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Können Sie mir erläutern, was genau Sie da tun, Kommandant? Keiner von den Sirisagengten war außerhalb der Gebäude, um mit eigenen Augen zu sehen, dass sich die abkommandierten Ranger auf einen Einsatz vorbereiteten. Die Feldagentin schien dennoch sehr genau zu sehen, was draußen vor sich ging. Ihre Anfrage kam entsprechend über die dafür vorgesehene Frequenz. Waldorf setzte ihr auseinander, was er zutun gedachte.
Ihre Bestrebungen sind löblich, aber sie sind nicht Teil unseres Vertrages. Die Sicherung der Einrichtung und der reibungslose Ablauf der hier zu erledigen Arbeiten haben oberste Priorität. Die Agentin war nicht außer sich oder ließ in ihrer Stimme auch nur eine Spur von Unmut erkennen. Sie sprach ruhig und sachlich, wie jemand der über kleinere Unstimmigkeiten in einem Mietvertrag redete.
Waldorf legte seinen Standpunkt dar und versicherte ihr, dass ihre Exkursion die Absicherung der Haus- Anlage in keinster Weise in Gefahr bringen würde.
Verzeihen Sie mir, wenn ich dieser Ansicht widerspreche, Herr Walldorf. Sie werden doch sicherlich die taktische Gefahr erkennen, die darin liegt einen potenziellen Gegner auf uns aufmerksam zu machen. Ist es ein Feind, mit dem die Orsiuskräfte nicht fertig werden, wird ihre, eher leicht bewaffnete, Gruppe daran kaum etwas ändern. Auch gebe ich zu bedenken, dass die standardisierte Vorgehensweise der Orisus darin besteht, auf dringende Notrufe mit Luftunterstützung zu reagieren. Vermutlich wird man zwei oder drei “Sperling” Panzerjäger schicken. Von Gohrmor aus brauchen diese etwa eine Stunde um hier zu sein. Wenn man ihre Soldaten dann am Ort einer etwaigen Niederlage der Orsius findet, was denken Sie wie die Reaktion darauf ausfallen wird? Schlimmer noch, man bringt dann vielleicht ihre missverstandene Hilfsbereitschaft mit Aktionen des Hauses Siris in Verbindung.
Das kann zu den unangenehmsten Verwicklungen führen.
Ich muss Sie daher auffordern, von ihrem Vorhaben Abstand zu nehmen. Waldorf wurde nicht einmal langsamer, als er ihr antwortete. Der Vertrag sei keineswegs verletzt worden, argumentierte er. Das die Anlage besetzt ist sei kaum zu übersehen. Da der Feind es bereits einmal geschafft habe die Station zu überrennen, wisse er natürlich auch wo man sich befand. Wenn er es aus dem einen oder anderen Grund wolle, würde er also erneut angreifen. Vielleicht waren die, die sich da mit den Orsius schlugen eigentlich auf dem Weg zu ihnen gewesen. Angriff war in diesem Fall eine Form der Verteidigung und entsprach damit der Abmachung. Der beste Schutz gegen Orsius Flieger sei darüber hinaus doch wohl ein überlebender Orisumann, der von der Hilfestellung berichten konnte. Außerdem starben dort draußen Menschen im Kampf gegen wen oder was auch immer. Die Pflicht eines jeden Ranger lag darin Hilfe anzutragen. Die Feldagentin hörte sich diese hastig vorgetragene Informationskette schweigend an. Dann antwortete sie in altbekannter Ruhe.
Ich teile diese Ansichten keineswegs und denke, dass die Gefahr für die Mission die von Ihnen genannten Punkte überwiegt.
Dennoch gestehe ich ein, dass Ihre Argumentation nicht gänzlich aus der Luft gegriffen ist.
Versuchen Sie es also auf Ihre Art. Ich werde versuchen mit Gohmor Kontakt aufzunehmen und die Situation zu schildern. Vielleicht kann ich einen übereilten Lufteinsatz der Orsius abwenden. Aber verlassen Sie sich darauf nicht. Außerdem werde ich diesen Zwischenfall natürlich in meinen Aufzeichnungen vermerken. Man wird dies im Nachhinein auf formale Korrektheit prüfen.
Es sieht für mich außerdem so aus, dass sie dieses Wagnis persönlich begleiten wollen. Ich muss Ihnen sicher nicht sagen, wie leichtsinnig es ist, sich als Führungspersonal so unnütz in Gefahr zu begeben.
Bitte nennen Sie mit die Verbindungsperson hier im Lager, bevor sie aufbrechen.
Dann wünschte sie Waldorf viel Erfolg und wandte sich wieder dem zu, was auch immer sie getan haben mochte.
