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Im Orbit um Koron III
#11
Alle atmeten auf, als sie das Rumpeln und Dröhnen des Zubringers hinter sich lassen konnten. Verfügte die Kaisers Greif zwar über hervorragende Landebarken, so hatte man bei den Zubringer-Gondeln ganz klar mit dem Rotstift entworfen. Keine Sitzbänke, keine Schall- oder Stoß-Dämpfer, gar nichts. Nur ein Reck mit Halteschlaufen, die von der Decke hingen, wodurch alle Reisenden - inklusive von Schanz - den Flug in der selben, unbequemen Haltung verbrachten. Praktkabilität durch Gleichheit. Platzsparend und effizient.
Die Schotten taten sich auf und man sah sich der Prunkwache der Concordia entgegen, die bereits auf die Besucher wartete. Jetzt trennte sie lediglich der unsichtbar knisternde Atmosphärenschild, der dazu gedacht war, leichten Beschuss und Giftgas abzublocken. Man kündigte sich an und betrat nach Freigabe das luxuriöse Prunkschiff, wobei unschwer zu übersehen war, wer unter den Axis ein Auge für die feinen Dinge besaß und wer nicht. So zeigten die Schwestern, von Schanz, seine Begleiterin und Karstein kaum Reaktion auf die Kunst an Wänden, Decken und Böden, ähnlich einem Ogryn, der sich beim Essen mit einer Seidengardine die Nase putzte. Andere hingegen bemerkten die gewollte Schönheit durchaus, gerade van Elb und die "Unterschichtler" zeigten sich durchaus neugierig; immerhin war dieses Schiff so völlig anders als das was sie gewohnt waren, wobei van Elb eher kulturell interessiert war, während Zivis und Frontschwein der Magen knurrte. Zu guterletzt schlich der Technomant der Gruppe hinter ihnen her, dessen Einschätzung der Umgebung tief unter seiner gelben Kapuze verborgen lag, während unter seiner Robe insektenhafte Beine vor sich hin klickerten und feinste Gelenke kaum hörbar zwitscherten und er als einziger vermochte, mit seinem Diesel- und Pergament-Geruch gegen den wohlriechenden Korridor sprichwörtlich anzustinken.

Ähnlich verhielt es sich dann im Konferenzraum, wo das Grüppchen letztlich erwartet wurde. Auch hier zollte einige verstohlene Blicke dem Raum Respekt, während andere kaum bemerkten, auf welch edlem Fußboden sie standen. Als der massige Diplomat schließlich von seinem Sitz aufsprang und einen schwerfälligen Sprint einzulegen schien, seufzte von Schanz kaum hörbar, während Karstein in seinen Bart hinein schmunzelte, sehr wohl mit seinem vorgesetzten mitfühlend. Sie alle wussten, wie sehr ihr Obermotz diese Art Umstände hasste. Legenden rangten sich darum, wie er einmal seelenruhig Tee geschlürft hatte, während um ihn herum die Schrapnelle flogen, wohingegen er hier heimlich mit den Zähnen knirschte. Ein Fisch außerhalb des Wassers, dem nun von seiner jungen Hospitallerin Mut zugespielt wurde, während sichtbar war, dass der knurrige, alte Krieger mehr weißes Rauschen, als wohlgeformte Sätze vernahm. Die Hospitallerin verneigte sich an seiner statt und bedankte sich für den Empfang, verwies dabei freundlich, aber direkt darauf, dass er nicht hätte um den Tisch laufen müssen, um sie zu begrüßen.
Er nickte auf den Wunsch des Attachees hin und gab den Blick auf seine Begleitung frei.

