01-09-2011, 08:09 PM
Umland von Dammstadt
Die fiebrigen Herzschläge ungezügelten Temperaments verstrichen fast ebenso rasch wie sie über sie gekommen waren und ein Teil der Azazernerin schrak innerlich selbst zusammen von der immensen Impulsivität, Unbändigkeit und Kraft mit der sich ihre Brust auf einmal bis zum bersten gefüllt hatte. Maßlose, eigensinnige und widersetzliche Gefühle waren durch ihr Hirn gespült, an den Wänden ihres organischen Gefäßes entlang gebrandet und hatten jede Faser ihres Wesens mit einer Aggression und einem Hassempfinden ausgestattet das ihr vernünftiges Denken bei weitem überstieg. Ihr Herz hatte in den Sekunden in welchen sie von ihrer Vergangenheit und ihren Absichten gesprochen hatte nicht im Takt einer ruhigen Berichterstatterin geschlagen, sondern hatte zornig und stark gegen das Rippengerüst ihres Oberleibs gehämmert. Nun, nachdem sie diese ausschweifende Kongestion an Affekten und Gemütsbewegungen registrierte, bemühte sie sich jene schnell wieder unter Kontrolle zu bringen und sich zur Disziplin zu rufen. Soeben hatte sie noch darüber gesponnen ob die Möglichkeiten beständen das die Götter der Nachtsphären, Dämonen oder entstellte Unnatürlichkeiten auf ihr Handeln Einfluss üben mochten und jetzt geschah eben genau das!
Aber das mutete schon wie Paranoia an. Man konnte nicht alle Entgleisungen oder Aussetzer des eigenen geistigen Verstandes auf eine Fremdeinwirkung von irgendwelchen infernalen Kreaturen des Verwerfungsraumes zurückführen, einige Sterbliche hatten das Glück auch ohne übermächtige Dominanzen verrückt zu werden. Nicht das sie sich schon als bar jeglicher Sinne beschreiben würde, Teilzeit-verrückt vielleicht oder ein bisschen unter Verfolgungswahn leidend, das ging in Ordnung. Fast war es witzig ihren Gedanken beim sortieren zuzuhören, wie sie versuchten sich alles sachlich zu erklären und mit sich selbst ins Reine zu kommen.
Gelang nicht immer, aber meistens schafften sie es noch. Ayris atmete einmal tief durch. Ein Schaudern erfasste sie und ließ sie in der kalten Luft die durch das geöffnete Seitenfenster des Trucks eingedrungen war frösteln. An ihrem freiliegenden Arm bildete sich eine Gänsehaut und die feinen Härchen auf deren weicher Oberfläche richteten sich zitternd auf. Die Echos von den fernen Geräuschen des Krieges wurden dünner und nahmen ab, ein Indiz dafür dass sich die Schlacht dem Ende näherte und eine der beiden Seiten besiegt worden war oder aber dass eine hart errungene Patt-Situation herbeigeführt worden war, beiden Flanken die Soldaten ausgegangen waren und das Töten zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt wurde sobald neue Verstärkungen eintrafen. Während sie den abflauenden Nachklängen der heulenden Geschütze und Resonanzen der donnernden Explosionen lauschte, schürzte sie die Lippen und bedachte das Naradas Reaktion auf ihre zynischen, bisweilen gar höhnischen und feindseligen Meinungen und Anekdoten ziemlich lakonisch ausgefallen war. Obgleich… nicht einmal das. Er hatte einfach alles hingenommen was sie ihm gesagt hatte, was sie ihm beinahe gehässig vorgeworfen hatte. Sie hatte ihn Raubbrenner gerufen und schlimmeres, und es war ihm einerlei gewesen.