Die Fahrzeuge wurden vorgefahren und die Waffen wie angeordnet verteilt. Jeder überprüfte noch einmal die Aussrüstung des Nebenmannes und dann zogen sie los. Ihr Zielpunkt war schwerlich zu übersehen, da er als Glühen den Horizont beschien. Von Bersting meldete nach etwa zehn Minuten Fahrt, dass jetzt kein, wie auch gearteter Funkverkehr mehr zu empfangen sei. Das mochte natürlich an dem Umstand liegen, dass er vom Lager aus weniger klare Sendungen auffangen konnte als bei seiner kleinen Spritztour. Aber der Funker äußerte seine Meinung, dass es eher daran lag, dass niemand mehr etwas zu sagen hatte. Sie fuhren jetzt fünfzehn Minuten, mit den 50 km/h, die ihre Chimäre an Höchstgeschwindigkeit hergab. Das Gelände stieg sachte aber stetig an. Ein sanfter Hügel aus der Entfernung, eine langezogne Anhöhe, wenn man im Begriff war sie sich hinaufzuackern.
Alle Lichter waren an den Fahrzeugen abgeschaltet. Lediglich das Motorengeräusch, welches in einer nächtlichen Wüste weit trug, kündigte ihr kommen an. Die Fahrer drosselten nach knapper Funkabsprache die Geschwindigkeit.
Sie konnten drei Brandherde ausmachen, bei denen es sich um, in Flammen stehende Fahrzeuge handelte. Kleinere Feuer brannten darüber hinaus an verschiedenen Stellen. Dort wo das Licht genügte, ließen sich dunkle Flecken ausmachen, die wohl Körper sein mussten.
Der Konvoi näherte sich langsam, wie eine große vorsichtige Schlange.
Die Nerven der Schützen waren so gespannt, dass man meinte sie im Dunklen vibrieren zu hören. Ein Feind war derweil nicht auszumachen. Aber es war auch verteufelt dunkel.
Der nächste Schritt würde nach dem gewohnten Vorgehen sein, die Infanterie absitzen zu lassen und dann unter der Zuhilfenahme der Suchscheinwerfer nach überlebenden zu suchen.
Waldorf griff nach dem Funkgerät und leckte sich über die Lippen. Natürlich barg dies ein gewisses Risiko, da sie hier genauso auf dem Präsentierteller standen wie es die Orsius gewesen…
Etwas stieß gegen die Scheibe und ließ das kugelsichere Glas knirschen. Der Fahrer des LKWs, Boskorn war sein Name, runzelte unter seinem Helm die Stirn. Chef, ist das… Dann verschwand diese Stirn in einem Schauer aus Blut, Knochen, Gehirn und den Resten des Helms, der Schussweste und dem Sitz. Flocken aus brennender Füllung schwebten durch die Fahrerkabine. Durch den kalten Schock, brannte sich das ferne Knattern eines MGs. Zu weit weg um von ihnen zu sein. Aber auch nicht das, was die Kabine und den Fahrer durchschlagen hatte.
Der Fahrer der, wäre es nach dem Squat gegangen, Glen hätte gewesen sein können. Waldorf aber hatte darauf bestanden, dass er einen der anderen Wagen steuerte, um den Eindruck von Vetternwirtschaft zu vermeiden. Sie hingen ohnehin zu viel zusammen. Jetzt hatte diese Entscheidung dem Abhumanen das Leben gerettet und es von Boskorn gekostet. Der LKW kam abrupt zum Stehen. Vielleicht hatte er Motor auch einen Treffer kassiert, vielleicht hatte sich das Bein des Sterbenden auf der Bremse verkrampft.
Ein Loch von der Größe zweier rund zusammengehaltener Männerhände klaffte in der Frontscheibe.
Autokanone vielleicht…
Das MG hämmerte noch immer auf den Wagen ein.
Dann schob sich die Chimäre als gepanzertes Muttertier vor den LKW und schirmte ihn ab. Eines ihrer eigenen Maschinengewehre klotzte los. Die Feuerstöße waren zu lang, ging es Waldorf durch den Kopf, während er Kameradenblut aus den Augen wischte. Das mussten sie noch ein mal im Nachgang besprechen. Vielleicht mit Glen... der machte manchmal die MG- Ausbildung mit den Neuen. War der mit im Fahrzeug gewesen? Nein! Aber warum hörte er seine Stimme? Er konnte die Stimme seines Freundes doch hören. Verwirrt blickte er auf den kleinen Kasten links von sich. Es schien das einzige in der Kabine zu sein, dass noch Strom hatte. Das Funkgerät.
Wiederhole, Beschuss aus unbekannter Richtung. Kein Mündungsfeuer zu sehen. Hey Langer… kannst du mich hören? Mach kein Scheiß Mann.
