen Blick in die fiebrigen Augen der Gläubigen geworfen hatte, wusste es jedoch besser.
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Kane, der sich durch öffentliche Verkehrsmittel, mit unter viele nicht gerade kostengünstige Fahrten mit einigen Taxi-Schweber, in die untere Ebene gekämpft hatte, schlenderte langsam durch die dreckigen Straßen der Slums und begutachtete die provisorisch bebauten Hütten, du nur wenig Schutz vor Diebstahl und ätzenden Regen boten. Durch seine Kleidung zog er viele erstaunte und nicht zuletzt gierige Blicke auf sich. Er bat zwei stämmige Männer des Adeptus Arbites ihn zu begleiten. Sie boten Ezequiel an, ihn den Rest der Stecke zum Lager zu fahren, doch Ezequiel lies sich nicht davon abhalten, zu Fuß weiterzugehen. Er wollte unbedingt den Zustand der unteren Ebenen begutachten und sich mit den Menschen die hier leben auseinandersetzen. Natürlich machte dieser „Spaziergang“ die allgemeine Situation um Ezequiels leben nicht besser. Die unteren Ebenen sind ein gefährliches Pflaster. Es ist wie eine eigene raue Welt voller Mord, Verbrechen und Perversionen. Die zwei Arbitratoren boten zwar etwas Schutz, aber sollten sie das Pech haben, zwischen Fronten von Gangs und Banden zu geraten, würden auch die Schockstäbe der imperialen Polizei nichts mehr nützen.
Eine Schar kleiner, zerlumpter Kinder tummelten sich zwischen den Straßen und rannten auf den Missionar zu. Bettelnd zupften sie an seinem Gewand. Die Arbitratoren wollten sie zurückdrängen aber Ezequiel hielt sie davon ab. Dann ging er in die Hocke und blickte diese kleinen, jungen Wesen an. Er erkannte bereits diverse Mutationen bei manchen Gliedern der Kinder, die ihn traurig ansahen. Er gab ihnen ein paar Schekel und begleitete sie zum nächsten Ort, an denen sie sich etwas zu Essen kaufen konnten. Kopfschüttelnd folgten ihm die zwei Arbitratoren, denen es immer unsicherer wurde. Er wollte sichergehen, dass sie ihr Geld gleich für Essen und eventuell etwas neue Kleidung ausgeben, um so zu verhindern, dass geldgierige Verbrecher auf die Kinder aufmerksam wurden. Der Missionar wartete sogar so lange, bis sie den größten Teil der fragwürdigen Nahrung aufgegessen hatten. Immer wieder sahen vermummte Gestalten Ezequiel und die Kinder erzürnt an. Als die kleine Schar die Reste wegpackten und sich bei dem freundlichen Herren bedankten, verschwanden sie so schnell, wie sie angerannt kamen. Sie hätten das nicht tun sollen, Vater. Hier einfach mit Geld um sich zu werfen, könnte uns Probleme bereiten, meinte einer des Adeptus Arbites, während sie sich wieder in Bewegung setzten. Nun vielleicht war es ein Fehler. Aber was für ein Mann der Kirche wäre ich, wenn ich nicht die Welt und das Leben dieser Kinder etwas verbessere. Mir ist klar, dass ich nicht allen helfen kann, aber ich versuche es zuweilen doch immer wieder. Es ist nunmal meine Art und mein Glaube. Glauben sie mir, wenn ich sage, das mich eben diese Art nicht selten in Schwierigkeiten bringen. Aber letztendlich weis ich ja, warum ich das tue. Achselzuckend sahen sich die beiden Arbitratoren erneut an und hielten ihre Waffen in griffbereit.
Einige Minuten später kamen sie an dem ersten Lagerhaus an. Der Anfang des Feldlagers. Die inzwischen verdreckten Standarten der Kirche an den Lagerhäusern, taten sich schwer in den stürmischen Böen, die periodisch ankamen, zu wehen, da sie sich bereits mit Wasser und vergifteten Smogausdünstungen vollgesogen hatten. Ein hastiges Treiben und lautes umher rufen von tausenden Menschen erfüllte die Atmosphäre. Überall erkannte man Kirchendiener, niedere Priester und einige Prediger. Hier und dort sah man Soldaten des Imperiums und Mitglieder der Arbites, aber auch einige Söldner die ihre erhaltenen Schekel und andere Wertgegenstände begutachteten. Der Großteil dieses Heeres bestand jedoch aus bewaffneten und kampfbereiten Bürgern, die aber nur spärlich ausgerüstet waren. Ezequiel bedankte sich bei den zwei Arbitratoren für ihre Eskorte, mischte sich unter das Heer und versuchte jemanden zu finden, mit den er über die aktuelle Lage reden könne.
Ezequiel / - 25 Schekel
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Sünder!
Das Wort kam von einem Mann auf einem Fass. Einer umgedrehten Wassertonne um es zu spezifizieren und bei dem Rufer handelte es sich augenscheinlich um einen Prediger, wie es mehr als reichlich im Lager gab. Vielleicht fünfzig Männer und Frauen hatten sich um ihn versammelt und der Großteil lag bereits auf den Knien, den Dreck in dem sie hockten geflissentlich übersehend.