Gut, einen Hehl hatte er nie daraus gemacht, doch ließen ihn solche Anschuldigungen dermaßen unberührt? Da war die Neigung und das Experiment gewesen in ihm etwas wachzurütteln, aber offenbar gab es dort nichts mehr was sich wachrütteln ließ. Sie wusste nicht wie ein Mörder dachte, sie selbst hatte sich nie als eine gesehen. Selbstverständlich hatte sie getötet, sogar geplant und mutwillig getötet, doch damals war es auch Krieg gewesen, ein anderer, der des Widerstandes, der ihres Bruders. Und im Krieg war schließlich alles erlaubt. Aber das war es nicht was sie beschäftigte, es war dieser einstige Korsar, dessen Menschlichkeit mittlerweile so verödet war wie dieser ganze elende Lehmklumpen Koron. Warum schüttete die Unterwelt stetig Pech über ihr Haupt? Existierte denn nirgendwo ein Gefährte dem sie wenigstens einen Steinwurf weit vertrauen konnte und der kein gestörter Psychopath war? In der PVS sollte es etwas wie Kameradschaft geben, großartig, wie dumm das sie das letzte Einschreibungsformular verlegt hatte und um die Kurzlebigkeit der armen Narren wusste. Plötzlich frierend und missgestimmt kein vielversprechenderes Ergebnis erzielt zu haben, nestelte sie an ihrem Trikotanzug herum sodass er wieder bis unterhalb ihrer Achsel geschlossen war. Hernach entschied sie lange genug Stillschweigen gewahrt zu haben um sich ihre Antworten zu Recht zu legen.
„Pah, ich weiß gar nichts… ich weiß genug! Mehr will ich nicht wissen! Das ist ein Unterschied. Was dein Faible ist oder der des Fürsten oder seiner kranken und durchgeknallten Anhänger das soll eure Sache bleiben und… und Erfahrung würde ich das nicht nennen! Ich wurde in Versuchung geführt... da steckt das Wort ‚süchtig‘ drin. Das hab ich diesem Colchiten Nguyen zu verdanken, ihm und seiner perversen Clique von Aussteigern! Ich glaube ich brauche dir nicht erklären wie das ist, das ‚Leben‘ in den Slums, das Leben eines Aussätzigen, weniger Wert zu sein als die recycelte Luft die man atmet… wie groß der Wunsch nach etwas Hoffnung, etwas Licht ist. Dann wird es einem angeboten und man schnappt zu weil man denkt „endlich lächelt das Schicksal mal auf mich herab“ und schon wird man unter Drogen gesetzt, verpfändet seinen willenlos gemachten Körper an schamlose Orgien und beteiligt sich an billigen Herbeirufungsriten und falschen Opferungszeremonien… du, du bist nicht so ausgenutzt worden!“ schnaubte sie ärgerlich und ihre Augen stachen förmlich nach ihm.
„Und in welchen Eigenschaften wir uns ähnlich sein sollen eröffnet sich mir nicht. Du hattest deine Vergeltung, aber dein Rachedurst wurde scheinbar nicht gestillt denn du mordest weiter und das nur aus persönlichem Nutzen! Meine Peiniger hingegen weilen noch allesamt unter der Gnade des Gottimperators und das wahrscheinlich bei bester Gesundheit. Ironischerweise wird die Liste derer deren Tod ich begehre immer länger statt kürzer. Manchmal frage ich mich, was mich überhaupt noch aufrecht hält und dann fällt es mir plötzlich wieder ein.“ Ayris veränderte ihre Sitzposition, legte ihre Ellenbogen (den verwundeten behutsamer) auf ihre Knie und beugte den Oberkörper vor. Mit den Händen strich sie sich die Anspannung aus dem Gesicht und die losen Strähnen ihrer schwarzen Haare hinter die Ohren.
„Mir geht’s nicht um Auszeichnungen, egal welcher Art und du willst mir doch wohl nicht weismachen dass deine Augen natürlichen Ursprungs sind… die waren doch nicht eines Tages einfach da! Du hast einen Teil von dir verkauft und die dafür bekommen. Du weißt sehr genau worauf du dich eingelassen hast. Du hast das Chaos in dir willkommen geheißen. Und was das Imperium betrifft, die würden mich auch ohne Makel sofort exekutieren…“ Leiser, fast abwesend sagte sie:
„…ich sollte nach der Kleinen sehen…“ Dann wieder zugegen und bestimmter.
„Was soll mir bekannt vorkommen? Ich stehe allein da und habe noch nichts erreicht, du bist besser dran als ich.“ Die Außenweltlerin schickte sich an die Beifahrertür zu öffnen.
