Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Superstitem Esse - In der Blutsandwüste
#6
Die ersten Silben des Freihändlers rollten noch mit einigem Phlegma und einem Quäntchen Lallenhaftigkeit über seine Zunge, doch noch während er sprach, besserte sich seine Phonetik, korrigierte sich gewissermaßen von selbst, als gewöhne sich sein Sprachmuskel nach bestimmter Zeit des Aussetzens wieder daran, wie er im Zusammenspiel mit Atmung und Lippen professionelle Laubildungen von sich geben konnte. Ayris erfreute dieser Vorgang sehr, so sehr das sie sich imaginär auf die Schultern klopfte. Sie war zwar keine Ärztin und hatte nicht den Spürsinn heraus zusehen wie schlimm es um den Mann wirklich gestanden hatte, aber seine oberflächlichen Wunden und blutigen Abschürfen hatten schon einen gefährlichen Eindruck für ihre unkundigen Augen hinterlassen. Rückblickend hatte sie derlei Versehrtheit schon in den Lagern des Widerstandes daheim auf Decimus erleben können, doch sie war damals zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen um daraus einen Gewinn zu schlagen, da sie sich nie – im Gegensatz zu anderen Frauen – um die Verletzten gekümmert hatte. Andere waren ihr immer egal gewesen, sie hatte ihren Teil für die Sache erfüllt und war niemandem großartig zur Last gefallen. Hatte sich überwiegend in ihren eigenen Kokon eingesponnen mit möglichst wenig Blick nach draußen.

Für die verwöhnte Tochter eines Industriellen, die nicht über die Ausstrahlungskraft ihres Bruders verfügte und sowieso relativ unnütz für den Befreiungskrieg war, hatte sich diese Verhaltensweise früher oder später aus eigenen Antrieb entwickelt. Das Gefühl nicht benötigt zu werden, hatte sie zu einer isolierten Person gemacht, die sich selbst noch zuzüglich dadurch abstempelte das sie in ihrem Inneren sich noch immer nicht mit dem Abschaum aus der Kloake gleichstellen wollte. Hartnäckig klammerte sich etwas von ihr noch an dem Bewusstsein das sie nobler, gebildeter und einfach überlegender war als die schlotterigen Himmelsstürmer um sie herum. Jene Ansicht hatte sie nicht zur Krankenschwester für die armen Rebellen werden lassen, sondern zu einer Außenseiterin in einer Zusammengehörigkeit von Außenseitern. Mittlerweile wusste sie das diese eigenbrötlerische Tour ihr mehr geschadet als gedient hatte. Durch sie war sie in die Klauen einer Sekte geraten, durch sie hatten sich ihre Probleme generell verdreifacht. Und eben dadurch hätte „Xeno“ ihr so wegsterben können… was er glückerlichweise nicht getan hatte. Die Sorge die sie um ihn empfunden hatte wurde selbstverständlich von ihrem müden Lächeln kaschiert, nichts wäre schlimmer gewesen als die letzte Überlebende eines Absturzes mitten in einer Wüste zu sein, in welcher sie zweifelsohne gelandet waren.

In dem ansehnlichen Gesicht des Piloten zuckten ein paar Nerven, als er vorsichtig seinen Körper auf „Bruchstellen“ kontrollierte, ihn einer Routineüberprüfung unterzog wie er es bei einer Flugmaschine getan hätte. Er schien mit dem Ergebnis mehr oder weniger zufrieden, dergestalt zufrieden, dass er riskierte sich aufzurichten und einmal um sich selbst zu drehen, die Azazernerin konnte nicht genau deuteln ob dies von ihm gewollt oder von einer plötzlichen Schwindelattackte ausgelöst worden war. Jedenfalls plauderte er dabei und musterte die beschädigte Schiffshülle und das heillose Wirrwarr der Frachtsektion die jetzt mehr nach Schutthalde aussah als nach etwas anderem. Leicht torkelnde Bewegungen trugen seine Füße zu einem Haufen nächstbefindlicher Behälter, er hielt sich an der Kante einer Kiste fest, bückte sich und hatte augenblicks darauf eine glänzende Flasche Amasec in der Hand. Ein Strahlen wie ein morgendlicher Sonnenaufgang zierte sein Kinn und ließen seine Augen leuchten, wie den schunkelnden Inhalt der intakten Bouteille. Seine Ausführungen zu der wertvollen Ladung ließen Ayris lachen, die sich die besudelten Finger mit übrigem Verbandszeug abrubbelte und ebenfalls Anstalten machte aufzustehen um auf das Angebot des Händlers einzugehen. Ein scharfer Stich in der Seite brachte ihr den Schnitt am oberen Teil des Oberschenkelknochens in quälende Erinnerung. Sie rutschte den letzten Rest an der metallenen Wand in ihrem Rücken empor und presste sich die Rechte, in der sie die Bandagen hatte, auf die brennende Verletzung.

