02-25-2013, 05:04 PM
Grytschenko. Leonid. Leutnant der PVS, seit 192 n. KdH. im aktiven Dienst. Veteran diverser Nebenschauplätze, ansonsten Sanitäts-Versorgungsoffizier. Geschätzte 93 Kilogramm bei einer Körpergröße von gerade mal... 165 Zentimeter. Er besaß eine kleine Schnittverletzung oberhalb der linken Augenbraue, etwas das von einem Sprengsplitter stammen mochte. Hellgrüne Augen, etwas bei 2,5 Dioptrien, eine zusammengeklappte Lesebrille in der Blusentasche. Ein Schneidezahn war künstlich, das Weiß des Porzellangemisches hob sich deutlich von den ansonsten durch Nikotin gefärbten Zähnen ab. Seine Lippen waren durch sandige Partikel in der Luft spröde, stellenweise aufgerissen, weshalb er sachte mit den dahinterliegenden Zähnchen daran zog. Er trug einen schlecht rasierten Victor-Emanuelle-Bart, Krummen von Suppeneinlage waren dabei deutlich sichtbar. Der eine Ärmel war etwas länger als der andere. Auf seinem rechten Zeigefinger waren deutliche Rückstände von blauer Füllfedertinte, ebenso an der entsprechenden Manschette. Die sorgfältig zusammengeschriebene Liste mit den ausstehenden Materialien hielt er in der linken Hand, mit der rechten blättere er durch das Register.
„Unregelmäßigkeiten ja, aber nur im Bereich geringwertiger Versorgungsgüter, wie sie diesem Register entnehmen können. Darüber hinaus ist es meinem Stab schwerlich möglich über jedes gestohlene oder verabreichte Aspirin genauestens Buch zu halten, geschätzte Kameradin.“, er ließ die angestaute Papierflut niedergleiten und überreichte das Klemmbrett emotionslos, „Sie sehen also, meine Logistiker arbeiten tadellos, selbst unter diesen katastrophalen Bedingungen haben wir einen Ausfall von gerade mal sieben Prozent. Im imperialen Schnitt spricht man selbst in Friedenszeiten von acht bis neun Prozent. Sie können uns daraus wirklich keinen Vorwurf machen, darüber hinaus würde das ihre Kompetenzen übersteigen.“
„Ich verstehe Ihren Einwand, Leutnant Grytschenko, ich akzeptiere ihn allerdings nicht. Sie deuten damit allerhöchstens an das Ihre Truppe gewissermaßen inkompetent ist, dass sie zu faul ist anständig Buch zu führen. Ich würde Ihnen dringend Empfehlen etwaige disziplinarische Maßnahmen anzuordnen, andernfalls könnten die moderaten Leistungen Ihrer Untergebenen auf Sie selbst zurückfallen. Sie verstehen?“
„Sie drohen?“
„Nicht doch. Ich stelle nur fest. Ebenso wie Oberst Bronkowitz wohl nur feststellen wird das diese Unregelmäßigkeiten kriegsnotwendigen Materials einen erheblichen Effekt auf die Sollstärke haben könnte.“
„Wir sprechen von Aspirin, nicht von Morphium und Panzergranaten, Frau Leutnant.“
„Wir sprechen von Insubordination und Diebstahl. Gewerblichen Diebstahl, Herr Leutnant. Ihre Helfer unterschlagen vermutlich geringwertige Güter um sie zu gewissen Preisen an die Kreuzfahrer weiterzugeben.“
„Das ist eine Hypothese. Eine blanke, an den Haaren herbeigezogene Behauptung frei von fundierten Beweisen. Darüber hinaus, wie gesagt, sprechen wir von geringwertigen Wirtschaftsgütern. Von Aspirin. Die Armee wird nicht scheitern weil zwei Rekruten Kopfschmerzen haben.“
„Wird sie nicht, aber durch die Korruption welche sich in Ihren Reihen ausbreitet, Herr Leutnant. Bedenken Sie, der Makel ergeht stets nur aus minderen Vergehen. Entpuppt sich jedoch rasch als gravierend.“
„Ich weise sie darauf hin...“
„Nichts. Herr Leutnant wurde zum Beauftragten für die medizinische Logistik bestimmt, Herr Leutnant mag sich um seine Befugnisse und seinen Zuständigkeitsbereich kümmern...“
„Ich...“
„Unterbrechen Sie mich bitte nicht.“, sie nahm das Berichtregister von Grytschenkos Tisch, es war so aufgeschlagen das der älteste Bericht zuoberst lag, „Sehen Sie sich der Reihe nach durch wie schlampig die Berichte Ihrer Ordonanz ausgefüllt sind. Name, Alter, Verletzung, Behandlung...", sie blätterte überfliegend durch, ihr gegenüber streckte die Hand nach dem Register.