Besagter Mann, der nun von seinem improvisierten Podium sprang und wie die Rache Terras höchst selbst zwischen die Gläubigen fuhr, war dünn, ja beinahe ausgezehrt. Die Augen lagen tief in den Höhlen, funkelten jedoch wie glühende Kohlen und wahren in der Tat bannend. Gehüllt war er in zerschlissene Fetzen, die vielleicht einmal eine Art Robe dargestellt hatten, jetzt aber nur mehr als Lumpen an seinen dürren Gliedern schlotterten. Schwarzes Haar und Bart waren verfilzt und struppig, was sein gesamtes Aussehen gut abschloss.
Du bist ein nichtswürdiger Sünder! Er schlug einer knienden Frau nicht eben sanft mit der flachen Hand vor die Stirn. Auch du bist ein Sünder und du! Zwei Männern erging es genauso. Ihr alle seit schlecht und bietet eure Seelen denen dar, die da aus den neun Höllen jenseits des göttlichen Lichtes nach euch gieren. Von den so gescholtenen Bürgern kamen nicht etwa Widerworte, sondern halblaute Zustimmung.
Ausgespien aus diesem Pfuhl der Verdorbenheit seit ihr zerfressen von verwerflichen Taten, die schwer auf euch lasten und euch niederdrücken. Völlerei, Begierde, Wucher, Neid und Anmaßung sind nur wenige dieser Sünden. Was unterscheidet euch von den Freveln jenseits des Meeres, die da einen falschen Gott lobpreisen? Zornig schüttelte er die Faust gegen die ungefähre Richtung in der das Meer lag.
Septinanus aber sprach zu ihnen: “Ich will gehen um zu schlagen, jene die da wandeln in der Finsternis, die ihnen ein Heim ist, in der Abwesenheit des geheiligten Wortes. Die die aber reinen Herzens sind mögen mir nachfolgen und ihre Klingen werden wie rächende Blitze sein.“ Da legten viel falsches Zeugnis ab und riefen ihn “Herr, Herr!“ Sie lobpreisten das Wort, doch sie redeten falsch und der Sinn nach weltlichem Tand lag in ihren Herzen, gemacht von den falschen Götzen, denn sie fürchteten das Heer der Gesalbten.
Septinanus ging hin und blickte einen jeden fest an. “Höret, denn mein Wort ist das Wort des Imperators. Er auf dem goldenen Thron lässt sich nicht spotten. Sein Blick durchdringt euer Reden und erkennt das es schlecht ist. Schwört ab von eurem niederen Tun und bekennend euch zum ewigen Gottkaiser.“
Da sanken sie vor ihm nieder und bekannten, alsdann sie auszogen und die Heiden straften.
Ich frage euch nun, ihr Bürger Gohmors. Wollt auch ihr bekennen? Wollt ihr abschwören eurem selbstgerechten Handeln und euch ganz in die Hand des Imperators geben? Wollt ihr euch lossagen von all der weltlichen Last und den Versuchungen eures früheren Lebens?
Zustimmende Rufe kamen aus der Masse der Knienden und einige hoben die Hände flehend zu dem Prediger.
Dann will ich euch lossagen von euren Sünden, so wie der Heilige dereinst die Krieger lossagte. Geht hin und seit fromm, handelt im Guten und tut Buße für eure Taten.
Er sprach einen Segen und entließ seine kleine Gemeinde, die recht zufrieden dreinblickten.
Der Mann lebte offensichtlich in einer notdürftigen Behausung, die eine krude Mischung aus Zelt und Unterstand darstellte und kaum wirklich Schutz bot. Gerade verstaute der Prediger das Bisschen was ihm die Gläubigen für seine Fürbitte gespendet hatte, als sein Blick auf Ezequiel fiel. Streng musterte er den Missionar und rief ihn dann an.
Alle Heiligen, der Imperator lächelt wahrlich auf unser Vorhaben herab, schickt er uns doch immer neue Soldaten seines Wortes. Entweder dieser abgerissene Bursche kannte tatsächlich alle Geistlichen die das Heer betreuten und anleiteten und erkannte somit das Ezequiel ein Neuzugang war, oder er hatte einfach gut geraten.
Kommt zu mir Bruder und lasst das Feuer die klamme Kälte aus den Gliedern treiben. Offenbart mir wer ihr seit und wessen Pfad unseres allerhöchsten Glaubens ihr angehört. Wir wollen das Brot miteinander brechen, denn gleich sind alle vor dem Richterstuhl. AUCH WENN EINIGE DAS NICHT BEGREIGEN WOLLEN! Brüllte er zu dem abgesperrten Bereich in der Mitte des Lagers. Nicht das sein zelotisches Auftreten dort irgendjemanden gekümmert hätte.
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Ezequiel lies es sich nicht nehmen der Einladung des Predigers Folge zu leisten. Er schlängelte sich durch die Massen, die wie Meeresströme aufgewühlt durch das Lager wanderten. Drei Bürger zwängten sich zu dem Missionar durch, um ihn zu sprechen. Zwei durchtrainierte, kahlrasierte Männer und eine schlanke Frau mit langen dunklen Haaren. Gekleidet waren sie, wie viele der hier Anwesenden, in zerlumpter und zerrissener Kleidung. Entschuldigt Vater , sprach die magere Frau die sich die Haare aus dem Gesicht strich um Ezequiel besser erkennen zu können. Bitte, wir brauchen eure Hilfe. Ezequiel blickte zu dem Prediger, der erneut zu einer kleinen Gruppe sprach, und mit seinen Armen wie wild herumfuchtelte.
