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Band von Bamarun
#53
Wochen lang hatte sich gar nichts getan. Ein träges Vegetieren, ein Sterben auf Raten. 
Dann und wann hatte ein notdürftig repariertes Schiff das Trockendock der Station verlassen und seinen Platz mit einem anderen verletzen Giganten der Leere getauscht.
Jetzt wurde das Schwarz der Abwesenheit von Licht, durchbrochen von einer Ansammlung monströser Silhouetten, die sich träge gegeneinander bewegten. Zwei Teile einer einst stolzen Flotte, nun reduziert auf notdürftig zusammengeflickte Überreste, trieben aufeinander zu. 
Das Vakuum vibrierte beinahe spürbar vor unterdrückter Spannung, die sich durch die lauernde Langsamkeit dieses Prozesses eher zu steigern, denn abzumildern schien. Im Zentrum der Formation hingen die wenigen Schlachtschiffe, Zerstörer und Korvetten, die noch ihren Dienst tun konnten. Sie gemahnten an groteske Tiefseekreaturen, die nicht dazu bestimmt waren, das ein menschliches Auge sie schaute. Auch sie zeigten Spuren der verlorenen Schlacht um die Zuflucht. Lange her, längst eine vergessene Fußnote imperialer Geschichte.
Klaffende Löcher in Hüllen, nutzlos verdrehte Kanonenbatterien, ganze Sektionen, die im Dunkel abgeschalteter Enerige lagen. Oder im wo im Gegenteil, flickernde Energiesignaturen von der Verzweiflung ihrer Besatzungen zeugten, diese letzten Bollwerke ihrer Macht am Leben zu erhalten. Die geschundenen Kolosse bildeten das fragile Rückgrat der Flotten, doch ihre wahre Bedeutung lag in ihrer kostbaren Fracht: den Chaos Space Marines. Um diesen Nukleus drohender Vernichtung schwebten umfunktionierte zivile und industrielle Raumschiffe, ihre Hüllen übersät mit improvisierten Waffensystemen und grotesken Ornamenten. Ehemals glatte Oberflächen waren nun von Einschlagkratern und hastig angebrachten Panzerplatten verunstaltet. Die beiden essentiellen Bestandteile der Flotte, einst durch Furcht und Stärke zusammengeschmiedet, lagen sich wie lauernde Raubtiere gegenüber. Jedes Schiff war ein Mikrokosmos aus Furcht, Ehrgeiz und brodelnder Gewalt. In den düsteren Korridoren und verwinkelten Kommandozentralen wussten die Besatzungen, dass ein einziger Funke genügen würde, um die aufgestaute Spannung in einem Inferno aus Plasmafeuer und zerfetztem Metall zu entladen und das zu vernichten, was den letzten Rest Stärke dieser einstigen Macht darstellte. Die zentralen Kriegsschiffe waren es, die die eigentlichen Fehden ausfechten würden. All die wohl gehegten Feindschaften, die unvergessenen Beleidigungen und Ehrverletzungen, die Freveleien gegen die eigene erwählte Gottheit. Früher durch Strafandrohung unterdrückt, würde nun reiner Tisch gemacht werden. 
Die restlichen Schiffe, bemannt mit Renegaten und Mutanten, umkreisten dieses Zentrum. Ihre Besatzungen wussten, dass sie in den Augen ihrer Herren entbehrlich waren - Kanonenfutter in dem sich abzeichnenden Konflikt. Dennoch brannte in ihren verdrehten Körpern und verwirrten Geistern der verzweifelte Wunsch, sich zu beweisen, einen Platz in der neuen Ordnung zu erkämpfen, die aus diesem Chaos entstehen würde. 
