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Badlands "Machandul"
#6
Ungefähr eine gute Stunde später befand sich Ayris wieder in dem Schuppen des Lagermeisters und stöberte die Gestelle nach brauchbaren Materialen durch. Wie schon bei ihrer vorherigen Inspektion fielen ihr erneut eine Menge Dinge ins Auge welche ihnen die folgenden Tage in der Wüstenei und auf Koron im generellen essentiell erleichtert hätten, aber das kleine Vermögen das ihr durch einen zuvorkommenden, wenn auch nicht berechneten, Zwischenfall in die Hände gefallen war reichte nicht im Entferntesten aus um sich dermaßen zu bereichern, dementsprechend blieb es dabei das sie den Großteil der nützlichen Gegenstände die einsam und verloren in den Regalen lagen nur mit einem sehnsüchtigen Blick streifte und ihre Gefälligkeit dazu zwang sich lediglich auf das erforderlichste zu richten. Also schritt sie die metallenen Trägerskelette ab, nahm hier etwas heraus, kramte dort etwas hervor, blies Staub von Oberflächen oder schüttelte ihn von den erwerbbaren Elementen. Am Ende ihres Raubzuges durch das Geschäft hoffte sie darauf eine möglichst einträgliche Ausbeute gemacht zu haben.

Rayf Mohandai kassierte soeben eine einen anderen Kunden ab als sie mit beladenen Armen zu seinem massiven Tresen trat. Der Kunde, ein grobschlächtig wirkender Glatzkopf dessen hintere Schädelplatte von dunklen Rissen überzogen schien, wie als hätte einst jemand versucht ihm diesem mit einem schweren Objekt aufzuknacken, überreichte dem Depotmeister gerade eine Kiste, deren klirrender Inhalt wohl auf eine empfindsame Ware hindeutete. Im Widerspiel erhielt er dafür vom Ladenbesitzer einen Stapel bunt bedruckter Schachteln. Der Klotz von einem Mann griff nach einer der Verpackungseinheiten, schob sie auf, examinierte mit einem Blick dessen Einlage und schien dann glücklich gestellt. Zumindest konnte man dies einem leichten, kaum merklichen Wölben seiner Mundwinkel anerkennen, die sich in die Horizontale hoben.
Als zweite in der Schlange und geduldige Kundin, denn wer wollte es sich schon mit einem Kaufmann verderben bevor man überhaupt zum geschäftlichen Teil des Besuches gekommen war, bewahrte sie ihren Abstand bei und konnte daher nicht feststellen was die farbenreichen Packungen bargen die dem Muskelberg ausgehändigt worden waren. Anstandshalber fragte sie natürlich auch nicht danach, es gehörte ebenfalls zum guten Ton sich nicht in die Geschäfte andere Leute einzumischen, besonders nicht an Orten wie diesen. Im übertragenen Sinne war es immer von Vorteil sich blind zu geben. Endlich war der Deal abgeschlossen, der kahle Hüne brummte oder grunzte etwas Einvernehmendes, den Laut mochte man fast als warmherzig und dankbar bezeichnen, versiegelte wieder seine beaufsichtigte Schachtel und fütterte anschließend einen braunen abgewetzten Umhängebeutel mit der erstandenen Ware. Beide Geschäftspartner nickten sich noch einmal verabschiedend zu, dann trottete der fleischige Mann Richtung Tür, die er überproportional stark öffnete, sodass sie scheppernd gegen die Außenwand schlug und dann quietschend zurück ins Schloss knallte. Für eine kurze Zeit erhellte ein Streifen grelles Sonnenlicht das schummrige Innere des weitläufigen Stau- und Verkaufsraumes, dann wurde es wieder düsterer, was nicht einmal unangenehm war.

Ayris manikürte ihre Erscheinung vor dem Lagerleiter mit einem feinen Lächeln, einem Jahrelang einstudierten Lächeln der Händlergesinnung, was bei weitem nicht jedem gelang der in dem kalten Metier der Wirtschaft arbeitete. Es war eine vorgetäuschte Emotion die ihr Gesicht verzehrte damit es dem Gegenüber freundlich dünkte, eine Vorspieglung abstinenter Gefühle die fremde Personen beeinflussen und täuschen konnte, so das sie eine gemeinsame Basis empfanden die in Wirklichkeit nicht im geringsten existierte. In ihrer Jugend, der Jugend auf Azazer Decimus, in der sie noch eine Familie gehabt hatte die über ein erfolgreiches Unternehmen waltete, hatte sie dieses Lächeln bereits recht wirkungsvoll einzusetzen gewusst, hatte seine Nuancen und deren Effekt an den verschiedensten Pedanten erprobt, aber erst im Bett des Oberstleutnants eines Hochsicherheitsgefängnisses am Rand der Galaxie brachte sie es zur wahren Perfektion. Eine deprimierende Entwicklung.
Hm, eine impulsive Eruption mäßig unterdrückter Kraft scheint mir.“ scherzte die schwarzhaarige Fremdweltlerin und platzierte ihre Auswahl auf dem relativ sauberen Thekentisch.