Die fiebrigen Herzschläge ungezügelten Temperaments verstrichen fast ebenso rasch wie sie über sie gekommen waren und ein Teil der Azazernerin schrak innerlich selbst zusammen von der immensen Impulsivität, Unbändigkeit und Kraft mit der sich ihre Brust auf einmal bis zum bersten gefüllt hatte. Maßlose, eigensinnige und widersetzliche Gefühle waren durch ihr Hirn gespült, an den Wänden ihres organischen Gefäßes entlang gebrandet und hatten jede Faser ihres Wesens mit einer Aggression und einem Hassempfinden ausgestattet das ihr vernünftiges Denken bei weitem überstieg. Ihr Herz hatte in den Sekunden in welchen sie von ihrer Vergangenheit und ihren Absichten gesprochen hatte nicht im Takt einer ruhigen Berichterstatterin geschlagen, sondern hatte zornig und stark gegen das Rippengerüst ihres Oberleibs gehämmert. Nun, nachdem sie diese ausschweifende Kongestion an Affekten und Gemütsbewegungen registrierte, bemühte sie sich jene schnell wieder unter Kontrolle zu bringen und sich zur Disziplin zu rufen. Soeben hatte sie noch darüber gesponnen ob die Möglichkeiten beständen das die Götter der Nachtsphären, Dämonen oder entstellte Unnatürlichkeiten auf ihr Handeln Einfluss üben mochten und jetzt geschah eben genau das!
Aber das mutete schon wie Paranoia an. Man konnte nicht alle Entgleisungen oder Aussetzer des eigenen geistigen Verstandes auf eine Fremdeinwirkung von irgendwelchen infernalen Kreaturen des Verwerfungsraumes zurückführen, einige Sterbliche hatten das Glück auch ohne übermächtige Dominanzen verrückt zu werden. Nicht das sie sich schon als bar jeglicher Sinne beschreiben würde, Teilzeit-verrückt vielleicht oder ein bisschen unter Verfolgungswahn leidend, das ging in Ordnung. Fast war es witzig ihren Gedanken beim sortieren zuzuhören, wie sie versuchten sich alles sachlich zu erklären und mit sich selbst ins Reine zu kommen.
Gelang nicht immer, aber meistens schafften sie es noch. Ayris atmete einmal tief durch. Ein Schaudern erfasste sie und ließ sie in der kalten Luft die durch das geöffnete Seitenfenster des Trucks eingedrungen war frösteln. An ihrem freiliegenden Arm bildete sich eine Gänsehaut und die feinen Härchen auf deren weicher Oberfläche richteten sich zitternd auf. Die Echos von den fernen Geräuschen des Krieges wurden dünner und nahmen ab, ein Indiz dafür dass sich die Schlacht dem Ende näherte und eine der beiden Seiten besiegt worden war oder aber dass eine hart errungene Patt-Situation herbeigeführt worden war, beiden Flanken die Soldaten ausgegangen waren und das Töten zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt wurde sobald neue Verstärkungen eintrafen. Während sie den abflauenden Nachklängen der heulenden Geschütze und Resonanzen der donnernden Explosionen lauschte, schürzte sie die Lippen und bedachte das Naradas Reaktion auf ihre zynischen, bisweilen gar höhnischen und feindseligen Meinungen und Anekdoten ziemlich lakonisch ausgefallen war. Obgleich… nicht einmal das. Er hatte einfach alles hingenommen was sie ihm gesagt hatte, was sie ihm beinahe gehässig vorgeworfen hatte. Sie hatte ihn Raubbrenner gerufen und schlimmeres, und es war ihm einerlei gewesen.
