Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Äußerster Rand des SORLON- Systems
#12
Taran ließ seinen Blick lang über die uralten Tunnelwände wandern, bevor er sich zu einer Antwort verstieg. Diese korallenartige Struktur erinnert mich an einige der weniger bekannten Konstruktionen der Q’orl. Ihre Architektur ist häufig von organischen Mustern durchzogen, wobei sie kalkartige Materialien zur Verstärkung verwenden. Die Q’orl kommen mir als erstes in den Sinn. Er schwieg lange Augenblicke, als müsse er mit sich selbst in den Dialog gehen. Ihre Bauwerke sind oft von einer ähnlichen, kalkhaltigen Textur durchzogen, und sie nutzen natürliche Elemente in ihren Konstruktionen. Allerdings fehlt hier etwas Entscheidendes – ihre charakteristische Ruinenschrift, die sie auf fast allen Oberflächen hinterlassen. Ohne diese Markierungen halte ich es für unwahrscheinlich, dass sie die Erbauer dieser Anlage sind. Auch wenn man es natürlich nicht ausschließen kann. Aber sonst beschriften sie noch den unwichtigsten Stein von allen Seiten und bei solch einem Konstrukt sollen sie darauf verzichten? Die Wahrscheinlichkeit liegt unter 18%. Die Tyraniden hingegen sind bekannt für ihre organischen Strukturen, aber sie hinterlassen immer Spuren von Biomasse. Selbst in verlassenen Schiffswracks findet man Überreste von mumifizierten Kreaturen oder verwesendem Material. Kalk- und Knochenstrukturen verwenden sie zwar, doch immer nur als Stützgerüste für Fleisch. Hier gibt es jedoch keine Anzeichen von verfallener Biomasse, was sie als Urheber ebenfalls unwahrscheinlich erscheinen lässt. Natürlich muss man die rasende Evolution berücksichtigen, welche die Niedenrasse als Waffe nutzt. Gut möglich, dass wir es hier mit einer alten Struktur zutun haben oder mit einem angepassten Entwicklungsstrang, der uns aus bekannten Schwarmflotten nur nicht geläufig ist. Möglich, aber nach meinem Dafürhalten nicht sehr wahrscheinlich. Bei 31%. 
Taran machte eine weitere seiner kurzen Denkpausen und erwähnte dann eine weitere Spezies: Die Eldar könnten theoretisch auch infrage kommen. Sie verwenden gelegentlich organisch anmutende Formen, insbesondere auf ihren Weltenschiffen. Doch die architektonische Reinheit und die typisch eleganten, fast kunstvollen Linien ihrer Bauten fehlen hier völlig. Diese Kuppel ist zu roh, zu massiv, um eldarischer Herkunft zu sein. Ich würde sie zur Gänze ausschließen, wenn man nicht von einem degenerierten Entwicklungsstrang ausgehen will. Auch die Fra’al haben eine Vorliebe für korallenartige Oberflächen. Ihre Schiffe und Stationen besitzen oft diese seltsame Mischung aus organischem Design und metallischen Verstärkungen. Doch was hier fehlt, ist ihre übliche Verwendung von psionischen Energien zur Verstärkung der Struktur. Währe diese im Einsatz gewesen und würde jetzt fehlen, würden wir radikalere Zerfallserscheinungen wahrnehmen. So meine ich zumindest. Die Inquisition beschränkt tiefergehende Datensätze bedauerlicherweise in ihrer Einsicht. 
Die Information muss fließen. 
Er beschrieb das Zeichen des Zahnrades. Es könnte ein gänzlich unbekanntes Volk sein oder ein Hybriddesign. Es gibt zu viele Unstimmigkeiten, um eine der bekannten Spezies zweifelsfrei zuzuordnen. Zumindest hier im Feld. Wenn ich genügend Daten habe, werde ich eine klare Aussage treffen können. Sie setzten ihren Weg mit der gebotenen Vorsicht fort. Sie waren alle so neugierig und wissensdurstig, wie es Techpriester nur sein konnten. Doch das hieß nicht, dass sie Sicherheitsprotokolle vernachlässigen oder gar missachten würden. Entsprechend hielten sie die befohlenen Rückmeldefristen ein, kartografierten sorgfältig und legten auch sonst so viel Achtsamkeit und Ernsthaftigkeit an den Tag, wie es ihre Entdeckung verlangte. 

