01-08-2011, 02:45 AM
Kirche des Bluterlösers, Dammstadt
Ein kaum mannsbreiter Durchgang, ein steinerne Doppelbogen, dessen Siegelstein ein ausreichend abstraktes Abbild eines brennenden Märtyrers darstellen mochte, bildete das Zwischenglied zwischen Schiff und Sakristei. Die dunkel gebeizte hölzerne Pforte wies geringst mögliche Gebrauchsspuren auf, nur leichte Kratzer nahe des Schlosses, war leicht angelehnt und ein schmaler Streifen gelblichen Lichtes drängte hindurch, gerade genug um einige Pergamentseiten des auf dem Volksaltar ausgebreiteten Traktats zu erhellen. Dahinter verbarg sich eine Kammer, schier unvorstellbar das sich mehr denn drei Menschen innerhalb dieser Räumlichkeiten aufhalten mochten, deren eine Flanke beinahe gänzlich durch altehrwürdige Foliantenschränke eingenommen wurde, während die andere einige Seitennischen zur Aufbewahrung der liturgischen Gewandes beinhielt. Neben einem in dunkelrot gehaltenen Phelonion glänzte ein gold-schwarzer Epitrachelion hervor, während etwaige andere Intarsien des priesterlichen Amtes auf einer etwa kniehohen, vorgelagerten “Bank” postiert worden waren, etwa der Hirtenstab, sowie der Kopfputz des Würdenträgers. Von der Obrigkeit selbst fehlte jedoch jegliche Spur, weshalb sie mit dem Handballen die leicht quietschende Tür sachte aufdrückte, gerade ausreichend um zwischen Pforte und Angel hindurchzuschlüpfen. Erst nun erkannte sie den wischen den Foliantenschränken eingelassenen Korridor, welcher über einen schmalen, gotisch gehaltenen Treppenabsatz offensichtlich tiefer in die Eingeweide dieser Welt zu führen gedachte. Eine klamme, unangenehm dunstige Kälte stieg daraus empor, Sandelholz, Weihrauch und welkendes Fleisch schwang in diesem unterirdischen Atem mit, pechschwarzer Ruß klebte dort wo die züngelnden Flammen einer verwahrlosten Fackel den wie aus Kopfstein gearbeiteten Bogengang ableckten.
Schritte hallten von den schattigen Untiefen empor, gerade als wären sie unmittelbar neben ihren Ohren gesetzt worden, zwar ein leichter Schritt, dennoch kündete er von eine festen, ledernen Sohle welche über altes Gemäuer wankte. Es mochten gleichfalls mehrere sein, doch das zu unterscheiden war nicht ihr Metier, dennoch empfahl sie sich der Geistesgegenwart sich etwa der hochhackigen Schuhe zu entledigen, ehedem sie die Katakomben betrat. Ein in abgerissene Lumpen gewickelter krummer Stock, getränkt in tierisches Fett sollte wohl als Fackel dienen, gedachten die Priester wohl ihre Gewölbe nicht mit technologischem Unrat zu entweihen, wie etwa die Adeptus Mechanicus. Schlüpfrige Pfade, gleichfalls durch lichtscheue Moose wie abgestandenes, algenreiches Wasser benetzt, führten zwischen kaum behauenen steinernen Verließen hindurch. An manchen Stellen drang von weit droben ein spärlicher Lichterkranz herab, während an wieder anderen vereinzeltes Plätschern zu vernehmen war, wie von einem verborgenen Kanalisationssystem, möglicherweise gar hinter den groben Granit und Kalksteinen aus welchen dieser Korridore letztendlich gefertigt waren. So tief die Decke hing, war sie dennoch nicht von silbernen Spinnennetzen überzogen, denn diese vorsichtigen Kreaturen schätzten weder Gestank, noch Feuchtigkeit dieses Hortes. In gewissen, vermutlich genau bemessenen Abständen kehrten immer wieder breite Einkerbungen wieder, schwere, steinerne Sarkophage mit den sterblichen Überresten älterer Kirchenväter wohl, wie sie aus den halb verwitterten Inschriften entnehmen konnte. Bischöfe, Priester, teilweise Diakone, jedoch, so tiefer man den Katakomben folgte, desto höher schien der hierarchische Grad anzusteigen. Zuletzt, unmittelbar vor einer zergabelten Einmündung in einen beleuchteten Saal, war da gar der Sarg eines Kardinals, selbst wenn ihr sein Name nicht gerade geläufig vorkam.