„Vertrauliche Unterlagen!“, schnauzte er.
„Wohl kaum. Oberst Bronkowitz höchstpersönlich betraute mich mit der Überwachung sämtlicher Unregelmäßigkeiten innerhalb der Ordonanzdienste und der Wirtschaftszüge. Dies unterliegt durchaus meinen Befugnissen, immerhin werden hier kriegsrelevante Ressourcen verschwendet, werter Leutnant.“
„Ihre Anschuldigungen sind haltlos!“
„Mäßigen Sie Ihren Ton.“
„Der Oberst wird von dieser Unverschämtheit hören!“
„Der Oberst befindet sich derzeit in einer Besprechung mit seinem loyalen Stab.“
„Sie scheinen ja nicht dabei zu sein.“
„Sie wohl auch nicht, Leutnant Grytschenko. Ich gehe allerdings meiner Arbeit nach, Sie hingegen?“
„Wie können Sie es wagen! Eben erst musste ich einen Zeugen zu einem feigen Attentat auf einen unserer Jungs befragen...“
„Wirklich?“
„Jawohl!“
„Protokoll?“
„Unterstes!“
„Hm...“, sie schob ihre Manschette etwas zurück und betrachtete das Chronometer, etwa Viertel nach Neun Abends, „.... Zeit des Protokolls... Neun Uhr?“
„Durchaus. Wie sie sehen arbeiten wir exakt.“
„Sergej Makarenko... Gebürtiger Föderalist? Stammen Sie nicht auch aus der Föderalen Union?“
„Genauer gesagt aus Norfgot. Was tut das zur Sache?“
„Nichts. Absolut gar nichts, Herr Leutnant.“, sie legte das Register zurück, „Der Gefreite...“
„Der Verwundete? Anastas Jechio? Was ist mit ihm?“
„Wie ist sein Befinden? Konnte er vernommen werden?“
„Stichwunde, vermutlich einer der Kreuzfahrer.“
„Zeugen abgesehen von diesem...“, sie warf eine gespielte Pause ein.
„Makarenko. Sergej. Ein Bär von einem Mann, müssen Sie wissen. Nein, keine. Offenbar geschah das im dichtesten Gedränge, ein Wunder das der arme Kerl nicht einfach niedergetrampelt wurde. Gab wohl einige Gaffer, aber keiner hier schert sich einen Scheiß um einen anderen.“
„Leutnant Grytschenko...“, sie dämpfte die Stimme gezielt, auf halblaute Stärke, wobei sie mit gefalteten Händen nach vorne rückte, der Stuhl knarzte widerhallend innerhalb des Containerbüros, die Ölheizung ratterte im Stakkato eines Panzermotors, „... dieser Sergej Makarenko, aus der Föderalen Union, kennen Sie ihn?“
„Woher sollte ich?“, dabei beugte sich nun seinerseits Leonid vorwärts, seine Augenbrauen einschüchternd gesenkt, „Glauben Frau Leutnant ich würde jeden Schwanz der Union kennen, nur weil ich aus Norfgot komme?“
„Möglicherweise.“
„Der Kerl war zwar in meinem Alter, aber nein. Nein, ich kenne ihn nicht... und sie...“, er deutete mit erhobenem Zeigefinger auf sie, stupste sie auf halber Höhe der Brust an, „... Sie sind nicht die Militärpolizei, mich derart zu verhören, Frau Leutnant.“
„Ich verhöre Sie nicht, Herr Leutnant. Ich bekunde nur mein allgemeines Interesse an der Präzision Ihrer Arbeit. Nicht das ich Ihnen Kollaboration mit einem braunäugigen, zugewachsenen Fremden unterstellen würde.“
