10-16-2010, 09:32 AM
Gerade als die umgangssprachlich formulierte Fragestellung des Söldners die mythische Verschwiegenheit des weihrauchverseuchten Sanktuariums durchdrang, umklammerten die ausgemergelten, knochigen Finger des Messners eine etwa fünfzig Zentimeterlange Bienenwachskerze. Sein eingefallenes, etwas sonnengegerbtes Antlitz nahm dabei einen überaus sanftmütigen Ausdruck an, während er spröde, ausgetrocknete Lippen aneinander rieb und mit einer gewissen Sachlichkeit zuerst das ledergebundene Gebetsbüchlein begutachtete, nur um anschließend über die deutlich jugendlicheren Züge des Söldners abzugleiten. Die Kerze zwischen zwei goldenen Klammern fixierend, führte er die Fingerspitzen aneinander und faltete die Hände in einer Manier, das die Knöchel bleich unter der dünnen Haut hervorlugten. Die dunkle, aus schwerem Flachs gewobene Robe des Mannes beschrieb einen beinahe barockartigen Faltenwurf während er sich in scheinbarer Zeitlupe nach Narl umwandte, ein von Rost, Moder und Fäulnis befallener Rosarius schwang dabei unterhalb der Handwurzel hervor, der daran befindliche Aquila hatte eindeutig bessere Zeiten durchlebt, wie man unschwer hatte feststellen können. Eine inzwischen uralt wirkende, ungerade verlaufende, aufgerissen und wieder genähte Wunde quer über seine Kehle offenbarte das diesem Manne wohl die Fähigkeit der Sprache schon vor geraumer Zeit abhanden gekommen sein musste, während er Narl mit einladender Geste aus den Altar selbst verwies, eine ausgestreckte, flache Hand entgegen des steinernen Kaiserschreins. Dort aufgebahrt auf gestreuten weißen Rosenblättern, ein aus tiefschwarzem Lackholz gezimmerter Sarg, der darauf befindliche Deckel fest verschlossen und durch ein aus rotem Wachs bestehendem Siegel, pompös und überdimensioniert, exakt wie es die Ekklesiearchie beschrieb und wünschte.