Sie verkniff sich die Schmerzen, verfluchte die zu niedrig dosierten Arzneien die sie sich eingeworfen hatte und deren minimale Wirkung noch dazu. Nach einem gehörigen Schluck Alkohols, der hoffentlich eine ergiebigere Betäubung als die verschreibungspflichtgen Medikamente erzeugte, würde sie sich erst mal um sich selbst sorgen müssen. Der in Mitleidenschaft gezogene Raumfahrer genehmigte sich einen kräftigen Zug aus der rasch geöffneten Flasche, sein Adamsapfel hüpfte förmlich vor Vergnügen den Geschmack der honigfarbenen Köstlichkeit noch einmal erfahren zu dürfen. Als wäre ihr Überleben, der tadellose Zustand des rundlichen Glasgefäßes mit schlankem Halse und unvergossenem Flüssigkeit nicht ausreichend genug, gewährte ihr „Xeno“ auch noch die Offerte seines zivilen Namens. Wohl ein nachträgliches Eingeständnis dafür, dass er ihr, einer Strafgefangenen, nun doch mehr Vertrauen entgegenbrachte als zuvor angedacht. Ayris nahm die dargebotene Flasche entgegen und nickte ihm dankbar zu, ehe sie den schmalen gläsernen Durchlass an ihre trockenen und aufgeplatzten Lippen setzte und mehrere satte Schlücke trank… oder vielmehr zechte. Ihre Lungen waren öde wie das Sandmeer das sie draußen erwartete und zudem litt sie Schmerzen. Trunkenheit war manchmal effektiver als so manches Pflaster oder Beruhigungsmittel. Nachdem ihre Kehle Feuer gefangen hatte und der Pegel des Amasecs merklich gesunken war, beendete sie ihre behandlungstechnische „Begießung“ und reichte Lansing die hochprozentige Beute zurück. Sie unterdrückte ein Aufstoßen und wischte sich mit einem Handrücken über den feuchten Mund.

Vortrefflich Lansing, das haben die schwindenden Lebensgeister jetzt gebraucht. Obwohl ich fürchte das meine Geschmacksknospen zu einer qualitativen Unterscheidung kaum noch fähig sind… aber eines ist gewiss, das Zeug hier ist sicherlich von erlesener Güte aber niemals so abgestimmt und reizvoll wie Phaseya Wein aus der Da’kurro Provinz, vielleicht kennen sie es oder es ist Ihnen schon einmal untergekommen, eine Spezialität von meiner Heimatwelt. Unglaublich aromatisch… man lechzt nach jedem Tröpfchen.“ Sie wedelte weitschweifig mit einem Arm, als wollte sie ihr sinnleeres Gerede abtun. „Ach was plappere ich da, wir sollten das Ewigkeitstor dafür preisen das wir es noch nicht passieren mussten. Wir hatten geradezu übernatürliches Glück, hoffentlich fordert das Schicksal in naher Zukunft hierfür keine Gefälligkeit ein.
Sie entgegnete dem abgespannten Lächeln des Freihändlers ihrerseits mit Höflichkeit und während sie ihn dabei betrachtete, fiel ihr etwas ein. „Oh, ich habe da noch etwas von Ihnen… sie haben ja ziemlich was abbekommen, deshalb ist sie ein wenig verbogen, aber… aber dürfte sonst noch heil sein.
Die Finger ihrer freien Hand verschwanden in der Seitentasche ihres verrußten und sonstwie verunreinigten Overalls und zauberten einen Moment später Magaris Brille in die staubige Welt des demolierten Frachters hervor, die sie eingesteckt hatte nachdem sie ihn aus der Kanzel geschleift hatte. Die Augengläser wechselten von der Finderin zum Besitzer. „So schlecht kann ihre Sehkraft gar nicht sein wenn sie in diesem Chaos noch eine Flasche Amasec besten Jahrgangs finden.“ frotzelte Ayris indes der Schmuggler wieder sein ihm apartes Bild herstellte und sich dann umschaute als wolle er in Aktivität ausbrechen. Ihr war nichts lieber. Eine Bestandsaufnahme war zwingend nötig. Sie mussten herausfinden was sie noch hatten um womit sich etwas anfangen ließ. Eine ganze Wüste trennte sie wahrscheinlich von der nächsten zivilisierten Ansiedlung… und sie würden Wasser benötigen, viel Wasser…

