09-04-2010, 11:51 PM
Die zweite Welle
Schneller als ihre Konstruktionsweise es eigentlich zuließ, pflügte die Dschunke durch die See. Das Schiff trug keinen Namen, sondern lediglich eine Ordnungsnummer. Und auch jetzt war es nur eines unter vielen, am Tau eines Schleppers, immer Richtung Truzt.
Kurt hatte die Tage damit verbracht dem Kahn beim Verschimmeln zuzusehen. Diese überfrommen Gesellen sagten ihm nicht besonders zu, also blieb er für sich. Einmal hatte er mit ein paar weniger verbohrten Kerlen gewürfelt, zwanzig Schekel verloren und es damit gut sein lassen. Etwas Vernünftiges zu saufen gab es auf dieser Barke der Rechtschaffenheit auch nicht, es sei denn man begnügte sich mit Messwein, aber dazu musste man sich jedes Mal das Gesabbel eines der Priester anhören und das war es nicht wert. Zumal ihm das Rumgemansche mit dem Wein sowieso komisch vorkam. Von anderen Welten kannte er das nicht und er konnte sich keinen Reim darauf machen wie das im Zusammenhang mit dem Imperator stehen sollte.
Da Zerstreuung und Rausch ausfielen, blieb Kurt nichts anderes übrig als sich in Gedanken zu ergehen. Gerade Nachts zeigte diese übertriebene Denkerei ihre Schattenseite. Er hatte das zweifelhafte Vergnügen noch einmal Kämpfe gegen grünhäutige Bestien durchzustehen, Kameraden unter Spaltern erneute Tode sterben zu sehen und das Brüllen der Orks klang im selbst nach dem Aufwachen, schweißgebadet und fluchend, noch lange in den Ohren. Egal, irgendetwas musste man aus dem Krieg davontragen und schlechte Träume waren allemal besser als ein fehlender Arm.
In den Augenblicken des Wachseins spukte immer wieder der Gedanke an das Desertieren du seinen Kopf. Er genoss jetzt eine Zeit relativer Freiheit, doch die Rückkehr in die Armee schwebte wie ein Damoklesschwert über seinem Kopf. Er hatte den Dienst in der Garde immer als eine Selbstverständlichkeit gesehen und danach als etwas das ihm Sicherheit gab. Ein regelmäßiges Gehalt, ein Dach über dem Kopf und Arbeit die bei genauerer Betrachtung wesentlich leichter war, verglich man sie mit den Milliarden die ihr Sein irgendwo im Räderwerk der imperialen Industrie vergeudeten.
Doch inzwischen hatten sich seine Überlegungen diesbezüglich geändert. Sein Leben zog an ihm vorbei, während Arschlöscher ihm Befehle gaben, die noch nie einem Xeno gegenüber gestanden hatten, die sich nass machen würden, bekämen sie es mit Grünhäutern zutun. Dieser Welt war nicht schlecht, Scheiße noch mal er war auf mieseren Dreckskugeln gewesen. Nur was hatte er davon wenn er in Kasernen hockte und darauf wartete irgendwo hingekarrt zu werden um dort gegen Mutanten zu kämpfen? Nein so ging es nicht weiter. Er musste weg, soviel war klar.
Das Problem bestand nur eben darin, dass dann seine ID erlöschen würde und sich das Leben damit nicht gerade vereinfachte. Wenn Truzt schon im Krieg mit Gohmor stehen würde, sähe die Sache anders aus. Dann wäre ein Überlaufen ein Leichtes, aber so...
Ach zur Hölle, eins nach dem anderen. Jetzt musste er erst einmal an Deck und frische Luft schnappen. Im Laderaum stank es wie in einem Groxpferch. Ein paar Leute waren schon an Krankheiten gestorben und wer konnte schon sagen was für ein Mist hier in der Luft hing?
Kurt erklomm die schmale Stiege, welche nach oben führte. Es war jetzt fast Nacht und bereits eisig. Winter hing in der Luft. Die Küstenlinie, an der sie sich seit gut drei Tagen entlang tasteten, war nicht mehr zu sehen im Dämmerlicht. Heute morgen hatte er jemanden von der Mannschaft sagen hören das sie nur noch einen Tag von ihrem Ziel entfernt seien, also dem Sammelplatz des Kreuzfahrerheeres. Um so besser. Seit seiner letzten Notwasserung, mit diesem drei Mal verfluchten Luftschiff, hatte er die Schnauze vom Meer eigentlich gestrichen voll. Naja, ein Tag noch...