„Zugewachsen? Hmpf!“, der Leutnant schnaubte verächtlich und zog etwas die Nase hoch, „Mitnichten! Der Kerl war ein wahrer Krieger, ein Föderalist! Kahlgeschoren und mit stahlgrauen Augen, wie ein wahrer Nordmann aussehen sollte! Nicht wie ihr verweichlichter Schreiberling Katte, dieser Lutscher mit der Pomade im Haar!“
„Gutes Menschengedächtnis, Herr Leutnant.“
„Gehört zur Arbeit, Frau Leutnant.“
„Ich will Sie auch nicht weiter belästigen, wie ich sehe, erfüllen Sie Ihre Arbeit gewissenhaft.“
„Und sie sind eine verbissene Schlange, von Skallen.“
„Ich danke Ihnen, Grytschenko. Ich danke Ihnen aufrichtig. Wenn Sie erlauben...“, sie stand auf und legte sich den schwarzen Ledermantel über die Schultern, das Klemmbrett unter den Arm geklemmt, die Mütze in der rechten Hand, „... werde ich Sie nun wieder Ihren Pflichten überlassen.“
„Ich erlaube es nicht nur...“, er stand auf und wies gegen die halboffene Tür, „... nein, ich fordere sie geradezu dazu auf, Frau Leutnant.“
„Ich danke.“, sie drehte sich auf dem Absatz um.
Sobald sie das Büro verlassen hatte, hängte sich der geradegewachsene Katte an sie, wie ein Schatten, ein zufriedenes Schmunzeln war dabei nicht aus seinem Gesicht zu wischen, offenbar hatte er gelauscht. Sie übergab ihm Wortlos das Klemmbrett und setzte sich die Schirmkappe auf, während sie sich über die Schulter hinweg mit ihrer Ordonanz unterhielt, das sie dabei eben aus dem Zelt trat und an einem bärengroßen, kahlköpfigen Mann vorüber schritt erwies sich als reiner Zufall.
„Katte, gemäß Ihrer Akte stammen Sie doch entfernt von den Siris ab?“, nicht das sie dieses Faktum wirklich interessierte.
„Überaus... entfernt, Frau Leutnant. Nicht erwähnenswert, diese Verwandtschaft liegt nunmehr sieben Generationen zurück.“
„Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht, Gefreiter. Darum könnte ich Sie also Fragen, sagen wir... Kennen Sie ein altes Sprichwort des Hauses Orsius?“
„Nein?“
„Gut... Man sagt nämlich das ein Mitglied des Hauses Siris nur auf zwei Arten zu gebrauchen sei...“
„Die da wären?“, er starrte sie erwartungsvoll an, scheinbar begierig darauf die Antwort zu erfahren.
„Verdammt, Katte!“, sie drehte sich abermals rapide auf dem Absatz herum, „Ich habe wohl mein Schreibzeug in Grytschenkos Büro liegen lassen... Seien Sie so gut und holen Sie es...“, während sich Katte entfernte wandte sie sich dem unmittelbar vor ihr stehenden Raucher zu, ein Kerl gebaut wie ein Berg, mit einem Gesicht welches wie aus Granit gemeißelt schien, es war geradezu offensichtlich das irgendetwas an der vorangegangen Aussage seine Aufmerksamkeit von der Konversation mit seinen umstehenden Kameraden abgelenkt hatte. Spürsinn. Katte kam zurück.
