07-07-2025, 11:22 AM
Ein kaum merkliches Nicken, ein schmaler Zug um die Lippen, der als Lächeln durchgehen konnte – Louis-Ferdinant ließ sich nichts anmerken, und doch war da etwas wie Erleichterung in seinem Blick, als der bärtige Karstein das Wort ergriff. Endlich – ein Mann mit Stil, Bildung und dem Anstand, nicht wie ein plärrender Landknecht durchs diplomatische Porzellan zu trampeln.
Er hörte aufmerksam zu, nickte bei Begriffen wie „amtliche Erlaubnis“ und „Protokoll“ fast beflissen, und ließ sogar für den Bruchteil eines Augenblicks den Anflug eines respektvollen Ausdrucks in seinen Augen aufleuchten, als von Geschenken für den örtlichen Mechanikus die Rede war. Sein erster Gedanke war freilich, dass man damit kaum über Glaubensabweichung würde hinwegtäuschen können. Doch dann revidierte er diesen sogleich wieder. Die Marspriester waren gierig und wie man hörte selbst von allerlei Abspaltungen und Sekten durchsetzt. Gut möglich, dass man sie mit dem richtigen, hingeworfenen Brocken würde beschwichtigen können.
Jedenfalls war all dies ein wohltuender Kontrast zu den martialischen Heilsversprechern, die bis eben noch von Exorzismus und glühenden Reinigungsfeuern gesprochen hatten, als wären sie Gesandte des Heiligen Officio selbst. Gut möglich, dass sie diese Karte bis zum Schluss auf der Hand behalten hatten um ihn mürbe und damit empfänglicher zu machen. Wenn dem so war, dann gut gespielt.
Er wartete, bis auch der betagte Offizier – dieser „von Schanz“ – seinen Beitrag abgeschlossen hatte, dann erhob er sich langsam aus seinem Stuhl. Wie es seine Art war, ließ er sich dabei Zeit, machte aus der Bewegung ein kleines Schauspiel kontrollierter Gravität. Die Hände wurden sachte gefaltet, das Kinn erhoben, die Stimme auf jenen weichen, schmeichelnden Ton moduliert, der so vielen bereits das Gefühl gegeben hatte, sie hätten Einfluss gewonnen – kurz bevor sie leer ausgingen.
Hohe Herren… edle Damen… verehrte Gäste und Freunde... begann er, den Blick einmal freundlich in die Runde schweifen lassend, gestatten Sie mir, Ihnen für Ihre Offenheit, Ihre eindringlichen Worte und nicht zuletzt Ihre Opferbereitschaft zu danken. Es ist beruhigend zu wissen, dass das Licht des Imperators durch so viele tapfere Seelen getragen wird – auch, wenn es bisweilen eine gar stürmische Brise mit sich bringt. Seien Sie bitte unbesorgt, was den Ton unserer Unterhaltung angeht. Ich kann ihnen versichern, dass wir der zivilisierten Konversationen keinen Bärendienst taten.
Ein kurzes, säuselndes Lächeln. Was wäre das für eine Freundschaft, wenn sie nicht auch ein paar energische Worte verkraften könnte?
Selbstverständlich werde ich Ihre Vorschläge, Ihre Bitten – und, wie ich es verstanden habe, Ihre Geschenke – wohlformuliert und in gebotener Dringlichkeit an die zuständigen Gremien und Würdenträger weiterleiten. Wie der Name ja bereits erkennen lässt, bin ich ein Botschafter meiner Welt und ihrer Führung und kein Entscheider. Dem Gottkaisers sei es gedankt. Ich vermag es daher nicht, hier und jetzt definitive Zusagen zu machen. Aber ich darf versichern, dass Ihre Anliegen wohlwollende Beachtung finden werden. Besonders, da Ihre Worte – und insbesondere die Ihres Herrn Karstein – gezeigt haben, dass Sie die komplexen Strukturen unserer Heimat nicht gering achten.
Er machte eine kleine Verbeugung – kaum mehr als ein neigender Nacken – und richtete sich sogleich wieder auf.
Doch sehen Sie es mir nach – ein schnöder Zeitplan, ganz ohne jede Eleganz, ruft mich bereits wieder zu meinen Pflichten. Es ist nicht aus Mangel an Interesse, sondern aus Respekt vor Ihrem eigenen Auftrag, dass ich Sie nun entlassen möchte. Die Tore unserer Halle stehen Ihnen weiterhin offen. Sollte es in den kommenden Tagen – oder Stunden – weitere Entwicklungen geben, scheuen Sie sich nicht, den Kontakt aufzunehmen.
