09-09-2010, 03:05 AM
Dritte Welle
An Bord eines Passagierschiffes
Ein kühler Wind wehte Lyra durch das Haar und zerzauste dieses ein wenig. Doch Lyra ließ sich davon nicht stören. Es war der allgegenwärtige, kühle Wind, der auf der See normal war. Doch er war noch eine Spur kühler, als normal. Ja doch, die kalte Jahreszeit brach heran. Innerlich verfluchte Lyra den Umstand, dass sie auf das Schiff gegangen war. Sie hätte zu Hause bleiben können, in den oberen Ebenen, sie hätte es sich dort gemütlich machen können. Sie hätte gar nicht erst nach Koron zurückkommen sollen. Sie hätte nicht die Wunde an ihrer Lippe gehabt. Sie hätte keinen beschwerlichen Flug durch die Wüste hinter sich. Sie könnte sich jetzt auf Harakon in ihrem Whirlpool entspannen. Nein... sie wäre jetzt viel lieber zu Hause. Aber was sollte sie machen, sie war nun an Bord dieses Schiffes. Und auch wenn sie innerlich Traurig darüber war, nicht in der Stadt geblieben zu sein, zeigte sie äußerlich nicht mehr, als dass sie versuchte, ihre Jacke noch enger zu ziehen, als ob sie damit die aufkommende Kälte vertreiben könnte.
Vor kurzem erst hatte das Schiff abgelegt und seine Fahrt begonnen, und Lyra wusste, auch wenn dieses Schiff schneller als die Holzschiffe der Anderen war, würden sie noch ein guter Stück brauchen. Doch seit dem Vorfall im Luftlandeparkhaus, bei der sie von der Gruppe getrennt wurde, waren nun bereits vier Tage vergangen. Lyra hatte sich erlaubt, sich drei Tage zu nehmen, um ein paar Sachen zu organisieren. In Anbetracht der letzten Bestrafung, welche vom Fürsten Kogan durchgeführt wurde, als sie sich nicht genau an den Plan gehalten hatte, hätte sie ihn nur zu gerne gefragt, ob es ihm denn genehm wäre, doch leider hatte der Fürst kein Commgerät dabei. Lyra hatte natürlich eines, sie hatte immer eines dabei, es war in ihrem Arm eingebaut. Apropo Arm, das war auch eine der Erledigungen, welche sie durchgeführt hatte. Arm abnehmen und säubern lassen, in ein Ölbad und sich vergewissern lassen, dass Sand die Mechanik nicht zerstören könnte. Wie auch schon beim damaligen Kauf des Armes wurde ihr wieder gesagt, dass all die Platten und Kabel am Arm nur eine Verzierung sei und die Mechanik wohl behütet im inneren ruhte. Doch das war nebensächlich, das war eine Erledigung, welche nur sie selbst betraf. Sie war dennoch nicht gerade erfreut gewesen, als es hieß, sie müsste sich einen ganzen Tag gedulden, bis die Reinigung und Wartung abgeschlossen war. Ein ganzer Tag mit nur einem Arm...
Viel wichtiger war jedoch vielleicht, dass sie in der Wartezeit nicht so ganz untätig gewesen war. Ihren Helikopter hatte sie auf ein anderes Landedeck überstellen, auftanken und warten lassen. Außerdem hat sie ein paar kleinere Einkäufe getätigt. Nichts allzu großartiges, doch helfende Kleinigkeiten wie eben vier Kommunikationsgeräte, ein Dutzend Mahlzeiten in Form von Nahrungsrationen und medizinische Güter. Kleinere Gegenstände, durch die Lyra hoffte, in den Augen der Anderen nicht ganz so unnütz zu erscheinen. Und wieder fragte sie sich, weshalb sie überhaupt erst auf das Schiff gestiegen war. Sie hätte ihren „Mitstreitern“ vielleicht Ausweise besorgen können, doch dafür fehlten ihr die Aufnahmen von ihren Gesichtern, als das sie eine Visumsanfrage über das Ausland hätte fälschen können. Sie hatte sogar einen bekannten damit beauftragt, herauszufinden, ob die beiden gefangen genommenen Mitstreiter durch eine Kaution freikaufbar wären, und hatte ihm Zugriff auf ein Viertkonto gegeben, auf welches sie ein paar tausend Schekel geladen hatte. Es sollte eigentlich reichen, dass die beiden freigelassen würden und einen Besucherpass bekämen. Und was übrig blieb, sollten die beiden entlassenen bekommen, damit sie nicht ganz ohne Credits in der Tasche waren. Es sollte reichen... Und wenn sich dieser Bekannte dazu entschließen sollte, sich mit dem Geld abzusetzen, wäre es kein sonderlich großer Verlust für Lyra, zumindest auf das Geld bezogen. Aber das würde er sicherlich nicht machen. Dieser Bekannter kannte ihre Eltern, und wieso sollte er das auch tun? Nun... außer Lyras eigene Naivität hatte sie keine Garantie.
Es war nicht schwer gewesen, in den Kreuzzugshafen zu kommen. Als sie jedoch das Gesindel gesehen hatte, mit welchem sie auf engstem Raum zusammengestaut über das Meer hinweg setzen hätte sollen, hatte sich ihr beinahe der Magen umgedreht. Sie war sich sicher, sie hätte diese Fahrt nicht bei lebendigem Leibe überstanden. Wahrscheinlich wäre sie an eine der herumkursierenden Krankheiten erkrankt und daran zu Grunde gegangen, oder man hätte sie ausgeraubt, oder gar schlimmeres... oder alles gemeinsam. Nein, Lyra war schon sehr froh darüber, dass sie mit Hilfe ihres Geldes sich Zutritt zu diesem Schiff verschafft hatte. Es war schon angenehmer, verglichen mit den Holzschiffen. Ihr Schiff war nämlich nicht nur größer, sondern es war auch dafür gedacht, so viele Menschen zu transportieren, wie es denn nun auch geladen hatte. Wenn es nicht sogar so war, dass noch weniger auf diesem Schiff waren, als es Kabinen gab. Und Lyra konnte nicht behaupten, dass es sie sonderlich störte. Soweit sie das mitgehört hatte, war das das Schiff, welches für die wichtigen, oder auch ranghöheren Personen gedacht war, oder wie auch immer man es nennen wollte. Lyra dachte darüber jedoch nicht weiter nach. Sie hatte ihre Sachen, die sie teils gekauft, teils aus dem Helikopter geholt hatte, bereits in ihre Kabine gebracht. Nun stand sie oben auf dem Schiff und blickte nach hinten, zur Stadt Gohmor ab, welche sich bis hoch in den Himmel hinauf ausstreckte. Bald schon sollte sie kleiner werden, bis sie irgendwann am Horizont verschwinden würde.
An Bord eines Passagierschiffes
Ein kühler Wind wehte Lyra durch das Haar und zerzauste dieses ein wenig. Doch Lyra ließ sich davon nicht stören. Es war der allgegenwärtige, kühle Wind, der auf der See normal war. Doch er war noch eine Spur kühler, als normal. Ja doch, die kalte Jahreszeit brach heran. Innerlich verfluchte Lyra den Umstand, dass sie auf das Schiff gegangen war. Sie hätte zu Hause bleiben können, in den oberen Ebenen, sie hätte es sich dort gemütlich machen können. Sie hätte gar nicht erst nach Koron zurückkommen sollen. Sie hätte nicht die Wunde an ihrer Lippe gehabt. Sie hätte keinen beschwerlichen Flug durch die Wüste hinter sich. Sie könnte sich jetzt auf Harakon in ihrem Whirlpool entspannen. Nein... sie wäre jetzt viel lieber zu Hause. Aber was sollte sie machen, sie war nun an Bord dieses Schiffes. Und auch wenn sie innerlich Traurig darüber war, nicht in der Stadt geblieben zu sein, zeigte sie äußerlich nicht mehr, als dass sie versuchte, ihre Jacke noch enger zu ziehen, als ob sie damit die aufkommende Kälte vertreiben könnte.
Vor kurzem erst hatte das Schiff abgelegt und seine Fahrt begonnen, und Lyra wusste, auch wenn dieses Schiff schneller als die Holzschiffe der Anderen war, würden sie noch ein guter Stück brauchen. Doch seit dem Vorfall im Luftlandeparkhaus, bei der sie von der Gruppe getrennt wurde, waren nun bereits vier Tage vergangen. Lyra hatte sich erlaubt, sich drei Tage zu nehmen, um ein paar Sachen zu organisieren. In Anbetracht der letzten Bestrafung, welche vom Fürsten Kogan durchgeführt wurde, als sie sich nicht genau an den Plan gehalten hatte, hätte sie ihn nur zu gerne gefragt, ob es ihm denn genehm wäre, doch leider hatte der Fürst kein Commgerät dabei. Lyra hatte natürlich eines, sie hatte immer eines dabei, es war in ihrem Arm eingebaut. Apropo Arm, das war auch eine der Erledigungen, welche sie durchgeführt hatte. Arm abnehmen und säubern lassen, in ein Ölbad und sich vergewissern lassen, dass Sand die Mechanik nicht zerstören könnte. Wie auch schon beim damaligen Kauf des Armes wurde ihr wieder gesagt, dass all die Platten und Kabel am Arm nur eine Verzierung sei und die Mechanik wohl behütet im inneren ruhte. Doch das war nebensächlich, das war eine Erledigung, welche nur sie selbst betraf. Sie war dennoch nicht gerade erfreut gewesen, als es hieß, sie müsste sich einen ganzen Tag gedulden, bis die Reinigung und Wartung abgeschlossen war. Ein ganzer Tag mit nur einem Arm...