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Jede Faser in Waldorfs Körper vibrierte, als die Frontscheibe des Lasters zuerst getroffen worden war. Ein Unheil-schwangerer Blick galt Boskorn, ehe dieser durch den Feindbeschuss getötet wurde. Es kam ihm fast vor, als geschiehe all das in Zeitlupe, wirkte unwirklich auf ihn, bis es plötzlich in seinem gesunden Auge brannte und die Realität ihn quasie im Turbo wieder einholte. Waldorf fluchte unverständlich und kauerte sich instinktiv zusammen, um nicht selbst noch getroffen zu werden. Erst das Dröhnen der Schimäre und das Rattern des MGs lösten diese krampfhafte Haltung, dieses Zeichen des routinierten Überlebenskampfes. Waldorfs Neuroschiene umklammerte seinen Arm wie ein verängstigtes Tier, um stressbedingte Zuckungen zu unterdrücken, sodass in seiner Hand zu kribbeln begann. Erst ein Moment des Aufatmens, des Nachdenkens löste die Umklammerung wieder etwas, gab die Durchblutung wieder problemlos frei. Dabei analysierte der Verstand des Axisianers bereits wieder die Lage und die Eindrücke, die damit einhergingen. Wie bei seinem Aufruf an die Männer, ging das alles fast eigenständig von statten. Nichts, über das er groß nachdachte, während er überlegte, dabei belegte das leichte Glühen seiner Augenprothese den Fahrerraum mit einem leichten, düster/warmen Unterton abseits der Überreste des Fahrers.
Er wühlte bereits nach seinem Lasgewehr, als es im Vokoder der Kabine zu knistern begann. Wie von selbst griff Waldorf nach dem Sprach-Apparat, während das MG der Schimäre weiter stoßhaft feuerte. "Ich bin hier, Glen, ganz ruhig. Es hat Boskorn zerlegt, das Feuer scheint von jenseits der Schimäre zu kommen." Es war nur ein kurzer Augenblick, in dem Waldorf überlegte, was zutun war, doch er fühlte sich fast wie eine Ewigkeit an. Eine Ewigkeit, in der er sein LHO-Stäbchen fast leergezogen hatte, ehe er wieder den Inpit-Schalter betätigte und den Kanal wechselte. "Schnell jetzt: Richtscheinwerfer und Soundboxen nach außen, nicht auf die Wracks und stellt sie so grell und laut ein, wie es geht. Dann schießt auf alles, was einen verdächtigen Schatten hat oder sich die Ohren hält. Wenn ihr keinen Schatten findet, sucht einen. So finster wie es ist, werden sie Nichtsicht benutzen. Verbrennen wir ein paar Retinas." Waldorf überprüfte den Sitz seiner Ausrüstung. "Haltet euch in Deckung und feuert nur auf bestätigten Verdacht, während die anderen die Wracks und Opfer untersuchen. Wir werden hier nicht lange rumsitzen und Beschuss kassieren. Wer Rauchkartuschen hat, soll damit den Bergungsbereich sichern." Der Sprach-Apparat war kaum eingehängt, als der Axisianer sich schon zu Boskorn hinüber lehnte, um ihn vom Fahrersitz zu hieven, während er selbst zur Beifahrerseite nach draußen kletterte. Letzteres taten die anderen Besatzungsteams ihm gleich, als sie mit ihren gepanzerten Seiten eine Wand gebildet und die Scheinwerfer ausgerichtet hatten. Die Männer feuerten, während Waldorf die Anwesenden versammelte und stumm instruierte. Der Lärm unter ihnen war schon immens, doch mochte sich keiner von ihnen vorstellen, was für ein Gewitter auf grellem Licht und heulenden Tönen ihrem unsichtbaren Feind entgegen geworfen wurde. Ein kleiner Teil Waldorfs fluchte über sich und seinen axisianischen Stolz, hatte dieser ihn doch in diese Lage gebracht, der Rest war jedoch im Autopilot und gestikulierte den Zweierteams, was sie zutun hatten: Mit kleinem Profil nähern, Körper auf Regungen prüfen, Lebende zu den Wagen schleifen und fertig. Der anderen Hälfte der "Bodentruppen" deutete Waldorf nocheinmal an, etwaige Gaskartuschen zu nutzen und wo sie hin zu werfen waren, bevor sie sich geschützte Positionen suchten, um auf etwaige Eindringlinge zu feuern.
Allgemeines Nicken, ehe sich Waldorf - das Lasgewehr im Anschlag - nach Glenn umsah, um auch ihn zu instruieren. Erst jetzt realisierte er die seltsame Gemütslage, in der er sich befand. Völlig kalt und konzentriert und doch in Rage, wütend und erschrocken. Was gäbe er jetzt für eine Servo-Rüstung und anderes Spielzeug von zuhause.