Er klatschte leicht in die Hände. Die Wachen öffneten die Tore zum Saal, während die Musik langsam leiser wurde.
Mein Majordomus wird Ihnen den Weg weisen. Sollten Sie noch weitere Erfrischungen wünschen, um die Wartezeit des Schleusenvorganges erträglicher zu gestalten, so lassen Sie es ihn bitte wissen.
Dann, mit jenem schwer zu greifenden Lächeln zwischen Schmeichelei und Abwesenheit:
Es war mir eine Ehre. Ich entbiete mein Lebewohl. Möge der Imperator über Sie wachen.
Louis-Ferdinant blieb noch stehen, bis die ersten Stiefel sich vom Marmor entfernten, und erst, als das Echo ihrer Schritte verklungen war, fiel sein Blick wieder ins Leere. Der Glanz verließ seine Augen wie das Licht einen ausgebrannten Stern.
Er flüsterte kaum hörbar:
Und möge er uns verzeihen... dass wir sie ins Haus ließen.
---
Kaum hatte sich das letzte Shuttle der Delegation in den Hangar der Kaisers-Greif zurückgezogen und die Luftschleusen verriegelt, änderte sich das Bild draußen im All.
Die gewaltigen Brückenschirme der Kaisers-Greif zeigten das sich langsam entfernende Heck der Concordia, die fast schon hastig vom Treffpunkt abdrehte. Von den beiden sie begleitenden Korvetten war nichts mehr zu sehen – ein Offizier hatte bereits gemeldet, dass sie kurz nach Verlassen des diplomatischen Empfangssektors mit hoher Beschleunigung Kurs, weg vom Zentrum des System genommen hatten. Kein koordinierter Rückzug, keine rituelle Ehrenbewegung – eher ein hastiger Abgang.
Sieht nicht aus wie eine geordnete Rückverlegung, murmelte jemand auf der Brücke.
Karstein hörte es kaum, starrte stattdessen auf das pulsende Rücklicht der Concordia, das zwischen Staubpartikeln und Navigationsbaken langsam im Schwarz des Alls kleiner wurde.
Nein, brummte er schließlich, das sieht aus wie das Gegenteil davon. Das sieht aus, als wollte er zu jemandem wichtigeren als uns, dem er seine Horsd'œuvre aus Fischinnereien andrehen kann.
Einige Sekunden lang war es still, dann flackerte ein neues Signal über die Taktikbildschirme.
Kontakt erkannt. Langstrecken-Ping. Muster nicht zugeordnet – Transponderabgleich läuft...
Der Emotionslose Ton, nüchtern wie ein Verhörprotokoll, wurde von einem der diensthabenden Analyse-Offizier vorgetragen.
Kontakt bestätigt. Identifikation: Codierung 893-Theta-Inquisitorialis."
Stille. Dicker, schwerer als zuvor.
Karstein, der in diesem Moment an der Reling des erhöhten Ausblickpodestes stand, drehte sich langsam um. Der Ausdruck in seinem Gesicht hatte sich verändert. Die Pfeife wanderte in Zeitlupe aus seinem Mund, der Blick ging zur taktischen Projektion. Drei Schiffe steuerten mit militärischer Präzision auf ein neues Objekt zu – und dieses sendete eine Inquisitionskennung aus.
Wie bitte? fragte jemand auf der Brücke, halb ungläubig, halb amüsiert. Die Inquisition? Was zur Hölle machen die hier draußen?
Karstein runzelte die Stirn und warf einen Blick auf Otto, der stumm auf der Geländerstange thronte. Der Servovogel bewegte sich nicht, schien aber die gleiche Ahnung zu teilen wie sein Herr.
Die Inquisition, sagte Karstein langsam, macht nie irgendwo einfach so etwas. Und sie gibt sich auch nicht zu erkennen, wenn sie es nicht wünscht. Wenn die Concordia und ihre Schoßhündchen da hinwollen, dann nicht, weil sie es freiwillig tun.
Er sog nachdenklich an seiner Pfeife. Der Rauch kräuselte sich in spiralförmigen Schlieren zur Decke.
Signalstärke?
Zunehmend. Vektoren deuten auf Rendezvous in mittlerer Umlaufbahn. Keine defensiven Systeme aktiv.
