Koron III
Hintergrundmaterial Koron III - Druckversion

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- Kogan - 10-26-2016

[CENTER]Tatzelwurm [/CENTER]

Die Lauerposition wurde aufgegeben, die drei Plasmareaktoren fuhren hoch, waren schon bei 87, bei 92 und bei 100 Prozent.
Die Energiesignatur des Tatzelwurms war nun auf fünfzig Kilometer in alle Richtungen aufspürbar, doch was machte das schon?
In diesem Lebensraum gab es keinen Räuber, der es mit ihm aufnehmen konnte. Die einzige Gefahr bestand darin, dass die Zielobjekte flohen. Doch da es heute nicht um die Terminierung von möglichst vielen Personen ging, sondern um materielle Zerstörung und eine zweitrangige Extraktion, war dies kein Problem.
Supreme- Pilot Kara ließ das System Stimulanzien in ihren Kreislauf pumpen, um ihren Körper mit dem Leib des Tatzelwurms zu synchronisieren. Der erzwungene Ruhezustand des Wartens wurde aus ihrem Blut und aus ihren Gliedern gespült. Die anwachsenden Prozentzahlen der Triebwerksleistung hätten genauso gut das Wachsen ihrer persönlichen Leistung darstellen können. Sie blinzelte die Wahrnehmungsbreiche durch. Die Außenkameras zeigten nur ein Gewirr von Kabeln, Schläuchen und Rohren, viele davon zerrissen oder bizarr verdreht. Der Tatzelwurm hatte sich in eine der Versorgungsebenen gefressen und lauerte in relativer Sicherheit.
Hier also nichts Spektakuläres.
Die Innenraumkameras zeigten beschäftigtes Technikpersonal, bei letzten Handgriffen an der Maschinerie. Der Startcountdown war bereits eingeleitet und wer nicht in seiner Halteschale saß, wenn die Null genannt wurde, der nahm schwerste Verletzungen oder gar den Tod billigend in Kauf.
Das elektromagnetische Herz des Wurms pulsierte nun schnell und Kara beeilte sich die ausstehenden Punkte der Checkliste abzuhaken, denn wie die Maschine brannte auch sie darauf endlich wieder aktiv zu werden.
Alle zweitausendsechshunder Gyrostabilisatoren funktionierten und vibrierten im Gleichklang mit der Energie, die durch die gepanzerten Segmente zitterte. Ein kurzer Blick in die Brutkammer, natürlich nur ein interner Begriff unter Supreme- Piloten, aber deswegen nicht weniger passend.
In den pneumatischen Halteklammern saßen die zehn Männer und Frauen, seit vier Tagen in ihren Anzügen, unverändert, kaum wach, wartend, brütend. Kara ließ sich ihre Körperwerte einblenden. Einer war gestorben, vor drei Tagen schon. Sein Metabolismus war unter der Zufuhr der Medikamente und Drogen zusammengebrochen.
Nur einer, eine gute Bilanz.
Sie strich ihn von der Auflistung und aktualisierte die Berechnungen.
Der Countdown war bei 10 angekommen.
Sie überließ die Brüter ihrem Ruhezustand und überprüfte die beiden Seitenpiloten. Lydia schien noch leicht benommen, doch die Stimulanzien taten ihre Wirkung und sie würde voll einsatzfähig sein, wenn es darauf ankam. Alco war das genaue Gegenteil. Zu seiner natürlichen Neigung zur Überdrehtheit, kam die Wirkung der Drogen. Sie konnte sehen das er mehrere Systeme gleichzeitig prüfte und bereits Berechnungen über die optimalste Route anstellte. Hätte sie sich die Mühe gemacht ihre Netzhaut von der Steuerungssicht zu lösen und den Kopf soweit zu drehen, dass sie Alco in seiner Nährstoffblase zu ihrer Rechten sehen konnte, sie hätte ihn in der milchig trüben Flüssigkeit gewiss in dem Geflecht aus Synapsenriemen zucken und strampeln sehen. Sein Enthusiasmus war lobenswert und sie würde ihn nach Missionsende an entsprechender Stelle erwähnen.
Der Countdown war bei Fünf und sie nutzte die letzten Sekunden um sich noch einmal die Parameter des Auftrags vor Augen zu führen. Es hatte keine Änderung mehr gegeben, der Befehl stand.