Der eintönige Gang fächerte sich schließlich vor ihnen zu einer großen Kammer aus. Nicht so gewaltig wie jene, in der sie herabgestiegen waren, doch immer noch von beachtlichen Ausmaßen. Die Wände dieses Bereichs waren durchzogen von unzähligen höhlenartigen Öffnungen, die in verschiedenen Höhen und Größen angeordnet waren. Einige waren kaum größer als ein menschlicher Torso, andere hingegen so geräumig, dass mehrere Personen darin Platz gefunden hätten. Die Öffnungen schienen nicht willkürlich platziert, sondern folgten einem komplexen, gewollt wirkenden Muster. Sie betrachteten eine der Höhlungen, welche unproblematisch zu erreichen war, genauer. Das Innere wirkte wie glatt poliert und es gab verschiedene Vertiefungen oder Ausbuchtungen, die dereinst ihren Sinn gehabt haben mochten. Ich glaube, wir befinden uns in einem Wohnbereich. Diese höhlenartigen Strukturen könnten als Quartiere für die Besatzung oder Bewohner dieser Anlage gedient haben. Bemerkte Taran während er mit dem Scheinwerfer auf der Schulter seines Anzuges in den Bereich leuchtete. Schließe nicht von dem, was du kennst, auf das was du siehst. Sagte Evora von hinten, während sie sich zwischen den Männern hindurchzwängte um besser sehen zu können. Ihr Einwurf war kein Tadel oder Spott, sondern eine gebräuchliche Floskel unter den Exploratoren, das Entdeckte nicht allein nach den Maßstäben der Menschen zu beurteilen und so Trugschlüssen zu erliegen. Taran sah es als willkommene Aufforderung zu erläutern. Das tue ich auch nicht, Schwester. Erstens die Variationen in Größe und Form der Öffnungen. Sie könnten unterschiedlichen Klassen oder Funktionen innerhalb der Gesellschaft dieser Wesen entsprechen. Zweitens die glatte Auskleidung, der Innenbereiche. Sie könnte zur Komfortsteigerung oder als eine Art Isolierung dienen. Drittens die Anordnung der Höhlen – sie folgt einem Muster, das an Effizienz und Hierarchie erinnert, wie wir es in vielen Wohnstrukturen verschiedener Spezies beobachten können. Kol, der bisher schweigend zugehört hatte, mischte sich ein: Die optische Materialanalyse unterstützt diese Theorie. Ich erkenne Spuren von organischen Verbindungen… Abrieb sozusagen. Seh geringe Rückstände aber vorhanden. Könnte auf, die lange Nutzung durch Bewohner hindeuten. Sie untersuchten noch einige der anderen Höhlen, konnte aber nichts finden, was sie maßgeblich von der ersten unterschied. 
Danach gönnten sie sich eine kurze Pause, während der sie ihre Entdeckungen an die Teamleitung weitergaben. Anschließend setzte das Team seinen Weg fort. 

Es hatte den Anschein, als hätten sie den Rand dessen erreicht, was man als Funktionsräume bezeichnen konnte. Auch wenn diese Funktionen bestenfalls spekulativ blieben. Nach einem kurzen, niedrigen Gang erreichten sie eine weitere, ausladenden Kammer, deren Zentrum von einer sonderbaren Konstruktion dominiert wurde.  Dieses Konstrukt von einer  Komplexität und, ja man könnte sagen, bizarrer Schönheit, welche ein Novum des bisher gesehen darstellte, wenn es von seiner Beschaffenheit her auch ganz klar den Erbauern der Kuppel zugerechnet werden musste. Im Zentrum der gewaltigen Kammer ragte es empor, ein Monument unbekannter Technologie und fremdartiger Absichten. Die Grundstruktur des Apparats ähnelte einem gigantischen, kristallinen Nautilus. Seine spiralförmige Hauptachse erstreckte sich vom Boden bis zur gewölbten Decke, wobei jede Windung mit filigranen, korallenartigen Auswüchsen besetzt war. Um diese zentrale Spirale herum waren fünf symmetrisch angeordnete, versteinerten "Arme" oder "Tentakel" positioniert. Jeder dieser Arme endete in einem thronartigen Sitz, in dem ein skelettiertes Wesen saß. Die  Überreste der fremdartigen Kreaturen waren von einer Bizarrerie, die selbst die erfahrensten Xenobiologen des Imperiums, wenn schon nicht in Erstaunen versetzt, so doch zum Heben einer Augenbraue gebracht hätte. Der Körper jedes Wesens bestand aus einer Vielzahl ineinandergreifender, kristalliner Platten, die an Panzersegmente erinnerten, unter deren milchig transparenten Oberfläche Flüssigkeit eingeschlossen zu sein schien. Diese Platten selbst schimmerten in einem tiefen, irisierenden Blau, das je nach Lichteinfall in Grün und Violett changierte. 
