02-19-2013, 07:47 PM
Frau Leutnant stellte sich als eine von Skallen vor. Interessant. Das bedeutete, dass sie Anverwandte eines Ratsmitgliedes des Hauses Orsius sein musste, wie es Yllyus selbst war. Zugegeben, sein Vater war für ihn so weit entfernt, wie Terra es für Koron III war. Das äußerte sich tatsächlich nicht ausschließlich in gesellschaftlichem Stand, sondern viel mehr noch in persönlicher Antipathie. Aber der Fahnenjunker war noch jung. Der alte Herr dagegen neigte sich allmählich der Schwelle zu. Ungünstigerweise befand sich der ebenfalls von Yllyus ungeliebte ältere Bruder in etwa genau der Mitte zwischen ihnen. Auch wenn er sich derzeit in den Planetaren Verteidigungsstreitkräften die Sohlen ablief, Lysander würde nach oben kommen und sich nicht von solch selbstgefälligen Kreaturen aufhalten lassen. Eben war es noch Spinnerei gewesen, jetzt schien ihm die junge Frau Leutnant näher als erwartet. Das selbe große Adelshaus und ein unwürdiger Dienst in den Reihen Niederer verband sie schonmal. Fahnenjunker Yllyus Lysander, wie man annehmen darf? Von der Zehnten, wie mir zugetragen wurde? Sie finden mich überrascht. Diesen Worten folgte entsprechende Gestik und Lysander nahm die ihm dargebotene Hand an. Doch trotz lupenreiner Perfektion behielt sich der junge Mann ein paar Vorbehalte im Hinterkopf. Die Frau war ihm gewiss näher, als wohl alle übrigen in diesem Durcheinander von Streitkräften. Doch beide entstammten einflussreichen Familien des Adels und waren folglich in einem stetigen Überlebenskampf aus Lügen und Verrat der Juvenilität entwachsen. Es gab keinen erwachsenen Aristokraten, der sich frei von Vorurteil einem anderen, gleich welcher Herkunft, ohne Hintergedanken offenbarte. Adelsherzen waren kalte Herzen. Vernarbte Lebenspumpen, intrigant und so leiste ihre Arbeit verrichtend, als wären sie gar längst den Trägern entschwunden. Mir wurde zugetragen das lediglich Fremdweltler in dieser Kompanie dienen würden. Möglicherweise kehrt doch noch militärisches Statut in diesen „Gewalthaufen“ ein. Wir wurden noch nicht vorgestellt. Karin von Skallen, 9te Infanteriekompanie. Es wird mir ein persönliches Vergnügen sein, gemeinsam mit Ihnen im Stab zu dienen. Überflüssige Höflichkeitsfloskeln. Dahinter konnte sich neben einer tatsächlich gemeinten Freundlichkeit auch glatt das blanke Zähnefletschen eines blutrünstigen Raubtieres verbergen. Konversation, ein Spiel. Das Fachgebiet der gehobenen Gesellschaft. Und so oft unverstanden von dem ungebildeten Proletariat. Wer abgehängt am Absatz des Seins seine Krumen suchen musste, der hatte es auch nicht besser verdient, dass man solchen den Zugang zu Geschriebenem, Etikette und Wohlstand versagte. Wer leben wollte, der musste kämpfen! Geschickt baute die Frau ihre Absicht in den Tausch von Floskeln mit ein. Das übrigre Gemurmel verbannte jeden Mithörer auf die Bank. In geschätzten siebzehn Minuten wird sich diese Versammlung versprengen. Ich werde diese Halle in exakt zwei Minuten verlassen, werde mein provisorisches Büro aufsuchen. In zehn Minuten werden sie mir nachfolgen, unauffällig. Achten Sie darauf das Sie keiner verfolgt Darauf reagierte der Fahnenjunker nicht im Geringsten. Er lächelte höflich zurück und wahrte militärische Disziplin, schließlich befand sich die Frau in erhöhter Position. Ich freue mich ebenso, Frau Leutnant. Trefflich drücken Ihre Worte den Stand der Dinge aus, seit dem wir erfolgreich angelandet sind. Trefflich, trefflich Fahnenjunker, für wahr. Wer hätte nur gedacht, dass Sie über eine derart weitreichende Kenntnis der Wasserlandung verfügen. Zweifelsohne ein Vorteil bei diesem Manöver, ich werde auf Ihre fachliche Kompetenz zurückgreifen. Sie entschuldigen mich? Selbstverständlich, Frau Leutnant, jederzeit. Es war mir eine aufrichtige Freude! Und schon war die Personalie von Skallen um eine ominöse Note reicher, gar interessanter. Die letzten Worte musste der Fahnenjunker nicht spielen. Das ausgeprägte Lügengen wurde nicht benötigt. Der kurze Wortwechsel hatte den Mann im Inneren erheitert. Nach außen tat sich davon nichts weiter. Zehn Minuten. Lysander achtete nicht auf etwaige Chronometer. Er zählte ab dem Verschwinden der Frau im Stillen die Sekunden runter. Ohnehin hatte er nur zu warten, dass das Programm des Offiziellen die stets gewollte Zugabe zu einem Ende brachte. Doch so leicht war es doch nicht. Etwa nach der Hälfte erdreiste sich eine dunkel gekleidete Gestalt mit Habitus und Präsenz eines unbeholfenen Beamten. Eine Aura haftete dem Mann an, dass er fehl am Platz wirkte. Der Aristokrat bejahte dies und blickte von oben leidenschaftslos und desinteressiert auf den bemühten Verwalter herab. Sie wünschen? Entschuldigen Sie, ich suche einen Adjutanten des Herrn Oberst Bronkowitz. Dann Gratulation zu dieser Leistung! In welcher Angelegenheit begeben Sie sich hervor, Beamter?