Der Squat schien Waldorf in seinen Plänen offenbar schon etwas voraus zu sein, denn er stand bereits mit einem Gewehr für Leuchtmunition hinter einer der standardisiert mitgeführten Schutzplatten und feuerte leuchtende Feuerbälle ins Abseits. Waldorfs Schritte beschleunigten sich in diese Richtung, um etwaige aufgedeckte Schatten schnell unter Feuer nehmen zu können. "Boskorn warn toller Kerl. Ich hoffe, der Ficker, der auf ihn geschossen hat, läuft in eine Leuchtkugel und verbrennt." Selbst jetzt konnte Waldorf hören, wie wütend der ehemalige Ganger schon war. Er nahm solche Situationen schon immer anders auf, als er selbst. Rohe Instinkte, angetrieben von gespannten Nerven und befeuert von hämmerndem Puls. Etwas, wovor man bei der Ausbildung gewarnt wurde, aber Glen schien ein Beispiel dafür zu sein, dass berserkerhaftes Schießen auch funktionieren konnte. Erst ein Schulterklopfen durch Waldorf ließ den Squat kurz innehalten, bis Waldorf ihm eine andere Richtung zeigte, in der sich eine Leuchtkugel ebenfalls gut machen würde.
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Die Position der Rangers war tatsächlich eine ausgesprochen farbenfrohe. Zum flackernden Licht der Feuer gesellten sich nun Mündungsblitze und Laserkaskaden. Beides eher wahllos abgeschossen und auf Verdacht auf alles gehalten, was ein Ziel sein mochte.
Zu diesem Schauspiel kam das rote Wabern der Leuchtkugeln, die einen sehr umfänglichen Bereich mit höllisch rotem Licht abdeckten. Der Rauch war zwar der Deckung zuträglich, behinderte aber natürlich auch die eigene Sicht.
Die Suchscheinwerfer zuckten wie tastende Finger durch die Nebelwand, die Schallwaffen spuckten ihr hochfrequentes Kreischen in die Nacht.
Die unsichtbare Feindwaffe feuerte noch zwei Mal.
Einmal verschwendete sie ihren Beschuss an die Chimäre, der die Kugeln nichts anhaben konnten, sie aber gleichwohl den Suchscheinwerfer kosteten. Eine weitere Salve nahm eine Gruppe Ranger unter Beschuss und trieb sie in verschiedene Deckungen auseinander. Immerhin blieb von den so Beschossenen niemand regungslos im Deck liegen.
Glen fasste seine Erkenntnisse, neben Waldorf hinter den dicken Reifen eines weiteren Fahrzeuges kauernd, in knappen Sätzen zusammen.
Die sind weit weg. Der Beschuss fächert ziemlich weit auseinander. Keine Leuchtspurmunition und kein zu offensichtliches Mündungsfeuer. Mündungsfeuerdämpfer und Nachtsichtgerät… oder kein Nachtsichtgerät und dafür Jungs, die sehr genau wissen was sie da tun. Sag den Leuten sie sollen aufhören zu ballern. Wir blamieren uns, wenn wir wie besengte Säue auf Schatten schießen. Außerdem sehen und hören wir auf die Art nen Scheiß. So geschah es. Lass uns den Viehzüchter machen und dann Augen und offenhalten.
Der Viehzüchter war ein gebräuchliches Manöver bei den Rangern. Da diese sich auf den Einsatz von Fahrzeugen fokussierten, hatten sie eine Taktik von den Wagennomaden von Garuns-Stern adaptiert. Diese prä- zivilisatorischen Wilden formten bei einem feindlichen Angriff einen Halbkreis oder ein komplettes Rund, um so mit ihren Gefährten Deckung zu schaffen, wo vorher keine war.
Genau so handhabten es die Ranger in vergleichbaren Situationen. Entsprechende Befehle wurden gegeben und so das große Rangieren begonnen.
Im Nebel und bei Dunkelheit stießen dabei zwei Fahrzeuge zusammen, wenn auch nicht heftig. Das es bei diesem kleinen Unfall blieb, sprach für die Befähigung der Männer und Frauen. Der zerschossene LKW, in dem Waldorf eben noch gesessen hatte und der vorübergehendes Grab eines ihrer Kameraden war, stellte dabei die Basis dar, an der sich die anderen Vehikel orientierten. So formten sie einen groben Halbkreis, hinter dem die Infanteristen erneut Stellung bezogen.