Statt eines klar definierten Kopfes besaßen die Kreaturen eine amorphe, blumenartige Struktur an der Oberseite ihres Körpers. Diese "Blüte" bestand aus Dutzenden fächerartiger, halbdurchsichtiger Lamellen, die im Tode der Wesen schlaff und mumifiziert herabhingen. In der Mitte dieser Struktur befand sich eine Ansammlung faustgroßer, facettierter Kugeln, die an multiple, komplexe Augen erinnerten. Jede dieser Kugeln reflektierte das Licht anders, sodass ein hypnotischer, kaleidoskopartiger Effekt entstand. 
Die Kreaturen waren ganz zweifelsohne tot und das schon sehr lange Zeit. Trotzdem hatten ihre Überreste im Gegensatz zum Rest der Kuppel eine Präsenz, die sie selbst im Tode noch zu mehr erheben schien, als bloße Leichen. Natürlich konnte so ein Eindruck schlicht durch die schiere Fremdartigkeit entstehen und keiner der Techpriester würde sich dazu hinreißen lassen einen Xeno als mehr zu betrachten als das er war: Eine dem Menschen unterlegene Irrung des Universums. Der Anschein einer gewissen Aktivität der Körper entstand auch dadurch, dass sie auf das Licht der Scheinwerfer reagierte und die pergamentene Haut zu Lumineszenz anregten. Nicht sichtbar wenn der Lichtstrahl direkt darauf gerichtet war, aber doch wenn man ihn weg bewegte. Anstelle von Armen oder Beinen besaßen sie sechs tentakelartige Anhänge, die sich spiralförmig um den zentralen Körper wanden. Diese Tentakel waren nicht weich oder fleischig, sondern bestanden aus ineinandergreifenden, ihrerseits aus segmentierten Ringen, die an Teleskopstangen erinnerten. An ihren Enden befanden sich fächerartige Auswüchse, die sowohl als Greiforgane als auch als Sinnesorgane zu fungieren schienen. Ob dies natürliche Gliedmaßen waren, oder künstliche Manipulatoren, wie bei einem Anzug, würde eine Sektion beantworten müssen. 
Die Haut der Wesen war keine durchgängige Oberfläche, sondern ein Netzwerk aus feinen, fast durchsichtigen Membranen, die zwischen den kristallinen Platten aufgespannt waren. In diesen Membranen konnte man ein Geflecht aus lumineszierenden Adern erkennen, die in den Sekunden, in denen sie das Licht speicherten, ein abstraktes, sich ständig veränderndes Muster bildeten, An verschiedenen Stellen des Körpers ragten knochige, dornenartige Fortsätze hervor, die an Korallen oder kristalline Formationen erinnerten. Diese Fortsätze schienen eine Art natürliche Schnittstelle zwischen dem Körper der Wesen und der Vorrichtung zu sein, in der sie saßen. 
Die auffälligsten und verstörendsten Merkmale des Apparats waren die langen, nadelartigen Dornen, wie lange Knochen, welche aus der Spitze der Vorrichtung entsprangen und sich in die Sitzenden gebohrt hatten. Dies musste mit großer Gewalt geschehen sein, denn an den Eintrittsstellen waren die Leiber regelrecht zerfetzt. Selbst die gefühlskargen Adepten des Mars kamen nicht umhin die bedrückende Aura dieses “Selbstmordapparats” wahrzunehmen. Hier hatte dereinst ein Drama seinen Lauf genommen. Ich kann einen Energiefluss wahrnehmen. Meine Evora sinnend und streckte ihre Hand aus, als würde sie ein unsichtbares Tier streicheln. Ihre Fingerspitzen leuchteten bläulich. Ich habe es anfänglich für die Resonanz der Leichen auf unser Licht gehalten. Diese ist auch tatsächlich da, minimal, kaum messbar und sehr flüchtig. Aber da ist noch etwas. Es kommt aus der Apparatur in der sie sitzen. Nein halt… von darunter.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
[Kein Betreff] - von - 07-23-2017, 02:52 PM
RE: Äußerster Rand des SORLON- Systems - von Die Stimme - 09-17-2024, 11:06 PM
[Kein Betreff] - von - 12-02-2021, 04:37 PM
[Kein Betreff] - von - 04-16-2022, 07:26 PM
[Kein Betreff] - von - 06-03-2022, 08:40 PM
[Kein Betreff] - von - 10-19-2022, 11:58 AM
[Kein Betreff] - von - 01-27-2023, 10:02 PM

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste