08-23-2010, 09:41 PM
Inzwischen waren sie vier lange Tage auf See. Tage an deren Anfang der Sturm gestanden hatte, welcher wie ein Strohfeuer abgebrannt war und schon vor Morgengrauen wieder genauso plötzlich verschwand wie er entstand. Nur um vom genauen Gegenteil abgelöst zu werden, der Monotonie einer tätigkeitslosen Reise. Zu sehen gab es nicht viel, sah man einmal von den anderen Dschunken und dem ehemaligen Kriegsschiff ab, welches immer nur gerade eben am Horizont auszumachen war.
Kogan hatte beschlossen auf Deck zu bleiben und dem Laderaum die frische Luft vorzuziehen, welche das Prädikat “frisch“ auch mehr und mehr verdiente, je weiter sie sich vom Festland entfernten. Das hatte sie zwar der kalten Nachtluft ausgeliefert, erwies sich aber ansonsten als gute Wahl. Schon nach etwa zwei Tagen hatte sich gezeigt das die Menschen im Laderaum Probleme mit der Gesundheit bekamen. Dafür gab es freilich mehrere Faktoren. Das Wasser stammte aus mitgeführten Tanks, war gefiltert und vermutlich sauberer als das was ein Großteil der Reisenden sonst so trank. Jedoch reichte es eben nur zum Trinken und konnte unmöglich auch noch für die Körperhygiene herangezogen werden. Zwar hätte man einfach einen Eimer ins Meer hinablassen können, doch noch trauten die Meisten dem salzigen Nass nicht und fürchteten die Chemikalien, welches dieses enthalten mochte.
Der Abort befand sich unterhalb des hinteren Aufbaus und war kaum mehr als ein primitives Plumpsklo und damit ein Trägerschiff für allerlei Keime. Hinzu kam die permanenten Feuchtigkeit unter Deck. Auch hatte der Kapitän unter Strafe verboten auf seinem Schiff ein Feuer zu entfachen und so musste der Proviant, wenn auch reichlich vorhanden, kalt genossen werden. In wieweit die Anwesenheit Pestors zu den aufkommenden Beschwerden beitrug mochte das Großväterchen allein wissen. Machte der Fürst auch keine Bemerkung in diese Richtung, so achtete er doch darauf das immer jemand anderes das Essen aus der Speisekammer holte.
Dabei waren es keinesfalls tödliche Krankheiten, die den Pilgern zu schaffen machen. Keine Epidemien oder gefürchteten Seuchen. Doch viele der Kreuzfahrer waren alt oder ohnehin geschwächt und so blieb es nicht aus das jeden Tag ein oder zwei Körper der See anvertraut werden mussten. Beobachtungen der anderen Dschunken zeigten das auch ab und an ein verschnürtes Bündel in Menschengröße über Bord ging. Begleitet von Gebeten und frommen Gesängen.
Der vierte Tag brach also an und die drei anderen Schiffe zeichneten sich nur als Schemen im allmorgendlichen Nebel ab. Gerade war das „Lob dir im golden Throne“ verstummt, was jeden morgen die Imperatorgefälligen erfreute und die Chaosdiener quälte. Die Gruppe aus Warpdienern hatte ihr Lager etwas erweitert, so das alle in relativer Trockenheit unter den ausgegebenen Wolldecken nächtigen konnten.
Kogan hatte das Fehlen der Seherin auch auf fleischliche Weise zu spüren bekommen und mit dem Gedanken gespielt Selenja, Ayris oder gar beide zur Abhilfe dieses Umstands heranzuziehen. Doch zum einen hatte er sich vorgenommen die nächste Erleichterung in der Beendigung eines Lebens zu finden, zum anderen hätte es unter all diesen frommen Gestalten möglicherweise für zu viel Aufsehen gesorgt wenn er eine Privatorgie veranstaltet. Hinzu kam das er bezweifelte das eine dieser beiden Niederen an die Kunstfertigkeit der Warpweberin heranreichte. Somit kam sich der Fürst Rasankurs an diesem vierten Tag schon beinahe selber wie ein Asket vor.