„Nein, Frau Leutnant, Leutnant Grytschenko meinte Sie hätten die Füllfeder wohl in Ihre Manteltasche gesteckt.“
„Hm...“, sie tastete scheinbar unwissend über die Innentaschen ihres Mantels, genau wissend wo sich das Utensil befand, „... Oh, natürlich, hier haben wir sie ja.“, noch während sie die goldverzierte Füllfeder hervor zückte, glitt ungesehen von Katte, von ihr allerdings bewusst kalkuliert, ein verschnörkelter Umschlag aus einer ihre Taschen, glitt lautlos zu Boden, „Gefreiter, bringen Sie das Klemmbrett zurück zur Kommandantur, danach haben Sie Dienstschluss für heute. Melden Sie sich dann morgen pünktlich um 0800 in meinem Büro.“, sie trat den Umschlag mit dem schlammigen Absatz ins Erdreich, drehte sich leicht darauf und gab Katte genug Vorsprung, ehedem sie selbst aufbrach, schnell genug um nicht auffällig zu sein, doch langsam genug um einen etwaigen Finder des leeren Umschlags die Möglichkeit zu geben, ihr diesen im Gehen gefundener Weise freundlich zu übergeben...
„Unregelmäßigkeiten ja, aber nur im Bereich geringwertiger Versorgungsgüter, wie sie diesem Register entnehmen können. Darüber hinaus ist es meinem Stab schwerlich möglich über jedes gestohlene oder verabreichte Aspirin genauestens Buch zu halten, geschätzte Kameradin.“, er ließ die angestaute Papierflut niedergleiten und überreichte das Klemmbrett emotionslos, „Sie sehen also, meine Logistiker arbeiten tadellos, selbst unter diesen katastrophalen Bedingungen haben wir einen Ausfall von gerade mal sieben Prozent. Im imperialen Schnitt spricht man selbst in Friedenszeiten von acht bis neun Prozent. Sie können uns daraus wirklich keinen Vorwurf machen, darüber hinaus würde das ihre Kompetenzen übersteigen.“
„Ich verstehe Ihren Einwand, Leutnant Grytschenko, ich akzeptiere ihn allerdings nicht. Sie deuten damit allerhöchstens an das Ihre Truppe gewissermaßen inkompetent ist, dass sie zu faul ist anständig Buch zu führen. Ich würde Ihnen dringend Empfehlen etwaige disziplinarische Maßnahmen anzuordnen, andernfalls könnten die moderaten Leistungen Ihrer Untergebenen auf Sie selbst zurückfallen. Sie verstehen?“
„Sie drohen?“
„Nicht doch. Ich stelle nur fest. Ebenso wie Oberst Bronkowitz wohl nur feststellen wird das diese Unregelmäßigkeiten kriegsnotwendigen Materials einen erheblichen Effekt auf die Sollstärke haben könnte.“
„Wir sprechen von Aspirin, nicht von Morphium und Panzergranaten, Frau Leutnant.“
„Wir sprechen von Insubordination und Diebstahl. Gewerblichen Diebstahl, Herr Leutnant. Ihre Helfer unterschlagen vermutlich geringwertige Güter um sie zu gewissen Preisen an die Kreuzfahrer weiterzugeben.“
„Das ist eine Hypothese. Eine blanke, an den Haaren herbeigezogene Behauptung frei von fundierten Beweisen. Darüber hinaus, wie gesagt, sprechen wir von geringwertigen Wirtschaftsgütern. Von Aspirin. Die Armee wird nicht scheitern weil zwei Rekruten Kopfschmerzen haben.“
„Wird sie nicht, aber durch die Korruption welche sich in Ihren Reihen ausbreitet, Herr Leutnant. Bedenken Sie, der Makel ergeht stets nur aus minderen Vergehen. Entpuppt sich jedoch rasch als gravierend.“
„Ich weise sie darauf hin...“
„Nichts. Herr Leutnant wurde zum Beauftragten für die medizinische Logistik bestimmt, Herr Leutnant mag sich um seine Befugnisse und seinen Zuständigkeitsbereich kümmern...“
„Ich...“
„Unterbrechen Sie mich bitte nicht.“, sie nahm das Berichtregister von Grytschenkos Tisch, es war so aufgeschlagen das der älteste Bericht zuoberst lag, „Sehen Sie sich der Reihe nach durch wie schlampig die Berichte Ihrer Ordonanz ausgefüllt sind. Name, Alter, Verletzung, Behandlung...", sie blätterte überfliegend durch, ihr gegenüber streckte die Hand nach dem Register.
„Vertrauliche Unterlagen!“, schnauzte er.
„Wohl kaum. Oberst Bronkowitz höchstpersönlich betraute mich mit der Überwachung sämtlicher Unregelmäßigkeiten innerhalb der Ordonanzdienste und der Wirtschaftszüge. Dies unterliegt durchaus meinen Befugnissen, immerhin werden hier kriegsrelevante Ressourcen verschwendet, werter Leutnant.“
„Ihre Anschuldigungen sind haltlos!“
„Mäßigen Sie Ihren Ton.“
„Der Oberst wird von dieser Unverschämtheit hören!“
„Der Oberst befindet sich derzeit in einer Besprechung mit seinem loyalen Stab.“
„Sie scheinen ja nicht dabei zu sein.“
„Sie wohl auch nicht, Leutnant Grytschenko. Ich gehe allerdings meiner Arbeit nach, Sie hingegen?“
„Wie können Sie es wagen! Eben erst musste ich einen Zeugen zu einem feigen Attentat auf einen unserer Jungs befragen...“
„Wirklich?“
„Jawohl!“
„Protokoll?“
„Unterstes!“
„Hm...“, sie schob ihre Manschette etwas zurück und betrachtete das Chronometer, etwa Viertel nach Neun Abends, „.... Zeit des Protokolls... Neun Uhr?“
„Durchaus. Wie sie sehen arbeiten wir exakt.“
„Sergej Makarenko... Gebürtiger Föderalist? Stammen Sie nicht auch aus der Föderalen Union?“
„Genauer gesagt aus Norfgot. Was tut das zur Sache?“
„Nichts. Absolut gar nichts, Herr Leutnant.“, sie legte das Register zurück, „Der Gefreite...“
„Der Verwundete? Anastas Jechio? Was ist mit ihm?“
„Wie ist sein Befinden? Konnte er vernommen werden?“
„Stichwunde, vermutlich einer der Kreuzfahrer.“
„Zeugen abgesehen von diesem...“, sie warf eine gespielte Pause ein.
„Makarenko. Sergej. Ein Bär von einem Mann, müssen Sie wissen. Nein, keine. Offenbar geschah das im dichtesten Gedränge, ein Wunder das der arme Kerl nicht einfach niedergetrampelt wurde. Gab wohl einige Gaffer, aber keiner hier schert sich einen Scheiß um einen anderen.“
„Leutnant Grytschenko...“, sie dämpfte die Stimme gezielt, auf halblaute Stärke, wobei sie mit gefalteten Händen nach vorne rückte, der Stuhl knarzte widerhallend innerhalb des Containerbüros, die Ölheizung ratterte im Stakkato eines Panzermotors, „... dieser Sergej Makarenko, aus der Föderalen Union, kennen Sie ihn?“
„Woher sollte ich?“, dabei beugte sich nun seinerseits Leonid vorwärts, seine Augenbrauen einschüchternd gesenkt, „Glauben Frau Leutnant ich würde jeden Schwanz der Union kennen, nur weil ich aus Norfgot komme?“
„Möglicherweise.“
„Der Kerl war zwar in meinem Alter, aber nein. Nein, ich kenne ihn nicht... und sie...“, er deutete mit erhobenem Zeigefinger auf sie, stupste sie auf halber Höhe der Brust an, „... Sie sind nicht die Militärpolizei, mich derart zu verhören, Frau Leutnant.“
„Ich verhöre Sie nicht, Herr Leutnant. Ich bekunde nur mein allgemeines Interesse an der Präzision Ihrer Arbeit. Nicht das ich Ihnen Kollaboration mit einem braunäugigen, zugewachsenen Fremden unterstellen würde.“
„Zugewachsen? Hmpf!“, der Leutnant schnaubte verächtlich und zog etwas die Nase hoch, „Mitnichten! Der Kerl war ein wahrer Krieger, ein Föderalist! Kahlgeschoren und mit stahlgrauen Augen, wie ein wahrer Nordmann aussehen sollte! Nicht wie ihr verweichlichter Schreiberling Katte, dieser Lutscher mit der Pomade im Haar!“
„Gutes Menschengedächtnis, Herr Leutnant.“
„Gehört zur Arbeit, Frau Leutnant.“
„Ich will Sie auch nicht weiter belästigen, wie ich sehe, erfüllen Sie Ihre Arbeit gewissenhaft.“
„Und sie sind eine verbissene Schlange, von Skallen.“
„Ich danke Ihnen, Grytschenko. Ich danke Ihnen aufrichtig. Wenn Sie erlauben...“, sie stand auf und legte sich den schwarzen Ledermantel über die Schultern, das Klemmbrett unter den Arm geklemmt, die Mütze in der rechten Hand, „... werde ich Sie nun wieder Ihren Pflichten überlassen.“
„Ich erlaube es nicht nur...“, er stand auf und wies gegen die halboffene Tür, „... nein, ich fordere sie geradezu dazu auf, Frau Leutnant.“
„Ich danke.“, sie drehte sich auf dem Absatz um.
Sobald sie das Büro verlassen hatte, hängte sich der geradegewachsene Katte an sie, wie ein Schatten, ein zufriedenes Schmunzeln war dabei nicht aus seinem Gesicht zu wischen, offenbar hatte er gelauscht. Sie übergab ihm Wortlos das Klemmbrett und setzte sich die Schirmkappe auf, während sie sich über die Schulter hinweg mit ihrer Ordonanz unterhielt, das sie dabei eben aus dem Zelt trat und an einem bärengroßen, kahlköpfigen Mann vorüber schritt erwies sich als reiner Zufall.
„Katte, gemäß Ihrer Akte stammen Sie doch entfernt von den Siris ab?“, nicht das sie dieses Faktum wirklich interessierte.
„Überaus... entfernt, Frau Leutnant. Nicht erwähnenswert, diese Verwandtschaft liegt nunmehr sieben Generationen zurück.“
„Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht, Gefreiter. Darum könnte ich Sie also Fragen, sagen wir... Kennen Sie ein altes Sprichwort des Hauses Orsius?“
„Nein?“
„Gut... Man sagt nämlich das ein Mitglied des Hauses Siris nur auf zwei Arten zu gebrauchen sei...“
„Die da wären?“, er starrte sie erwartungsvoll an, scheinbar begierig darauf die Antwort zu erfahren.
„Verdammt, Katte!“, sie drehte sich abermals rapide auf dem Absatz herum, „Ich habe wohl mein Schreibzeug in Grytschenkos Büro liegen lassen... Seien Sie so gut und holen Sie es...“, während sich Katte entfernte wandte sie sich dem unmittelbar vor ihr stehenden Raucher zu, ein Kerl gebaut wie ein Berg, mit einem Gesicht welches wie aus Granit gemeißelt schien, es war geradezu offensichtlich das irgendetwas an der vorangegangen Aussage seine Aufmerksamkeit von der Konversation mit seinen umstehenden Kameraden abgelenkt hatte. Spürsinn. Katte kam zurück.
„Nein, Frau Leutnant, Leutnant Grytschenko meinte Sie hätten die Füllfeder wohl in Ihre Manteltasche gesteckt.“
„Hm...“, sie tastete scheinbar unwissend über die Innentaschen ihres Mantels, genau wissend wo sich das Utensil befand, „... Oh, natürlich, hier haben wir sie ja.“, noch während sie die goldverzierte Füllfeder hervor zückte, glitt ungesehen von Katte, von ihr allerdings bewusst kalkuliert, ein verschnörkelter Umschlag aus einer ihre Taschen, glitt lautlos zu Boden, „Gefreiter, bringen Sie das Klemmbrett zurück zur Kommandantur, danach haben Sie Dienstschluss für heute. Melden Sie sich dann morgen pünktlich um 0800 in meinem Büro.“, sie trat den Umschlag mit dem schlammigen Absatz ins Erdreich, drehte sich leicht darauf und gab Katte genug Vorsprung, ehedem sie selbst aufbrach, schnell genug um nicht auffällig zu sein, doch langsam genug um einen etwaigen Finder des leeren Umschlags die Möglichkeit zu geben, ihr diesen im Gehen gefundener Weise freundlich zu übergeben...