Sie sandte diese Tatsache als Impuls an ihre Seitenpiloten, die ihr mit kurzem Lichtzeichen Bestätigungen auf die Netzhaut übermittelten. Von der Fruchtwasserwärme ihrer eigenen Nährstoffblase umschmeichelt hob Supreme- Pilot Kara die beiden Zeigefinger, als deute sie sacht auf irgendetwas in der Ferne.
Es war das Zeichen zum Start.
Durch den Leib des Tatzelwurms ging ein Schauer, die Segmente schüttelten Betonstaub und den selbst verursachten Schutt ab. Kara fühlte diesen Schauer nach, als die Vorfreude und die Befriedigung der abgeschüttelten Tatenlosigkeit am Lack ihrer Professionalität kratzten. Der kleine Finger ihrer Rechten beschrieb eine kreisende Bewegung und setzte damit den Bohrkopf in Bewegung.
Außerhalb des Tatzelwurms brach jetzt die Hölle los, im Inneren konnten sie nur eine sanfte, fast einschläfernde Vibration fühlen. Sie ballte die Hände zu Fäusten und deutete wieder mit beiden Zeigefingern. Der Tatzelwurm begann sich seinen Weg zu graben.
Alco stellte ihr die berechneten Routen auf die Netzhaut. Der Weg, wie er dem Befehl als Vorschlag beigelegen hatte, der vermeintlich optimale Weg, wie er von der Logikverarbeitung errechnet wurde und die Route, welche Alco erstellt hatte. Kara wählte Letztere. Nicht um dem Seitenpiloten eine Gunst zu erweisen, schließlich beinhaltete sein Vorschlag 12 Prozent mehr Kollateralschäden, sondern weil er bemerkenswerter Weise einige Stadtstrukturen entdeckt und markiert hatte, die bei ihrer Bewegung den Tatzelwurm aufhalten oder im schlimmsten Fall gar beschädigen konnten. Sie legte das Bild von Alco über die Berechnung der Steuereinheit und ließ die Route anpassen. Lydia informierte sie, dass sie den Tauchpunkt gleich erreicht haben würden und Supreme- Pilot Kara richtete ihre Konzentration auf den bevorstehenden Vorgang. Ihre Handbewegungen wurden nun ausladender, da sie den gesamten Leib des Wurms zu lenken hatte. Ihr Arm zog weiße Schlieren in der Nährflüssigkeit, als sie ihn nach unten stieß und den Tatzelwurm damit den Boden der Wartungsebene aufreißen ließ.

Die Menschen der Mittleren Ebene 14 08 wandten die Köpfe gen Himmel, beziehungsweise zu dem stählernen Äquivalent dessen, was ihnen der Himmel war. Der Boden der darüber liegenden Ebene überspannte ihre Existenz vom Beginn ihres Lebens bis zum Ende. Das über ihnen ebenso Menschen lebten, liebten, hassten und starben, wie auf ihrer eigenen Ebene des Daseins und der darunter, war mehr eine diffuse und niederdrückende Ahnung als wirkliche Gewissheit. Das ewig Gleiche des vorgezeichneten Seins wurde jedoch erschüttert, als sich das Kreischen von zerreißendem Metall mit dem Dröhnen fallender Betonbrocken, berstender Leitungen und explodierender Transformatoren vermischte. Entsetzt nach oben starrende Gesichter mussten beobachten, wie sich aus dem grauen Firmament der Ebenendecke mit ihren Rostwolken ein mechanisches Ungeheuer von mythischer Schrecklichkeit fraß. Ein gewaltiger künstlicher Wurm, die stählernen Ringsegmente von wimmelnden Ankerbeinen überzogen, der Kopf eine konturlose Masse aus sich drehenden Bohrern.
Dieser Horror hing mit seinem Leib einen langen Moment aus der aufgerissenen Ebene, pendelte den Kopf hin und her, als wollte er sich orientieren. Dann fiel er in einem Schauer aus Kabeln und verdrehtem Metall vom Himmel. Der Wurm stürzte herab, wandte im Fallen den Leib um ein nahes Hochhaus, rutschte herab und fand schließlich Halt. Die Höllenmaschine wühlte sich in das Gebäude, verschwand darin wie ein Aas fressendes Insekt in einem Leichnam.