Gerade hatte er das widerwärtig kalte Essen vertilgt, welches ihnen in Form von Dosenfleisch und mehrmals gebackenem Brot kredenzt, als eine panische Frau auf das Oberdeck gestürzt kam und die morgendliche Ruhe störte.
Ein Heiler! Rief sie aufgelöst und eilte ziellos zwischen den klein Grüppchen aus Pilgern hin und her. Ob bitte, bei Terras Gnade, ein Arzt oder Heiler... ein Sanitäter... irgendjemand... mein Vater stirbt sonst...
Kogan entrang sich ein schnaubendes Lachen. Doch nicht weil er das Leid dieses Mädchens spottete, derartiges berührte ihn auf keinste Weise, nicht einmal auf gehässige. Sein Hohn galt den Pilgern, welche betreten wegsahen oder plötzlich in so innige Gespräche vertieft schienen das die Gnadengesuche der Frau nicht an ihr Ohr drangen. Noch vor fünf Minuten hatten sie von Nächstenliebe und Brüderlichkeit geträllert und jetzt befürchtete scheinbar jeder sich das einzufangen, an dem der Vater dieser da gerade verreckte.
Endlich kam die Frau auch zur Lagerstätte der Chaosdiener und Kogan wollte ihr gerade gebieten zu verschwinden, als zu seiner Überraschung Pestor auf das Flehen reagierte. Mit einer seiner üblichen, flapsigen Bemerkungen erhob er sich und folgte der Verzweifelten, die ihn regelrecht zur Treppe in den Bauch des Schiffes zerrte.
Unter Deck:
Jene Kranken, von denen man annehmen konnte das sie das Ende der Reise nicht mehr miterleben würden, lagen so separat wie es die Gegebenheiten erlaubten. Auf einigen Säcken und Taurollen waren vor allem sehr junge und sehr alte Menschen gebettet. Ein fleckiger Vorhang aus Segeltuch schirmte die Blicke und Gewissensbisse recht passabel ab. Wasser und den gelegentlichen Segen eines vorbei eilenden Priesters war alles was man für sie erübrigen konnte. Zwar gab es Erste Hilfe Ausstattung, aber diese war mehr für die Behandlungen von Kampfverletzungen gedacht und nicht zum Wirken gegen Krankheiten als solche.
Pestor offenbarte sich ein Mann dem selbst ein Spitalaufenthalt und ein ganzes Team Ärzte nicht mehr hätten retten können. Der Blick des Alten ging bereits ins Leere, sein Atem kam flach zwischen den rissigen Lippen hervor und da wo sein Gesicht nicht von dem verfilzten Bart bedeckt war glänzte kalter Schweiß. Sein Hauch schien schon den Pestgestank des Grabes vorwegzunehmen.
Händeringend stand die trauernde Tochter hinter dem Mann, denn man vermutlich als allerletztes am Krankenbett eines Familienangehörigen haben wollte. Ihre Besorgnis schien sie jedoch nicht unempfindlich gegen die Aufregung zu machen, welche urplötzlich und von Jetzt auf Gleich vom Laderaum Besitz ergriff. Irgendwer rief von oben das sich etwas Unglaubliches abspielte. Dann war die Rede von einem Zeichen oder Wunder, welche Reih um ging. Ein mittelschwerer Tumult brach aus als alles gleichzeitig nach oben zu gelangen versuchte. Auch die Tochter des Todgeweiten ließ sich vom Fanatismus und eine Aussicht auf ein leibhaftiges Wunder, mitreißen. Das Schicksal ihres Erzeugers wurde in den Hintergrund gedrängt und sie schloss sich den hinaufströmenden Pilgern an. Kurz darauf war der Nurgeldiener mit den Erzeugnissen seines Patrons und den huschenden Ratten allein. Der Alte flüsterte etwas, ein Wispern, leise wie der Wind in den Ästen eines ersterbenden Baums...