Kurt beschloss ein LHO seines bedenklich schwindenden Vorrats zu opfern und entzündete es mit einem Schnappen des Sturmfeuerzeugs. Während er so rauchte, die Stille nur vom Knarren der Takelasche und dem Rauschen des gezogenen Schiffs unterbrochen, ging sein Blick unweigerlich zum Himmel. Ohne die Luftverschmutzung der Makropole konnte man sogar jetzt schon die Sterne ausmachen.
Nadelstiche im Mantel der Nacht.
Wer hatte diesen Ausdruck gebraucht? Seine Mutter, einer seiner ehemaligen Mitkämpfer? Keine Ahnung. Er suchte den leuchtenden Punkt, um welchen seine Heimat kreiste, und fand ihn nicht.
Da oben gab es ohnehin nichts was die Sentimentalität rechtfertigte, welche man gemeinhin mit den Sternen in Verbindung brachte.
Nur Krieg und noch mal Krieg.
Er schmauchte den Glimmstängel zu ende, trat an die Reling, schnippte den Stummel ins Wasser und schwang dann ein Bein über die Balustrade. Mit dem anderen fand er Halt zwischen den hölzernen Querstreben. So richtete er sich auf und erleichterte sich in die See. Wasser zu Wasser! Sollte keiner sagen er leiste nicht seinen Teil zum Lebenskreislauf.
Nachdem das geschafft war lehnte er sich an das Geländer und besah sich den einzigen anderen Pilger, der bei diesen Witterungsverhältnissen an Deck war.
Der Bursche war ihm vorher schon aufgefallen, da er nicht ganz zu den anderen Pilgern passen wollte. Er war groß und um einiges kräftiger als der Rest hier. Vielleicht auch ein Soldat auf frommer Wanderschaft. Er spielte den einsamen Wolf, was nicht das Verkehrteste war. Lies man sich mit niemanden ein, riskierte man nicht irgendwelchen Ärger loszutreten. Jedenfalls schien ihm nicht nach Gesellschaft zumute zu sein, was ihn schon mal sympathischer machte als die Kirchgänger. Kurt hatte aufgehört zu zählen wie oft ihn in den letzten Tagen irgendwelche Bekloppten angesprochen hatten um ihn in einen Betkreis einzuladen oder Abschriften von heiligen Schriften anzudrehen. Er würde diesen Bruder im Geiste jedenfalls nicht herabwürdigen indem er ihn von der Seite anquatschte. Stattdessen richtete er seinen Blick wieder auf den Ozean, wo sich einige Fischer in kleinen Booten auf nächtlichen Fang begaben. Sie hielten auf die Dschunke zu, wollten sich diese Fremden in ihren Gewässern wohl mal aus der Nähe ansehen, bevor sich ihre Fischgründe aufsuchen.
Sie saßen in langen Holzschiffchen, die entfernt an die Rettungsboote alter Segeler erinnerten, dabei aber wesentlich schnittiger waren. Starke Außenborder hoben den Bug jedes Bootes aus dem Wasser. Die Insassen der, wie Kurt jetzt erkannte, fünf Gefährte, hatten sich gegen die Kälte in dicke Wollsachen gehüllt. Selbst die Gesichter verbargen sie.
Der Typ in dem vordersten Kahn erhob sich aus seiner kauernden Position zu voller Größe.
Wollten die handeln? Da waren sie hier sicher an der falschen Adresse. Die einzigen Güter, die man hier anbieten konnte, waren Krankheiten, Läuse und gute Vorsätze.
Aber Messer hatte sich geirrt. Der Mann wollte nichts haben, er hatte etwas zu geben. Er legte eine Panzerfaust auf die Schulter und feuerte ohne eine Sekunde zu vergeuden. Mit einem kurzen Wummern hielt der Geschosskopf auf die Dschunke zu.
Scheiße!
Zu mehr kam Kurt nicht. Er warf sich flach auf das Deck, als auch schon der Einschlag erfolgte. Der Heckaufbau wurde voll getroffen und löste sich in einer Fontäne aus Holzsplittern auf.
Schneller als ihre Konstruktionsweise es eigentlich zuließ, pflügte die Dschunke durch die See. Das Schiff trug keinen Namen, sondern lediglich eine Ordnungsnummer. Und auch jetzt war es nur eines unter vielen, am Tau eines Schleppers, immer Richtung Truzt.
Kurt hatte die Tage damit verbracht dem Kahn beim Verschimmeln zuzusehen. Diese überfrommen Gesellen sagten ihm nicht besonders zu, also blieb er für sich. Einmal hatte er mit ein paar weniger verbohrten Kerlen gewürfelt, zwanzig Schekel verloren und es damit gut sein lassen. Etwas Vernünftiges zu saufen gab es auf dieser Barke der Rechtschaffenheit auch nicht, es sei denn man begnügte sich mit Messwein, aber dazu musste man sich jedes Mal das Gesabbel eines der Priester anhören und das war es nicht wert. Zumal ihm das Rumgemansche mit dem Wein sowieso komisch vorkam. Von anderen Welten kannte er das nicht und er konnte sich keinen Reim darauf machen wie das im Zusammenhang mit dem Imperator stehen sollte.
Da Zerstreuung und Rausch ausfielen, blieb Kurt nichts anderes übrig als sich in Gedanken zu ergehen. Gerade Nachts zeigte diese übertriebene Denkerei ihre Schattenseite. Er hatte das zweifelhafte Vergnügen noch einmal Kämpfe gegen grünhäutige Bestien durchzustehen, Kameraden unter Spaltern erneute Tode sterben zu sehen und das Brüllen der Orks klang im selbst nach dem Aufwachen, schweißgebadet und fluchend, noch lange in den Ohren. Egal, irgendetwas musste man aus dem Krieg davontragen und schlechte Träume waren allemal besser als ein fehlender Arm.
In den Augenblicken des Wachseins spukte immer wieder der Gedanke an das Desertieren du seinen Kopf. Er genoss jetzt eine Zeit relativer Freiheit, doch die Rückkehr in die Armee schwebte wie ein Damoklesschwert über seinem Kopf. Er hatte den Dienst in der Garde immer als eine Selbstverständlichkeit gesehen und danach als etwas das ihm Sicherheit gab. Ein regelmäßiges Gehalt, ein Dach über dem Kopf und Arbeit die bei genauerer Betrachtung wesentlich leichter war, verglich man sie mit den Milliarden die ihr Sein irgendwo im Räderwerk der imperialen Industrie vergeudeten.
Doch inzwischen hatten sich seine Überlegungen diesbezüglich geändert. Sein Leben zog an ihm vorbei, während Arschlöscher ihm Befehle gaben, die noch nie einem Xeno gegenüber gestanden hatten, die sich nass machen würden, bekämen sie es mit Grünhäutern zutun. Dieser Welt war nicht schlecht, Scheiße noch mal er war auf mieseren Dreckskugeln gewesen. Nur was hatte er davon wenn er in Kasernen hockte und darauf wartete irgendwo hingekarrt zu werden um dort gegen Mutanten zu kämpfen? Nein so ging es nicht weiter. Er musste weg, soviel war klar.
Das Problem bestand nur eben darin, dass dann seine ID erlöschen würde und sich das Leben damit nicht gerade vereinfachte. Wenn Truzt schon im Krieg mit Gohmor stehen würde, sähe die Sache anders aus. Dann wäre ein Überlaufen ein Leichtes, aber so...
Ach zur Hölle, eins nach dem anderen. Jetzt musste er erst einmal an Deck und frische Luft schnappen. Im Laderaum stank es wie in einem Groxpferch. Ein paar Leute waren schon an Krankheiten gestorben und wer konnte schon sagen was für ein Mist hier in der Luft hing?
Kurt erklomm die schmale Stiege, welche nach oben führte. Es war jetzt fast Nacht und bereits eisig. Winter hing in der Luft. Die Küstenlinie, an der sie sich seit gut drei Tagen entlang tasteten, war nicht mehr zu sehen im Dämmerlicht. Heute morgen hatte er jemanden von der Mannschaft sagen hören das sie nur noch einen Tag von ihrem Ziel entfernt seien, also dem Sammelplatz des Kreuzfahrerheeres. Um so besser. Seit seiner letzten Notwasserung, mit diesem drei Mal verfluchten Luftschiff, hatte er die Schnauze vom Meer eigentlich gestrichen voll. Naja, ein Tag noch...