Das Schießen hatte aufgehört und alles starrte in die Nacht. Einige Suchscheinwerfer tasteten noch im Dunkeln umher, andere waren abgeschaltet wurden, um dann spontan zum Einsatz zu kommen, wenn sich etwas zeigte.
Zwar hatten sie nun eine Art Stellung, aber sie waren auch immobil, auf dem Präsentierteller, aufgereiht wie auf der Schießbude.
Bis jetzt hatten man sie nur mit einem sehr großen MG oder einer Autokanone beharkt. Vielleicht mit beidem. Im Eifer und dem Durcheinander einer solchen Situation ließ sich so etwas schwer beurteilen.
Aber wie dem auch sei, es war gewiss nicht die Waffe gewesen, die die hier verstreut liegenden Orsiuspanzer erledigt hatte. Gut möglich, das jene, die dies getan hatten aber wieder zurückkamen und mit ihnen das machten, was sie mit den Haustruppen gemacht hatten.
Glen gab all das zu bedenken, während er wieder hinter einem Reifen lag und den Horizont mit seinem Nachtsichtgerät absuchte. Er garnierte seine Ausführungen mit einigen besonders saftigen Schimpfwörtern.
Es gab eine kleine Anhöhe in nördlicher Richtung. Im Grün des Sichtgerätes sah diese ein wenig wie eine Schneewehe aus. An der Oberkante ließen sich Steinformationen erkennen. Flaches Geröll. Die Landmarke war vielleicht eineinhalb Kilometer weit entfernt. Hätte Glen eine Stellung für schwere Infanteriewaffen aussuchen müssen, dann hätte er sie genau dort positioniert. Deckung, leicht erhöhte Position und ein nicht einzusehender, rückwärtiger Raum.
Andererseits wusste ein geschickter Taktiker das vielleicht und hatte diese Stelle genau deswegen ausgespart. Eine Scheinstellung mit einer unangenehmen Überraschung für einen Sturmtrupp.
Ihr Vorteil war die Bewegung, die aber war nun dahin.
Ihr Gegner war jedenfalls kein Amateur. Kein Mutant mit mehr Munition als Verstand.
Ihr Feind hielten das Feuer jetzt auch zurück, warteten was der Gegner tat und verrieten auf diese Weise die eigene Position nicht.
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Irgendwie hatte sich das Manöver nicht so entwickelt, wie er es sich vorgestellt hatte. Hatte er einen Flashback? Was war hier los? Zitterte er? Malmten seine Zähne wirklich aufeinander, während er neben Glen kauerte und seine Anweisungen mehr Chaos auslösten, als beseitigten? Sein Körper war erhitzt, doch die Haut schien eisig zu sein, weißes Rauschen lag über allem, was geschah, bis Waldorf plötzlich Glens Aufmerksamkeit auf sich spürte. Augenblicklich kehrte er zurück in die Realität und wandelte Glens Hinweise in Anordnungen um, während sich der Axisianer eine neue LHO ansteckte und gegen seinen hämmernden Puls ankämpfte. Er musste sich konzentrieren.
Die Ranger bildeten ihren Halbkreis-förmigen Wall und deckten so zumindest einen guten Teil der Orsius-Wracks ab. Je mehr Struktur in die Situation kam, desto mehr erlangte Waldorf auch von seiner gefassten Art zurück. Schützen und Wachen hatten ihre Positionen bezogen, sodass man sich kurz besprechen konnte. Dabei folgte der Axisianer dem Wegzeig von Glen und spähte mittels eines Sichtgerätes hinüber zu der etwaigen Stellung die er beschrieb. Der Ganger überraschte ihn jeden Tag aufs Neue. "Wir behalten die Stellung im Auge. Ist aber wie du sagst gut möglich, dass das nur ein Trick ist. Außerdem sind wir nicht hier, um diese Kerle zu beseitigen, sonderm um Intel und Überlebende zu sichern. Genau das werden wir tun und dann von hier verschwinden. Mit Boskorn ist der Preis dieser ganzen Sache schon höher geworden, als ich verantworten will, mal ganz abgesehen von dem Transporter." Er setzte das Sichtgerät ab und blickte hinüber zu seinem besten Freund, um dessen Reaktion abzuwarten. "Es ist ohnehin zu dunkel, um jetzt etwas anderes zu tun, als uns an Positionen zu halten, die wir kennen. Viel mehr, als auf die Distanz zu markieren und zu feuern, ist so oder so nicht drin. Sehen wir lieber zu, dass wir hier lebend rauskommen." Er löste sich von seiner Position und ging im Schutze der Fahrzeuge durch das Lager, um sich mit den restlichen Rangern zu koordinieren. Die besten Späher und Schützen sollten die Stellung bewachen, während die körperlich fittesten sich vorsichtig um die Bergung etwaiger Überlebender kümmern sollten. Irgendjemand musste die Signale gesendet haben und diesen Jemand galt es zu finden, damit Waldorfs Entscheidung auch nur den Hauch einer Rechtferigung jenseits seiner eigenen Ideale hatte. Etwas, um Boskorns Tod irgendeinen Sinn zu geben. Er selbst wollte sich der Wache anschließen. Glen wollte sich mit ein paar anderen darum kümmern, den angeschossenen Laster wieder fahrtüchtig zu kriegen, so gut es eben ging, oder wenigstens dessen Ausrüstung schnell umzulagern. Auch wenn Waldorf im Moment mehr als motiviert war, selbst an der Bergung teilzunehmen, musste er sich doch eingestehen, dass sein Bein dabei keine Hilfe sein würde. "Schnell, leise und präzise. Ich will frühestens wieder kämpfen, wenn wir alle bessere Deckung haben. Diese Typen sind gefährlich." Allgemeine Zustimmung, ehe man die Gruppen einteilte und sich an die Umsetzung machte.