Oberdeck:
An Deck hatte der Aufruhr seinen Anfang genommen, als ein Pilger, dessen furchtbare Seekrankheit ihn seit einer Stunde zur Verlobung mit der Reling zwang, etwas im Wasser beobachtet hatte. Ein glucksender Ausruf hatte die Neugier einiger Anderer geweckt und da dies weniger Eigeninitiative als bei der hysterischen Frau verlangte, war man eher bereit sich die Zeit damit zu vertreiben. Wie sich herausstellte war der fromme Mann nicht seiner Fantasie zum Opfer gefallen, oder hatte sein eigenes Erbrochenes für ein maritimes Phänomen gehalten. Auch andere bestätigten jetzt die sonderbare Sichtung, riefen und deuteten mit ausgestreckten Armen in die grün- grauen Fluten. Etwas wahrhaft Gewaltiges wölbte das Wasser, schwarz umrissen, wieder im Nebel verschwunden, nur um wieder erkennbar zu werden.
Sogleich waren einige Eiferer dabei ein Wunder zu verkünden. Selbst die Kreaturen der See zollten dem heiligen Vorhaben ihren Respekt. Auch der Gegenpart fehlte freilich nicht, welcher eindeutig finsterer Kräfte am Werk sah, immer erpicht darauf die Wanderer auf dem Pfad der Tugend zu prüfen. Nun muss dazugesagt werden, dass beide Fraktionen auch das Umfallen eines Putzeimers als göttlichen Wink zu deuten vermocht und vermutlich auch getan hätten. Es sprach für die anderen Kreuzzügler, dass sie sich zum Großteil nicht von diesem Interpretationswahn verführen ließen. Die Meisten starrten einfach nur gebannt und von der Ehrfurcht des Landbewohners gegenüber der Meereskreatur ergriffen, auf das, was immer sich da zwischen den Rümpfen der Dschunke bewegen mochte.
Dieses Interesse machte jedoch schnell einer unbestimmten Panik Platz, als der schwarze Fleck auf das, plötzlich sehr zerbrechlich wirkende, Holzschiff zuhielt. Erschrockenes Keuchen wurde von Schreien abgelöst.
Allein das Ding tauchte unter der Dschunke durch und das Gefährt schlingerte regelrecht als alles auf die andere Seite rannte.
Dort endlich zeigte es sich.
ANOMALOCARIS!
Schrie der Matrose, welcher wie ein Affe am korblosen Mast hing und wild mit den Armen fuchtelte. Als ob jemand das Objekt seines Rufs hätte übersehen können. Das er jedoch dieses komplizierte Wort absolut akzentfrei ausstieß, obwohl es so gar nicht in die zwitschernde Sprachwelt seiner Heimatregion passen wollte, mochte das ein oder andere aussagen.
Das Wesen jedenfalls katapultierte sich regelrecht aus dem Wasser. Ein Umstand der unmöglich anmutete, besah man sich nur die Masse, dieser grotesken Kreatur. Es war um einiges größer als ihre Dschunke und musste aus den schwärzesten Abgründen des Ozeans emporgestiegen sein. Kein Fisch oder im Meer lebendes Säugetier ließ sich mit diesem Leviatan vergleichen. Seine Kraft gewann es durch Flossen, oder etwas ähnlichem, die in Wellenbewegungen rund um den flachen Leib liefen. Dieser wiederum war von einem dicken, schwarz schimmernden Panzer geschützt, welcher an Krustentiere gemahnte.
Die Augen, wenn man denn derart seelenlose Instrumente des Sehens überhaupt so nennen durfte, ruhten auf Erhebungen, Stielen, welche dem Ungeheuer jeglichen gewohnten Habitus raubten. Das Schlimmste jedoch waren die furchtbaren Fress- und Fangwerkzeuge, welche den Kopf zierten. Biegsame Mischungen zwischen Antennenanhängseln und der Vorform der Tentakel, zusätzlich mit armlangen Dornen besetzt. Dieses Bollwerk der Evolutionsverweigerung hatte sich nun also an die Oberfläche einer Welt begeben, die ein anmaßender Mensch zu beherrschen glaubte.
Geradezu surreal hing es für einen Wimpernschlag im reduzierten Raum aus Meer und Nebel. Dann krachte es mit der Gewalt eines vom Gletscher abbrechenden Eisberges wieder auf die Oberfläche. Das eben noch ruhige Wasser türmte sich auf, wurde wieder zum schäumen gebracht als Anomalocaris die Wogen durchbrach.