Die letzte Kammer erwies sich als deutlich größer als man unterhalb der Meeresgrenze hätte erwarten sollen, befand sich aber gleichwohl im geografischen Mittelpunkt der darüberliegenden Stadt, wie sie sich ausrechnen hätte können, zumindest unterhalb des historischen Kerns. Das die darüberliegenden Viertel dieser Tage zweckentfremdet worden waren, spielte dabei wohl weniger eine Rolle. Der Raum war Absatzartig strukturiert, gewissermaßen wie eine Tribüne, zu je drei Schichten, wobei die oberste durch eine schiere Unzahl an tropfenden Wachskerzen vor aufragenden Ikonen bevölkert wurde. Die darauf abgebildeten Geistesherren und Damen waren allesamt im Laufe einer langen, gewaltsamen Vergangenheit durch das Richtschwert aus der Existenz gerissen worden, während man ihr Fleisch verbrannt und ihre Knochen zerrieben hatte. Was von den sagenhaften Gebeinen noch geblieben war, wurde durch deren versprengt Jünger in Urnen aufgefangen und wohl an diesen Ort gebracht und aufgebahrt worden. Es war eine ungerade Zahl, einunddreißig, sofern sie richtig zählte, welche die lange Ahnengalerie flankierten und eine wahrhaftig grausige Geschichte darstellen mochte. Darüber war wie in einem Bilderband oder einem Gobelin abgebildet was einzelne “Heilige” während ihrer sterblichen Existenz. Darunter war eine nicht geringe Anzahl sogenannter “Gräueltaten”, reichend von der Brandschatzung einzelner Dörfer bis zum ritualisierten Massenmord. Die darunter liegende Ebene, wohl zwei Meter tiefer, war wiederum durch Volksgestühl gezeichnet, auf welchem sich nun aber nicht wie vorher gewöhnliche Laien befanden, sondern wiederum an ihren Trachten deutlicher erkennbar, Priester wie Diakone, und zwar dreißig an der Zahl, während der Einunddreißigste auf exponierter Stelle weiter vorne, unmittelbar vor dem Becken zur dritten Ebene stand, eine lederne Litanei mit beiden Händen umkrallend und daraus im Choral rezitierend. Erst nun wurde sie der unterschiedlichen Zugänge gewahr, welche von mehreren Seiten in den Saal führten, somit wohl eine unterirdische Verbindung zu sämtlichen Gotteshäusern der Dammstadt darstellten oder wenigstens zu jenen, welche durch den “Bluterlöser-Kult” beherrscht waren. Der Kanon wurde energischer, gewann etwas mythisches, etwas schleichend tranceartiges, während die unterschiedlichen verbrannten Chemikalien in der stickigen Atemluft anschwollen und gleich einer gelblich-weißen Nebelschwade in den Höhen des wohl sieben bis acht Meter tiefen Raumes schwebten. Der Vorprediger, ein ebenso greiser Glaubenseiferer wie all seine versammelten Genossen zeichnete sich allein durch die beinahe überproportionale Länge seines Kinnbartes aus, welchen er wie eine Stola um seinen Nacken geschlungen trug. Geierartige Klauen schabten bei jedem gesprochenen Satzvers über die entsprechende Stelle in seiner Litanei, während seine Pupillen unter buschigen Augenbrauen zwischen seinen Brüdern wandelnden.