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Sein Boss wollte es sich nicht eingestehen, aber Glen erkannte recht schnell, dass mit Waldorf gerade nicht viel los war.
Nicht verwunderlich, wenn ein Kamerad neben einem weggeschossen wurde und noch Brocken seines Gehirns an der eigenen Uniform klebten. Da konnte man Veteran sein wie man wollte, das ging an die Substanz.
Der Squat nickte zu den Befehlen seines Vorgesetzten und Freundes und erdachte im Stillen bereits eigene Durchführung, die diese unsägliche Sache hier möglichst schnell abwickeln konnte, ohne die Autorität Waldorfs zu untergraben.
Er war dann auch heilfroh, als sich Lars dem Schutzteam anschloss und ihn machen ließ.
Glen hätte die ganze Schoße anders angefasst.
Schnellstmöglich weg von hier. Aber da machte Waldorf nicht mit, dass war ihm schon klar.
Zu sehr hatte er die Ideale der Rangers verinnerlicht. Helfen bis einem selber nicht mehr zu helfen war. Glen hielt viel von diesem edlen Ansinnen, aber verstand das in solchen kribbeligen Situationen eher als Richtlinie, denn als bindendes Gesetz.
Naja es war wie es war.
Er wäre sowieso eher ein Vertreter der zweiten Variante gewesen. Rein in die Bude und von innen aufmischen.
Er hätte sich eine Handvoll Jungs genommen und wäre mit der Chimäre zu ihrer Stellungen gefahren. Dann hätte er ein paar ernste Worte mit denen da gewechselt.
Diese grimmige Meinung behielt er nicht nur für sich, er revidierte sie auch. Nämlich als er sah, wie die Panzer der Orisus zugerichtet waren und mehr noch was man ihren Insassen angetan hatte.
Es gab Waffeneinwirkungen, Einschüsse und die Spuren von Granaten. Aber das war es nicht, was die Kolosse auseinander genommen hatte. Die Gefahr aus der feindlichen Stellung ignorieren, kletterte er auf eines der Orsiusfahrzeuge.
Die Luke war aufgerissen.
Wortwörtlich.
Verdreht und zerfetzt wie Aluminiumfolie.
Vielleicht eine Energieklaue, dachte der Squat. Aber nein, das destruktive Energiefeld hätte glatte Schnitte und ausgeglühte Enden hinterlassen. Das hier erinnerte mehr an… ja was? An etwas das man mit einer hydraulischen Klaue veranstalten mochte.
Eine Symmetrie ließ sich hier und da erkennen. Zwei große Furchen, so breit wie eine Handfläche und eine kleinere. In den Panzerstahl gerissen wie ein Kind mit seinen Fingern durch Knetgummi fahren mochte. Glen schauderte, als er zwei Sprossen in den Turm hinab machte und mit seiner Taschenlampe hinein leuchtete.
Hallo? Lebt hier noch wer?
Keine Antwort.
Es roch nach verkohlter Isolierung und Schlachthaus. Der Strahl seiner Lampe fiel auf etwas Verkrümmtes. Eine abgetrennte Hand. Dann ein entsetzt starrendes Gesicht. Zumindest die obere Hälfte davon. Die Zunge hing lose, da er Unterkiefer fehlte.
Eine breiige Masse, aus der abgebrochene Rippen hingen.
Glen würgte und zog sich wieder nach oben. Er war nicht zimperlich, aber bei seinen Ahnen das war harter Tobak.
Schnell wurde ersichtlich, dass es in den anderen Wracks nicht wesentlich anders aussah. Ein Gemetzel sondergleichen. Glen nahm die Berichte der Anderen entgegen. Wenn die da oben in ihrem MG- Nest das als Rückendeckung hatte, was das hier angerichtet hatte, dann war er nicht mehr sehr erpicht darauf die Stellung zu stürmen.