Ich denke mein Bruder wird noch ein paar Minuten auf mich warten können. Ich bin meinen Töchtern und Söhnen gerne behilflich, was kann ich für euch tun? Ein Lächeln breitete sich auf dem Gesicht der Frau aus. Danke Vater. Ich und meine Brüder suchen einen Geistlichen, der unsere Waffen segnen und weihen würde, aber die die wir bis jetzt getroffen haben, waren verhindert oder baten uns zu warten, bis sie sich um die anderen Angelegenheiten gekümmert haben. Durch die vielen Menschenmassen ist es fast unmöglich einen Mann der Kirche für einige Zeit für sich selber zu beanspruchen. Jedoch ist es uns sehr wichtig, dass unsere Waffen gesegnet werden. Bitte, könnt ihr das für uns tun?
Ezequiel wollte die näheren Hintergründe nicht in Erfahrung bringen und bejahte die Bitte der Kreuzzügler mit einem lächelnden Kopfnicken, bevor er sich nach einem geeigneten Ort umsah. Von weiten erkannte er eine provisorische Taufkanzel und bedeutete den Dreien, ihm zu folgen. Nachdem sie sich durch die Massen zu der Kanzel durchgeschlagen hatten, öffnete Ezequiel sein Brevier. Als er mit dem Ritual begann, wickelte die Frau die Gegenstände aus und legte sie auf den Rand des Weihwasserbeckens. Es handelte sich dabei lediglich um ein altes umgebautes Kettenschwert, das keinen Motor mehr besaß und lediglich als normale Schlagwaffe zu gebrauchen war, eine kümmerliche, verrostete Automatikpistole und einen hölzernen, leicht lädierten Kampfstab. Ezequiel sprach weiter das Ritual und hob dann, den Blick weiterhin starr auf das offene Buch gerichtet, um nicht ins stocken zu geraten, ein Fläschchen mit Chrisam, öffnete es und salbte die Waffen mit dem Öl.
Mit der Segnung und Weihe dieser Waffen ehre ich den Imperator, der mein Gott ist, und fordere jene, die diese Gegenstände vorbringen, auf, dies ohne den Makel der Begehrlichkeit zu tun. Gelobt ihr das?
Ezequiel blickte die Drei an, die ihre Köpfe aus der Haltung kniender Demut erhoben. Fast zeitgleich sprachen sie „wir geloben“ aus und Ezequiel fuhr mit der Weihe fort. Er tauchte seine Hand kurz in das Becken voller Weihwasser und bespritzte die Waffen mit ein paar Tropfen.
Sanctus ferrum deus imperatus. Geweiht seien diese Waffen, im Namen des Imperators, auf dass sie durch das Fleisch der Ketzer und des Chaos schneiden sollen, und jene im Feuer der Reinheit tilgen, die unseren heiligsten Gott verspotten und seinen Willen missachten. A morte perpetua, domine libra nos.
Ezequiel schloss das Buch, hakte es in seinen Gürtel und verstaute sein Chrisam-Fläschchen, während die drei tapferen Bürger, ihre Waffen nahmen und verstauten. Die Frau durchwühlte ihre Taschen, um nach ein paar Schekeln zu suchen, aber Ezequiel hielt sie davon ab, segnete alle Drei noch einmal kurz und gebot ihnen dann zu gehen. Dankend verneigten Sie sich und verschwanden in den Strömen der Massen. Der Missionar selber setzte seinen Weg zu dem Prediger fort. Dieser saß auf der herumgedrehten Wassertonne, auf der er vor kurzem noch stand und verabschiedete die letzten Besucher seiner Predigt. Eine wunderschöne Predigt, Bruder, sprach Ezequiel als er vor dem alten Herren stehen blieb und sich höflich verneigte. Ich danke Euch. Bitte setzt euch doch Bruder, und sagt mir, wie ich euch nennen darf. Der Prediger deutete auf eine weitere Tonne die nicht weit von seiner umgekippt auf dem Boden lag. Ezequiel richtete die Tonne widerspenstig auf, hob sie näher an den Prediger heran und setzte sich in der Hoffnung, dass sein noch sauberes Gewand, nicht allzu dreckig werden würde. Dann begann er sich vorzustellen. Ich bin Bruder Ezequiel Kane, Missionar der Ekklesiarchie zu Terra und auf Geheiß von Hochwürden Heimlich hier her geschickt, um den Kreuzzug zu unterstützen. Also ein weiterer kleiner Pinselstrich auf dem riesigen Gemälde des Glaubens. Und mit wem habe ich das Vergnügen?