So jedenfalls vermuteten es ihre übermenschlichen Meister. Dabei schlossen sie von sich auf ihre feindlichen Gegenüber und kamen sich schlau darin vor, selbst diese Ansicht ausgehebelt zu haben. Denn sie hatten dem Kanonenfutter mehr Gewicht beigemessen, als ihm zustand und als es der Feind vermuten würde. Eine geschulte Truppe aus Kriegern würde ihre entbehrlichen Horden anführen. Natürlich nicht so geschult wie die Marines selber, doch genug um das Gleichgewicht zu ihren Gunsten zu ändern. 
Was die verfeindeten Gruppen und Untergruppen derweil nicht wussten, war dass beide Seiten ein identisches Angebot bekommen hatte, das eigene Fußvolk zu verstärken. 
Das es dieses Fußvolk war, das die dritte, die entscheidende Fraktion darstellte. Während Hochmut und Vernachlässigung die Mittel waren, mit denen die Marines die sterbliche Schar bedachten, hatten ihnen die maskierten Krieger etwas gegeben, dessen Konzept die Marines seit Jahrtausenden schon nicht mehr, auch nur im Ansatz verstanden: Hoffnung. Die Hoffnung auf eine Chance, eine Zukunft, auf schlichtes Überleben.

Die Spannung stieg mit jedem verstreichenden Moment. Sensoren tasteten gierig nach Schwachstellen, Waffensysteme wurden in Bereitschaft versetzt, und in den Hangars warteten ausgedünnte Jagdstaffeln darauf, in den Kampf zu stürzen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der erste Schuss fallen würde, und dann würde sich der Weltraum einmal mehr in ein Schlachtfeld verwandeln, auf dem sich ehemalige Verbündete gegenseitig zerfleischten - ein grausames Spiegelbild der Natur des Chaos selbst. Vernichtung und Pläne in Plänen.
Die Spannung, entlud sich in einem einzigen, schicksalhaften Moment. Ein einzelner Plasmablitz, abgefeuert von einem nervösen Kanonier auf einem der umfunktionierten zivilen Schiffe, durchschnitt die Leere des Weltraums. Dieser Funke war alles, was es brauchte, um das Pulverfass zu entzünden. Innerhalb von Sekunden erwachte die gesamte Flotte zum Leben. Die Schlachtschiffe der Chaos Space Marines eröffneten mit lautlos donnernden Salven das Feuer, während ihre Zerstörer und Korvetten in aggressiven Formationen vorpreschten. Die improvisierte Armada aus zivilen und industriellen Raumschiffen flankierte sie und trieb ihnen wie eine Bugwelle voraus. Ihre Waffensysteme spuckten unkoordiniert Energiestrahlen und Projektile in Richtung des Feindes. 
Raumschlachten hatten für gewöhnlich klar definierte Phasen. 
Die Eröffnung, in welcher sich jeder an die tausend mal geübten Abläufe hielt. 
Die Konfusion, wenn die Dinge begannen dem Plan zuwider zu laufen. 
Schließlich die eigentliche Schlacht, wenn das große Ganze nur noch aus kleinen individuellen Duellen und partieller Zusammenarbeit bestand. Inmitten dieses Infernos aus Plasmafeuer und zerberstenden Schiffen begann die dritte Fraktion ihr subtiles Spiel. Die vermeintlich loyalen Truppen, die beiden Seiten zur Verstärkung geschickt worden waren, agierten zunächst genau wie erwartet. Sie führten die Horden der Renegaten und Mutanten in waghalsige Angriffe, scheinbar bestrebt, sich in den Augen ihrer übermenschlichen Herren zu beweisen.
Doch mit fortschreitender Schlacht wurden ihre wahren Absichten immer deutlicher. Kleine Fehler in der Koordination, minimale Verzögerungen in der Ausführung von Befehlen, geringfügige Abweichungen von den geplanten Formationen - all dies summierte sich zu einer kaum merklichen, aber entscheidenden Schwächung beider Seiten.