Einen Wimpernschlag lang ließ nur das mehrere Etagen große Loch erkennen was geschehen war, dann sprühten Flammen aus einem Stockwerk, barsten Fensterscheiben als zeichneten sie den Abwärtsweg des Wurms nach und schließlich knickte die strukturelle Integrität des Hauses ein und das Gebäude begann einzustürzen.

Kara ließ ihre Sicht nur kurz mit der der Außenkameras verschmelzen. Der Tatzelwurm bahnte sich seinen Weg durch Moniereisen, Träger und Stein. Auch durch die Inneneinrichtung der Bewohner und durch die Bewohner selbst. Sie erhaschte einen ungewollten Blick auf Holz und etwas Verdrehtes, dass sich unter der Einwirkung der Bohrer recht schnell in roten Brei verwandelte.
Sie ging wieder in die schematische Ansicht zurück. Solche unsauberen Begleiterscheinungen ihres Tuns sah sie nicht gerne. Sie bereiteten ihr ein Unwohlsein, dass ihre innere Ausgeglichenheit bedrohte.
Das Gebäude fiel bereits zusammen und auch wenn das Gewicht der auf den Tatzelwurm wirkenden Schuttmassen nicht ausgereicht hätte die Maschine zu beschädigen, so hätten sie doch verlangsamend wirken können. Der Weg durch das Haus war Lydias Korrektur der Route gewesen, basierend auf Alcos Neuberechnung. Sie hatte ihnen den Weg zu einem der Stützpfeiler erspart, an dem sie sich ansonsten hätten herabgleiten lassen müssen. Das sparte ihnen gute fünf Minuten Weg ein.
Der Tatzelwurm warf die Straße auf und beschädigte lediglich zwei weitere Gebäude leicht, bevor er in die Wartungsebene unter 14 08 eintauchte und dort weiter seinem Ziel entgegen kroch. Sie würden von unten angreifen, was hieß, dass sie noch einmal die Ebene wechseln mussten. Dazu wählte Lydia eine Straßenzufahrt in einigen Kilometern Entfernung aus. Der Pfad des Wurms wurde von kleinen Beben, ausfallenden Beleuchtungen, platzenden Wasserleitungen und zerstörten Lufttauschern begleitet. Da er sich durch die Wartungsebene fraß, die wie eine Hautschicht zwischen den Wohnsektionen lag, blieben zwar die zivilen Opfer überschaubar, aber wie der Parasit der er in gewisser Weise nun einmal war, zerstörte der Tatzelwurm die Systeme und Organe des städtischen Lebens.
Der zweite Übergang zu einer der tieferen Ebenen gestaltete sich weniger spektakulär als der Weg durch das Wohnhaus. Der Tatzelwurm glitt die spiralförmige Zufahrtsstraße zwischen den Ebenen hinab, fegte Automobile beiseite als wären sie Spielzeuge und grub sich dann wieder in die Versorgungsebene. Das Ziel war jetzt nah und Supreme- Pilot Kara erhöhte die Temperatur in ihrer Nährflüssigkeit um drei Grad, um maximal entspannt an die Sache heranzugehen. So operierte sie am besten.
Alco ließ die Waffen warm laufen und Lydia animierte die Insassen der Brutkammer durch Verabreichung von Aufputschmitteln. Das Ziel war jetzt knapp vor und schräg über ihnen.
Sie hatten um das Gebiet eine Stahlbetonmauer in die Wartungsebene eingezogen um Eindringlinge aus dieser Richtung abzuhalten.
Der Tatzelwurm brach hindurch, als wäre sie nur aus Sand erbaut.
Sie waren gleich unter dem ersten Gebäude.
Die Anzeige vermittelte Kara durch aufblinkende und expandierende Lichtkreise, wo sich akustische Quellen befanden. Die ausufernden Ringe ließen auf Alarmsirenen schließen. Die visuelle Darstellung war weit weniger belastend, als hätte man sich den Lärm auditiv angetan. Das hätte nur die Ausgeglichenheit beeinträchtigt, die jeder Konzentration als Grundlage dienen musste.
Trotzdem markierte sie die Sirenensignale mit gezielten Blicken und blendete sie aus. Was die Taster des Tatzelwurms jetzt anzeigten waren die Motoren von Fahrzeugen und die Schritte von laufenden Menschen. Sie injizierte sich und ihren Seitenpiloten die vorgeschriebene Dosis Sinnesverstärker und leitete damit den Angriff ein.
Der Tatzelwurm jagte im rechten Winkel nach oben, durchstieß das Metall und den Asphalt des Bodens und brach in der Mitte des angepeilten Gebäudes heraus. Kara hatte auf Gefechtssicht geschaltet und markierte Ziele, die sich ihr als rote Punkte darstellten. Nach der Einschätzung ihrer Priorität arbeitete Alco die Nummerierung ab und löschte eine Zahl nach der anderen aus.
Es gab gelinde Gegenwehr, die jedoch kaum dieses Namens wert war. Wo sie den Zaun um das Areal unterlaufen hatten schienen größere Waffen positioniert zu sein und Kara determinierte dieses als übergeordnete Priorität. Lydia korrigierte die Pendelbewegung des Wurmkopfes, der sich aufgerichtete hatte wie eine Kobra und Alco löschte die Ziele mit gewohnter Präzision aus. Nach weniger als zwei Minuten war die unmittelbare Umgebung von Zielen gesäubert. Kara gab das Kommando die Brutkammer zu öffnen.

Auf dick eingefetteten Kolben senkte sich der Helm herab auf die Halskrause des Anzuges, wurde verriegelt und stieß komprimierte Luft aus, als im Inneren des Anzuges die Eigendruckspähre erzeugt wurde.
Im gleichen Moment riss Kommandeur Jord Augen und Mund auf, als würde er aus einem Albtraum erwachen. Gierig zog er die Chemie geschwängerte Luft in die Lungen, versuchte sich zu bewegen, aus dem umklammernden Griff des Panzeranzuges zu entkommen. Er konnte sich jedoch nicht rühren, war lebendig begraben in dieser Eisernen Jungfrau aus faustdickem Stahlkunststoff. Er stieß einen entsetzten Schrei aus, da jede Faser seines Körpers auf Bewegung aus war, ihn die Umklammerung des Anzuges aber daran hinderte.
Es dauerte einige Sekunden, biss er wusste wer er war, wo er war und das er sich darauf fokussieren musste, seinen Herzschlag soweit zu regulieren, dass es nicht mehr den Anschein hatte, als wolle sein Herz die Rippen von innen heraus in Stücke schlagen. Er vollführte die erlernte Atemtechnik und als er sich nach eigener Ansicht weit genug unter Kontrolle hatte, sprach er die Kennung, welche die Befehlssysteme aktivierte.
Er forderte den Rapport über seine Leute ein. Zett war verstorben, multibles Organversagen. Die Liste war bereits aktualisiert wurden, aber Jord passte die eingespeicherten Angriffsschemata an, bevor er die Herzfrequenzen seiner verbleibenden Leute überprüfte. Die Kurven waren eng gezahnt, was auf die Kampfdrogen zurückzuführen war. Aber niemand schien akut von einem Dosis bedingten Schock oder Zusammenbruch zu stehen.
Jord sprach einen Zahlencode, welcher Einsatzbereitschaft abbildete.
Vom Cockpit kam eine ebenso verkürzte Bestätigung.
Wie der Helm vor ihm, wurde nun Jords Plesonautgewehr auf Kolben herabgelassen und verharrte auf Höhe seiner Brust. Die Teamanzeige des Netzhautdisplays wurde um die taktischen Anzeigen erweitert und der Status des Anzuges sprang von Rot auf Gelb um. Jord hob die Arme und griff mit gepanzerten Fingern nach dem Gewehr. Die Waffe hätte ein ausgewachsener Mann wohl kaum anheben können. Unter Zuhilfenahme des Anzuges war ihr Gewicht praktisch nicht existent. Ringsum taten es ihm die anderen gleich. Einbetonierte Menschen, die durch das T ihrer kleinen, verspiegelten Sichtscheiben starrten, die dank ihrer Form wie Totenkopfgesichter in der Kuppel des Helmes aussahen.
Der Einsatzbefehl kam.
Die Anzeige wechselte von Gelb auf Grün und den Anzügen wurde volle Energie zugeleitet. Die Wände brachen auf und die Ruhe der Kammer löste ein Bild der Zerstörung ab, welches der Tatzelwurm gemalt hatte.