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Theodorus Retzel, so bin ich bekannt bei Alt und Jung. Demütiger Diener des Allerhöchsten zu Terra, Verkünder seiner unsterblichen Worte und bescheidener Student des Wirkens unseres geliebten, heiligen Septinanus. Der sein Leben gab um uns ein leuchtendes Beispiel zu sein in der Zeit der Finsternis. Einer Finsternis wie sie dieser Tage wieder drohend am Horizont aufzieht. Vielleicht nicht länger hinter der Dämonenfratze aus Bronze verborgen, doch deswegen um keinen Deut weniger gefährlich.
Aber das muss ich euch nicht sagen, denn sonst hättet ihr wohl kaum den Weg zu dieser Stätte des reinen Glaubens und der gerechtfertigten Tat gefunden.
Ihr haltet es mit Sebastian Thor wie ich sehe. Retzel nickte zu dem Gebetsbuch und der Robe, deren Verziehrungen einen der derartigen Schluss wohl zuließen. Ein Spalter und ein Mann der die heilige Mutter Kirche stark schwächte… wie nicht wenige zu behaupten wagen. Bevor Ezequiel antworten konnte hob sein Gegenüber bereits die Hände zur Beschwichtigung. Ich bin ein einfacher Mann, kein gelehrter Theologe und gewiss jemand der weiß das es allein auf die Verbreitung der göttlichen Wahrheit des Allerhöchsten ankommt, ganz gleich in welchen Mantel sie man zu hüllen pflegt. Ich will euch auch nur den Rat geben auf der Hut zu sein. Viele Auslegungen werdet ihr hier finden und einige der Glaubensbrüder sind sehr… nun ja… eifrig in ihrer Überzeugung. Da geht es schnell mal über böse Worte hinaus, wenn ihr versteht was ich meine?
Wobei ihr mir wie jemand ausseht der sich seiner Haut zu erwehren weiß.
Naja sei‘s drum, sei‘s drum.
Ihr seit zur rechten Zeit hier erschienen, will der Kardinal doch noch in den nächsten Stunden zu den Gläubigen sprechen und verkünden was uns vom göttlichen Heil befohlen.
Bis dato will ich euch gern eure Fragen beantworten, denn Fragen werdet ihr wohl haben als Neuankömmling.
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Ezequiel hievte sich von der Tonne und versuchte mit kurzen Schlägen sein Gewand zu entstauben und zu säubern. Er entlastete das Gewicht das auf ihn drückte, indem er sein Kettenschwert und seinen Missionarsstab an die Tonne lehnte. Es wurde langsam Nacht und die Lichtkollektoren wurden nach und nach gedimmt, aber es gab nur wenig Dunkelheit. Das Ringsystem, das aus vielen Strahlern und Fackeln bestand, erhellter das Lager und leuchtete von weiten wie Bänder aus diamantbesetzten Platin. Ezequiel stapfte durch den mit Wasser vollgesogenen Morast und lies seine Blicke in einer großen Rundung über das Lager schweifen. Weit im Norden erkannte er die schmutzigen Schlote der Fabrikhöfe und Destillerien, aus denen brauner Dampf und gelbe Abgase gen Himmel quollen. Ezequiel brachte eine Wasserflasche zum Vorschein und trank einen kräftigen Schluck. Dann wandte er sich wieder dem Prediger zu.
Zunächst einmal Danke ich ihnen für die Warnung. Natürlich kenne ich einige Gruppierungen, wohl auch die fanatischen Zweige des Ministorums. In einer missionarischen Laufbahn auf vielen Welten, kommt man da nicht herum, auch mit solchen Brüdern zu arbeiten, auch wenn dies oftmals Probleme bedeutet. Daher ist es mir klar, dass es hier auf Koron nicht anders sein wird.
Er nahm noch einen Schluck und bot dem Prediger seine Flasche an, der aber durch eine Handgeste dankend ablehnte. Dann verstaute Ezequiel die Flasche wieder unter seinem Gewand und setzte sich wieder auf die Tonne.
Zu meinen Fragen. Ich habe natürlich bereits mit Hochwürden Heimlich über die aktuelle Lage gesprochen, aber es gibt doch einige Dinge, die ich gerne von einem Bruder hören würde, der täglich mit den Geschehnissen auf Koron zu tun hat und mit dem Volk hier persönlich interagiert.
Theodorus, der sich gerade von einer Meute anderer Prediger ablenken lies, drehte seinen Kopf interessiert zu Ezequiel und zupfte an seinem Gewand.
Ich bin ganz Ohr, Bruder.
Zunächst würde mich der allgemeine Einfluss der heiligen Mutter Kirche auf diesen Planeten interessieren. Aus den Augen eines Dieners, so wie wir es sind. Hat der Kardinal ein gutes Verhältnis zu der Regierungen Gohmors und den Adelshäusern. Und wird die Kirche von jenen gefördert und unterstützt?
Zudem würde ich gerne Erfahren, inwiefern die Kirche unter der Trutz-Regierung handelt. Ist die Kirche unterwandert worden, abgesehen von dem angeblichen Exkommunizierungsbrief und dem „falschen Kardinal“ natürlich, oder haben die herrschenden Mitglieder die Bürger so vernebelt, dass sie tatsächlich unseren heiligen Kardinal als ketzerisch betrachten? Die Not macht aus vielen Menschen mit eigenen Willen meist oft eine Herde mitziehender Tiere. Es ist wichtig, dass die Bürger aufgeklärt werden und man unnötiges Blutvergießen unter Ihnen vermeidet.