Einige der anderen Rangers sahen im Schein von Leuchtkugeln und Taschenlampen so elend aus, wie er sich fühlte. Es wurden Schleifspuren gemeldet, die in die Wüste führten.
Was für ein dampfender Haufen Scheiße. Fluchte er zwischen zusammengebissen Zähnen heraus. Sieht doch ganz gut aus. Meinte jemand zu schlug ihm aufmuntern, im Vorbeigehen auf die Schulter. Du mich auch! Hör auf rumzualbern und macht euch abmarschbereit. Solange wir noch etwas Schutz durch den Nebel haben. Glen eilte zu ihrem waidwunden LKW und stolperte über irgendetwas.
Die Flüche wurden farbenfroher und er blickte sich zornig nach dem Trümmerstück um, über das er da gefallen war.
Er rappelte sich auf und wollte dem Ding schon einen zornigen Tritt verpassen, als ihm auffiel, dass die Form des Stücks nicht recht zu den ansonsten verstreuten Teilen passen wollte.
Nicht gedreht und verbogen, nicht scharfkantig und ausgefranst. Glen nahm sich die Zeit, die er eigentlich nicht hatte, das Objekt aus dem Sand zu ziehen.
Es war ein Helm.
Rötlich, soweit er das bei den Lichtverhältnissen erkennen konnte. Er hatte eine breite Krempe, die einmal ringsherum lief und dadurch ein wenig an eine Rasierschale gemahnte. Nichts Besonderes, keine technischen Spielereien oder anderer Schnickschnack. Ein abgewetzte lederndes Inlett und ein simpler Halteriemen.
Er brauchte eine Sekunde um zu begreifen, warum genau das sonderbar war. Dann fiel es ihm ein. Das war kein Helm, wie ihn die Ölköpfe der Orsius zu tragen pflegten.
Darüber würde er nachgrübeln, wenn er die Zeit dazu hatte. Er hakte das Fundstück an seinem Gürtel fest und lief zu ihrem LKW hinüber. Dort wurde schnell ersichtlich, dass Hopf und Malz verloren waren.
Die Reifen waren zerschossen… darum plädierte er seit Jahren für Vollgummi, aber auf einen "Zwerg" hörte ja keiner.
Der Motor konnte aber durchaus noch gut im Küchenbereich verwendet werden. Als Sieb!
Treibstoff und Kühlwasser sprudelten heraus wie aus einer Quelle. Die Fahrerseite, wo es Boskorn erwischt hatte sah besonders schlimm aus. Hier war nichts zu machen. Zumindest nicht mit ihren momentanen Mitteln. Vielleicht morgen früh bei Sonnenlicht und der Gewissheit von der Anhöhe nicht beschossen zu werden. Alles andere hätte bedeutet Leben zu riskieren um eine Karre zu bergen, die vermutlich nur noch Schrottwert hatte.
Der Squat öffnete die Fahrertür und zog die Leiche Boskorns heraus. Der war nicht die helleste Kerze auf der Torte gewesen, aber er hatte ihn gemocht.
Hatte dilettantisch und enthusiastisch Mundharmonika gespielt. Überhaupt ein ausgesprochener Musikfreund, der die aktuellen Hits des jeweiligen Planeten für sich als Offenbarung allen Musikalischen erkannt hatte.
Na komm mein Alter… hier lassen wir dich nicht. Er legte ihn sich über die Schulter. Die Beine des mehr als doppelt so großen Toten schliffen bald schon am Boden und ahmten die Spuren der unglücklichen Orsianer nach.
Die Ranger zogen sich geordnet zurück, ohne dass sie noch einmal von der feindlichen Stellung beharkt wurden.
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Waldorfs Kiefer malmten aufeinander, während er mit den anderen Schützen Wache hielt. Der Umstand, dass nicht viel geschah, war umso glücklicher, da es im Inneren des Feldoffiziers rumorte.
Diese ganze Scheiße ist nur nötig, weil ich meine dämliche Schnautze nicht halten konnte. Nüstern zitterten, Augen verengten sich, während er grübelte, immer das Echo des Taskmasters im Hinterkopf. Ja, keiner erwartete, dass er das Kaliber und Format eines Genies hatte, das mit einer Hand perfekte Pläne zeichnete und mit der anderen Ogryns verdrosch, während er in seinem Kopf die optimalen Beschusswinkel für leichte Artillerie kalkulierte. Keiner, außer Waldorf selbst.
Ich hätte besser nachdenken sollen. Wenn wir keine Überlebenden finden, war das alles hier umsonst. Stumme Gebete, während er durch sein Restlicht-verstärkendes Sichtgerät blickte. Keiner der Anwesenden sprach ein Wort, oder wendete den Blick vom zu überwachenden Sektor ab. Ihnen allen saß der Schockbeschuss in den Knochen. Sie alle wollten nach Hause. Sie alle hatten nervöse Finger am Abzug. Für sie alle fühlten sich diese Augenblicke des Ausharrens wie eine Ewigkeit an.
Als schließlich Glen ihm bescheidgab, dass alles erledigt war, signalisierte Waldorf allen, gedeckt ihre Sachen zu packen, zu bergende Güter aufzuladen und sich dann geordnet zurückzuziehen. Keine Viertelstunde später machte sich die Kolonne auf den Rückweg, während dessen Dauer Waldorf und Glen sich im Laderaum der Chimäre eingefunden hatten. Auch wenn der Axisianer jetzt eigentlich allein sein wollte, plagte ihn das Verlangen, augenblicklich allen Input in den Bericht einzuarbeiten, an dem er seit Beginn der Mission schrieb. Protokoll war in seiner Lage alles, während er sich von Glen schildern ließ, was er und die anderen hatten finden können, inklusive der vermeintlich bekannten Krallenspuren an den Fahrzeugen, wie auch den fremdartigen Helm in Glens Besitz.
Man wechselte kaum ein unnötiges Wort, abgesehen von einem Schulterklopfen Glens, dem bedauerlicherweise jede Glaubwürdigkeit fehlte. Zumindest dem Menschen gegenüber. Das alles hier war auf Waldorfs Versagen zurückzuführen und er würde die Verantwortung dafür tragen. Jetzt galt es nur zu hoffen, dass die gesammelten Informationen wenigstens rudimentär zu etwas gut waren. Dann wäre dieses Manöver zumindest nach Garde-Standard zu etwas gut gewesen. "Boskorn ist eingetütet, bis wir ihn ordentlich entsorgen können." Zustimmendes Nicken, ehe das Data-Pad vervollständigt und abgeschaltet wurde. Man atmete ermattet auf und lehnte sich zurück. Das Energie-Tief nach einem exzessiven Adrenalin-Push setzte ein. Fast glaubte Waldorf, wie auch ein paar andere Ranger, einzunicken, ehe die Chimäre ruckartig zum Stehen kam und man offenbar angekommen war.
Die Ausstiegsluke des Fahrzeugs wurde aufgesperrt und offenbarte den Innenhof der besetzten Anlage, als wäre diese eine Festung des Imperiums. Schützender Beton umgab sie nun. Eine kalte, steinerne Umarmung.
Beinahe stolpernd verließ Waldorf das Fahrzeug und blickte sich um. Alle anwesenden Ranger richteten ihre Aufmerksamkeit auf die Heimkehrer, deren Vehikel auf dem kleinen Platz abgestellt wurden, als hätten sie sich nie bewegt. Mit Ausnahme der Lücke, die nun mahnend in ihrer Mitte offenstand.
Der Axisianer blickte in die Gesichter der Anwesenden. Er wusste nicht, was er sagen sollte und es war ihm auch anzusehen. Schließlich straffte er sich, zündete sich eine der wenigen LHOs an, die ihm noch geblieben waren und ging hinüber zum Com-Wagen, um ein Update an Vorposten und Hauptquartier rauszuschicken. Durchwachsene Nachrichten vor Boskorns Freunden und Kameraden auszusprechen fiel ihm jetzt schwer, doch sie in Schriftform zur strategischen Beurteilung weiterzugeben; Das vermochte er durchaus. Für beides wurde man ausgebildet, doch nur für eines von beiden konnte man wirklich vorbereitet sein.
Derweil kletterte auch Glen aus der Chimäre und blickte sich um. Anders als Waldorf jedoch fehlten dem Squat nicht die Worte. "Was wird das hier? Die haben da draußen von Weiß-Der-Slag-Wo auf uns eingeballert! Macht euch verdammt nochmal wieder an die Arbeit und glotzt hier keine Löcher in die Gegend!" Worauf er auf einen der herumstehenden, leeren Vertriebsbehälter zuging und mit seiner Servofaust eine riesige Delle in diesen hineindrosch. Die Art eines Gangers, mit Verlusten umzugehen und in diesem Moment genau das, was nötig war, um die befremdliche Situation aufzulösen. Hätte es wenigstens einen Feind gegeben, an dem man Vergeltung üben konnte, wäre dieser Augenblick bei Weitem nicht so zäh verlaufen. Strategische Werte wie Intell waren kaum geeignet, um die Gemüter von Soldaten anzusprechen, die nun einen Freund vermissen würden.
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