Da standen sie, allesamt beieinander und mehr oder minder bemüht unbeeindruckt, oder zumindest so tuend. Von Schanz ging der Reihe nach durch, deutete mit seiner einen behandschuhten Hand auf einen nach dem anderen, beginnend mit der Hospitallerin. "Katharina Scheinhart. Leibhospitallerin, Ehrengarde und tapferstes Mädchen, datt ich je kennenlern'n durfte." Das besonnene Gemüt der jungen Dame flammte kurz auf und wurde von einer Verneigung begleitet. "Eine Ehre. Dabei war schwer auszumachen, was sie genau damit meinte. "Des Weiter'n hamn wir hier Lucia Imhoff und Klara van Horn. Ausjewählte Schwestern unseres planetaren Ordens der ewigen Gnade." Die Damen verneigten sich knapp als wären sie eine Einheit, passend dazu wie ähnlich sie sich in ihren Gewändern sahen. "Ditt hier sin' Zacharias von Karstein und Elisa van Elb." Van Elb verneigte sich, während Karstein gefasst nickte und seine Servokrähe sich auf seinem Helm streckte um zu zeigen, dass sie keineswegs ein Helmputz war. Das mechanische Tier kletterte auf Karsteins Schulter und ließ sich füttern. "Jesandte der Offiziersjesellschaft von Prime und verdiente Vertrauenspersonen des Corps." Karstein und von Schanz hätten in ihrer unwilligen Ausstrahlung Brüder sein können, während van Elb sich tatsächlich wie eine Dame zu halten verstand und dem Diplomaten ein schmales Lächeln schenkte.
"Hier hamn wir Offizier Otto zu Keil-Markfurth. Mitglied der Schiffsgarde und Vertreter der Armee." Es war schwer zu übersehen, dass Markfurth von einem ähnlichen Schlag war wie von Schanz selbst, als er die Hacken zusammenschlug und salutierte. Ein Glimmer von Stolz in den Augen beider Männer. "Jawoll." Gab der Mann knapp zu verstehen, ehe er sich wieder einreihte und von Schanz mit den nächsten zwei fortfuhr. Ein Mann und eine Frau, ebenfalls in Uniform, die aber weniger steif salutierten und andere Insignien trugen. "Hermann Schwarzkopf und Frauke Haushusen. Vertreter der Handels- und Diplomaten-Corps." So ließ von Schanz sich durch einen Knopf im Ohr zu tuscheln. Die beiden schwellten stolz ihre Brust in dem Glauben, dass der Eisenhans sich an ihre Namen erinnerte. Sie wirkten abseits der meisten mit am freundlichsten, auch wenn das im steifen Gesamtkontext nicht viel hieß.
"Zuletzt... Septus vom Ordo Statisticus." So zögerte von Schwanz bei der Vorstellung kurz, ehe sich das verhüllte Technomonster selbst vorstellte. "Mögen eure Entscheidungen immer gleich vier und eure Wände in gelb gestrichen sein... Auf dass die Summe unserer Übereinküfte größer/gleich unendlich und mit klarem Vektor definiert sein mögen. Im Leben, wie in der unausweichlichen Unendlichkeit." So rasselte es aus einem heran schwebenden Servoschädel, während der Körper mit der Eleganz eines Physik-Professors gestikulierte.
Von Schanz rollte heimlich mit den Augen und blickte seine Begleiterin an, die ihm gegenüber die Stirn runzelte, ehe man sich wieder dem Attachee zuwandte.
"Allesamt fähije Landsleute und absolut loyal. Vertraun se ihnen ihr Leb'm an und Se werd'n alt. Ejal, wo'se sich rumtreiben." Das offenbare Schluss-Wort zur Vorstellung.
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#12
Und das würde ich gewiss… Entgegnete Louis-Ferdinant mit pathetischer Stimme. 
Aber bevor wir uns in eine Schlacht stürzen, um die Wahrheit in den Worten des Feldmarschalls zu belegen, wollen wir uns setzen und stärken. 
Und freilich gleich zur Sache kommen. 
Nichts liegt mir schließlich ferner, als ihre Zeit zu verschwenden. 
Sie begaben sich an den Tisch. Eine irgendwie zu erkennende Platzordnung gab es nicht, auch wenn Louis-Ferdinant mit Interesse verfolgte, wer sich wo, wie und vor oder nach wem zu setzen anschickte.  
