Gravball – Mehr als ein Spiel
Gravball ist der koronische Sport schlechthin.
Jeder kennt Gravball, jeder hat seinen Lieblingsspieler und seine Lieblingsarena. Und hat er es nicht, dann hasst er den Sport, seine Kommerzialisierung und seine Ablenkung von wichtigen Dingen mit der gleichen Inbrunst, wie der größte Fan ihn liebt.
Dabei ist es erstaunlich, wie groß die Polarisierung des Spieles gerade in der mittleren Gesellschaftsschicht ist. Hier erfreut er sich größter Beliebtheit, obwohl der gemeine Bürger selbst gar nicht Möglichkeit hat, ihn zu spielen. Denn Gravball erfordert nicht nur außergewöhnliche körperliche Fähigkeiten, sondern vor allem die technisch hochgerüsteten Arenen, die nur in den großen Städten existieren und deren Betrieb unerschwinglich teuer ist. Was andernorts eine klare Trennung zwischen Volk und Elite schaffen würde, ist auf Koron Teil des Mythos: Gravball ist roh, brutal, voller Kollisionen und Härte – und zugleich durch seine Ursprünge im Theater mit einem Hauch von Kultur und Erhabenheit überzogen. So sitzen in den Arenen Arbeiter und Bürger zumindest symbolisch Schulter an Schulter mit den Reichen und Mächtigen, vereint im Jubel, vereint in der Verehrung ihrer Maskenträger. Diese Gleichheit ist freilich nur eine Illusion, eine Inszenierung, doch sie ist so wirkungsvoll, dass sie von der Führungsschicht nicht nur geduldet, sondern geradezu gefördert wird. Gravball ist Ventil, Kult und Mythos – eine Bühne, auf der die rohe Gewalt des Spiels mit der Symbolik alter Mythen und Folklore verschmilzt.
Die Wurzeln des Gravballs reichen zurück in die Zeit vor dem Krieg der Häuser. Damals erlebte die Makropole Gohmor eine kulturelle Blütephase. Die Dekadenz und und der Reichtum, welche letztendlich für viele Historiker ein Teil der Ursache waren, die zum Kataklysmus des Planeten führten, äußerten sich in unzähligen Spielarten.
So etwa in der Baukunst. Die Architektur Gohmors und anderer Städte des Planeten war über die Sektorengrenze hinaus berühmt. Monumentale Prunkbauten aus kostbarsten Materialien – vergoldete Kuppeln, ganze Fassaden aus poliertem Obsidian, Straßenpflaster aus importiertem Marmor. Türme wurden errichtet, die nicht der Funktion dienten, sondern einzig dazu, höher und prachtvoller zu sein als die des Nachbarn.
Städte in Städten, die Urbanisierung wurde neu erfunden und entzog sich den Fesseln einfachen Zusammenlebens.
In exotische Menagerien hielten sich wohlhabende Adlige, seltene Tiere aus den entferntesten Regionen des Imperiums und gar darüber hinaus. Nicht selten, um diese absonderlichen Geschöpfe bei Festbanketten oder Spielen zur Belustigung gegeneinander kämpfen zu lassen, zu Tode zu hetzen oder sie schlicht zu verspeisen. Etwa bei Gelage, die mehrere Tage andauerten, mit Köstlichkeiten und Getränken, die in keinem Verhältnis zur Versorgung der normalen Bevölkerung standen und deren Beschaffung allein das Bruttoinweltsprodukt kleinerer Planeten verschlang.
Beliebt waren besonders „Themenbankette“, bei denen Säle in künstliche Landschaften verwandelt wurden – Wüsten, Ozeane unter fremden Himmeln, den Sinnen gleichviel Nahrung wie die aufgetafelten Köstlichkeiten. Die Genießer dieser Maßlosigkeit schritten in Prachtkleidung einher, geschmückt mit Edelsteinen, Federn seltener Vögel, den Knochen unaussprechlicher Bestien oder schimmernden Metallen, die so selten waren, dass sie noch nicht einmal Namen hatten.
In dieser Zeit entstanden auch extreme Moden wie das kultische Zurschaustellen von Schwäche, in Ohnmachten, Blässe und Korpulenz, um zu signalisieren, dass man sich über die Profanität, auch nur einen Handschlag tun zu müssen, erhoben hatte.
Aus Rasankur, das noch nicht sein wahres, ketzerisches Gesicht gezeigt hatte, sondern als schockierender Trendsetter galt, kam die Strömungen der Pervektur, Lascivia und Voluptura, die sich in immer obszöneren Zurschaustellungen von Fleischlichkeit und Wollust überboten und selbst den Hof des Gouverneurs prägten.
In dieser fiebrig schwülen Atmosphäre, des Allmöglichen florierten philosophische Zirkel und okkulte Kabale. Halblegal oder weniger als das, sich in Mysterien, Traumspielen und esoterischen Ritualen suhlten.
Nicht zuletzt im Theater floss all dies zu einer kochenden Masse zusammen, kondensierte in Stücken, die noch heute ihres Gleichen suchen. „Speculum Mortis“, das Spiegelbild, von Hieronymus Veydran. Der später zu Recht hingerichtete Dramatiker, der von sich behauptete, „den Menschen nicht abbilden, sondern vervielfältigen“ zu wollen. Im achtstündigen Bühnenspiel tanzten die Darsteller von Kopf bis Fuß in flüssiges Spiegelsilber gehüllt. Unter grellem Licht zerfiel die Bühne in tausend Reflexe, und das Publikum sah nicht nur die Figuren, sondern auch sich selbst immer wieder gespiegelt – verzerrt, gebrochen, vervielfacht. Die Stücke handelten von Identität, Schuld und Begierde. Der Zuschauer konnte nie ganz sicher sein, ob er gerade der Aufführung oder sich selbst beim Zusehen beiwohnte.
Veydran war bekannt für seine Obsession mit Spiegeln, Glas und Reflexionen. Für sein bekanntestes Stück „Das zerbrochene Antlitz“ landete er noch während des Krieges auf dem Scheiterhaufen.
Die Werke Veydrans werden heute in zensierter Form aufgeführt und erleben eine vorsichtige Renaissance.
Nicht so die skandalösen Auswüchse der Bühnenkunst einer Salindra Vos, genannt „die Blutige Muse“. Man kann mit Fug und Recht sagen, das Vos eine vollkommen Wahnsinnige war, die selbst aus der mehr als anrüchigen Gesellschaft Rasankurs verband wurde. Sie hielt sich für die Gefährtin eines imaginären, mystischen Kriegerkönigs, der eins über die Verfluchte Stadt geherrscht hatte, aber kaum mehr als eine wage Ahnung, in den Drogen berauschten Erinnerungen ihrer Bewohner war.
Slindra war die Schöpferin der „Carnalia“, der Fleischmaskerade. Eine besonders skandalöse Form des Theaters, bei welcher sich die Schauspieler nicht mit Stoffkostümen, sondern mit aufwendig präparierten Tierhäuten, Schuppen oder sogar chirurgisch veränderten Körperornamenten ausstaffierten. Das Spiel drehte sich um die „Metamorphose des Fleisches“, die Verwandlung von Mensch zu Tier, Gott oder Dämon. Besonders berüchtigt war die Tradition, dass bei Premieren echte Blutopfer – meist Tiere, manchmal aber auch hingebungsvolle Studenten dieser Abform des Spiels – auf offener Bühne dargebracht wurden, um die Authentizität des Rituals zu steigern. Dies solle offiziell nicht im Ableben von Menschen enden, doch es kam vor.
Salindra Vos war die Grand Dame dieses Theaterkultes. Schauspielerin und zugleich Autorin, die ihre Stücke selbst inszenierte und auf der Bühne zu und ums Leben brachte. Salindra begann ihre Karriere im klassischen Theater, wandte sich dann aber der provokativen „Carnalia“-Bewegung zu. Ihre berühmtesten Werke wie „Das Mahl der Verwandlung“ und „Die Häutung des Heiligen“ verbanden theatralische Choreografie mit echter Grausamkeit. Gerüchte besagten, dass sie exzessive chirurgische Veränderungen an ihrem Körper vornehmen ließ, um ihre Rollen „wahrhaftig“ zu leben. Sie starb angeblich während einer Aufführung, in Luth die sie abhielt, während die Feinde bereits die Mauern stürmten. Andere Gerüchte besagen, sie hätte sich den Horden der Eindringlinge angeschlossen und wäre final zu jenen zurückgekehrt, die sie einst für ihre Abartigkeit verstießen.
So etwa in der Baukunst. Die Architektur Gohmors und anderer Städte des Planeten war über die Sektorengrenze hinaus berühmt. Monumentale Prunkbauten aus kostbarsten Materialien – vergoldete Kuppeln, ganze Fassaden aus poliertem Obsidian, Straßenpflaster aus importiertem Marmor. Türme wurden errichtet, die nicht der Funktion dienten, sondern einzig dazu, höher und prachtvoller zu sein als die des Nachbarn.
Städte in Städten, die Urbanisierung wurde neu erfunden und entzog sich den Fesseln einfachen Zusammenlebens.
In exotische Menagerien hielten sich wohlhabende Adlige, seltene Tiere aus den entferntesten Regionen des Imperiums und gar darüber hinaus. Nicht selten, um diese absonderlichen Geschöpfe bei Festbanketten oder Spielen zur Belustigung gegeneinander kämpfen zu lassen, zu Tode zu hetzen oder sie schlicht zu verspeisen. Etwa bei Gelage, die mehrere Tage andauerten, mit Köstlichkeiten und Getränken, die in keinem Verhältnis zur Versorgung der normalen Bevölkerung standen und deren Beschaffung allein das Bruttoinweltsprodukt kleinerer Planeten verschlang.
Beliebt waren besonders „Themenbankette“, bei denen Säle in künstliche Landschaften verwandelt wurden – Wüsten, Ozeane unter fremden Himmeln, den Sinnen gleichviel Nahrung wie die aufgetafelten Köstlichkeiten. Die Genießer dieser Maßlosigkeit schritten in Prachtkleidung einher, geschmückt mit Edelsteinen, Federn seltener Vögel, den Knochen unaussprechlicher Bestien oder schimmernden Metallen, die so selten waren, dass sie noch nicht einmal Namen hatten.
In dieser Zeit entstanden auch extreme Moden wie das kultische Zurschaustellen von Schwäche, in Ohnmachten, Blässe und Korpulenz, um zu signalisieren, dass man sich über die Profanität, auch nur einen Handschlag tun zu müssen, erhoben hatte.
Aus Rasankur, das noch nicht sein wahres, ketzerisches Gesicht gezeigt hatte, sondern als schockierender Trendsetter galt, kam die Strömungen der Pervektur, Lascivia und Voluptura, die sich in immer obszöneren Zurschaustellungen von Fleischlichkeit und Wollust überboten und selbst den Hof des Gouverneurs prägten.
In dieser fiebrig schwülen Atmosphäre, des Allmöglichen florierten philosophische Zirkel und okkulte Kabale. Halblegal oder weniger als das, sich in Mysterien, Traumspielen und esoterischen Ritualen suhlten.
Nicht zuletzt im Theater floss all dies zu einer kochenden Masse zusammen, kondensierte in Stücken, die noch heute ihres Gleichen suchen. „Speculum Mortis“, das Spiegelbild, von Hieronymus Veydran. Der später zu Recht hingerichtete Dramatiker, der von sich behauptete, „den Menschen nicht abbilden, sondern vervielfältigen“ zu wollen. Im achtstündigen Bühnenspiel tanzten die Darsteller von Kopf bis Fuß in flüssiges Spiegelsilber gehüllt. Unter grellem Licht zerfiel die Bühne in tausend Reflexe, und das Publikum sah nicht nur die Figuren, sondern auch sich selbst immer wieder gespiegelt – verzerrt, gebrochen, vervielfacht. Die Stücke handelten von Identität, Schuld und Begierde. Der Zuschauer konnte nie ganz sicher sein, ob er gerade der Aufführung oder sich selbst beim Zusehen beiwohnte.