Ein kaum mannsbreiter Durchgang, ein steinerne Doppelbogen, dessen Siegelstein ein ausreichend abstraktes Abbild eines brennenden Märtyrers darstellen mochte, bildete das Zwischenglied zwischen Schiff und Sakristei. Die dunkel gebeizte hölzerne Pforte wies geringst mögliche Gebrauchsspuren auf, nur leichte Kratzer nahe des Schlosses, war leicht angelehnt und ein schmaler Streifen gelblichen Lichtes drängte hindurch, gerade genug um einige Pergamentseiten des auf dem Volksaltar ausgebreiteten Traktats zu erhellen. Dahinter verbarg sich eine Kammer, schier unvorstellbar das sich mehr denn drei Menschen innerhalb dieser Räumlichkeiten aufhalten mochten, deren eine Flanke beinahe gänzlich durch altehrwürdige Foliantenschränke eingenommen wurde, während die andere einige Seitennischen zur Aufbewahrung der liturgischen Gewandes beinhielt. Neben einem in dunkelrot gehaltenen Phelonion glänzte ein gold-schwarzer Epitrachelion hervor, während etwaige andere Intarsien des priesterlichen Amtes auf einer etwa kniehohen, vorgelagerten “Bank” postiert worden waren, etwa der Hirtenstab, sowie der Kopfputz des Würdenträgers. Von der Obrigkeit selbst fehlte jedoch jegliche Spur, weshalb sie mit dem Handballen die leicht quietschende Tür sachte aufdrückte, gerade ausreichend um zwischen Pforte und Angel hindurchzuschlüpfen. Erst nun erkannte sie den wischen den Foliantenschränken eingelassenen Korridor, welcher über einen schmalen, gotisch gehaltenen Treppenabsatz offensichtlich tiefer in die Eingeweide dieser Welt zu führen gedachte. Eine klamme, unangenehm dunstige Kälte stieg daraus empor, Sandelholz, Weihrauch und welkendes Fleisch schwang in diesem unterirdischen Atem mit, pechschwarzer Ruß klebte dort wo die züngelnden Flammen einer verwahrlosten Fackel den wie aus Kopfstein gearbeiteten Bogengang ableckten.
Schritte hallten von den schattigen Untiefen empor, gerade als wären sie unmittelbar neben ihren Ohren gesetzt worden, zwar ein leichter Schritt, dennoch kündete er von eine festen, ledernen Sohle welche über altes Gemäuer wankte. Es mochten gleichfalls mehrere sein, doch das zu unterscheiden war nicht ihr Metier, dennoch empfahl sie sich der Geistesgegenwart sich etwa der hochhackigen Schuhe zu entledigen, ehedem sie die Katakomben betrat. Ein in abgerissene Lumpen gewickelter krummer Stock, getränkt in tierisches Fett sollte wohl als Fackel dienen, gedachten die Priester wohl ihre Gewölbe nicht mit technologischem Unrat zu entweihen, wie etwa die Adeptus Mechanicus. Schlüpfrige Pfade, gleichfalls durch lichtscheue Moose wie abgestandenes, algenreiches Wasser benetzt, führten zwischen kaum behauenen steinernen Verließen hindurch. An manchen Stellen drang von weit droben ein spärlicher Lichterkranz herab, während an wieder anderen vereinzeltes Plätschern zu vernehmen war, wie von einem verborgenen Kanalisationssystem, möglicherweise gar hinter den groben Granit und Kalksteinen aus welchen dieser Korridore letztendlich gefertigt waren. So tief die Decke hing, war sie dennoch nicht von silbernen Spinnennetzen überzogen, denn diese vorsichtigen Kreaturen schätzten weder Gestank, noch Feuchtigkeit dieses Hortes. In gewissen, vermutlich genau bemessenen Abständen kehrten immer wieder breite Einkerbungen wieder, schwere, steinerne Sarkophage mit den sterblichen Überresten älterer Kirchenväter wohl, wie sie aus den halb verwitterten Inschriften entnehmen konnte. Bischöfe, Priester, teilweise Diakone, jedoch, so tiefer man den Katakomben folgte, desto höher schien der hierarchische Grad anzusteigen. Zuletzt, unmittelbar vor einer zergabelten Einmündung in einen beleuchteten Saal, war da gar der Sarg eines Kardinals, selbst wenn ihr sein Name nicht gerade geläufig vorkam.