Dann kollidierte es mit der Dschunke...
Kein unabsichtlicher Aufprall, sondern das Wirken eines räuberischen Verstandes, gerichtet gegen eine wehrlose Beute. Fast augenblicklich bekam das Pilgerschiff Schlagseite. Menschen stürzten schreiend über Bord, das gequälte Gefährt ächzte in seinen Grundfesten. Doch sein Henker zeigte keine Gnade. Wieder richtete sich die Monstrosität auf, schlug diesmal jedoch nicht auf das Wasser, sondern begrub die Dschunke unter sich. Der Mast splitterte, schon schwappte Wasser über den Rand, des niedergedrückten Schiffes. Das Brechen von Holz verwob sich mit dem Todeskreichen der Passagiere, von den herumpeitschenden Kopfwerkzeugen ergriffen und in den kreisrunden Schlund gestopft. Das Knirschen der Knochen drang bis an Kogans Ohr, der ebenfalls fasziniert am Schanzkleid lehnte. Ihre Dschunke war verschont geblieben, war das Untier doch unter ihnen hinweggetaucht. Stille herrschte an Bord, nur die höllischen Geräusche der unglücklichen Kreuzfahrer und ihrer Nemesis schwappten zu ihnen her, durch den Nebel auf merkwürdige Weise verzerrt.
Als Kogan sprach klangen seine Worte dumpf und rau und was er sagte trieb über die Wellen ins weiße Nichts.
Wenn er sich erhebt, so entsetzen sich die Starken. Wenn man zu ihm will mit dem Schwert, so regt er sich nicht. Er macht, daß der tiefe See siedet wie ein Topf. Auf Erden ist seinesgleichen niemand, er ist gemacht, ohne Furcht zu sein. Er verachtet alles, was hoch ist.
Kogan hatte beschlossen auf Deck zu bleiben und dem Laderaum die frische Luft vorzuziehen, welche das Prädikat “frisch“ auch mehr und mehr verdiente, je weiter sie sich vom Festland entfernten. Das hatte sie zwar der kalten Nachtluft ausgeliefert, erwies sich aber ansonsten als gute Wahl. Schon nach etwa zwei Tagen hatte sich gezeigt das die Menschen im Laderaum Probleme mit der Gesundheit bekamen. Dafür gab es freilich mehrere Faktoren. Das Wasser stammte aus mitgeführten Tanks, war gefiltert und vermutlich sauberer als das was ein Großteil der Reisenden sonst so trank. Jedoch reichte es eben nur zum Trinken und konnte unmöglich auch noch für die Körperhygiene herangezogen werden. Zwar hätte man einfach einen Eimer ins Meer hinablassen können, doch noch trauten die Meisten dem salzigen Nass nicht und fürchteten die Chemikalien, welches dieses enthalten mochte.
Der Abort befand sich unterhalb des hinteren Aufbaus und war kaum mehr als ein primitives Plumpsklo und damit ein Trägerschiff für allerlei Keime. Hinzu kam die permanenten Feuchtigkeit unter Deck. Auch hatte der Kapitän unter Strafe verboten auf seinem Schiff ein Feuer zu entfachen und so musste der Proviant, wenn auch reichlich vorhanden, kalt genossen werden. In wieweit die Anwesenheit Pestors zu den aufkommenden Beschwerden beitrug mochte das Großväterchen allein wissen. Machte der Fürst auch keine Bemerkung in diese Richtung, so achtete er doch darauf das immer jemand anderes das Essen aus der Speisekammer holte.
Dabei waren es keinesfalls tödliche Krankheiten, die den Pilgern zu schaffen machen. Keine Epidemien oder gefürchteten Seuchen. Doch viele der Kreuzfahrer waren alt oder ohnehin geschwächt und so blieb es nicht aus das jeden Tag ein oder zwei Körper der See anvertraut werden mussten. Beobachtungen der anderen Dschunken zeigten das auch ab und an ein verschnürtes Bündel in Menschengröße über Bord ging. Begleitet von Gebeten und frommen Gesängen.