Veydran war bekannt für seine Obsession mit Spiegeln, Glas und Reflexionen. Für sein bekanntestes Stück „Das zerbrochene Antlitz“ landete er noch während des Krieges auf dem Scheiterhaufen.
Die Werke Veydrans werden heute in zensierter Form aufgeführt und erleben eine vorsichtige Renaissance.
Nicht so die skandalösen Auswüchse der Bühnenkunst einer Salindra Vos, genannt „die Blutige Muse“. Man kann mit Fug und Recht sagen, das Vos eine vollkommen Wahnsinnige war, die selbst aus der mehr als anrüchigen Gesellschaft Rasankurs verband wurde. Sie hielt sich für die Gefährtin eines imaginären, mystischen Kriegerkönigs, der eins über die Verfluchte Stadt geherrscht hatte, aber kaum mehr als eine wage Ahnung, in den Drogen berauschten Erinnerungen ihrer Bewohner war.
Slindra war die Schöpferin der „Carnalia“, der Fleischmaskerade. Eine besonders skandalöse Form des Theaters, bei welcher sich die Schauspieler nicht mit Stoffkostümen, sondern mit aufwendig präparierten Tierhäuten, Schuppen oder sogar chirurgisch veränderten Körperornamenten ausstaffierten. Das Spiel drehte sich um die „Metamorphose des Fleisches“, die Verwandlung von Mensch zu Tier, Gott oder Dämon. Besonders berüchtigt war die Tradition, dass bei Premieren echte Blutopfer – meist Tiere, manchmal aber auch hingebungsvolle Studenten dieser Abform des Spiels – auf offener Bühne dargebracht wurden, um die Authentizität des Rituals zu steigern. Dies solle offiziell nicht im Ableben von Menschen enden, doch es kam vor.
Salindra Vos war die Grand Dame dieses Theaterkultes. Schauspielerin und zugleich Autorin, die ihre Stücke selbst inszenierte und auf der Bühne zu und ums Leben brachte. Salindra begann ihre Karriere im klassischen Theater, wandte sich dann aber der provokativen „Carnalia“-Bewegung zu. Ihre berühmtesten Werke wie „Das Mahl der Verwandlung“ und „Die Häutung des Heiligen“ verbanden theatralische Choreografie mit echter Grausamkeit. Gerüchte besagten, dass sie exzessive chirurgische Veränderungen an ihrem Körper vornehmen ließ, um ihre Rollen „wahrhaftig“ zu leben. Sie starb angeblich während einer Aufführung, in Luth die sie abhielt, während die Feinde bereits die Mauern stürmten. Andere Gerüchte besagen, sie hätte sich den Horden der Eindringlinge angeschlossen und wäre final zu jenen zurückgekehrt, die sie einst für ihre Abartigkeit verstießen.
Im Vergleich zu diesen Extremen, waren Aufführungen in Schwerelosigkeit geradezu konservativ. Möglich durch teure Technik, welche ursprünglich für Raumfahrt und Antigravitationsfahrzeuge entwickelt worden war, fanden die Aufführungen in speziell präparierten Bühnenräumen ohne Gravitation statt. Schwerelosigkeit galt als Sinnbild für Traumzustände, Wahnsinn oder metaphysische Erfahrungen, die auf herkömmlichen Bühnen kaum darzustellen waren. Eines der bekanntesten Stücke dieser Epoche war das Drama „Die Tränen des Septimus“ – ein schwer beladenes Werk, das vom inneren Widerstreit eines imperialen Helden zwischen Pflicht, Liebe und religiöser Entrückung erzählte.
In einer der zentralen Szenen stießen die Darsteller in völliger Schwerelosigkeit einen metallenen Ball durch den Bühnenraum, während sie choreografierte Bewegungen vollführten, die den Kampf der Gedanken und Leidenschaften darstellen sollten.
Das Publikum war fasziniert.
Weniger wegen der Tragödie selbst, sondern wegen dieser einen Szene: der „Ballsequenz“.
Viele Besucher sahen sich das Stück wieder und wieder an, nur um dieses Schauspiel aus Dynamik und Körperbeherrschung in Schwerelosigkeit zu erleben. Bald wurde die Sequenz eigenständig aufgeführt, erst als Intermezzo, dann als Hauptattraktion.
In einer der zentralen Szenen stießen die Darsteller in völliger Schwerelosigkeit einen metallenen Ball durch den Bühnenraum, während sie choreografierte Bewegungen vollführten, die den Kampf der Gedanken und Leidenschaften darstellen sollten.
Das Publikum war fasziniert.
Weniger wegen der Tragödie selbst, sondern wegen dieser einen Szene: der „Ballsequenz“.
Viele Besucher sahen sich das Stück wieder und wieder an, nur um dieses Schauspiel aus Dynamik und Körperbeherrschung in Schwerelosigkeit zu erleben. Bald wurde die Sequenz eigenständig aufgeführt, erst als Intermezzo, dann als Hauptattraktion.
Aus den Ballspielen im Theater entwickelten sich schließlich eigene Stücke, die fast ausschließlich aus diesen Szenen bestanden. Anfangs hochgradig choreografiert, später zunehmend improvisiert.
Diese „Grav-Spiele“ hatten häufig mythische Anlehnungen: Sie inszenierten Kämpfe zwischen antiken Halbgöttern, wie den Space Marines, metaphysischen Konflikten zwischen Begierden und Tugenden oder auch direkte Allegorien imperialer Schlachten. Besonders in den Jahren vor dem Krieg, als die Treue zum imperialen Kult lascher wurde, fanden sich in diesen Aufführungen noch viele heidnische Symbole und Erzählungen, die von den alten Traditionen und Märchen Korons, aber auch von dem wachsenden Einfluss des Okkulten und Düsteren beeinflusst waren.