Karstein schnalzte mit der Zunge.
Na dann, Otto," murmelte er leise, "der Affenzirkus geht weiter. Und diesmal sitzen nicht wir in der Manege.
Er hörte aufmerksam zu, nickte bei Begriffen wie „amtliche Erlaubnis“ und „Protokoll“ fast beflissen, und ließ sogar für den Bruchteil eines Augenblicks den Anflug eines respektvollen Ausdrucks in seinen Augen aufleuchten, als von Geschenken für den örtlichen Mechanikus die Rede war. Sein erster Gedanke war freilich, dass man damit kaum über Glaubensabweichung würde hinwegtäuschen können. Doch dann revidierte er diesen sogleich wieder. Die Marspriester waren gierig und wie man hörte selbst von allerlei Abspaltungen und Sekten durchsetzt. Gut möglich, dass man sie mit dem richtigen, hingeworfenen Brocken würde beschwichtigen können.
Jedenfalls war all dies ein wohltuender Kontrast zu den martialischen Heilsversprechern, die bis eben noch von Exorzismus und glühenden Reinigungsfeuern gesprochen hatten, als wären sie Gesandte des Heiligen Officio selbst. Gut möglich, dass sie diese Karte bis zum Schluss auf der Hand behalten hatten um ihn mürbe und damit empfänglicher zu machen. Wenn dem so war, dann gut gespielt.
Er wartete, bis auch der betagte Offizier – dieser „von Schanz“ – seinen Beitrag abgeschlossen hatte, dann erhob er sich langsam aus seinem Stuhl. Wie es seine Art war, ließ er sich dabei Zeit, machte aus der Bewegung ein kleines Schauspiel kontrollierter Gravität. Die Hände wurden sachte gefaltet, das Kinn erhoben, die Stimme auf jenen weichen, schmeichelnden Ton moduliert, der so vielen bereits das Gefühl gegeben hatte, sie hätten Einfluss gewonnen – kurz bevor sie leer ausgingen.
Hohe Herren… edle Damen… verehrte Gäste und Freunde... begann er, den Blick einmal freundlich in die Runde schweifen lassend, gestatten Sie mir, Ihnen für Ihre Offenheit, Ihre eindringlichen Worte und nicht zuletzt Ihre Opferbereitschaft zu danken. Es ist beruhigend zu wissen, dass das Licht des Imperators durch so viele tapfere Seelen getragen wird – auch, wenn es bisweilen eine gar stürmische Brise mit sich bringt. Seien Sie bitte unbesorgt, was den Ton unserer Unterhaltung angeht. Ich kann ihnen versichern, dass wir der zivilisierten Konversationen keinen Bärendienst taten.
Ein kurzes, säuselndes Lächeln. Was wäre das für eine Freundschaft, wenn sie nicht auch ein paar energische Worte verkraften könnte?
Selbstverständlich werde ich Ihre Vorschläge, Ihre Bitten – und, wie ich es verstanden habe, Ihre Geschenke – wohlformuliert und in gebotener Dringlichkeit an die zuständigen Gremien und Würdenträger weiterleiten. Wie der Name ja bereits erkennen lässt, bin ich ein Botschafter meiner Welt und ihrer Führung und kein Entscheider. Dem Gottkaisers sei es gedankt. Ich vermag es daher nicht, hier und jetzt definitive Zusagen zu machen. Aber ich darf versichern, dass Ihre Anliegen wohlwollende Beachtung finden werden. Besonders, da Ihre Worte – und insbesondere die Ihres Herrn Karstein – gezeigt haben, dass Sie die komplexen Strukturen unserer Heimat nicht gering achten.
Er machte eine kleine Verbeugung – kaum mehr als ein neigender Nacken – und richtete sich sogleich wieder auf.
Doch sehen Sie es mir nach – ein schnöder Zeitplan, ganz ohne jede Eleganz, ruft mich bereits wieder zu meinen Pflichten. Es ist nicht aus Mangel an Interesse, sondern aus Respekt vor Ihrem eigenen Auftrag, dass ich Sie nun entlassen möchte. Die Tore unserer Halle stehen Ihnen weiterhin offen. Sollte es in den kommenden Tagen – oder Stunden – weitere Entwicklungen geben, scheuen Sie sich nicht, den Kontakt aufzunehmen.