Der vierte Tag brach also an und die drei anderen Schiffe zeichneten sich nur als Schemen im allmorgendlichen Nebel ab. Gerade war das „Lob dir im golden Throne“ verstummt, was jeden morgen die Imperatorgefälligen erfreute und die Chaosdiener quälte. Die Gruppe aus Warpdienern hatte ihr Lager etwas erweitert, so das alle in relativer Trockenheit unter den ausgegebenen Wolldecken nächtigen konnten.
Kogan hatte das Fehlen der Seherin auch auf fleischliche Weise zu spüren bekommen und mit dem Gedanken gespielt Selenja, Ayris oder gar beide zur Abhilfe dieses Umstands heranzuziehen. Doch zum einen hatte er sich vorgenommen die nächste Erleichterung in der Beendigung eines Lebens zu finden, zum anderen hätte es unter all diesen frommen Gestalten möglicherweise für zu viel Aufsehen gesorgt wenn er eine Privatorgie veranstaltet. Hinzu kam das er bezweifelte das eine dieser beiden Niederen an die Kunstfertigkeit der Warpweberin heranreichte. Somit kam sich der Fürst Rasankurs an diesem vierten Tag schon beinahe selber wie ein Asket vor.
Gerade hatte er das widerwärtig kalte Essen vertilgt, welches ihnen in Form von Dosenfleisch und mehrmals gebackenem Brot kredenzt, als eine panische Frau auf das Oberdeck gestürzt kam und die morgendliche Ruhe störte.
Ein Heiler! Rief sie aufgelöst und eilte ziellos zwischen den klein Grüppchen aus Pilgern hin und her. Ob bitte, bei Terras Gnade, ein Arzt oder Heiler... ein Sanitäter... irgendjemand... mein Vater stirbt sonst...
Kogan entrang sich ein schnaubendes Lachen. Doch nicht weil er das Leid dieses Mädchens spottete, derartiges berührte ihn auf keinste Weise, nicht einmal auf gehässige. Sein Hohn galt den Pilgern, welche betreten wegsahen oder plötzlich in so innige Gespräche vertieft schienen das die Gnadengesuche der Frau nicht an ihr Ohr drangen. Noch vor fünf Minuten hatten sie von Nächstenliebe und Brüderlichkeit geträllert und jetzt befürchtete scheinbar jeder sich das einzufangen, an dem der Vater dieser da gerade verreckte.
Endlich kam die Frau auch zur Lagerstätte der Chaosdiener und Kogan wollte ihr gerade gebieten zu verschwinden, als zu seiner Überraschung Pestor auf das Flehen reagierte. Mit einer seiner üblichen, flapsigen Bemerkungen erhob er sich und folgte der Verzweifelten, die ihn regelrecht zur Treppe in den Bauch des Schiffes zerrte.
Unter Deck:
Jene Kranken, von denen man annehmen konnte das sie das Ende der Reise nicht mehr miterleben würden, lagen so separat wie es die Gegebenheiten erlaubten. Auf einigen Säcken und Taurollen waren vor allem sehr junge und sehr alte Menschen gebettet. Ein fleckiger Vorhang aus Segeltuch schirmte die Blicke und Gewissensbisse recht passabel ab. Wasser und den gelegentlichen Segen eines vorbei eilenden Priesters war alles was man für sie erübrigen konnte. Zwar gab es Erste Hilfe Ausstattung, aber diese war mehr für die Behandlungen von Kampfverletzungen gedacht und nicht zum Wirken gegen Krankheiten als solche.
Pestor offenbarte sich ein Mann dem selbst ein Spitalaufenthalt und ein ganzes Team Ärzte nicht mehr hätten retten können. Der Blick des Alten ging bereits ins Leere, sein Atem kam flach zwischen den rissigen Lippen hervor und da wo sein Gesicht nicht von dem verfilzten Bart bedeckt war glänzte kalter Schweiß. Sein Hauch schien schon den Pestgestank des Grabes vorwegzunehmen.