Bereits während des Krieges verlor sich der theatralische Charakter. Die Aufführungen, willkommene Abwechslung vom globalen Schlachten, wurden zunehmend zu echten Wettkämpfen, bei denen es nicht länger um ein vorbestimmtes Ende ging, sondern um den tatsächlichen Sieg.
Das Regelwerk wurde umfangreicher, strenger und komplexer, bis aus dem einstigen Theaterzauber ein eigener Sport entstand. Als der Krieg sich ausgeweitete, wurden die zwei ursprünglichen Arenen in Gohmor abgeschaltet, doch die Faszination für den Sport starb nicht. Als sich der blutige Nebel gelegt hatte, verlangte das Volk nach Zerstreuung.
Gravball konnte es ihm geben.
Diese „Grav-Spiele“ hatten häufig mythische Anlehnungen: Sie inszenierten Kämpfe zwischen antiken Halbgöttern, wie den Space Marines, metaphysischen Konflikten zwischen Begierden und Tugenden oder auch direkte Allegorien imperialer Schlachten. Besonders in den Jahren vor dem Krieg, als die Treue zum imperialen Kult lascher wurde, fanden sich in diesen Aufführungen noch viele heidnische Symbole und Erzählungen, die von den alten Traditionen und Märchen Korons, aber auch von dem wachsenden Einfluss des Okkulten und Düsteren beeinflusst waren.
Bereits während des Krieges verlor sich der theatralische Charakter. Die Aufführungen, willkommene Abwechslung vom globalen Schlachten, wurden zunehmend zu echten Wettkämpfen, bei denen es nicht länger um ein vorbestimmtes Ende ging, sondern um den tatsächlichen Sieg.
Das Regelwerk wurde umfangreicher, strenger und komplexer, bis aus dem einstigen Theaterzauber ein eigener Sport entstand. Als der Krieg sich ausgeweitete, wurden die zwei ursprünglichen Arenen in Gohmor abgeschaltet, doch die Faszination für den Sport starb nicht. Als sich der blutige Nebel gelegt hatte, verlangte das Volk nach Zerstreuung.
Gravball konnte es ihm geben.
Ablauf
Ein Gravballmatch wird in einer Arena ohne Gravitation gespielt, die meist kugelförmig ist und von schimmernden Feldbarrieren begrenzt wird. Im Zentrum befindet sich der Spielraum, auch “Sphäre" genannt. An den hinteren Enden der Sphäre sind die beweglichen Ringe der beiden Mannschaften verortet. Diese Ringe oszillieren langsam im freien Raum oder auf Schienen und ändern beständig ihre Position und Neigung, was den Spielfluss schwer berechenbar macht.
Das Spiel beginnt mit dem Auswurf der Kugel im Zentrum der Arena. Beide Teams stoßen sich gleichzeitig vom Rand ab, wobei die Pushs ihre Schwebs nach vorn schleudern. Ein anfänglicher Zusammenstoß ist nahezu unvermeidbar, und nicht selten fließen hier bereits erstes Blut.
Ein Match ist in drei Dritt zu je 15 Minuten eingeteilt. Nach einem Dritt gibt es eine Pause von zehn Minuten.
Unterbrechungen sind selten – nur schwere Verletzungen oder Störungen am Spielfeld führen zum Abbruch. Kleinere Blessuren gelten als „Teil des Spiels“ und werden ignoriert. Brutale Aktionen sind im Kern des Spieles fest verankert. Rammen, Festhalten oder Schleudern eines Gegners sind erlaubt, solange keine lebensgefährlichen Verletzungen entstehen. Ärzte und Sanitäter stehen direkt an den Arena-Schleusen bereit, doch gebrochene Knochen oder ausgeschlagene Zähne gelten als „gute Beute des Spiels“. Scharfe Kanten oder Stacheln an den Spieleranzügen sind verboten. Aber oft werden diese Regeln gebeugt oder gar verspottet, wenn Spieler ihre Schulterpolster oder andere Bereiches ihres Anzüge mit Stacheln verzieren, deren Enden in Rundungen oder abgeflachte Stümpfe enden.
Das Ziel ist es, die metallene Kugel in den sich bewegenden Ring des Gegners zu befördern. Wer die Kugel hineinwirft, erhält einen Punkt. Wer sie jedoch direkt in den Ring legt – was bedeutet, die Verteidigung zu überwinden und selbst in den Ring einzutreten, ohne dabei von den Ringwächtern abgefangen zu werden – erhält zwei Punkte. Diese „Ringlegung“ ist das Spektakel, auf das die Zuschauer warten: Momente von atemberaubender Geschwindigkeit, riskanten Manövern und brutalen Zusammenstößen.
Die Matches sind oft von Kollisionen geprägt, die Spieler hart gegen die Rundwände krachen lassen. Schmerzensschreie mischen sich mit dem Jubel des Publikums, während die metallene Kugel durch den Raum hallt, der Herzschlag des Spiels.
Die häufigsten Vergehen sind der Randkontakt: Berührt ein Schweb den Spielfeldrand, ohne rechtzeitig durch einen Push gebremst zu werden, darf er 30 Sekunden nicht durch Pushs unterstützt werden.
Ballberührung durch Push: Führt automatisch zu einem Strafpunkt für die Gegner.
Überschreitung der Ringzone durch einen Fremdspieler: Ein Spieler, der nicht Ringwächter ist, darf den eigenen Torbereich nicht betreten. Ein Verstoß hat den Wechsel der Kugel an den nächst stehenden Gegner zur Folge.
Fällt einem Spieler die Maske vom Kopf, wird das Spiel kurz unterbrochen, und der Spieler erhält zusätzlich eine 1-Minuten-Strafe. Der „Verlust des Gesichts“ gilt als große Schmach.
