Koron III
Sahats Habitat - Druckversion

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- Sahat Clark - 02-12-2011

Der Nachtzyklus der Makropole hatte gerade begonnen und die langen Leuchtstoffröhren dimmten das Licht in den Gängen um die Wohnhabitate langsam herunter. Auch am Geräuschpegel konnte man das Ende des Tages vernehmen. Clark lag auf der Couch in seiner Wohnung und hörte mit halben Ohr dem Nachrichtensprecher zu, dessen aufdringliche Visage nun schon seit Tagen über die Mattscheibe flimmerte. Trutzt und Kreuzzug hinten, vorne, links, rechts, rund um die Uhr. Es schien kein anderes Thema mehr zu geben. Clark wusste, dass auch das Haus Orsius bei der ganzen Sache ein paar Eisen im Feuer haben musste, hatten doch – so die Aussage von Greer beim letzten Telefonat – Einheiten der Schwarzen Dragoner bei der Verladung und Verschiffung des Kreuzzugs eingegriffen und einen reibungslosen Abmarsch erst möglich gemacht.

„...es um die dortige Rechtschaffenheit bestellt ist, zeigten erste Attacken durch fanatische Zefarius-Sympatisanten, welche in tollwütigen Akten der Aggression gegen die Flotte der Befreier...“

Mit ruhiger Hand goss Clark den letzten Rest Whiskey aus einer eckigen, alten Flasche in das breite flache Kristallglas. Golden schimmernd schwappte die Flüssigkeit elegant zwischen den runden Glaswänden hin und her. Versonnen hob Clark das Glas und betrachtete das Spiel der Farben. Mit einem leichten Schwung brachte er das erlesene Getränk zum rotieren, bevor er das Glas langsam zum Mund führte.
Auf dem Wohnzimmertisch lag ruhig und erstarrt der Kommunikator, Verbindung zur Außenwelt und Erlöser von Schrecken der eigenen Fantasie.

„...nur wenige gab die versehrt wurden und ihre Verletzungen nun mit Stolz tragen, wurden die Aggressoren samt und sonders...“

'Was ja nur heißen kann, dass die Verluste auf gohmorischer Seite auch nicht gerade gering gewesen sein konnten...' Wie Clark diese Propaganda zur Vernebelung des einfachen Volkes doch hasste. Würde er die Nachrichten auf der Trutzt-Seite hören, müsste er nur die Namen vertauschen und hätte wahrscheinlich den genauen Wortlaut der dortigen Meldung.
Trotzdem. Es würde einer der einsamen Abende werden, in denen Sahat allein mit seinen Dämonen in seinem Habitat war und in solchen Nächten war er für jede Ablenkung dankbar. Manchmal musste man in den sauren Apfel beißen und sich mit dem abgeben, was man hatte. Eigentlich fiel es Clark nicht schwer, doch es gab immer wieder besondere Umstände. Inzwischen bereute er den Schritt, sich freiwillig für jenen Einsatz vor einem Jahr gemeldet zu haben. Das Leben bei den Dragonern war wesentlich einfacher und vor allem erträglicher gewesen. Das ewige Kämpfen war besser als das ewige Warten. Das Warten darauf, dass sich der Kommunikator endlich rührte und die erlösenden Töne von sich gab. Ein Wunder das meist viel zu selten geschah.

„...Ablauf der Tat sind bisher nur Bruchstücke bekannt. PVS-Polizeisprecher verwiesen auf eine Pressekonferenz nach dem, für morgen angesetzten...“

Lethargisch in Bewegungslosigkeit verharrend folgten Clarks Augen mehr oder weniger aufmerksam den ewig gleichen Berichten der lokalen Sender. Abermals wanderte der Arm zum Glas auf dem Tisch. Das Kristall erreichte den Mund und mit einem leisen Klacken setzte das Glas wieder auf dem Tisch auf. Leer und auch die Flasche daneben war bis auf den letzten Tropfen geleert. Bald würden die Bestände der Wohnung, die Sahat bei seinem Einzug vor einem Jahr übernommen hatte vollkommen exterminiert sein. Eigentlich eine traurige Vorstellung.

„...Haus Orsius hat in den letzten Wochen ein wahrhaftes Wechselbad der Gefühle hinnehmen müssen und die Geister scheiden sich darüber, ob letztlich die positiven, oder doch eher die negativen...“ „...liegen gegen ihn vor. Diese beinhalten neben Ketzerei auch Mord, Piraterie, Technoketzerei, Anstiftung...“

Die Nachrichten über das Haus Orsius hatten wenigstens noch etwas Interessantes. Auch wenn die Informationen, die diese selbsternannten Journalisten meilenweit an den tatsächlichen Fakten vorbeigingen, war es immer wieder abwechslungsreich, zu hören, was die Welt über den alten Arbeitgeber zu sagen hatte – auch wenn es in den meisten Fällen nur zu unkontrollierten Wutausbrüchen Clarks führte. Manchmal konnte man meinen, die inkompetenten Sender würden für die Siris arbeiten... Wie die Sache um diesen Tarian wieder aufgebauscht wurde. Wenn man sich mal genauer in den Forschungsabteilung bei den Siris umschauen würde, würden sicher so manchem Missionar, Prediger, Konfessor oder Kardinal die Augen übergehen.
Und immer noch schwieg der Kommunikator.


- Die Stimme - 02-15-2011

Mit seiner penetranten Stimme, deren Vokabular sich auf ein wiederholendes Piepsen beschränkte, brach das Com endlich sein Schweigen und verlangte beachtet zu werden. Nachdem Sahat ihm diese Aufmerksamkeit geschenkt hatte, ließ sich am anderen Ende der Leitung ein fahrig wirkender Mann vernehmen, der sich als Daan Van Nistelroy vorstellte.

Spreche ich mit AMBOSS? Er sprach es “Amboooss“ aus und schien keine Verbindung zu der Gerätschaft des Schmiedehandwerks herzustellen.
Als Sahat bejahte und seinen Namen nannte fuhr der Anrufer mit etwas mehr Sicherheit in der Stimme fort.
Ah der Chef persönlich. Ich rufe an weil... also... sie wurden mir empfohlen, Herr Clark. Von einem gemeinsamen Freund wie ich glaube. Hastor... also... Greer... will sagen Major Greer und ich, wie sehen uns gelegentlich im Club, spielen eine Partie Königsmord, trinken einen Schluck... sie wissen schon. Nun ja... ich erzählte ihm unlängst von einem kleinen Problemchen... eine Herausforderung vielmehr und er gab mir den Rat mich an sie zu wenden. Sie seien Experte für solche... Dinge... meinte er.

Wissen sie ich leite eine Erz verarbeitende Manufaktura am Rande der Stadt. Nichts Großes, eben genug an Gewinn um nicht am Hungertuch nagen zu müssen... sie wissen ja wie die letzten Jahre für die kleinen Betriebe waren und seit die Mutanten sich alle Nase lang für gleichberechtigte Individuen halten.
Er kicherte gekünstelt um seine Abschweifung, von der er wohl merkte das es sich um eben diese handelte, zu einem Ende zu bringen.
Naja jedenfalls, jetzt wo die Rüstungskonjunktur auch auf kleinere Fabriken überschwappt, bin ich bestrebt meine Anlagen zu erweitern. Der Neukauf von Maschinen kommt dabei natürlich nicht in Frage... nicht bei der knappen Gewinnausschüttung. Auch Gebrauchte sind nicht innerhalb meiner Möglichkeiten zu haben... leider. Als ich dieses unserem Freund erzählte, meinte er ich soll doch einmal im Gebiet des Östlichen Zechenverbandes mein Glück versuchen.
Die Kämpfe mit Haus Orsius hat die Arbeiter und die Rote Wache aus vielen, näher an der Stadt liegenden, Förder- und Verarbeitungsanlagen vertrieben.
Das sind... wenn es hoch kommt... zwei Tage Hinfahrt. Die Verladung noch einmal ein... zwei Tage und dann der Rückweg. LKWs und Tieflader habe ich, auch Arbeiter stehen zur Verfügung.
Mein Problem besteht in der Sicherheitsfrage. Schließlich gibt es Banditen und wilde Mutanten in der Gegend zwischen Stadtrand und Wüstenvorland. Und natürlich... also mir ist ja bewusst... ich meine... im Grunde ist es ja...
Er wand sich buchstäblich um die Formulierung herum, musste dann jedoch in den sauren Apfel beißen. Also es ist ja eigentlich... sozusagen... Diebstahl, nicht wahr? Und wenn Angehörige des Zechenverbandes zurückkommen, dann könnte sie... ähm... überreagieren.
Ich habe zwar ein gutes Dutzend bewaffneter Leute, die auch in meiner Firma als Schutztruppe dienen, aber es sind nicht wirklich ausgebildete Soldaten oder Sicherheitskräfte. Ich benötige also professionelle Hilfe.
Ich müsste dann also wissen, ob sie A, den Auftrag übernehmen würden und B, mit was für Ausgaben ich zu rechnen hätte.

Hallo? Sind sie noch dran Herr Clark?



- Sahat Clark - 02-19-2011

Erst vollkommen verblüfft, dann immer interessierter lauschte Clark der quäkenden Stimme, die aus dem Kommunikator drang. Der beginn klang noch etwas holperig und innerlich verdrehte Clark die Augen, da der Mann am anderen Ende des Koms nicht zum Punkt kommen wollte. Der Wechsel zu, für die Mission relevanten Fakten kam so plötzlich, dass Sahat erst überrumpelt war, sich dann aber fing, aufsprang und nach Papier und Stift suchte. In krakeliker schneller Schrift notierte sich der Exmilitär die wichtigsten und interessantesten Punkte. Van Nistelroy – irgendwoher kam Clark dieser Name bekannt vor, hieß nicht auch ein Jugger-Spieler so oder so ähnlich? - kam schneller zum Ende, als Sahat mit dem Schreiben fertig war und so entstand eine unangenehme Pause.

Als Clark den Stift zur Seite legte, beantwortete er van Nistelroys Frage mit einem knappen „Ja“. „Herr van Nistelroy, zuerst muss ich sie darauf hinweisen, dass ich keine Aufträge annehmen kann, die den Sachbestand einer Straftat erfüllen. So wie sie mir die Lage aber geschildert haben, ist dies doch kein Diebstahl. Oder würden sie das Finden eines herrenlosen Geldscheins auf der Straße als Diebstahl bezeichnen? Wenn sich jedoch zwei Personen gleichzeitig nach ein und dem selben Schein bücken, kann dies natürlich zu Auseinandersetzungen führen, da haben sie wohl recht und auch gut daran getan sich nach professioneller Hilfe umzusehen. Und um Teil A ihrer Frage gleich zu beantworten, ich werde den Auftrag natürlich annehmen. Vor allem da ich, ihrem Freund nach zu urteilen, davon ausgehen, dass sie auf der richtigen Seite, des dicken Buchs der Beziehungen stehen.“ Kurz überflog Clark nochmal seine handschriftlichen Gesprächsnotizen bevor er fortfuhr. „Herr van Nistelroy ich kann ihnen anbieten, dass ich noch einen ehemaligen Kollegen von mir fragen, ob er ihre Suche nach dem Geldschein ebenfalls unterstützen möchte – natürlich nur wenn sie das wollen. Die Kosten würden dabei natürlich marginal steigen. Alles weiter würde ich lieber bei einem persönlichen Treffen besprechen. Dabei könnte ich mir auch gleich ein Bild von ihren Leuten, der Ausrüstung und den genauen Plänen machen. Was sagen sie, van Nistelroy?“


- Die Stimme - 02-20-2011

Der Vergleich mit dem Geldschein schien van Nistelroy anzusprechen. Das Gebiet ist herrenlos, da haben sie eigentlich recht, ja ja genau so verhält es sich ja im Grunde. Auch das Sahat gleich einwilligte schien ihn zu erfreuen. Eine weitere Person hinzuzuziehen dämpfte seinen Enthusiasmus jedoch ein weniger. Dabei schien er weniger einen weiteren Mitwisser zu fürchten, als vor den zusätzlichen Kosten zurückzuschrecken. Etwas zerknirscht willigte er jedoch ein, wohl einsehend das man im Leben nie das perfekte Schnäppchen machte.
Wenn sie es für das Richtige halten bringen sie ihren Mann nur mit. Ich sende ihnen die Anschrift meiner Firma. Treffen wir uns morgen früh zu achten Stunde, wenn ihnen das genehm wäre. Ich versammle dann die Männer, damit sie sie in Augenschein nehmen können. Aufbruch bereit sind wir alle mal... also sollten sie entscheiden das die Leute bereit sind, kann es morgen schon losgehen.
Nachdem man die üblichen Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht hatte, verblieb man beim morgigen Termin und beendete das Gespräch.

Etwa zwei Minuten später gingen die angekündigten Daten ein.
Der Betrieb hatte den nichtssagenden Namen „D.N. Metallverarbeitung“ und bestand, so man den mitgeschickten Bilddokumenten Glauben schenken durfte, aus einem Werksgebäude und einigen umgebenden Hallen. Tatsächlich befand sich der ganze Komplex in einem Industriegebiet an der Außenseite der Stadt, also unter freiem Himmel. Im Hintergrund ließen sich bereits die Ausläufer der Slums erkennen und die angrenzenden Anlagen sahen ziemlich verlassen aus. Offensichtlich stemmte sich der Betrieb als letzter Überlebender gegen den Abstieg dieser Region.