Händeringend stand die trauernde Tochter hinter dem Mann, denn man vermutlich als allerletztes am Krankenbett eines Familienangehörigen haben wollte. Ihre Besorgnis schien sie jedoch nicht unempfindlich gegen die Aufregung zu machen, welche urplötzlich und von Jetzt auf Gleich vom Laderaum Besitz ergriff. Irgendwer rief von oben das sich etwas Unglaubliches abspielte. Dann war die Rede von einem Zeichen oder Wunder, welche Reih um ging. Ein mittelschwerer Tumult brach aus als alles gleichzeitig nach oben zu gelangen versuchte. Auch die Tochter des Todgeweiten ließ sich vom Fanatismus und eine Aussicht auf ein leibhaftiges Wunder, mitreißen. Das Schicksal ihres Erzeugers wurde in den Hintergrund gedrängt und sie schloss sich den hinaufströmenden Pilgern an. Kurz darauf war der Nurgeldiener mit den Erzeugnissen seines Patrons und den huschenden Ratten allein. Der Alte flüsterte etwas, ein Wispern, leise wie der Wind in den Ästen eines ersterbenden Baums...
Oberdeck:
An Deck hatte der Aufruhr seinen Anfang genommen, als ein Pilger, dessen furchtbare Seekrankheit ihn seit einer Stunde zur Verlobung mit der Reling zwang, etwas im Wasser beobachtet hatte. Ein glucksender Ausruf hatte die Neugier einiger Anderer geweckt und da dies weniger Eigeninitiative als bei der hysterischen Frau verlangte, war man eher bereit sich die Zeit damit zu vertreiben. Wie sich herausstellte war der fromme Mann nicht seiner Fantasie zum Opfer gefallen, oder hatte sein eigenes Erbrochenes für ein maritimes Phänomen gehalten. Auch andere bestätigten jetzt die sonderbare Sichtung, riefen und deuteten mit ausgestreckten Armen in die grün- grauen Fluten. Etwas wahrhaft Gewaltiges wölbte das Wasser, schwarz umrissen, wieder im Nebel verschwunden, nur um wieder erkennbar zu werden.
Sogleich waren einige Eiferer dabei ein Wunder zu verkünden. Selbst die Kreaturen der See zollten dem heiligen Vorhaben ihren Respekt. Auch der Gegenpart fehlte freilich nicht, welcher eindeutig finsterer Kräfte am Werk sah, immer erpicht darauf die Wanderer auf dem Pfad der Tugend zu prüfen. Nun muss dazugesagt werden, dass beide Fraktionen auch das Umfallen eines Putzeimers als göttlichen Wink zu deuten vermocht und vermutlich auch getan hätten. Es sprach für die anderen Kreuzzügler, dass sie sich zum Großteil nicht von diesem Interpretationswahn verführen ließen. Die Meisten starrten einfach nur gebannt und von der Ehrfurcht des Landbewohners gegenüber der Meereskreatur ergriffen, auf das, was immer sich da zwischen den Rümpfen der Dschunke bewegen mochte.
Dieses Interesse machte jedoch schnell einer unbestimmten Panik Platz, als der schwarze Fleck auf das, plötzlich sehr zerbrechlich wirkende, Holzschiff zuhielt. Erschrockenes Keuchen wurde von Schreien abgelöst.
Allein das Ding tauchte unter der Dschunke durch und das Gefährt schlingerte regelrecht als alles auf die andere Seite rannte.
Dort endlich zeigte es sich.
ANOMALOCARIS!
Schrie der Matrose, welcher wie ein Affe am korblosen Mast hing und wild mit den Armen fuchtelte. Als ob jemand das Objekt seines Rufs hätte übersehen können. Das er jedoch dieses komplizierte Wort absolut akzentfrei ausstieß, obwohl es so gar nicht in die zwitschernde Sprachwelt seiner Heimatregion passen wollte, mochte das ein oder andere aussagen.