Mannschaftsaufstellung
Jede Mannschaft besteht aus sieben Spielern: vier Schwebs, zwei Pushs und einem Ringwächter. Wechselspieler sind erlaubt, doch nur in den drei Pausen nach einem, Dritt. Verletzungen von Spielern gestatten kein sofortiges Austauschen.
“Manchmal redet man von „legendären Spielen“, und jeder meint was anderes. Doch für mich – und für viele aus meiner Generation, was das Match in Phoros’ Kranz das im zweiten Dritt völlig irre wurde. “Die Sturmhämmer” gegen die “Ketten von Veydran”. Schon im ersten Dritt gabs ordentlich was auf den Schwellis, aber normal halt. Ein Ringwächter mit ausgeknackster Schulter, ein Push, der eins vor die Luke bekam. Dann kam das zweite Dritt. In zwei Minuten oder gleich vier Spieler der Hämmer weg.
Das ging nur so bäng bäng bäng – ein Schweb voll gegen den Rand gekracht und aus die Lichter. Ein Push beim Abfangen so hart geknockt, dass er sich das Knie zertrümmert hat. Der Ringwächter hat sich den Arm gebrochen, und noch einen Schweb haben sie blutig gerammt. Die Ketten waren verdammte Schweinehunde und mein Vater neben mir hat gesagt: Die prügeln noch die ganze Mannschaft aus dem Rund. Die Hämmer durften ja keinen einzigen sofort austauschen und die Pause war noch zehn Minuten hin. Blieb, nur ein Rest-Team von einem einzigen Schweb und einem Push.
Das ging nur so bäng bäng bäng – ein Schweb voll gegen den Rand gekracht und aus die Lichter. Ein Push beim Abfangen so hart geknockt, dass er sich das Knie zertrümmert hat. Der Ringwächter hat sich den Arm gebrochen, und noch einen Schweb haben sie blutig gerammt. Die Ketten waren verdammte Schweinehunde und mein Vater neben mir hat gesagt: Die prügeln noch die ganze Mannschaft aus dem Rund. Die Hämmer durften ja keinen einzigen sofort austauschen und die Pause war noch zehn Minuten hin. Blieb, nur ein Rest-Team von einem einzigen Schweb und einem Push.
Ich seh sie noch genau vor mir: Harlon „Der Graue“ Berrik in der Endzone und Jorima Valdek. Das waren noch Kämpfer. Heutzutage können die Spieler ja nichts mehr ab. Bloß keine Beule oder ein blaues Auge, man muss ja Reklame machen können.
Damals hielt die Arena den Atem an. Ich schwör es beim Thron, man konnte das Rauschen der Ringe hören.
Jeder war überzeugt, dass die Ketten das Ding machen würden – sieben gegen zwei, das musste ein Massaker geben. Aber genau das passierte nicht. Der graue Harlon, ein Mann wie ein gespanntes Stahlseil, sag ich, mit der Maske wie ein gesichtsloser Geistes, wurde zur lebenden Mauer. Immer wieder hat er Jorima, wie eine Kanonenkugel durch den Raum geschleudert. Abprallen, Abbremsen, Richtungen wechseln. Valek war wahnsinnig in ihrer Energie. Sie griff nicht einmal an – verteidigte nur. Jede Flugbahn, jede Bewegung der gegnerischen Schwebs lassen die beiden im voraus und wenn einer zu nah kam, hat Valek dem so eine verpasst, dass es geraucht hat. Zehn Minuten lang purer Irrsinn. Die Ketten kamen kein einziges Mal durch. Jeder ihrer Würfe, jeder Versuch, den Ring zu legen, endete in Chaos, weil Jorima sich wie eine Furie dazwischenwarf und der Graue sie wieder und wieder in den richtigen Winkel katapultierte. Sie hielten stand und die verdammte Kuppel hat getobt. Am Ende des Dritts, als die Sirenen aufheulten, stand das Publikum Kopf. Keiner interessierte sich mehr für den Spielstand. Dieses Bild von den zwei, die inmitten der tobenden Arena wie Getriebene alles wegblockten… sowas sieht man nur einmal im Leben. Die Ketten haben zum Schluss 8 zu 5 gewonnen, ja, aber wenn juckt das? Bis heute sprechen die Leute von „den Zwei gegen Sieben“. Manche sagen, das sei das größte Verteidigungswunder der Gravballgeschichte gewesen und ich sage, das stimmt, verdammt noch mal.
Gerald Flokk - Fließbandarbeiter
Das moderne Gravball ist ein Spiel, das durch die starren Regeln seiner strikt verteilten Spielerrollen lebt. Jede Position auf dem Feld ist einzigartig, mit klaren Befugnissen und ebenso klaren Grenzen – Verstöße werden streng geahndet und sind oft spielentscheidend.
Die Schwebs bilden das Rückgrat jeder Mannschaft.
Vier Spieler, die die Kugel tragen, passen und werfen dürfen. Sie bewegen sich frei in der Schwerelosigkeit, sind aber dazu verpflichtet, im Spielfeld zu bleiben, ohne den Rand der Sphäre berühren zu dürfen. Wer gegen diese Regel verstößt, verursacht eine Strafe für sein Team, in Form von 30 Sekunden, in denen der Schweb nicht durch den Push berührt werden darf. Er darf zwar noch passen und auf den Ring werfen, was ohne den Anstoß durch den Push jedoch nur sehr eingeschränkt umsetzbar ist. Wird er dennoch durch einen eigenen Spieler berührt, wird ein Trefferpunkt dem gegnerischen Team zugesprochen, was ihn zu einem zusätzlichen Hindernis für das eigene Team macht.
Schwebs tragen meist Masken mit offenen, klaren Zügen – Gesichter, die den Spielwitz und die „Alltäglichkeit“ des Menschen verkörpern. Doch auch hier hat sich eine Tradition entwickelt: besonders aggressive Schwebs wählen Masken, die Tiere oder Pesonen aus der kornischen Folklore darstellen, um ihren Charakter auf dem Feld zu unterstreichen. Solche Masken werden als sehr selbstherrliche, ja arrogante Wahl angesehen und ein Schweb, der solch eine riskante Entscheidung trifft, kann in der Gunst der Zuschauer sehr hoch angesehen sein, bei Fehlern aber auch tief fallen.