Wie aufgefädelte Puppen oder Erhängte schwangen sie leicht vor und zurück, als die Haltegestelle sie mit mechanischer Rucklosigkeit ins Freie beförderten, die schräge Position des Wurmes ausglichen und sie fast schon sachte abluden. Die Semi- Servomotoren der Anzüge übernahmen es nun das Gewicht zu tragen und als sich die Klammern um ihre schultern lösten, stapften sie voran wie Taucher, die sich durch zähflüssiges Gel bewegten. Dieses Schreiten fühlte sich sonderbar an. Die Aktionen des Anzuges folgten zwar dem Willen seines darin gefangenen Trägers, aber es war gleichzeitig so, als würde Jord in die Bewegungsabläufe gezogen und gezwungen, auch wenn er diese dem Anzug selber vorgab.
Letzten Endes war das aber egal. All die Unannehmlichkeiten und unschönen Eindrücke waren nur zeitlich bedingt. Ein Ende war abzusehen und dann lockte wieder der von Drogennebeln umschleierte Schlaf der Glückseligkeit.
Um sie her war Feuer und Verwüstung, doch die Szenerie wurde vom Helmdisplay entschärft, ihre Grausamkeit weichgezeichnet. Der Brandgeruch drang nicht an seine Nase, die Schreie, Schüsse und Explosionen waren nur ein gedämpftes Hintergrundgeräusch, kaum der Rede wert.
Jord hob den Arm und wischte einen verdrehten Stahlträger zur Seite, der kippte und eine halb eingestürzte Ziegelmauer vollends zum Einsturz brachte.
Es sah aus als bewege sich sein Arm dabei träge, wie der eines Schlafwandlers. Aber das lag natürlich an den Kampfdrogen, die seine Wahrnehmung beschleunigten und seine Umwelt bizarr verlangsamt erscheinen ließen.
Sie schritten aus der Ruine heraus, Jord voran, seine acht Kameraden hinter ihm. In ihrem Rücken ragte der Tatzelwurm auf, schwang seinen Bohrerkopf gleich einer Kobra von einer Seite zur anderen und die Seitenkuppeln, knapp hinter dem Bohrkopf spien von Zeit zu Zeit rot glühendes Laserlicht.
Jord befahl eine Rautenformation, als sie offenes Gelände erreichten. Um die Ruine des Backsteinbaus herum lagen nur Trümmer und verdrehte Leichen. Weiter voraus jedoch formierten sich Feinde, wurden von einer Wand aus schwarzem Rauch verdeckt, von der Zielerfassung aber gnadenlos mit roten Kästchen umrahmt. Er hob seine Waffe, die Mechanik korrigierte für ihn den Schuss. Als sie ihm durch ein Brummen, dass sich bis in seine Zähne fortpflanzte, anzeigte, dass er treffen würde, drückte er ab. Ein goldgelber Energiestrahl stach durch den Rauchschleier. Das Kästchen erlosch und er schwenkte auf das nächste um, sorgte dafür, dass auch dieses weg war. Seine Leute taten es ihm nach. Sie arbeiteten wie eine Maschine, gingen die Ziele von außen nach innen ab und vernichteten sie. Dabei verlangsamten sie ihren Schritt nicht.
Es handelte sich hier wohl um ein Kasernengelände oder irgendeine andere militärische Einrichtung, nicht das Jord das wirklich interessiert hätte oder das es von Wichtigkeit gewesen wäre. Ihm fiel nur auf, dass die Toten, die er unter seinen klobigen Stiefeln in klebrigen Schlamm verwandelte, rote Uniformen trugen.
Das Ziel ihrer Mission blinkte als Icon auf dem Display. "Erreichen und extrahieren" stand darüber geschrieben und genau das würden sie tun.
Aus dem verwirbelten Rauch kam eine Rakete auf sie zugeflogen, raste über sie hinweg und setzte einem bereits vom Tatzelwurm geschundenen Backsteingebäude weiter zu. Eine zweite schlug zwischen ihnen ein, erblühte in einer schmutzig roten Blüte und ließ harmlose Schrabnellsplitter gegen sie prasseln wie geworfenen Sand. Ein drittes Geschoss fand ein Ziel, Saja war es wohl. Die Blüte expandierte direkt auf der Brust ihres Anzuges, verhüllte sie für eine Sekunde.