Kurt beschloss ein LHO seines bedenklich schwindenden Vorrats zu opfern und entzündete es mit einem Schnappen des Sturmfeuerzeugs. Während er so rauchte, die Stille nur vom Knarren der Takelasche und dem Rauschen des gezogenen Schiffs unterbrochen, ging sein Blick unweigerlich zum Himmel. Ohne die Luftverschmutzung der Makropole konnte man sogar jetzt schon die Sterne ausmachen.
Nadelstiche im Mantel der Nacht.
Wer hatte diesen Ausdruck gebraucht? Seine Mutter, einer seiner ehemaligen Mitkämpfer? Keine Ahnung. Er suchte den leuchtenden Punkt, um welchen seine Heimat kreiste, und fand ihn nicht.
Da oben gab es ohnehin nichts was die Sentimentalität rechtfertigte, welche man gemeinhin mit den Sternen in Verbindung brachte.
Nur Krieg und noch mal Krieg.
Er schmauchte den Glimmstängel zu ende, trat an die Reling, schnippte den Stummel ins Wasser und schwang dann ein Bein über die Balustrade. Mit dem anderen fand er Halt zwischen den hölzernen Querstreben. So richtete er sich auf und erleichterte sich in die See. Wasser zu Wasser! Sollte keiner sagen er leiste nicht seinen Teil zum Lebenskreislauf.
Nachdem das geschafft war lehnte er sich an das Geländer und besah sich den einzigen anderen Pilger, der bei diesen Witterungsverhältnissen an Deck war.
Der Bursche war ihm vorher schon aufgefallen, da er nicht ganz zu den anderen Pilgern passen wollte. Er war groß und um einiges kräftiger als der Rest hier. Vielleicht auch ein Soldat auf frommer Wanderschaft. Er spielte den einsamen Wolf, was nicht das Verkehrteste war. Lies man sich mit niemanden ein, riskierte man nicht irgendwelchen Ärger loszutreten. Jedenfalls schien ihm nicht nach Gesellschaft zumute zu sein, was ihn schon mal sympathischer machte als die Kirchgänger. Kurt hatte aufgehört zu zählen wie oft ihn in den letzten Tagen irgendwelche Bekloppten angesprochen hatten um ihn in einen Betkreis einzuladen oder Abschriften von heiligen Schriften anzudrehen. Er würde diesen Bruder im Geiste jedenfalls nicht herabwürdigen indem er ihn von der Seite anquatschte. Stattdessen richtete er seinen Blick wieder auf den Ozean, wo sich einige Fischer in kleinen Booten auf nächtlichen Fang begaben. Sie hielten auf die Dschunke zu, wollten sich diese Fremden in ihren Gewässern wohl mal aus der Nähe ansehen, bevor sich ihre Fischgründe aufsuchen.
Sie saßen in langen Holzschiffchen, die entfernt an die Rettungsboote alter Segeler erinnerten, dabei aber wesentlich schnittiger waren. Starke Außenborder hoben den Bug jedes Bootes aus dem Wasser. Die Insassen der, wie Kurt jetzt erkannte, fünf Gefährte, hatten sich gegen die Kälte in dicke Wollsachen gehüllt. Selbst die Gesichter verbargen sie.
Der Typ in dem vordersten Kahn erhob sich aus seiner kauernden Position zu voller Größe.
Wollten die handeln? Da waren sie hier sicher an der falschen Adresse. Die einzigen Güter, die man hier anbieten konnte, waren Krankheiten, Läuse und gute Vorsätze.
Aber Messer hatte sich geirrt. Der Mann wollte nichts haben, er hatte etwas zu geben. Er legte eine Panzerfaust auf die Schulter und feuerte ohne eine Sekunde zu vergeuden. Mit einem kurzen Wummern hielt der Geschosskopf auf die Dschunke zu.
Scheiße!
Zu mehr kam Kurt nicht. Er warf sich flach auf das Deck, als auch schon der Einschlag erfolgte. Der Heckaufbau wurde voll getroffen und löste sich in einer Fontäne aus Holzsplittern auf.