Zuletzt würde mich brennend Interessieren, ob unsere Heiligkeit Kardinal Titus, bereits einen Plan zur Sprache gebracht hat, oder ob er dies in den nächsten Stunden wie ihr sagtet, noch tun wird?
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Der Prediger vergrub die schmutzigen Hände in den Falten seiner Robe und förderte eine einfache Pfeife zutage. Dieser befüllte er mit einer bräunlichen Masse, die nur entfernt an Tabak erinnerte und entzündete diese mit einem glimmenden Halm, den er aus dem Feuer angelte. Er schüttelte ihn aus und nahm einen tiefen Zug, bevor er entschuldigend lächelte.
Das einzige Laster das ich mir zugestehe. Eine stinkende Rauchwolke wurde von einer trägen Brise davongetragen. Ich glaube der Imperator wird es mir nachsehen, weiß er doch das wir alle nur Sünder sind, die in diesem Jammertal versuchen seinem Licht zu folgen.
Retzel blickte über das Lager und schien einige Augenblicke seinen ganz eigenen Gedanken nachzuhängen.
Tja, wie ist der Stand der Kirche? Hättet ihr mich das noch vor einem Monat gefragt, so hätte ich euch geantwortet das es wohl keine zweite Welt gibt auf der die Kirche auf festeren Pfeilern steht.
Natürlich gibt es auch hier heidnische Gebiete, die sich noch immer gegen die Missionierung wehren, wenn sie auch letztlich nur das Unvermeidliche hinauszögern. Ich rede dabei von Gegenden deren Unzugänglichkeit der Grund für ihr Heidentum ist. Tiefe Wälder und entlegene Bergregionen. Niemals aber hätte jemand auch nur angedeutet das Truzt einen solchen Frevel zu begehen wagt. Tja, aber nun ist es geschehen. Die legitime Regierung steht natürlich voll und ganz hinter dem Kardinal, so wie auch der Kardinal den Gouverneur und den Adelsrat stützt. Ich kann es mir nur so erklären, das die Truzt Regierung und dieser ketzerische Kardinal die Gläubigen getäuscht haben und sie so auf ihre Seite ziehen konnten. Freilich schützt Unwissenheit vor Strafe nicht und wir können nur beten das die Verblendeten die Wahrheit erkennen, erkennen das sie betrogen wurden von den großen Versuchern. Andernfalls bleibt nur kalter Stahl um das Wort zu verbreiten und Blut wird den Schleier von den Augen waschen müssen. Der abgerissene Prediger beschrieb das Zeichen des Adlers vor der Brust. Gebe der Allgewaltige das es nicht soweit kommt.
Was nun den Plan des Kardinals angeht, so gibt es da zwar einige Spekulationen, doch letztlich ist noch nichts bekannt. Der heilige Vater hat gefastet und um göttliche Eingebung gebetet. Da er nun zu uns sprechen will scheint sich der Imperator seiner erbarmt zu haben.
Wenn ihr wollt können wir gehen, es kann eigentlich nicht mehr lange dauern.
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Nickend und mit einem Lächeln auf den Lippen bejahte Ezequiel Theodorus‘ Einladung, der sich von der Tonne beförderte und einen weiteren genüsslichen Zug seiner Pfeife nahm. Beide gingen sie in die Richtung des abgesperrten Bereichs, dessen Spitze ein rustikales und dennoch wunderschön verziertes Podium krönte, auf dem der Kardinal bald ein paar Worte an das Volk richten würde. Die Verkaufsstände waren sehr überfüllt und Ezequiel konnte kaum erkennen was alles feilgeboten wurde. Er hustete und Rieb sich die Augen, nachdem eine weitere Rauchwolke sein Gesicht durchfuhr.
Verzeiht mir erneut, aber der Wind bläst ungünstig.
Es gibt keinen Grund euch zu entschuldigen. Wie ihr bereits sagtet, haben wir alle unsere Laster und keiner von uns ist ohne Sünde.
Retzels blickte den Missionar mit hochgezogener Augenbraue und einem leichten grinsen im Gesich starr an.
Welches ist euer Laster, Bruder?
Nun ich bin gelegentlich einem Gläschen Amasec nicht abgeneigt. Manchmal denke ich, dass mich der Imperator für meine wenigen Sünden bestraft hat, während andere weitaus mehr vor Ihm zu verantworten haben.
Inwiefern hat er euch bestraft?
Ich leide seit einigen Jahren an Medusa Phage. Angesteckt habe ich mir auf einen der Minenwelten, während einer Missionierung der dortigen heidnischen Städte. Seitdem muss ich regelmäßig Medikamente zu mir nehmen, da mein Immunsystem sonst vollkommen ausfallen würde. Ich habe einen augmetischen Analysator auf meinem rechten Oberarm, der mich warnt, sollte mein Immunsystem stark angeschlagen sein.
Gerade als Theodorus die Unterhaltung weiter vertiefen wollte, hielt ihn ein widerholendes Rufen seines Namens davon ab. Ein weiterer Prediger, anscheinend ein Freund Retzels, kam auf uns zu und umarmte ihn kurz. Er begrüßte Ezequiel beiläufig und überflutete dann Theodorus mit einigen Neuigkeiten. Ezequiel selbst gab mit einigen Fingerzeigen Theodorus zu verstehen, dass er sich einige der Stände ansehen wollte und die beiden kurz verlies. Besonders stach dem Missionar ein Stand voller, verschiedenartiger Votivkerzen in die Augen, deren Düfte in die nahen Massen strömten. Als er näher kam, stiegen ihm die diversen Gerüche in die Nase. Von Lilien-, Narzissen-, Orchideen-, Oliven- bis hin zu Zitrusduft konnte man alles, egal ob groß, klein, dick oder dünn, kaufen. Er entschied sich für zwei dicke, aber dafür kürzere Kerzen mit Orchideenduft, die eine goldene Aquila und das Zeichen des Ministorums zierten. Ezequiel schlenderte noch weitere Stände ab. Darunter waren welche die sowohl süße als auch herzhafte Nahrung, als auch Waffen oder weitere Devotionalien der Kirche anboten. Schließlich traf er sich etwas abseits des Podiums mit Theodorus, der bereits auf ihn wartete. Nach und nach strömten immer mehr Gläubige auf den Platz um den Worten Kardinal Titus‘ zu lauschen.
Ezequiel / - 10 Schekel
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Der Augenblick der Ansprache war sehr überlegt gewählt. Noch etwa eine halbe Stunde mussten die Gläubigen warten, so das sich die Dämmerung bereits über das Land legte und dem ewigen Zwielicht des Smogs eine natürliche Note beimischte.
Nun gingen einige, verhüllte Mönche reihum und entzündeten Fackeln, welche vor dem Podium in langer Front aufgesellt waren. In der chemiegeschwängerten Luft loderten sie hell und in den absonderlichsten Farben. Mittlerweile hatten sich alle Diener des wahren Glaubens versammelt und es waren Tausende. Eine solche Masse an Menschen still und voller Erwartung zu erleben hatten an sich schon etwas Erhebendes.
Nun folgten zwei hünenhafte Krieger, die mit ihrer Erscheinung das latente Bild der Feudalwelt noch verfestigten. Über ihrer gesteppten Wattekleidung trugen sie matte Panzer. Diese Rüstungen waren mit heiligen Verzierungen, Siegeln und Gebetsstreifen geradezu verkrustet. Ihre Gesichter lagen unter ebenso prunkvollen Schalenhelmen verborgen, doch ließen Schläuche und Drähte, die unter ihrem Kopfschutz hervor und unter den Harnisch führten, vermuten das sie sich nicht nur auf ihre natürlichen Fähigkeiten verlassen mussten. Das würde auch ihre Bewaffnung erklären. Denn der eine trug eine wuchtige Axt und dazu einen mannshohen Schild, in welchen die gesamte Litanei der Prüfung eingeätzt war. Der andere Kämpfer war mit einen gewaltigen Zweihänder bestückt. Das sie diese schweren Waffen so beiläufig handhabten legte eine Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit also nahe.
Diese beiden Ehrenwächter nahmen demonstrative Posen vor dem Podium ein. Erst als das geschehen war erschien der Kardinal.
Man hätte eine Prozession erwarten können, eine lange Reihe aus kirchlichen Würdenträgern die Reliquien und heilige Folianten schleppten, über und über mit Prunkwerk bedeckt. Doch was da erschien war eine hagere Gestalt im Büßergewand, einer grauen Robe ohne jegliches, schmückendes Beiwerk. Bedächtig schritt er auf das Podium zu, erkletterte es und ließ einen eindringlichen Blick über die versammelten Massen schweifen.
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Meine Kinder!
Seine Stimme wurde natürlich verstärkt, doch es war so ruhig unter den Menschen das man ihn auch ohne diese Unterstützung bis in den letzten Winkel vernommen hätte.
Seit wir uns dieser schweren Prüfung des Glaubens ausgesetzt sehen, habe ich gefastet. Ich habe es getan um meine Seele und meinen Körper zu reinigen und empfänglich zu machen für die Worte es Gottkaisers. Gestern Abend nun, bevor ich mir einige wenige Stunden der Ruhe erlauben wollte, kniete ich nieder um zu beten. Es gab viele Menschen die meiner Gebete bedurften. Mehr als zwei Stunden lag ich auf den Knien und flehte zu ihm auf Erden, er möchte uns beistehen in unserem Kampf für die Wahrheit. Ich bat ihn um Hilfe und Rat, damit uns Erfolg beschieden sei. Einmal mehr berichtete ich von den Sünden und Verfehlungen der Bewohner Truzt und ich leistete Führbitte für die guten Menschen Gohmors, die bereit sind alles herzugeben wenn ein Schatten auf das Angesicht des imperialen Glaubens zu fallen droht. Auch viele von ihnen sind große Sünder, sprach ich mit gefalteten Händen. Aber sie sind doch nicht boshaft sondern bereit dem Gerechten zu folgen. Ich bat den Gottkaiser euch eure Sünden zu vergeben, denn ihr tut alles in eurer Macht stehende um das Richtige zu leisten. So habe ich den Herrn angerufen, immer fort. Ich weiß nicht wie viel Zeit ich so bereits zugebracht hatte, denn beten und Zeit schließen einander aus. Doch er zu Terra vernimmt alle Gebete in seiner unendlichen Weisheit und Güte.