Er klatschte leicht in die Hände. Die Wachen öffneten die Tore zum Saal, während die Musik langsam leiser wurde.
Mein Majordomus wird Ihnen den Weg weisen. Sollten Sie noch weitere Erfrischungen wünschen, um die Wartezeit des Schleusenvorganges erträglicher zu gestalten, so lassen Sie es ihn bitte wissen.
Dann, mit jenem schwer zu greifenden Lächeln zwischen Schmeichelei und Abwesenheit:
Es war mir eine Ehre. Ich entbiete mein Lebewohl. Möge der Imperator über Sie wachen.
Louis-Ferdinant blieb noch stehen, bis die ersten Stiefel sich vom Marmor entfernten, und erst, als das Echo ihrer Schritte verklungen war, fiel sein Blick wieder ins Leere. Der Glanz verließ seine Augen wie das Licht einen ausgebrannten Stern.
Er flüsterte kaum hörbar:
Und möge er uns verzeihen... dass wir sie ins Haus ließen.
---
Kaum hatte sich das letzte Shuttle der Delegation in den Hangar der Kaisers-Greif zurückgezogen und die Luftschleusen verriegelt, änderte sich das Bild draußen im All.
Die gewaltigen Brückenschirme der Kaisers-Greif zeigten das sich langsam entfernende Heck der Concordia, die fast schon hastig vom Treffpunkt abdrehte. Von den beiden sie begleitenden Korvetten war nichts mehr zu sehen – ein Offizier hatte bereits gemeldet, dass sie kurz nach Verlassen des diplomatischen Empfangssektors mit hoher Beschleunigung Kurs, weg vom Zentrum des System genommen hatten. Kein koordinierter Rückzug, keine rituelle Ehrenbewegung – eher ein hastiger Abgang.
Sieht nicht aus wie eine geordnete Rückverlegung, murmelte jemand auf der Brücke.
Karstein hörte es kaum, starrte stattdessen auf das pulsende Rücklicht der Concordia, das zwischen Staubpartikeln und Navigationsbaken langsam im Schwarz des Alls kleiner wurde.
Nein, brummte er schließlich, das sieht aus wie das Gegenteil davon. Das sieht aus, als wollte er zu jemandem wichtigeren als uns, dem er seine Horsd'œuvre aus Fischinnereien andrehen kann.
Einige Sekunden lang war es still, dann flackerte ein neues Signal über die Taktikbildschirme.
Kontakt erkannt. Langstrecken-Ping. Muster nicht zugeordnet – Transponderabgleich läuft...
Der Emotionslose Ton, nüchtern wie ein Verhörprotokoll, wurde von einem der diensthabenden Analyse-Offizier vorgetragen.
Kontakt bestätigt. Identifikation: Codierung 893-Theta-Inquisitorialis."
Stille. Dicker, schwerer als zuvor.
Karstein, der in diesem Moment an der Reling des erhöhten Ausblickpodestes stand, drehte sich langsam um. Der Ausdruck in seinem Gesicht hatte sich verändert. Die Pfeife wanderte in Zeitlupe aus seinem Mund, der Blick ging zur taktischen Projektion. Drei Schiffe steuerten mit militärischer Präzision auf ein neues Objekt zu – und dieses sendete eine Inquisitionskennung aus.
Wie bitte? fragte jemand auf der Brücke, halb ungläubig, halb amüsiert. Die Inquisition? Was zur Hölle machen die hier draußen?
Karstein runzelte die Stirn und warf einen Blick auf Otto, der stumm auf der Geländerstange thronte. Der Servovogel bewegte sich nicht, schien aber die gleiche Ahnung zu teilen wie sein Herr.
Die Inquisition, sagte Karstein langsam, macht nie irgendwo einfach so etwas. Und sie gibt sich auch nicht zu erkennen, wenn sie es nicht wünscht. Wenn die Concordia und ihre Schoßhündchen da hinwollen, dann nicht, weil sie es freiwillig tun.
Er sog nachdenklich an seiner Pfeife. Der Rauch kräuselte sich in spiralförmigen Schlieren zur Decke.
Signalstärke?
Zunehmend. Vektoren deuten auf Rendezvous in mittlerer Umlaufbahn. Keine defensiven Systeme aktiv.
Karstein schnalzte mit der Zunge.
Na dann, Otto," murmelte er leise, "der Affenzirkus geht weiter. Und diesmal sitzen nicht wir in der Manege.