Die Ringwächter sind die Verteidiger der Punktringe. Ihre Masken sind die prächtigsten, oft grotesk verzerrte Gesichter, die Schrecken und Wucht ausstrahlen sollen. Es heißt, ein heranstürmender Spieler, der in das gleißende Licht des hinteren Arenabereiches blickt und dort nur die furchterregende Maske eines Ringwächters sieht, zögere unweigerlich – und dieser Moment reicht, um eine Parade möglich zu machen. Ringwächter sind die einzigen Spieler, die sich mit vollem Schwung vom Rand der Arena abstoßen und die Kugel berühren dürfen, allerdings ausschließlich im eigenen Torbereich. Ihr Spiel ist ein ständiges Pendeln zwischen Präzision und Gewalt.
Die Pushs sind oftmals die Stars der Gravballteams. Zwei Spieler pro Team, deren Aufgabe es ist, die Schwebs zu beschleunigen, abzubremsen oder aus gefährlichen Flugbahnen zu reißen, bevor diese den Spielfeldrand berühren und damit Strafen verursachen. Pushs dürfen die Kugel nicht selbst berühren – doch ihr Einfluss auf den Spielfluss ist enorm. Sie müssen immer alles im Auge behalten, ständig in Bewegung sein und auf die Zurufe ihrer Teamkameraden reagieren. Ihre Masken sind schlicht, oft abstrakte Muster oder konturlose, die den Eindruck von Neutralität oder Anonymität erwecken. Gerade darin liegt ihre Wirkung: Pushs erscheinen wie gesichtslose Geister, die im Hintergrund wirken und das Schicksal des Spiels durch unsichtbare Eingriffe lenken.
Die Schiedsrichter, Maskenrichter genannt, sind eine eigene Kaste. Ihre Masken sind schlicht weiß, ohne Züge, was ihre völlige Neutralität symbolisieren soll. Sie sind sowohl Hüter der Regeln als auch eine Art Priester des Spiels: Vor Beginn jedes Matches sprechen sie ein Gebet an den Imperator, das die Reinheit des Spiels garantieren soll. Ihre Autorität ist unantastbar, und schon der Verdacht, einen Maskenrichter zu beeinflussen, gilt als Skandal, der ganze Häuser zu Fall bringen kann und auch schon hat.
Die Masken sind weit mehr als Ausrüstung. Sie erinnern an die Ursprünge des Spiels, als Gravball noch Theater war – ein Spiel aus Sinnbildern und Mythos. Heute sind sie Identität: Ein Ringwächter ohne seine schreckliche Fratze wäre undenkbar, ein Schweb ohne das Gesicht eines goldenen Knaben, dem märchenhaften Siebenschläger, Prinzessin Ross oder eines grinsenden Fuchses ist kein wahrer Angreifer. Die Spieler verschmelzen mit diesen Bildern und werden dadurch zu Symbolen.
Für die Fans sind die Masken Heiligtümer. Kinder basteln ihre eigenen Nachbildungen aus Pappe, Gangs schmücken sich mit den Larven ihrer Helden, und ganze Prozessionen finden zu Ehren berühmter Masken statt. Gravball ohne Masken wäre kein Gravball – es wäre, als nähme man dem Spiel seine Seele.
Bericht Nr. 881/22-C
Verfasser: Unterinspektor Feldwebel J. Kradov, PVSP-Dienststelle Gohmor-Nord Subene 446 Abschnitt 12
Stunde 13 Dienstzyklus 881: Heute erreichte die Dienststelle die Meldung über eine größere Tumultlage im Bezirk Bergenhard 9. Ausgangspunkt war eine Nachbildung der „Sturmvogel“-Maske, wie sie der bekannte Schwebspieler Eren Malvak von den „Aschenfaltern“ trägt. Ein Anhänger der „Geißeln“-Fraktion hatte die Maske in seinem Besitz und zeigte sie während einer Zusammenkunft in der Spielhalle „Sternenkessel“. Anhänger der „Aschenfalter“ betrachteten dies als Schmähung ihres Spielers. Laut Zeugenaussagen kam es nach kurzer Zeit zu massiven verbalen Beleidigungen, gefolgt von Handgreiflichkeiten. Der Ursprungskonflikt verschob sich rasch: Nachträgliche Befragungen von Beteilitgten zeigten sich wirr. Nicht der Besitz der Maskennachbildung durch Anhänger der rivalisierenden Anhängerschaft standen im Zentrum des Streits, sondern die Frage, ob die Maske „rechtmäßig“ getragen werden dürfe.Malvak habe in der letzten Saison für die Geißeln gespielt und dabei sein Recht auf die Maske verwirkt. Tatsächlich trägt er in der jetzigen Saison auch eine andere Maske, was den Konflikt vermeintlich obsolet erscheinen lässt, die Auseinandersetzung deshalb jedoch keinesfalls weniger aggressiv gestaltete.
Binnen weniger Minuten versammelten sich etwa 80–100 Personen, überwiegend bekannte lokale Sympathisanten der „Geißeln“ und der „Aschenfalter“. Es folgten Schläge mit improvisierten Waffen wie Flaschenhälsern, Stuhlbeinen und Ketten. Die Aggression verlagerte sich auf die Straße; weitere Schaulustige schlossen sich an, wodurch die Beteiligtenzahl auf rund 160 anwuchs.
Eine Besonderheit war das wiederholte Rufen der Parole „Die Maske ist Seele!“ durch die Geißeln-Anhänger, dem die Gegenseite „Eren gehört uns!“ entgegensetzte. Die Fanlager formierten sich daraufhin in Blöcken, wie in der Arena üblich, und es kam zu einem organisierten Zusammenprall auf dem Platz der Acht Traktate. Erst nach Eintreffen von vier PVS-Kohorten mit Unterstützung zweier Schildsektionen konnte der Tumult nach 46 Minuten gewaltsam aufgelöst werden.