Die letzte Kammer erwies sich als deutlich größer als man unterhalb der Meeresgrenze hätte erwarten sollen, befand sich aber gleichwohl im geografischen Mittelpunkt der darüberliegenden Stadt, wie sie sich ausrechnen hätte können, zumindest unterhalb des historischen Kerns. Das die darüberliegenden Viertel dieser Tage zweckentfremdet worden waren, spielte dabei wohl weniger eine Rolle. Der Raum war Absatzartig strukturiert, gewissermaßen wie eine Tribüne, zu je drei Schichten, wobei die oberste durch eine schiere Unzahl an tropfenden Wachskerzen vor aufragenden Ikonen bevölkert wurde. Die darauf abgebildeten Geistesherren und Damen waren allesamt im Laufe einer langen, gewaltsamen Vergangenheit durch das Richtschwert aus der Existenz gerissen worden, während man ihr Fleisch verbrannt und ihre Knochen zerrieben hatte. Was von den sagenhaften Gebeinen noch geblieben war, wurde durch deren versprengt Jünger in Urnen aufgefangen und wohl an diesen Ort gebracht und aufgebahrt worden. Es war eine ungerade Zahl, einunddreißig, sofern sie richtig zählte, welche die lange Ahnengalerie flankierten und eine wahrhaftig grausige Geschichte darstellen mochte. Darüber war wie in einem Bilderband oder einem Gobelin abgebildet was einzelne “Heilige” während ihrer sterblichen Existenz. Darunter war eine nicht geringe Anzahl sogenannter “Gräueltaten”, reichend von der Brandschatzung einzelner Dörfer bis zum ritualisierten Massenmord. Die darunter liegende Ebene, wohl zwei Meter tiefer, war wiederum durch Volksgestühl gezeichnet, auf welchem sich nun aber nicht wie vorher gewöhnliche Laien befanden, sondern wiederum an ihren Trachten deutlicher erkennbar, Priester wie Diakone, und zwar dreißig an der Zahl, während der Einunddreißigste auf exponierter Stelle weiter vorne, unmittelbar vor dem Becken zur dritten Ebene stand, eine lederne Litanei mit beiden Händen umkrallend und daraus im Choral rezitierend. Erst nun wurde sie der unterschiedlichen Zugänge gewahr, welche von mehreren Seiten in den Saal führten, somit wohl eine unterirdische Verbindung zu sämtlichen Gotteshäusern der Dammstadt darstellten oder wenigstens zu jenen, welche durch den “Bluterlöser-Kult” beherrscht waren. Der Kanon wurde energischer, gewann etwas mythisches, etwas schleichend tranceartiges, während die unterschiedlichen verbrannten Chemikalien in der stickigen Atemluft anschwollen und gleich einer gelblich-weißen Nebelschwade in den Höhen des wohl sieben bis acht Meter tiefen Raumes schwebten. Der Vorprediger, ein ebenso greiser Glaubenseiferer wie all seine versammelten Genossen zeichnete sich allein durch die beinahe überproportionale Länge seines Kinnbartes aus, welchen er wie eine Stola um seinen Nacken geschlungen trug. Geierartige Klauen schabten bei jedem gesprochenen Satzvers über die entsprechende Stelle in seiner Litanei, während seine Pupillen unter buschigen Augenbrauen zwischen seinen Brüdern wandelnden.