Rayf Mohandai bedachte ihr höfliches Auftreten seinerseits mit einem manierlichen Blankziehen seiner weißen Zahnreihen, die unnatürlich hell aus seinem dunkelhäutigen Gesicht hervorstachen und klamüserte mit fachkundiger Hand die Zusammenstellung an Kleiderstücken auseinander die sie sich angestrengt aus seinen Beständen zusammengesucht hatte. „Fistus ist ein feiner Kerl, etwas schwer von Begriff, nicht der schnellste im Denken, zwischen der Verbindung seines Hirns und seinen kognitiven Fähigkeiten hapert es für gewöhnlich, aber was soll man auch anderes erwarten nachdem so ein Krootgeier seinen Kopf mit dem Ei eines Rivalen verwechselte… grenzt an ein verdammten Wunder das er es überhaupt überlebt hat. Jobs im Rand, signifikant solche die die Erforschung von Urzeitwelten miteinschließen bergen nun mal ein großes Gefahrenpotenzial und sind absolut nichts für Weicheier.

Erwartungsgemäß war es spielend einfach ein Gespräch zu beginnen solange andere Wesen in dessen Mittelpunkt standen. Unterdessen der Krämer die Qualität der unterschiedlichen Kleider abwog, stützte sich Ayris leger auf die überhängende Ladentheke und schielte neugierig über deren Kante. „Jedenfalls offenbart er Geschmack, Mordianischen Schnaps?

Rayfs inneren Brauenenden wanderten überrascht in die Höhe. „Nicht schlecht. Sie scheinen sich auszukennen. Ja, in der Tat. Eine Schwäche von mir wie ich zugeben muss, aber erzählen sie es nicht weiter, sonst kommen später noch alle damit an und ich weiß nicht ob der vermehrte Konsum meiner Gesundheit förderlich wäre. Eher nicht… bestimmt würde irgendein Bastard versuchen mir eine giftige Pampe unterzujubeln an der ich elendig krepieren würde woraufhin er dann meinen netten Laden übernehmen könnte.“ Er zwinkerte ihr launig zu. „Nein, ich bleibe lieber meinem Stammlieferanten treu, Fistus denkt nicht in so niederträchtigen Bahnen. Er besorgt mir was ich brauche, dafür erhält er von mir das Nötige um in dieser Scheißwelt weiter akzeptabel leben zu können. Etwas das die Schmerzen in seinem Kopf niederdrückt damit er nicht ständig das Gefühl hat das im jeden Moment der Schädel explodiert.

Die Azazernerin nickte verstehend, für einige Sekunden funkelte sogar echtes Mitleid in ihren Augen, was sie dann jedoch wieder rasch verscheuchte. Jedes einzelne Lebewesen hatte seine Bürden und Missstände zu tragen, jeder musste zusehen dass er selbst damit klarkam. Es gab derart viel Leid im Kosmos das einem die Gehirndecke schon weh tat wenn man nur daran dachte und nicht einmal der große, allmächtige Gottimperator vermochte daran auch nur das spärlichste zu ändern, vielmehr war er ihrer Meinung nach einer der schlimmsten Miterzeuger. Am klügsten war es all das schlicht und einfach auszuklammern. „Es ist schön zu hören dass sie sich gegenseitig die Treue halten. Das macht sie zu zweien der wenigen wahren Menschen auf diesem Höllenplaneten die sich einen letzten Rest von Anstand und Würde bewahrt haben. Ich… habe Ihnen noch gar nicht dafür gedankt dass sie uns Unterschlupf gewährt haben, das möchte ich hiermit aufrichtig tun. Natürlich weiß ich das Worte allein nicht ausreichen, mittlerweile konnte ich ein wenig Geld auftreiben, für die nächste Nacht kann ich also bezahlen.

Rayf Mohandai sah von den Sachen auf und musterte sie kurz mit einem Blick, der in Ayris sofort den Eindruck entstehen ließ das sich der Ladeninhaber wohl fragte wie sie sich die Zahlungsmittel in so knapper Zeit beschafft hatte. Ob durch „ehrliche“ Arbeit oder einen infamen Verdienst. Dennoch sprach er seine Gedanken nicht aus und die Flüchtige war ihm hierfür ziemlich dankbar, wenngleich er sie nun etwas bedächtiger beschaute. Schließlich war er mit seiner Einschätzung fertig und nannte wohltätig lächelnd einen Preis. Da sie um den Betrag ihres Wertetuis wusste, kam Ayris nicht umhin die Summe als tolerant kalkuliert zu betrachten und bezahlte sie ohne Umschweife und ohne groß zu feilschen. Im Stillen hatte sie angenommen das die Münzen des betrunkenen Kerls den sie ausgeraubt hatte, nicht für eine neuen Aufzug samt Kostendeckung einer weiteren Nachtunterbringung genügen würden, doch der Depotmeister schien ein sanftes Gemüt zu besitzen, zumindest ihnen gegenüber. „Dann hätten wir das erledigt. Nichts ist herrlicher und erbaulicher als die Schatten der Vergangenheit von sich abzuschütteln. Jetzt haben sie die Gelegenheit dazu, ich hoffe sie nehmen sie auch wahr.“ sagte er hintergründig während er mit der einen Hand die Schekel in einem Geheimfach des Tresens verschwinden ließ und mit der anderen ihr das frisch erworbene Hab und Gut zuschob. „Ach ja, ist schon bisschen her das ich das Zeug habe waschen lassen, als tun sie sich selbst einen Gefallen und spülen sie es noch einmal ordentlich durch wenn sie nicht als Sporenkolonie enden wollen.“ Noch ein Zwinkern zum vorläufigen Abschied, dann bückte er sich, hob die Kiste mit dem hochgeschätzten Mordianer auf und stiefelte in die hinteren, nicht frei zugänglichen, Räumlichkeiten.
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