Festnahmen: 71 Personen
Verletzte: 52, davon 14 schwer (Schnittwunden, Schädelprellungen, Brüche).
Sachschaden: Spielhalle unbrauchbar, drei Verkaufsstände im Umfeld zerstört, mehrere Schaufenster eingeschlagen.
Zusatzbemerkung:
Dieser Vorfall bekräftigt erneut die Funktion von Gravball-Masken als hochgradig identitätsstiftende Symbole. Ihre Aneignung durch gegnerische Fangruppierungen führt fast zwangsläufig zu eskalierender Gewalt. Es ist zu erwägen, künftig die unlizenzierte Herstellung und öffentliche Präsentation von Masken mit sofortiger Beschlagnahme zu ahnden.
Unterinspektor Feldwebel J. Kradov
Organisation der Gravball-Liga
Die Liga des Gravballs ist kein einheitlicher Verband im herkömmlichen Sinne, sondern eine Konklave – eine lose Ordnung, die von den Besitzern der fünf großen Arenen gebildet wird. Diese Arena-Herren oder -Ställe entscheiden, wann und wo eine Spielsaison eröffnet wird, welche Teams zugelassen sind und welche Regeln in Detailfragen angepasst werden. Damit gleicht die Liga eher einem höfischen Turnierzirkel als einem modernen Sportverband: nicht das Spiel allein steht im Mittelpunkt, sondern die Repräsentation der Mächte, die hinter den Arenen stehen.
Die Teams selbst sind nicht fest in Vereinen organisiert, sondern entstehen für jede Saison neu. Spieler werden von Agenten, Häusern oder Konsortien angeworben, Verträge sind oft kurzlebig und stark leistungsgebunden. Manche Mannschaften bestehen nur eine einzige Saison, bevor sie im nächsten Jahr in anderer Zusammensetzung auftreten. Das trägt zu einer Aura der Unberechenbarkeit bei – Rivalitäten sind nicht unbedingt zwischen Mannschaften, sondern zwischen Masken und ihren Trägern verankert. Ein berühmter Schweb mit einer ikonischen Tiermaske kann von einem Team zum anderen wechseln und wird dabei von seinen Fans verfolgt wie ein wandernder Held einer alten Sage.
Die Spielzeit ist in Zyklen organisiert. Jeder Zyklus dauert etwa ein halbes Jahr und endet traditionell mit den Kranzspielen von Gohmor, bei denen die besten zwei Teams der Saison im größten Gravball-Dom der Welt aufeinandertreffen. Der Gewinner erhält keinen „Pokalsieg“ im profanen Sinn, sondern den „Lorbeer des Hauses“ – ein mythisch überhöhtes Symbol, das den Sieg nicht nur sportlich, sondern auch religiös und politisch auflädt.
Ein besonderes Element der Liga sind die Arenen selbst.
Jede von ihnen ist einzigartig gebaut und besitzt ihre Eigenheiten – manche Sphären sind vollkommen symmetrisch, andere verzerren das Spielfeld durch zusätzliche Hindernisse, Lichter oder Magnetfelder. In der Liga gilt es als Ruhmeszeichen, auch in den schwierigsten Arenen bestehen zu können, weshalb die Spieler immer wieder Anpassung und Improvisation beweisen müssen.
Die Arena von Phoros’ Kranz und das Endspiel der 128. Saison
Die berühmteste Gravballarena der Welt ist die Arena von Phoros’ Kranz in Gohmor, benannt nach dem alten Theaterdichter Phoros, dessen Stück „Die Tränen des Septimus“ den Ursprung des Sports markierte. Anders als die anderen Grav-Kuppeln, die ihrerseits gewaltig sind, ist Phoros’ Kranz ein wahres Monument: eine 300 Meter durchmessende Schwerelosigkeitssphäre, deren Wände mit tausenden Projektoren besetzt sind. Diese werfen Bilder, Muster und Lichter in die Arena, die sich während des Spiels verändern können – manchmal wird das Spielfeld in goldenes Glühen getaucht, manchmal in tiefes Schwarz, in dem nur die Masken der Spieler und die metallene Kugel aufleuchten.
Die größte Eigenheit jedoch sind die rotierenden Segmente: Massive Stahlringe, die unregelmäßig um die Arenaachse kreisen und für Spieler wie Ball gleichermaßen unberechenbare Hindernisse bilden. Viele Karrieren endeten bereits an den Rändern dieser Ringe – Knochenbrüche, zertrümmerte Masken, ausgeschaltete Spieler sind fester Bestandteil dieser Spiele.
Besonders legendär ist das Endspiel der 128. Saison, in dem die „Gohmorer Schatten“ gegen die „Vögte“ antraten. In der letzten Minute des Spiels stand es 14:14. Der Schweb der Schatten, bekannt für seine Fuchsmaske, ließ sich scheinbar absichtlich gegen einen der rotierenden Segmente schleudern, um Schwung aufzunehmen. Mit einem fast selbstmörderischen Flug stieß ihn sein Push-Partner direkt zwischen zwei Ringwächtern hindurch. Der Fuchs legte die Kugel in den Ring – zwei Punkte, Sieg, 16:14.
Die Zuschauer tobten, die Halle erbebte, und noch Jahre später gilt dieser Moment als „der Tanz des Fuchses“.
Die Zuschauer tobten, die Halle erbebte, und noch Jahre später gilt dieser Moment als „der Tanz des Fuchses“.
Bis heute werden Gravballer aus allen Schichten Korons mit diesem Bild verglichen: Wer mutig, riskant und fast wahnsinnig spielt, der „tanzt den Fuchs“.