Er machte eine Pause, die Hände um die Seiten des Pults verkrampft.
Und siehe da!
Ein Donnerschlag ertönte und Furcht ergriff mich und auch Zittern.
Und was stand da vor mir? In Mitten meines kärglichen Zeltes, in all seiner Herrlichkeit?
Ein Engel!
Ein wunderbarer Gesandter des Gottkaisers selbst. Ganz in strahlendem Weiß gehüllt, mit langem weißen Haar und einem strahlend weißem Gesicht. Winzige, diamantene Staubkörner fielen von seinen schweren Flügeln und es war mir wie fernes Glockenspiel. Sein Gewand war von Silber und die glatten Hände hielten einen Bolter wie ich in seiner machtvollen Schönheit nie einen zweiten sah. Oh ich fürchtete mich, vermochte es aber nicht meinen Blick abzuwenden.
Der Bote jedoch lächelte. Ein Lächeln, so süß und voller Gnade, das die Furcht von mir abfiel und ich das Wort an den Engel richten konnte. “Warum bist du gekommen?” Fragte ich. “Ist es wegen dem drohenden Blutvergießen, das so unheilvoll am Horizont heraufdämmert?”
Und der Engel nickte.
Ich wartete das der Gesandte antworten möge und nach einer bangen Ewigkeit sprach er zu mir. “Viel Leid steht dir und den deinen bevor!” Seine Stimme war fest und doch so melodisch und klar wie kein Mensch sie jemals haben könnte. Ich aber wusste das seine Worte Ton gewordene Wahrheit waren.
“Aber warum?” Fragte ich voller Verzweiflung. “Ist unsere Sache denn nicht gerecht? Ist sie nicht der Wille des Imperators? So es falsch ist was wir tun, sag es mir doch damit wir davon ablassen können.” “Euer Weg ist gerecht” Entgegnete mir der Engel. “Jetzt! Doch das war nicht immer so. Viele die sich um das Banner der Kirche scharren haben schlimme Dinge getan und sich schwerer Vergehen schuldig gemacht. Mörder und Diebe sind darunter, Ehebrecher und Lügner. Der Kaiser sieht als dies und Trauer erfüllt ihn.” Ich war im Begriff etwas zu sagen, doch der Engel erhob seine Hand und gebot mir zu schweigen. Also schwieg ich. “Bleib und höre.” Sprach er. “Ihnen wird Sühne auferlegt werden, im Angesicht verblendeter Feinde. Doch ihre Schuld soll abgewaschen sein an dem Tag, an dem der Imperator wieder Herr aller Menschen auf Koron ist. Und ein Mann wird sie durch dieses dunkle Tal geleiten. Ein Mann der kaum gesündigt hat, ein Mann der all seiner Sünden ledig ist. Dieser Mann soll den Speer nehmen und er soll den Tausenden ein Banner der Rechtschaffenheit wider der Falschheit schlechter Menschen sein. Jene die der Verdammnis abschwören sollen sich an seine Seite stellen und ihm das Geleit geben. So ist es der Wille des Gottkaisers.”
Das ist es was der Engel zu mir sagte.
Ich aber fragte. “Aber wer wird dieser Mann sein? Wo soll ich diesen guten und reinen Menschen finden, der diese schwere Bürde auf sich nimmt und das Wohl und Weh so vieler Männer und Frauen zu seinem eigenen macht?” Wieder lächelte der Engel und sprach. “Sieh in den Speer!”
Mit einem weiteren Donnerschlag verschwand er und ließ mich wie betäubt zurück. Ich kam taumelnd auf die Beine und stürzte zu dem kleinen Schrein, in welchem der heilige Speer ruht. Ich öffnete den Deckel des geschnitzten Kastens und blickte auf die gesegnete Waffe.
Was sah ich dort… ?
In der goldenen Klinge spiegelte sich mein eignes Gesicht und da verstand ich wen der Imperator auserkoren hatte. Ja ich bekenne es, einen Augenblick versuchte ich der Situation zu entfliehen, eine andere Erklärung für das Offensichtliche zu finden. Ihr haltet mich für einen tapferen Mann, meine Kinder. Aber das bin ich nicht. Ich bin ein ebenso gewöhnlicher Sterblicher wie ihr alle und ich war zutiefst bestürzt das es meine Bestimmung sein sollte diese Last zu tragen. Dann wieder wollte ich den Engel als ein Produkt meiner Fantasie abtun, doch ich wurde durch ein Zeichen davor bewahr. Dort wo die Erscheinung gestanden hatte fand ich dies hier… Er hielt ein kleines Flächen zwischen Daumen und Zeigefinger, hoch über seinen Kopf. Darin schimmerte ein silbernes Pulver. Natürlich konnten nur die vorderen Zuhörer einen entfernten Blick darauf werfen, doch die Kunde über das Gesehene verbreitete sich rasendschnell durch die Ränge.