Kaum dass das letzte, Ehren belastete Gesäß sein Sitzpolster gefunden hatte, öffnete sich die Tür und livrierte Tischdiener kamen herein. 
Der ihnen voranschreitende Matre verkündete was aufgetafelt wurde. 
Château de la Kallis-Lumière. Perlender Kristallwein-Aperitif aus den Höhenweinbergen der kallischen Fallwindregion. 
"Dans les profondeurs de Kallis, nous trouvons les étoiles".
Meine hohe Dame Scheinhart, ich mag mich täuschen, doch erahne ich den Anflug eines Stirnrzunelns. Wenn es ob der Sprache ist, die sie vernehmen. Es handelt sich dabei um das Cérémonielle Nobilitaire. 
Kein wirklicher Dialekt, sondern vielmehr eine Kunstsprache. Das Überbleibsel einer historischen Strömung unter den koronischen Adligen vor etwa 400 Jahren. Wohl ein Versuch die eigene Kultiviertheit und Überlegenheit zum gemeinen Volk zu betonen. Was von diesen Bestrebungen übriggeblieben ist sind Wortfetzen und Fragmente im kulturellen und vor allem kulinarischen Bereich. Wie ein raffiniert anzusehendes Blumengesteck. Hübsch, aber am Ende des Tages auch reichlich nutzlos. 
Für Abstinente reichen wir mit Edelsteinsalzen mineralisiertes Quellwasser. Es wurde nach Präferenzen der Gäste eingeschenkt.   
Um uns alle auf einen gemeinsamen Stand zu bringen, liebe Freunde. Lassen sie mich die schrecklichen Ereignisse, die unser Hiersein bedingen, noch einmal zusammenfassen. 
Lassen Sie mich von einer… nein, von DER Tragödie berichten, die meine geliebte Heimat erschüttert hat. 
Kein Schlag traf unser Volk seit dem Grauen des Kriegs der Häuser härter. 
Sie waren nicht dabei, haben das Spektakel nicht gesehen, wie es prächtiger kaum hätte sein können - den großen Adelsrat von Koron 3, Politik und die Zurschaustellung purer, imperialer Macht. Stellt Euch vor, edle Damen, edle Herren: Die edelsten Häuser unserer Welt, Gesandte aus allen Winkeln des Subsektors, ja selbst Vertreter von Obsidian und natürlich ihrem prächtigen Axis-System hatten ihr Kommen zugesagt. Zwei der mächtigsten, Fraktionen in diesem Teil des Universums. 
Gemeinsam so stark, dass das Imperium selbst auf diesen Säulen ruhen könnte. Ich bin gewiss, Sie haben Vid- Aufnahmen des Ereignisses gesehen. Aber wie können stumpfe Abbilder die Pracht wiedergeben, die sich durch unsere Straßen wälzte? Tausende Soldaten in Paradeformation, Luftschiffe am Himmel, sogar die Anwesenheit eines Engels des Todes, eines Space Marines! 
Doch dann... ach, dann schlug das Schicksal mit grausamer Hand zu. 
Louis-Ferdinand hielt inne, wie um das Gewicht seiner Worte in die Stille sinken zu lassen. Sein Blick glitt eindringlich über die Gesichter der Anwesenden. Schließlich fuhr er mit theatralischem Ernst fort, seine Stimme voller Pathos.
„Mutanten! Verfemte Kreaturen, die jegliche Gnade des Imperators verworfen haben, schlugen zu. Ihre ruchlosen Komplotte gipfelten in einem Akt des abgrundtiefsten Verrats, der die Welt je erschüttert hat, seit das Schlangenhaupt Rasankurs abgeschlagen wurde. Die große Ratshalle – ein Symbol der Einheit, der Stärke und des glorreichen Erbes unserer noblen Welt – wurde zum Ziel ihres perfiden Plans. Mit erbeuteten und entführten Fluggeräten wagten sie einen Angriff, der in seiner Boshaftigkeit kaum zu übertreffen ist. Zwei gewaltige Transportflieger, monströs in ihrer Dimension, brachen durch den Himmel wie der Schatten eines uralten Unheils. Das es sich dabei um entwendete experimentelle Militärflugzeuge handelte wussten die Axis vermutlich. Es war davon auszugehen, dass deren Geheimdienst Koron nicht durch ein Teleskop beobachtete. Dennoch verschwieg er den Umstand geflissentlich.
Er machte eine theatralische Geste, deutete in Richtung des Panoramafensters, hinter dem die Leere des Alls bedrohlich und erhaben zugleich lag. So als könne man Koron 3 sehen, wenn man nur die Augen fest genug zusammenkniff. Die Servitoren spielten eine unheilvolle Wendung in ihrer zarten Melodie, die die Dramatik des Moments untermalte.
Sie überluden und brachen den Deflektorschild um die Halle herum, einen Schutz, von dem wir alle dachten, dass er unüberwindbar sei. Der Himmel brannte! Und dann – dann stürzten die Flugzeuge, wie geflügelte Todesboten, mitten in das Herz unserer Herrlichkeit! Ein Inferno entfaltete sich, und mit ihm ein nie gekanntes Grauen. Aus diesen stählernen Leibern, die in die Ratshalle krachten, entstiegen die Spottgestalten. Mutierte Bestien, perverse Karikaturen des Lebens, voller Hässlichkeit und Verderbnis, die unser glanzvolles Volk mit ihrem Anblick entheiligten. Sie jagten unsere Politiker, Diplomaten und Würdenträger, als wären sie nichts weiter als Beute, und sie begannen ein Massaker, das unsere Adern mit eisigem Schrecken füllte. Es waren Stunden unermesslicher Gräul, aber auch gewaltiger Heldentaten. Männer und Frauen die sich mit Knüppeln und unzulänglichen Seitenwaffen gegen das Arsenal und die Boshaftigkeit eines solchen Feindes stemmten.
Louis-Ferdinands Stimme zitterte vor Empörung, und er schlug die Faust auf den Tisch, das leise Klirren der Kristallgläser begleitete die Bewegung.
Doch, edle Freunde, unser tapferes Volk erwies sich als würdig der Gnade des Imperators! Wir schlugen zurück. Die Mutanten und ihre jämmerlichen Handlanger wurden mit Feuer und Stahl bekämpft, und schließlich überwanden wir sie. Doch zu welchem Preis? Der Blutzoll war entsetzlich hoch. Die große Ratshalle, Symbol unserer Einheit und Stärke, wurde zu einem Massengrab für unsere edelsten Söhne und Töchter. Eine Wunde, die tief in die Seele unserer Welt geschnitten wurde und noch lange bluten wird.
Er hielt einen Moment inne, um den Anwesenden die Möglichkeit zu geben, die Schwere seiner Worte aufzunehmen, bevor er fortfuhr.
Doch das war nicht alles! 
Zeitgleich brach in den Straßen unserer glorreichen Makropole Chaos aus. Schläfergruppen der Mutanten, versteckte Zellen von Terroristen, nutzten die Gunst der Stunde, um ein Massaker anzurichten. Sie fielen über die schwächsten unserer Gesellschaft her, richteten unsägliche Zerstörung an und ließen die Straßen Gohmors in einem Blutbad versinken. Doch auch hier zeigte die koronische PVS, unerschütterlichen Mut und unbändigen Willen. Mit eiserner Hand kämpften sie gegen die Verräter, zerschlugen ihre widerwärtigen Komplotte und brachten die Ordnung zurück. Der Feind ist geschlagen – doch noch immer lauert er im Schatten. Wie konnten diese primitiven Kreaturen sich derartig geschickt vernetzen und so lange unentdeckt im Geheimen operieren? Dazu haben unsere erbittertsten und gnadenlosesten Ermittler einige profunde Theorien. Selbst in diesem Moment, da wir sprechen, wühlen sich fähige Agenten in die Eingeweide der Intrige, begierig darauf ihr das Herz herauszureißen.
Caviar de Mâchoir sur Nuage Crémeux avec Infusion de Nébulite et Perles de Lueur Nocturne. Rief der Maitre de Cuisine in die Pause, welche der Diplomat geschaffen hatte. 
Die Worte schwebten über das Rund des Tisches, während die Gerichte an die Plätze der Gäste gebracht wurden. Auf jedem Teller ruhte ein kleines Kunstwerk, ein Arrangement aus Texturen, Farben und Aromen.
Der Beißerkaviar – Caviar de Mâchoir – war keine gewöhnliche Delikatesse. Es handelte sich um die winzigen, perlmuttfarbenen Eier jener, räuberischen Fischart, die eines der Grundnahrungsmittel Gohmors darstellte. Etwas Banales mochte man meinen. Doch die Fische, die nur in der finalen Phase ihres Lebens aus der Tiefsee aufstiegen und gefangen wurden, laichten in nahezu unerreichbaren Abgründen. Obendrein war es unter Todesstrafe verboten die Eier der Tiere zu ernten. Es hätte bedeutet die Nahrungsgrundlage der gesamten Welt zu gefährden. Nur für die höchsten Würdenträge konnte dahingehend eine Ausnahme gemacht werden. Der Geschmack vereinte das Prickeln von Salzwasser mit einem rauchigen, fast mineralischen Nachhall. Der Kaviar war kunstvoll auf einem Nuage Crémeux drapiert wurden – einem luftigen, zart angefrorenen Schaum aus einer Mischung von Sahne und der Essenz einer seltenen Pflanze, der Veloursaube, die nur auf den frostigen Ebenen der nördlichen föderalen Union, Suxxtas wuchs. Dieser Schaum war von so einer Zartheit, dass er auf der Zunge zerschmolz, während er gleichzeitig einen subtilen, erdigen Kontrast zum Kaviar bot.
Die Infusion de Nébulite war eine wahre Innovation, hier an Bord des Schiffes ersonnen und zur Perfektion gebracht. Aus der Verdampfung eines kristallinen Sandes… unvermeidlicher Weise ein Import aus dem imperatorverlassensten Winkel des Segmentum Obscurus, der bei hoher Energiezufuhr in leuchtende Nebelschwaden zerfiel, war ein delikater Sud gewonnen worden, der den Schaum durchzog und eine leicht prickelnde, Honig ähnliche Süße hinzufügte. Über das Ganze waren schließlich Perles de Lueur Nocturne gestreut. Diese leuchtenden Perlen bestanden aus der biolumineszenten Frucht einer äußerst seltenen Pilzart, dem Mycena Luminae, auch bekannt als “Licht der Tiefe“. Diese Pilze wuchs im Schlick der horninger Schwemme. Doch anders als gewöhnliche Pilze strahlten diese Organismen ein intensives, sanft pulsierendes Licht aus, das so lebendig und beständig war, dass es selbst in völliger Dunkelheit den Eindruck eines funkelnden Sternenhimmels erzeugte. Die Pilze wurden von Hand geerntet, sorgfältig gereinigt und ihre leuchtenden Fruchtkörper vorsichtig zu kleinen Perlen geformt, ohne die empfindliche Struktur zu beschädigen. Dieses Verfahren machte sie nicht nur zu einem visuell atemberaubenden Element, sondern auch zu einem subtilen geschmacklichen Akzent, der mit leicht säuerlicher Noten die gesamte Vorspeise harmonisch abgerundete.
Louis-Ferdinand, der längst in seine Rolle als Gastgeber und Redner zerfloss, wie eben jener Nuage Crémeux, hob mit der Grazie eines Schauspielers die Hand mit dem Glas und wandte sich an seine Gäste.
Meine hochgeschätzten Freunde, bevor wir fortfahren, lade ich Sie ein, sich an der Kunst unseres Meisterkochs zu erfreuen. Dieses Gericht, wie alles an Bord der Concordia, ist mehr als nur eine Gaumenfreude oder ein Sinnesschmaus. Es ist eine Verkörperung unseres Strebens nach Perfektion, ein Beweis dafür, dass sogar aus der rauesten Wildnis, wie jener, aus der der Beißer stammt, ein Höhepunkt koronischer und damit letztlich imperialer Raffinesse entstehen kann. Nicht Dekadenz liegt vor ihnen auf den Tellern, die Überambition oder Großmannssucht, sondern die Verquickung des Unscheinbaren zum Gewaltigen.
Mit diesen Worten stellte er sein Glas ab, ergriff die silberne Gabel und nahm eine kleine Portion, ließ den Kaviar auf seiner Zunge explodieren und genoss dabei den subtilen Tanz der Aromen, der für einen Augenblick jede Dissonanz, sei sie politisch oder persönlich, verblassen ließ.
Auch der Schmerz ist nur eine Würze für das Mahl der Seele. Lies er sich sodann vernehmen. So sagt man in Gohmor und wenn es auch ein zynisches Sprichwort sein mag, so steckt darin doch eine Erkenntnis. Hätten die, um die wir Trauern, gewollt das wir darben und ihretwegen leiden? Oder sollen wir die Erinnerung an sie mit Genuss und Wonne verflechten? 
Ich will Ihnen, liebe Freunde nun vom Schicksal der Delegation ihrer Landsleute berichten. Er seufzte schwer. Eine Bürde, die mir drückend auf der Seele liegt und die ich… wie ich beschämt eingestehen muss, lieber dem Kapitän des Kurierschiffes überlassen hätte. Nun denn. Militarum-Kanzler Chlodwig Grätz zu Hohenlohe ist vor den goldenen Thron berufen worden und sitzt inzwischen, davon bin ich überzeugt, zur Rechten des Gottkaisers. Er ist tot und unsere Analysten gehen davon aus, dass er schon beim Einschlag des Frachtfliegers durch Trümmerstücke zu Tode kam. Seine Leiche wurde geborgen und in Cryostasis konserviert. Der Körper ist… nun… beschädigt. Wir haben es jedoch nicht gewagt, ihn kosmetisch wiederherzustellen, weil uns die Begräbnisrituale ihrer Welt nicht vertraut sind. Vier Schwestern der ewigen Gnade waren im Saal und sind ebenfalls umgekommen. Zwei weitere werden von unseren Spezialisten noch medizinisch versorgt.  
Schwieriger… um nicht zu sagen kompliziert wird die Sache bezüglich Handelskommandant Ernst August auf Ehrenfeld-Düppel. Leider muss man auch bei ihm davon ausgehen, dass er den Anschlag nicht überlebt hat. Allerdings… und hier zögerte Louis-Ferdinant das erste mal dergestalt, dass man annehmen musste, dass er tatsächlich um Worte rang. Nicht kalkuliert, nicht gespielt. Wurde sein Körper nicht aufgefunden. Sie müssen verstehen, dass das Massaker und die anschließenden Kämpfe mit unsäglicher Brutalität geführt wurden. Ich weiß, dass ich sie nicht vor Details schonen muss. Explosionen haben Leiber regelrecht zerrissen. Die herabstürzenden Trümmer und Wrackteile haben Menschen wortwörtlich zerrieben und zermalmt. Auch die angreifenden Bestien haben… nun sie haben ihre Opfer in Teilen gefressen und die Identifikation musste nach Sichtung von Mageninhalten erfolgen… kurzum, alles sehr unerfreulich. Unsere Experten gehen davon aus, dass der Handelskommandant nicht mehr zu identifizieren war. Es ging uns mit mehreren Vermissten so. 
Unglückseliger Weise entstand in den Wochen nach dem Anschlag das Gerücht, dass einige der Mutanten in die technischen Bereiche unter dem Saal eindrangen, mit der Ansicht eine Reaktivierung des Deflektorschildes zu verhindern. Tatsächlich gibt es Spuren von Kämpfen mit den Techpriestern und Hilfskräften, die dort ihren Dienst taten. Die Gerüchte besagen nun, dass einige der Angreifer mit Geiseln in die Wartungsebene unter der Halle gelangten. Genährt wurden diese Spekulationen von dem Umstand, dass die Terroristen die Schächte und Sub- Ebenen unter den Wohnbereichen tatsächlich des Öfteren für ihre Aktionen nutzen. Es gibt jedoch keinen stichhaltigen Beweis dafür, dass Angreifer aus dem Deflektorkastel in die Wartungsebreiche entkommen konnten. Schon gar nicht mit Gefangenen. 
Gleichwohl hielt sich das Gerücht hartnäckig. Der Kommandant ihres Paladin-Sturmregiment "Baron von Todenstein-Holle", ein gewisser Wilhelm Hohen-Niederstein, war jedoch von der Theorie einer Entführung des Handelskommandanten überzeugt und insistierte bezüglich einer Untersuchung. Als ihm die Bemühungen unserer Sicherheitsorgane nicht tiefgreifend oder intensiv genug erschienen… und ich versichere Ihnen beides waren sie… beschloss er seine Leute auf eigene Faust loszuschicken. Der koronische Diplomat tupfte sich erneut die Stirn mit dem Spitzentuch. 
Sie werden verstehen, dass wir bei aller Völkerfreundschaft und Rücksichtnahme auf Schmerz und Verlust, nicht zulassen können, dass Männer in schwarzen Gummianzügen oder rauchenden und dampfenden Kampfrüstungen durch Wohngebiete stapfen können. 
Nachdem unsere Bitten nicht gehört worden waren wir gezwungen die Delegation des Axis- Systems unter Hausarrest zu stellen. Natürlich nur so lange, bis die Ermittlungen abgeschlossen waren und unsere Kontaktaufnahme zu Ihnen erfolgreich gewesen wäre. 
Leider… nun ja… zeigte sich die Abordnung ihres Militärs… sagen wir mal… unwillig sich an die gebotenen Einschränkungen ihre Bewegungsfreiheit zu halten. 
Vor acht Wochen Gohmohrer Zentralzeit verließen zwanzig Gardisten des Paladin-Sturmregiments, achtzehn Angehörige der Eltroschwadron "Fulgur" und vier Schwestern der ewigen Gnade den ihnen zugewiesenen Apartmentkomplex über den Parkflächenbereich. Sie überwältigten und sedierten acht Angehörige Der PVSPolizei und drei zivile Angestellte des Komplexes. Anschließend entwendeten sie sechs Lastkraftwagen einer Wäschereifirma und sieben zivile Fahrzeuge. Auf die LKWs verluden sie fünfzehn Kampfrüstungen, sowie Versorgungsmaterial und Waffenkisten. Sie verließen das Gelände am frühen Abend und wurden später an verschiedenen Stellen identifiziert, die darauf schließen lassen, dass sie sich aufgeteilt haben. Ihre Spur verliert sich in den unteren Ebenen der Makropole Gohmor. Im Komplex der zugewiesenen Apartments sind einunddreißig Personen zivilier Natur zurückgeblieben, die zum Versorgungsstab der Axis- Delegation gehörten. Köche, Bedienstete, Rechnungsführer und so weiter. Außerdem zwei Elektrokrieger die zum Zeitpunkt des… na sagen wir… Aufbruchs, mit Scheuerfieber krank lagen. Eine einheimische Krankheit, die nicht selten Fremdweltler aus der Bahn wirft. 
Wir wissen zum jetzigen Zeitpunkt nicht, wo sich Wilhelm Hohen-Niederstein und die ihm gefolgten Männer und Frauen aufhalten. 
Der massige Mann griff nach seinem Glas, als müsse er sich nach diesem Kraftakt stärken, während das Berichtete zwischen ihm und seinen Gästen waberte.
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