Gut, einen Hehl hatte er nie daraus gemacht, doch ließen ihn solche Anschuldigungen dermaßen unberührt? Da war die Neigung und das Experiment gewesen in ihm etwas wachzurütteln, aber offenbar gab es dort nichts mehr was sich wachrütteln ließ. Sie wusste nicht wie ein Mörder dachte, sie selbst hatte sich nie als eine gesehen. Selbstverständlich hatte sie getötet, sogar geplant und mutwillig getötet, doch damals war es auch Krieg gewesen, ein anderer, der des Widerstandes, der ihres Bruders. Und im Krieg war schließlich alles erlaubt. Aber das war es nicht was sie beschäftigte, es war dieser einstige Korsar, dessen Menschlichkeit mittlerweile so verödet war wie dieser ganze elende Lehmklumpen Koron. Warum schüttete die Unterwelt stetig Pech über ihr Haupt? Existierte denn nirgendwo ein Gefährte dem sie wenigstens einen Steinwurf weit vertrauen konnte und der kein gestörter Psychopath war? In der PVS sollte es etwas wie Kameradschaft geben, großartig, wie dumm das sie das letzte Einschreibungsformular verlegt hatte und um die Kurzlebigkeit der armen Narren wusste. Plötzlich frierend und missgestimmt kein vielversprechenderes Ergebnis erzielt zu haben, nestelte sie an ihrem Trikotanzug herum sodass er wieder bis unterhalb ihrer Achsel geschlossen war. Hernach entschied sie lange genug Stillschweigen gewahrt zu haben um sich ihre Antworten zu Recht zu legen.
„Pah, ich weiß gar nichts… ich weiß genug! Mehr will ich nicht wissen! Das ist ein Unterschied. Was dein Faible ist oder der des Fürsten oder seiner kranken und durchgeknallten Anhänger das soll eure Sache bleiben und… und Erfahrung würde ich das nicht nennen! Ich wurde in Versuchung geführt... da steckt das Wort ‚süchtig‘ drin. Das hab ich diesem Colchiten Nguyen zu verdanken, ihm und seiner perversen Clique von Aussteigern! Ich glaube ich brauche dir nicht erklären wie das ist, das ‚Leben‘ in den Slums, das Leben eines Aussätzigen, weniger Wert zu sein als die recycelte Luft die man atmet… wie groß der Wunsch nach etwas Hoffnung, etwas Licht ist. Dann wird es einem angeboten und man schnappt zu weil man denkt „endlich lächelt das Schicksal mal auf mich herab“ und schon wird man unter Drogen gesetzt, verpfändet seinen willenlos gemachten Körper an schamlose Orgien und beteiligt sich an billigen Herbeirufungsriten und falschen Opferungszeremonien… du, du bist nicht so ausgenutzt worden!“ schnaubte sie ärgerlich und ihre Augen stachen förmlich nach ihm.
„Und in welchen Eigenschaften wir uns ähnlich sein sollen eröffnet sich mir nicht. Du hattest deine Vergeltung, aber dein Rachedurst wurde scheinbar nicht gestillt denn du mordest weiter und das nur aus persönlichem Nutzen! Meine Peiniger hingegen weilen noch allesamt unter der Gnade des Gottimperators und das wahrscheinlich bei bester Gesundheit. Ironischerweise wird die Liste derer deren Tod ich begehre immer länger statt kürzer. Manchmal frage ich mich, was mich überhaupt noch aufrecht hält und dann fällt es mir plötzlich wieder ein.“ Ayris veränderte ihre Sitzposition, legte ihre Ellenbogen (den verwundeten behutsamer) auf ihre Knie und beugte den Oberkörper vor. Mit den Händen strich sie sich die Anspannung aus dem Gesicht und die losen Strähnen ihrer schwarzen Haare hinter die Ohren.
„Mir geht’s nicht um Auszeichnungen, egal welcher Art und du willst mir doch wohl nicht weismachen dass deine Augen natürlichen Ursprungs sind… die waren doch nicht eines Tages einfach da! Du hast einen Teil von dir verkauft und die dafür bekommen. Du weißt sehr genau worauf du dich eingelassen hast. Du hast das Chaos in dir willkommen geheißen. Und was das Imperium betrifft, die würden mich auch ohne Makel sofort exekutieren…“ Leiser, fast abwesend sagte sie:
„…ich sollte nach der Kleinen sehen…“ Dann wieder zugegen und bestimmter.
„Was soll mir bekannt vorkommen? Ich stehe allein da und habe noch nichts erreicht, du bist besser dran als ich.“ Die Außenweltlerin schickte sich an die Beifahrertür zu öffnen.