Hier ist das Zeichen, meine Kinder. Ja es ist der Staub von den silbernen Schwingen des Engels, den ich auf dem Boden fand, eben dort wo der Abgesandte gestanden hatte. Es kann also keinen Zweifel geben. An mir ist es das Böse zu zerschmettern das Besitz von den armen Menschen in Truzt ergriffen hat. Ein Dämon namens Imhilius Zefarius ist es der sie vergiftet und ihnen die Erlösung verwehren will. Wir aber werden Ozean und Lüge überwinden und der Bestie das Herz herausreißen. Schon morgen früh beginnt unser Zug.
Vielleicht hätte der Kardinal noch mehr gesagt, doch der aufkommende Jubel machte jedes weitere Wort, ob über Lautsprecher gesprochen oder nicht, unmöglich zu verstehen. So blieb Titus nichts weiter übrig als in die Masse, in der sich Menschen freudig in die Arme fielen, zu Dankgebeten niedersanken oder aber ihre Waffen schüttelten, hinabzulächeln und schließlich das Podest zu verlassen.
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Auch Ezequiel und Theodorus jubelten und ließen sich für ein Gebet, die Arme zu dem Zeichen der Aquila verschränkt, zu Boden gleiten. Die meisten Kirchenbrüder taten es ihnen gleich, während die Bürger mit hochgerissenen Armen jubelten und die Söldner und wenigen Soldaten ihre Waffen prunkvoll in die Höhe hielten und hin und her schwenkten. Da die allgemeine Munitionslage nicht sonderlich rosig war, vermied man es unnötige Schüsse abzufeuern. Inzwischen erfüllten melodische Gesänge der Kirchenchöre das Kreuzzugslager, die man zusammen mit dem Jubel noch kilometerweit hörte. Auch die beiden hünenhaften Leibwachen des Kardinals zogen sich nun langsam zurück und weitere Prediger und Ordensbrüder fingen wieder an das Wort des Kardinals zu verkünden, was sich durch den unvorstellbaren Lärm als relativ schwierig herausstellen sollte. Nach und nach löste sich die Ansammlung von Gläubigen auf und immer mehr Fackeln erloschen. Die ersten Bürger gingen in ihre Zelte, um sich langsam zur Ruhe zu betten. Indessen reinigten und polierten einige Söldner noch einmal ihre Waffen, während sie Andere von Kirchendienern weihen ließen. Auch Retzel und Kane schlenderten zurück zum Zelt.
Das Auftreten des Kardinals beeindruckte Ezequiel zutiefst. Er war so einfach und menschlich könnte man sagen. Die meisten hochrangigen Diener der Kirche, die Ezequiel im Laufe seiner Jahre kennengelernt hatte, sorgten immer dafür, dass ihre Reden mit Musik, Fahnen, Reliquien, heiligen Schriften und vielen Würdenträgern ausgestattet und sie selber in prunkvoll geschmückter Kleidung gehüllt waren. Doch dieser hagere Mann lies sich in einem Büßergewand blicken und zeigte seine eigene fehlerhafte Menschlichkeit, denn keiner von uns ist jemals frei von Sünde. Der Missionar schämte sich fast für seine prunkvollen Kleider mit den ganzen Verzierungen und Gebetsbändchen, die ihn teilweise von den letzten Fackeln des Lagers golden schimmern ließen. Gedankenversunken folgte er Theodorus der inzwischen mit einem weiteren bekannten Prediger eine angeregte Unterhaltung anfing.
Meinte er dies ernst? Ein Engel? Jeder Diener des heiligen Terras kennt die Geschichten der sogenannten „Lebenden Heiligen“. Ist es möglich, dass solch ein ähnliches Wesen tatsächlich den Kardinal aufsuchte? Aber man kennt nur überlieferte Berichte von gefallen Schwestern der Sororitas, denen eine solche Segnung wiederfahren ist. Vielleicht war es aber auch ein richtiger, engelhafter Bote des Gottkaisers. Oder war dies nur eine „Geschichte“ um die Gemüter der Gläubigen auf das bevorstehende vorzubereiten? Eine Flasche mit silbriger Substanz stellt in meinen Augen keinen Beweis dar. Aber seine Augen. Dieser Ausdruck in seinen Augen, so willensstark und doch mit Güte und Demut erfüllt. Wie ein wärmender Strom direkt ins Herz eines jeden Gläubigen hallten seine Worte durch das Lager. Aufopferungsbereitschaft, Mut, Ehrerbietung und unbezwingbarer Glaube durchfuhr die Kreuzzügler, das spürte man regelrecht. Der Imperator wird uns zeigen, wo dies alles hinführt und ob wir das überleben werden oder uns alle an seiner Seite wiedersehen werden.
Bruder, ist alles in Ordnung?
Theodorus riss den Missionar aus seinen Gedanken.
Verzeiht mir, ich war gerade Abwesend. Ich dachte über die Worte des Kardinals nach.
Der Prediger, der es sich wieder auf der Tonne gemütlich machte, sah Ezequiel mit hochgezogener Augenbraue an.
Sagt mir Bruder Theodorus, habt ihr eventuell noch ein Bett für einen unbedeutenden Missionar frei? Ich vergaß ganz mich nach einer Unterkunft umzusehen.
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