Das Wesen jedenfalls katapultierte sich regelrecht aus dem Wasser. Ein Umstand der unmöglich anmutete, besah man sich nur die Masse, dieser grotesken Kreatur. Es war um einiges größer als ihre Dschunke und musste aus den schwärzesten Abgründen des Ozeans emporgestiegen sein. Kein Fisch oder im Meer lebendes Säugetier ließ sich mit diesem Leviatan vergleichen. Seine Kraft gewann es durch Flossen, oder etwas ähnlichem, die in Wellenbewegungen rund um den flachen Leib liefen. Dieser wiederum war von einem dicken, schwarz schimmernden Panzer geschützt, welcher an Krustentiere gemahnte.
Die Augen, wenn man denn derart seelenlose Instrumente des Sehens überhaupt so nennen durfte, ruhten auf Erhebungen, Stielen, welche dem Ungeheuer jeglichen gewohnten Habitus raubten. Das Schlimmste jedoch waren die furchtbaren Fress- und Fangwerkzeuge, welche den Kopf zierten. Biegsame Mischungen zwischen Antennenanhängseln und der Vorform der Tentakel, zusätzlich mit armlangen Dornen besetzt. Dieses Bollwerk der Evolutionsverweigerung hatte sich nun also an die Oberfläche einer Welt begeben, die ein anmaßender Mensch zu beherrschen glaubte.
Geradezu surreal hing es für einen Wimpernschlag im reduzierten Raum aus Meer und Nebel. Dann krachte es mit der Gewalt eines vom Gletscher abbrechenden Eisberges wieder auf die Oberfläche. Das eben noch ruhige Wasser türmte sich auf, wurde wieder zum schäumen gebracht als Anomalocaris die Wogen durchbrach.
Dann kollidierte es mit der Dschunke...
Kein unabsichtlicher Aufprall, sondern das Wirken eines räuberischen Verstandes, gerichtet gegen eine wehrlose Beute. Fast augenblicklich bekam das Pilgerschiff Schlagseite. Menschen stürzten schreiend über Bord, das gequälte Gefährt ächzte in seinen Grundfesten. Doch sein Henker zeigte keine Gnade. Wieder richtete sich die Monstrosität auf, schlug diesmal jedoch nicht auf das Wasser, sondern begrub die Dschunke unter sich. Der Mast splitterte, schon schwappte Wasser über den Rand, des niedergedrückten Schiffes. Das Brechen von Holz verwob sich mit dem Todeskreichen der Passagiere, von den herumpeitschenden Kopfwerkzeugen ergriffen und in den kreisrunden Schlund gestopft. Das Knirschen der Knochen drang bis an Kogans Ohr, der ebenfalls fasziniert am Schanzkleid lehnte. Ihre Dschunke war verschont geblieben, war das Untier doch unter ihnen hinweggetaucht. Stille herrschte an Bord, nur die höllischen Geräusche der unglücklichen Kreuzfahrer und ihrer Nemesis schwappten zu ihnen her, durch den Nebel auf merkwürdige Weise verzerrt.
Als Kogan sprach klangen seine Worte dumpf und rau und was er sagte trieb über die Wellen ins weiße Nichts.
Wenn er sich erhebt, so entsetzen sich die Starken. Wenn man zu ihm will mit dem Schwert, so regt er sich nicht. Er macht, daß der tiefe See siedet wie ein Topf. Auf Erden ist seinesgleichen niemand, er ist gemacht, ohne Furcht zu sein. Er verachtet alles, was hoch ist.
Name: Kogan, Fürst des Chaos
Rasse: Mensch (mehr oder weniger)
Alter: um die 40 Standardjahre (hat aber Zeit im Warp verbracht, was diese Zeitrechnung etwas obsolet macht)
Größe: 2,20m
Zugehörigkeiten: Chaos
Aussehen: muskelbepackter Hüne, langes schwarzes Haar, Schläfen ausrasiert. Ritualnarben im Gesicht sowie eine Tätowierung in der dunklen Sprache (sinngemäß: “It's better to burn out than to fade away!“ ), Drachensymbol in die Brust gebrannt
Kleidung: Schwere Plattenrüstung (Drachenrüstung) ansonsten prunkvolle Gewänder.
Ausrüstung: Stachelaxt, zwei überdimensionale Steinschlosspistolen
Segnungen: Dämonenstärke, unnatürliche Zähigkeit, Regeneration bei Nähe zu Rasankur
Begleiter: Grunz