Aus: "Kenne das Spiel" Sammelalbum für Starspieler Sammelbilder
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Die fünf großen Gravball-Arenen von Koron III
Phoros’ Kranz (Gohmor)
Die älteste und berühmteste Arena. Ein Rund von 300 Metern Durchmesser, inspiriert von den frühen Theatern. Hier finden die Finalspiele der Saison statt.
Besonderheit: Rotierende Stahlringe, die unberechenbare Hindernisse darstellen.
Die Halle der Stimmen (Gohmor)
Durchschneidet drei Sub-Ebenen und ist nicht sphärisch, sondern röhrenartig. Die Wände sind mit Resonanzplatten verkleidet, die jeden Aufprall, jeden Schrei und jedes Krachen verstärken und vielfach zurückwerfen. Das Spiel klingt hier lauter, brutaler, dramatischer als irgendwo sonst.
Besonderheit: Akustische Überhöhung – das Dröhnen des Balls klingt wie Donner, ein Schrei wie ein Chor. Spieler und Fans sprechen von „der Arena die schreit“.
Das Schwarze Ei (Gohmor)
Eine neuere Arena, ein schwarzer Obsidianbau ohne Fenster oder Licht von außen. Erbaut zu Ehren der Freundschaft mit der Welt Obsidian. Nur die Projektoren in der Sphäre beleuchten die Spieler – manchmal als gleißende Strahlen, manchmal als gespenstische Dunkelheit.
Besonderheit: Variable Beleuchtung, die von völliger Schwärze bis zu blendendem Weißlicht reichen kann. Dies beeinflusst die Orientierung massiv.
Mandrax-Spirale (Casscadin)
Ein Geschenk des Hauses Orsius an die Nation. Die Sphäre ist von riesigen Magnetfeldern durchzogen, die Metallteile der Ausrüstung beeinflussen. Der Ball selbst reagiert besonders stark und kann scheinbar „unlogische“ Flugbahnen annehmen.
Besonderheit: Magnetische Anomalien – Bälle drehen plötzlich ab, Spieler mit metallischen Prothesen oder Anzügen geraten ins Schleudern.
Sturmkuppel von Vaxtor (Wallburg)
Eine Arena, die teilweise offen zum Meer gebaut wurde. Sie nutzt die gewaltigen Luftströme der Küstenregion der Primus Egressus: Über Schotts werden echte Stürme in die Schwerelosigkeitssphäre geleitet. Wind, Regen und Nebel sind hier fester Teil des Spiels.
Besonderheit: Wetterintegration – echte Sturmböen wirbeln Ball und Spieler durcheinander, Nebel nimmt Sicht, Regen macht Masken glitschig.
Gravball heute
Anders als bei vielen anderen Sportarten existiert im Gravball kaum ein echter Amateurbereich. Das liegt schlicht daran, dass Spiele ausschließlich in den fünf großen Gravballarenen des Sub-Sektors stattfinden können – drei davon in Gohmor selbst, die übrigen in den Makropolen Atheris und Sullgrim. Jede dieser Arenen ist ein gigantisches Konstrukt, dessen Betrieb und Instandhaltung astronomisch teuer ist. Die Arenen sind mehr als nur Sportstätten: Sie sind Monumente imperialer Ingenieurskunst, ummantelte Sphären aus Adamantium und Glasstahl, in denen künstliche Schwerelosigkeit erzeugt und aufrechterhalten wird.
Die großen Häuser des Adels und die mächtigsten Konsortien unterstützen Gravball nicht durch einzelne Mannschaften, sondern indem sie die Arenen selbst finanzieren, erweitern und deren exklusiven Betrieb sichern. Gravball ist so auch ein Schaufenster imperialer Macht und wirtschaftlicher Stärke – wer eine Arena unterhält, gilt als Kulturmäzen und Machtfaktor zugleich.
Der Nachwuchs für die Teams rekrutiert sich aus allen Bereichen der Gesellschaft. Anders als bei Disziplinen, die jahrzehntelanges Training oder elitäre Kaderschulen erfordern, genügt beim Gravball ein scharfes Auge für Athletik, Reflexe und Körperbeherrschung. Talentsucher durchstreifen Fabrikbezirke, Minenkomplexe, selbst Militärkasernen – wer auffällt, kann mit etwas Glück und eiserner Disziplin entdeckt werden. Die eigentliche Ausbildung beginnt erst nach diesem „Erweckungsmoment“. Viele Fans sehen darin eine Form von Chancengleichheit, die Gravball von anderen Sportarten unterscheidet. Jeder könnte entdeckt werden, so sagt man, und in die Sphäre aufsteigen, um dort als Spieler seinen Ruhm zu finden.
Eine kleine Ausnahme bilden Gravball-Partien auf Raumstationen oder Schiffen des Sub-Sektors, bei denen man das Vakuum selbst oder improvisierte Schwerelosigkeitskammern als Spielfeld nutzt. Doch diese Spiele sind selten, kaum organisiert und haben keinerlei Einfluss auf die große Liga – ein marginales Spektakel, das eher als Kuriosum gilt.
Die Spieler selbst sind längst über ihren Status als Athleten hinausgewachsen. Sie sind Stars von beinahe unerreichbarem Glanz – Superreiche, die in den besten Enklaven der Makropolen residieren, deren Masken als Ikonen an Kinder verkauft werden und deren Auftritte Arenen mit hunderttausenden Zuschauern füllen. Gravballer genießen gesellschaftliche Immunität, sind oft ebenso berüchtigt für ihre Skandale wie für ihre Siege, und manche Häuser buhlen geradezu darum, sie als Gäste oder Werbefiguren zu gewinnen.
Doch so groß der Ruhm auch ist, er wird stets von einer Schattenseite begleitet. Die Karriere eines Gravballers ist kurz – Verletzungen, Erschöpfung oder schlicht der Verlust der Aura auf dem Spielfeld beenden sie oft schon nach wenigen Jahren. Nur wenige schaffen es, sich danach in die Gesellschaft einzufügen. Die meisten enden als exzentrische Figuren, die von der Erinnerung an ihre eigene Maske zehren.