Viel wichtiger war jedoch vielleicht, dass sie in der Wartezeit nicht so ganz untätig gewesen war. Ihren Helikopter hatte sie auf ein anderes Landedeck überstellen, auftanken und warten lassen. Außerdem hat sie ein paar kleinere Einkäufe getätigt. Nichts allzu großartiges, doch helfende Kleinigkeiten wie eben vier Kommunikationsgeräte, ein Dutzend Mahlzeiten in Form von Nahrungsrationen und medizinische Güter. Kleinere Gegenstände, durch die Lyra hoffte, in den Augen der Anderen nicht ganz so unnütz zu erscheinen. Und wieder fragte sie sich, weshalb sie überhaupt erst auf das Schiff gestiegen war. Sie hätte ihren „Mitstreitern“ vielleicht Ausweise besorgen können, doch dafür fehlten ihr die Aufnahmen von ihren Gesichtern, als das sie eine Visumsanfrage über das Ausland hätte fälschen können. Sie hatte sogar einen bekannten damit beauftragt, herauszufinden, ob die beiden gefangen genommenen Mitstreiter durch eine Kaution freikaufbar wären, und hatte ihm Zugriff auf ein Viertkonto gegeben, auf welches sie ein paar tausend Schekel geladen hatte. Es sollte eigentlich reichen, dass die beiden freigelassen würden und einen Besucherpass bekämen. Und was übrig blieb, sollten die beiden entlassenen bekommen, damit sie nicht ganz ohne Credits in der Tasche waren. Es sollte reichen... Und wenn sich dieser Bekannte dazu entschließen sollte, sich mit dem Geld abzusetzen, wäre es kein sonderlich großer Verlust für Lyra, zumindest auf das Geld bezogen. Aber das würde er sicherlich nicht machen. Dieser Bekannter kannte ihre Eltern, und wieso sollte er das auch tun? Nun... außer Lyras eigene Naivität hatte sie keine Garantie.
Es war nicht schwer gewesen, in den Kreuzzugshafen zu kommen. Als sie jedoch das Gesindel gesehen hatte, mit welchem sie auf engstem Raum zusammengestaut über das Meer hinweg setzen hätte sollen, hatte sich ihr beinahe der Magen umgedreht. Sie war sich sicher, sie hätte diese Fahrt nicht bei lebendigem Leibe überstanden. Wahrscheinlich wäre sie an eine der herumkursierenden Krankheiten erkrankt und daran zu Grunde gegangen, oder man hätte sie ausgeraubt, oder gar schlimmeres... oder alles gemeinsam. Nein, Lyra war schon sehr froh darüber, dass sie mit Hilfe ihres Geldes sich Zutritt zu diesem Schiff verschafft hatte. Es war schon angenehmer, verglichen mit den Holzschiffen. Ihr Schiff war nämlich nicht nur größer, sondern es war auch dafür gedacht, so viele Menschen zu transportieren, wie es denn nun auch geladen hatte. Wenn es nicht sogar so war, dass noch weniger auf diesem Schiff waren, als es Kabinen gab. Und Lyra konnte nicht behaupten, dass es sie sonderlich störte. Soweit sie das mitgehört hatte, war das das Schiff, welches für die wichtigen, oder auch ranghöheren Personen gedacht war, oder wie auch immer man es nennen wollte. Lyra dachte darüber jedoch nicht weiter nach. Sie hatte ihre Sachen, die sie teils gekauft, teils aus dem Helikopter geholt hatte, bereits in ihre Kabine gebracht. Nun stand sie oben auf dem Schiff und blickte nach hinten, zur Stadt Gohmor ab, welche sich bis hoch in den Himmel hinauf ausstreckte. Bald schon sollte sie kleiner werden, bis sie irgendwann am Horizont verschwinden würde.