Die Kriegsschiffe der Chaos Space Marines, fokussiert auf ihre direkten Gegner und blind für die Subtilität des Verrats in ihren eigenen Reihen, bemerkten nicht, wie ihre Flankensicherung langsam aber sicher zusammenbrach. Die dritte Fraktion nutzte jede Gelegenheit, um scheinbar zufällige Kollisionen zwischen den Schiffen der Renegaten zu provozieren oder wichtige Formationen aufzubrechen, ineinander verkeilte Schiffe zurückfallen zu lassen.
Die Meister des Chaos, in ihrem Stolz und ihrer Arroganz gefangen, interpretierten diese Rückschläge zunächst als Zeichen der Inkompetenz ihrer untergebenen Truppen. Erst als es zu spät war, als ihre Flotten sich gegenseitig bereits empfindlich geschwächt hatten, begann die Wahrheit zu dämmern.

Möglich wurde dieser komplexe und präzise koordinierte Plan durch die sehr reale Unterstützung eines äußerst irrealen Verbündeten. Im Zentrum des Komplotts stand die Hilfe der Entität, die nur als "der Träumer" bekannt war - ein Wesen, dessen wahre Natur jenseits des Verständnisses gewöhnlicher Sterblicher lag. Doch mit der ein Pakt hatte geschmiedet werden können. Der Träumer wollte die lästigen Marines loswerden und obendrein schien es ihm eine diebische Freude zu bereiten, sich in diesem Spiel zu engagieren.
Der Träumer hatte seine Präsenz geschickt auf allen Schiffen der Verschwörung verteilt. Durch die  Körper jener, die sich ihm hingegeben hatten, sprach er und gab seine Befehle. Diese Körper dienten als lebende Knotenpunkte eines unsichtbaren Netzwerks, das die gesamte Operation umspannte.
Die wahre Genialität dieses Systems lag in seiner Unaufspürbarkeit. Anders als konventionelle Kommunikationsmethoden benötigte der Träumer weder Funk noch andere technische Hilfsmittel, die von feindlichen Scannern oder misstrauischen Kommandanten hätten entdeckt werden können. Selbst die mächtigsten Psioniker an Bord der Chaos-Schiffe waren nicht in der Lage, die subtilen Verbindungen wahrzunehmen, die der Träumer zwischen seinen Avataren gewoben hatte.
In der Praxis bedeutete dies, dass ein einziges Wesen faktisch alle Schiffe des Komplotts gleichzeitig befehligte. Jede Bewegung, jede vorgetäuschte Fehlkalkulation und jeder scheinbare Zufall war in Wahrheit Teil eines größeren, perfekt orchestrierten Plans. Die Körper des Träumers agierten in perfekter Synchronisation, ohne je den Verdacht der Chaos Space Marines zu erregen.
Diese übernatürliche Koordination erklärte die unheimliche Präzision, mit der die dritte Fraktion operierte. Während die verfeindeten Chaos-Fraktionen sich in einem verworrenen Kampf verstrickten, bewegten sich die Schiffe und Truppen des Träumers wie in einer makabren Choreographie. Jede Aktion, jedes Manöver war darauf ausgerichtet, die beiden Hauptkontrahenten gegeneinander auszuspielen und gleichzeitig die eigene Position zu stärken.
Die Ironie dieser Situation war nicht zu übersehen: Das Chaos, das sich seiner Unberechenbarkeit und Anpassungsfähigkeit rühmte, war von einer Entität überlistet worden, die diese Prinzipien auf eine noch höhere Ebene gehoben hatte. Der Träumer hatte das Chaos mit seinen eigenen Waffen geschlagen und dabei eine neue, erschreckende Dimension der kosmischen Intrige enthüllt.
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[Kein Betreff] - von - 03-14-2019, 10:00 PM
RE: Band von Bamarun - von Kogan - 07-06-2023, 01:38 PM
RE: Band von Bamarun - von Kogan - 12-05-2023, 02:32 PM
RE: Band von Bamarun - von Die Stimme - 08-06-2024, 06:24 PM
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