Eine unerwartete Explosion außerhalb des Shuttlewracks die über die Dünnen schallte ließ sie zusammenfahren und die Bürde um das unersetzbaren Nasses augenblicklich verdrängen. Lansing kletterte gerade über eine Ansammlung von Gerümpel welches einmal hochwertige Handelsgegenstände, Container und Schiffeinrichtung gewesen war und verharrte desgleichen ebenso alarmiert. Ayris blickte erschrocken in seine Richtung und vor ihrem geistigen Auge sah sie eine Kampfverband imperialer Streitmacht auf sie zu rücken. Tonnenschwere stählerne Bestien, aus deren Türmen Hauptgeschütze und schweren Boltkanonen wie tödliche Stacheln ragten und Feuer und Verheerung spuckten, begleitet von den gedungenen gepanzerten All-Terrain-Chimäre-Transporten, die in ihren Bäuchen die willenlosen und ebenso kompromisslosen Diener des Imperators von einem Schlachtfeld zum nächsten beförderten.

Oh Verdammnis, Lansing! Wollen die auf Nummer sicher gehen? Kommen die zurück um zu überprüfen ob es auch wirklich niemand überstanden hat? Das darf doch nicht wahr sein…“ Ihre beißende Verletzung von sich schiebend, arbeitete sie sich zu einem Bullauge vor, stürzte sich gegen die Wand und lugte achtsam auswärts. Eine weitere Erschütterung grollte über die Ebene, trug Sandschleier von den umliegenden Dünen und eine Sekunde darauf erhob sich der orangegelbe Pilz der bereits angekündigten Detonation hinter dem Sandkamm in den roséfarbigen Himmel. Schwarze Stücke tanzten auf dem glutheißen Auswuchs und regneten anschließend in der Wüste nieder. Was war hier im Gange?
Der Beschuss gilt nicht uns, da draußen ist soeben etwas anderes in die Luft gejagt worden… vielleicht tobt da auch ein Kampf, aber was immer auch los ist, wir sind in unmittelbarer Nähe und sollten zusehen das wir uns verteidigen können wenn jemand aus dem Konflikt dort als Champion hervortritt. Es kann kein Zufall sein das sie ausgerechnet so dicht beim Schiff aneinandergeraten sind!“ Grimmigen Gesichtsausdrucks und sich dagegen Sträubens aufzugeben, hechtete sie gen Cockpit mit dem Ziel ihre Waffe aus dem Geröll empor zu kramen und angängigen Besuchern einen temperamentvollen Empfang zu bereiten.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
[Kein Betreff] - von - 09-24-2008, 12:46 AM
[Kein Betreff] - von - 09-24-2008, 09:43 AM
[Kein Betreff] - von - 09-26-2008, 01:40 AM
[Kein Betreff] - von - 09-27-2008, 01:51 PM
[Kein Betreff] - von - 10-06-2008, 01:01 PM
[Kein Betreff] - von - 10-08-2008, 01:50 AM
[Kein Betreff] - von - 10-08-2008, 11:56 AM
[Kein Betreff] - von - 10-10-2008, 09:07 AM
[Kein Betreff] - von - 10-10-2008, 11:21 PM
[Kein Betreff] - von - 10-13-2008, 11:26 PM
[Kein Betreff] - von - 10-19-2008, 10:11 AM
[Kein Betreff] - von - 10-20-2008, 01:21 AM
[Kein Betreff] - von - 10-20-2008, 07:02 PM
[Kein Betreff] - von - 10-21-2008, 08:54 AM
[Kein Betreff] - von - 10-22-2008, 10:42 PM
[Kein Betreff] - von - 11-02-2008, 11:47 PM
[Kein Betreff] - von - 11-03-2008, 09:33 AM
[Kein Betreff] - von - 11-04-2008, 03:52 PM
[Kein Betreff] - von - 11-13-2008, 12:48 PM
[Kein Betreff] - von - 11-15-2008, 12:35 PM
[Kein Betreff] - von - 11-17-2008, 03:30 PM
[Kein Betreff] - von - 11-22-2008, 03:30 AM
[Kein Betreff] - von - 12-13-2008, 10:24 PM
[Kein Betreff] - von - 12-16-2008, 12:05 AM
[Kein Betreff] - von - 12-17-2008, 02:30 AM
[Kein Betreff] - von - 01-05-2009, 11:31 PM
[Kein Betreff] - von - 01-12-2009, 02:35 AM

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste