02-15-2013, 02:02 AM
Kommandatur
Zweieinhalb Millimeter. Dies war der exakt bemessene Abstand zwischen beiden Fersen, während sie in stoischer Manierlichkeit, Hände hinter dem Rücken ineinandergelegt, den wortreichen, floskelverseuchten und nahezu beschwichtigenden Ausführungen des vorgesetzten Offiziers lauschte. Zumindest in diesem trivialen Sinne. Nicht wirklich. Ohne das sich dies in ihrer Miene abzeichnete, musterte sie zunächst den breitschultrigen Bronkowitz.
Erstens. Alfred. Der bescheidene Name eines Knechtes. Alfred, der bloße Name war eine Xenophilie die ihres gleichen suchte. Seiner allgemeine Statur glich jener eines Walrosses, er wirkte wie von übermäßigem Morphingenuss aufgedunsen, sein dreister, wabbeliger Zinken war ebenso aufgequollen, wies eine markante Blautönung auf, während die massigen Schwimmreifen beinahe drohten die in knapper Not noch haltenden Knöpfe in umher schießende Schrapnellen zu verwandeln. Sein signifikantestes - gleichzeitig verächtlichstes – Merkmal war jedoch der breitgefächerte Schnäuzer welcher unterhalb dieses ekelhaften Zinkens posierte, wie ein öliger, schmutziger Lappen und dabei struppig wie ein unbehandelter Pelz. Zwar waren seine taktischen Rückschlüsse, sowie die hypothetischen Annahmen bezüglich feindlicher Doktrin und Strategie wohl letztendlich richtig, doch allein seine körperliche Masse verhinderte das man den Mann ernst nehmen sollte. Wahrlich, ein altgedienter Kriegsheld. Jemand von Rang und Namen. Bestenfalls etwas was man unter dem Absatz zerquetschen sollte... Dennoch. Morphinsüchtg. Tendenz zum Alkoholismus. Gesteigertes Selbstwertgefühl. Egomanie.
Zweitens. Ein weniger signifikanter Mensch, einer welcher gleichfalls goldene Balken trug und dessen Kragenspiegel ihn als Hauptmann auswies. Der Mann von Krieg. Seinen Akten mochte man entnehmen das er vormals Oberleutnant gewesen sein mochte, welche militärische Errungenschaft ihm schließlich die Beförderung einbrachte, hatte sie vorsorglich ausgeblendet. 36 Standartjahre, 120 Kilogramm, etwas über 190 groß. Vermutlich indoktrinierter Fanatiker, allerdings von einem kleinen, grauslichen Makel behaftet: PTBS. Zumindest eine abgewandelte Form dessen. Von Anfang an war klar das sich van Horn, Harald, so sein Name, nicht recht integrieren konnte. Ein Fremdweltler, einzelner Überlebender der Schlacht von Narrus III. Welch seltsamer Zufall das sich die Herren in Schwarz nicht näher mit ihm beschäftigen mochten, allein sein Umgang mit Staatsfeinden dort hätte ihm eine formlose Exekution einbringen müssen. Dennoch. Sein verhaltener Blick unternahm wohl eben erst den Versuch selbiges an ihr durchzuführen. Er musterte sie, dies nur allzu auffällig. Er war ledig, besaß also keinerlei nennenswerte Angriffspunkte für eine etwaige Erpressung, Nötigung oder dergleichen. Er war insofern doch makelloser als der kommandierende Offizier Bronkowitz. Instinktiv vermerkte sie diese Tatsache. Und Narrus III.
Drittens. Fahnenjunker. Orsius-Lysander. Yllyus, vor dreiundzwanzig Jahren zwischen den Schenkeln der Armenè herausgepresst. Angeblich war er in einen gewissen politischen Skandal um den Hochverräter Tarian verwickelt, zumindest waren gewissen nahe familiäre Bande vorhanden. Eine silberne Korona umgab den ebenholzschwarzen Scheitel, seine stahlgrauen Iriden konkurrierten in Aufmerksamkeit lediglich mit van Horn. Wenngleich dieser wie unmittelbar vor dem Winterschlaf wirkte. Er mochte diesen darüber hinaus auch noch körperlich überragen. In gewohnter Orsius-Manier hielt er sein Haupthaar kurzgeschnitten, bevorzugte eine stramme, seicht vorwärtsgebeugte Haltung in dazu passender Adjustierung. Lupenrein. Nicht wie sein Lebenslauf. Unlängst war er wohl aufgrund dieser Irregulären von der Zehnten unangenehm ins Rampenlicht gerückt worden, sehr zu seinem bedauerlichen Nachteil. Was es dem Hause wohl gekostet haben mochte diese Angelegenheit wieder zu bereinigen? Trivial. Nicht würdig für die Akte.
In der rechten, unteren Tasche ihres langen Ledermantels trugt sie noch immer die zusammengeknüllte Nachricht von ihrer „Cousine“Melindi. Eine weitschichtige Verwandte, kaum älter als zwanzig Jahre, so wollte es der gewahrte Anschein, eigentlich hatte sie schon lange das Papyrusalter überschritten und war quasi noch ein Relikt, ein Überbleibsel oder sogar Fossil besserer Zeiten. Für das Haus. Für die Familie. Nichtsdestotrotz war da jener Brief. Ein unbedeutendes, handschriftliches Brieflein eben. Nichts von besonderem Wert oder gar etwas von Bedeutung. Niemals. Eine legere Einladung, zu einer kleinen, familiären Feierlichkeit. Einer Taufe. Groß-Cousine Acrididaea habe anscheinend gar Vierlinge an Licht der Welt gebracht. Das lauschige Zusammensitzen bei einigen guten Flaschen aus der südwestlichen Region würde in baldigster Bälde stattfinden. Dummerweise war der Termine ausgerechnet am heutigen Tage, schade, zu gerne hätte sie ihre Cousine wieder einmal freundschaftlich in die Arme geschlossen. Tja, dann würde sie wohl mit den vier abgesetzten Agenten der Schwarzen Dragoner vorlieb nehmen müssen, welche am heutigen Tage etwa nördlich des Lagers abgesetzt würden. In einem Hopper. Feldheuschrecke. Wie einfallsreich.
Inzwischen hatte auch schon Kamerad Walross seine Konklusionen geschlossen, ergiebiges Studieren von unterschiedlichen Missionsparametern, sowie taktischen Karten und provisorischen Kommandoaktionen angekündigt. Sein Schnäuzer zitterte regelrecht vor Erregung. Auffälliger Weise hatte gerade van Horn – offensichtlicher Befehlshaber eines ausgesuchten Trupps der Zehnten – regelrecht fluchtartig die Kommandantur verlassen. Wie weggefegt schien der grobkörniger Winterschlaf. Dies war wohl auch Yllyus aufgefallen, zumindest waren es seine verräterischen Pupillen welche dem Hauptmann verfolgten. Bronkowitz seinerseits war nun abermals in eine eher sakrale Diskussion mit einem der „Heerführer“ der Kreuzfahrer verwickelt, also des untalentierten, stinkenden Gewalthaufens welcher sich als Armee betrachtete. Jenes Volkes welches mit seiner Anwesenheit hier die Luft verpestete, sei es durch übermäßig vergeudeten Weihrauch oder durch den mangelnden Willen anständig tiefe Latrinen in ihren Lagern zu graben. Doch all diese radikalen Ansichten blieben unter einem beinahe ausdruckslosen Scheingrinsen verborgen. Vielmehr versuchte sie sich gleichermaßen unter das gemeine Offiziersvolk zu mischen, zumindest solange bis das sie von vier besonders heiligen Pilgern hören würde.
Zweieinhalb Millimeter. Dies war der exakt bemessene Abstand zwischen beiden Fersen, während sie in stoischer Manierlichkeit, Hände hinter dem Rücken ineinandergelegt, den wortreichen, floskelverseuchten und nahezu beschwichtigenden Ausführungen des vorgesetzten Offiziers lauschte. Zumindest in diesem trivialen Sinne. Nicht wirklich. Ohne das sich dies in ihrer Miene abzeichnete, musterte sie zunächst den breitschultrigen Bronkowitz.
Erstens. Alfred. Der bescheidene Name eines Knechtes. Alfred, der bloße Name war eine Xenophilie die ihres gleichen suchte. Seiner allgemeine Statur glich jener eines Walrosses, er wirkte wie von übermäßigem Morphingenuss aufgedunsen, sein dreister, wabbeliger Zinken war ebenso aufgequollen, wies eine markante Blautönung auf, während die massigen Schwimmreifen beinahe drohten die in knapper Not noch haltenden Knöpfe in umher schießende Schrapnellen zu verwandeln. Sein signifikantestes - gleichzeitig verächtlichstes – Merkmal war jedoch der breitgefächerte Schnäuzer welcher unterhalb dieses ekelhaften Zinkens posierte, wie ein öliger, schmutziger Lappen und dabei struppig wie ein unbehandelter Pelz. Zwar waren seine taktischen Rückschlüsse, sowie die hypothetischen Annahmen bezüglich feindlicher Doktrin und Strategie wohl letztendlich richtig, doch allein seine körperliche Masse verhinderte das man den Mann ernst nehmen sollte. Wahrlich, ein altgedienter Kriegsheld. Jemand von Rang und Namen. Bestenfalls etwas was man unter dem Absatz zerquetschen sollte... Dennoch. Morphinsüchtg. Tendenz zum Alkoholismus. Gesteigertes Selbstwertgefühl. Egomanie.
Zweitens. Ein weniger signifikanter Mensch, einer welcher gleichfalls goldene Balken trug und dessen Kragenspiegel ihn als Hauptmann auswies. Der Mann von Krieg. Seinen Akten mochte man entnehmen das er vormals Oberleutnant gewesen sein mochte, welche militärische Errungenschaft ihm schließlich die Beförderung einbrachte, hatte sie vorsorglich ausgeblendet. 36 Standartjahre, 120 Kilogramm, etwas über 190 groß. Vermutlich indoktrinierter Fanatiker, allerdings von einem kleinen, grauslichen Makel behaftet: PTBS. Zumindest eine abgewandelte Form dessen. Von Anfang an war klar das sich van Horn, Harald, so sein Name, nicht recht integrieren konnte. Ein Fremdweltler, einzelner Überlebender der Schlacht von Narrus III. Welch seltsamer Zufall das sich die Herren in Schwarz nicht näher mit ihm beschäftigen mochten, allein sein Umgang mit Staatsfeinden dort hätte ihm eine formlose Exekution einbringen müssen. Dennoch. Sein verhaltener Blick unternahm wohl eben erst den Versuch selbiges an ihr durchzuführen. Er musterte sie, dies nur allzu auffällig. Er war ledig, besaß also keinerlei nennenswerte Angriffspunkte für eine etwaige Erpressung, Nötigung oder dergleichen. Er war insofern doch makelloser als der kommandierende Offizier Bronkowitz. Instinktiv vermerkte sie diese Tatsache. Und Narrus III.
Drittens. Fahnenjunker. Orsius-Lysander. Yllyus, vor dreiundzwanzig Jahren zwischen den Schenkeln der Armenè herausgepresst. Angeblich war er in einen gewissen politischen Skandal um den Hochverräter Tarian verwickelt, zumindest waren gewissen nahe familiäre Bande vorhanden. Eine silberne Korona umgab den ebenholzschwarzen Scheitel, seine stahlgrauen Iriden konkurrierten in Aufmerksamkeit lediglich mit van Horn. Wenngleich dieser wie unmittelbar vor dem Winterschlaf wirkte. Er mochte diesen darüber hinaus auch noch körperlich überragen. In gewohnter Orsius-Manier hielt er sein Haupthaar kurzgeschnitten, bevorzugte eine stramme, seicht vorwärtsgebeugte Haltung in dazu passender Adjustierung. Lupenrein. Nicht wie sein Lebenslauf. Unlängst war er wohl aufgrund dieser Irregulären von der Zehnten unangenehm ins Rampenlicht gerückt worden, sehr zu seinem bedauerlichen Nachteil. Was es dem Hause wohl gekostet haben mochte diese Angelegenheit wieder zu bereinigen? Trivial. Nicht würdig für die Akte.
In der rechten, unteren Tasche ihres langen Ledermantels trugt sie noch immer die zusammengeknüllte Nachricht von ihrer „Cousine“Melindi. Eine weitschichtige Verwandte, kaum älter als zwanzig Jahre, so wollte es der gewahrte Anschein, eigentlich hatte sie schon lange das Papyrusalter überschritten und war quasi noch ein Relikt, ein Überbleibsel oder sogar Fossil besserer Zeiten. Für das Haus. Für die Familie. Nichtsdestotrotz war da jener Brief. Ein unbedeutendes, handschriftliches Brieflein eben. Nichts von besonderem Wert oder gar etwas von Bedeutung. Niemals. Eine legere Einladung, zu einer kleinen, familiären Feierlichkeit. Einer Taufe. Groß-Cousine Acrididaea habe anscheinend gar Vierlinge an Licht der Welt gebracht. Das lauschige Zusammensitzen bei einigen guten Flaschen aus der südwestlichen Region würde in baldigster Bälde stattfinden. Dummerweise war der Termine ausgerechnet am heutigen Tage, schade, zu gerne hätte sie ihre Cousine wieder einmal freundschaftlich in die Arme geschlossen. Tja, dann würde sie wohl mit den vier abgesetzten Agenten der Schwarzen Dragoner vorlieb nehmen müssen, welche am heutigen Tage etwa nördlich des Lagers abgesetzt würden. In einem Hopper. Feldheuschrecke. Wie einfallsreich.
Inzwischen hatte auch schon Kamerad Walross seine Konklusionen geschlossen, ergiebiges Studieren von unterschiedlichen Missionsparametern, sowie taktischen Karten und provisorischen Kommandoaktionen angekündigt. Sein Schnäuzer zitterte regelrecht vor Erregung. Auffälliger Weise hatte gerade van Horn – offensichtlicher Befehlshaber eines ausgesuchten Trupps der Zehnten – regelrecht fluchtartig die Kommandantur verlassen. Wie weggefegt schien der grobkörniger Winterschlaf. Dies war wohl auch Yllyus aufgefallen, zumindest waren es seine verräterischen Pupillen welche dem Hauptmann verfolgten. Bronkowitz seinerseits war nun abermals in eine eher sakrale Diskussion mit einem der „Heerführer“ der Kreuzfahrer verwickelt, also des untalentierten, stinkenden Gewalthaufens welcher sich als Armee betrachtete. Jenes Volkes welches mit seiner Anwesenheit hier die Luft verpestete, sei es durch übermäßig vergeudeten Weihrauch oder durch den mangelnden Willen anständig tiefe Latrinen in ihren Lagern zu graben. Doch all diese radikalen Ansichten blieben unter einem beinahe ausdruckslosen Scheingrinsen verborgen. Vielmehr versuchte sie sich gleichermaßen unter das gemeine Offiziersvolk zu mischen, zumindest solange bis das sie von vier besonders heiligen Pilgern hören würde.