Als sich der Feuerball verzogen hatte richtete sich Saja aus dem Kniefall auf, in den der Treffer sie gezwungen hatte. Sie feuerte gleißendes Gold auf die Quelle des Raketenbeschuss ab und nahm dann ihre Position in der Raute wieder ein. Kugeln und Laserschüsse gingen inzwischen auf sie nieder wie Regen und waren genauso wirkungsvoll. Der deckende Rauchvorhang war fortgeweht und erlaubte ihren Zielen sich der Illusion hinzugeben, sie könnten etwas gegen sie ausrichten, nur weil sie sie nun sahen.
Jords Trupp stapfte unbeirrt weiter. Zwischen ihnen und dem Ziel lag nur noch ein dreistöckiges Ziegelhaus, vielleicht ein Unterkunftsgebäude. In jedem Fenster flackerte Mündungsfeuer auf. Unterstützend kam ein leichtes Panzerfahrzeug dazu, dass in schneller Fahrt auf sie zu hielt. Jords Logikverarbeiter stufte das Lasergeschütz im Turm des Halbkettenfahrzeuges als reale Bedrohung ein. Doch noch ehr er selber reagieren konnte zuckte ein gelber Speer aus den Reihen seiner Leute in Richtung Fahrzeug und brannte ein unspektakuläres Loch hinein. Der Wagen explodierte nicht, ging nicht in Flammen auf oder kippte in voller Fahrt um. Er blieb schlicht stehen und sein Gefechtsturm hielt darin inne, sich auf sie auszurichten. Um sicher zu sein jagte Jord zwei weitere Schüsse in die Flanke des Fahrzeuges, während seine Leute bereits damit beschäftigt waren die Schützen in dem Haus zu dezimieren. Wenn diese sich hinter Ziegelmauern abhockten brachte ihnen das ungefähr soviel Deckung ein, als hätten sie sich hinter Papierwänden geduckt.
Das Gebäude zu umgehen hätte bedeutet Zeit zu verschwenden, also gingen sie hindurch. Buchstäblich!
Jord walzte durch die Mauer, brach durch roten Steinstaub, riss ein Wirrwarr aus verdrehten Rohrleitungen mit sich und kippte ein Regel um. Im Inneren des Hauses brannte es bereits. Vielleicht durch ihren Beschuss, vielleicht durch den des Tatzelwurms. Ein Toter hockte an der Wand, den Kopf unnatürlich verdreht, der Helm in seinem Schoss, ebenso lächerlich nutzlos wie das Gewehr in seiner schlaffen Hand. Unaufgeregt brach sich Jord weiter Bahn, schlug eine Bresche in die nächste Wand, hinter der dein grün gekachelter Duschraum lag. Dann kam ein Flur. Auf diesem wurde er von der Seite angegriffen, auch wenn es natürlich so etwas wie Seiten für sein Blickfeld nicht wirklich gab, da das Helmdisplay ihn mit 360 Grad Sicht versorgte. Der Mann schaffte es dennoch schneller zu sein als die Zielerkennung, die durch den fallenden Schutt und den Staub im Moment überfordert war. Der Mann war blutüberströmt, hatte den Mund weit aufgerissen, schien zu schreien.
Er schwang ein Kettenschwert in der Rechten, der linke Arm hing schlaff und nutzlos an einigen Fetzten Sehnen und Haut. Die Klinge schlug gegen Jods Helm, für ihn im Inneren als leises „Pling“ wahrzunehmen. Funken sprühten, die wirbelnden Zähne der Waffe fanden keinen Halt, keinen Angriffspunkt auf dem Anzug und rutschten daran ab. Der Mann wollte ein weiteres Mal ausholen, doch Jod schlug ihn mit der Rückhand beiseite wie eine lästige Fliege und wie eben solch ein Insekt wurde er zerquetscht. Seine Brust wölbte sich nach Innen, er fiel und sein Kettenschwert tanzte und hüpfte noch ein wenig am Ende seines leblosen Armes über den Boden.
Das Gebäude wurde passiert, neun Löcher kündeten von ihrem Weg.
Vor ihnen lag ein weiteres Haus, zweiflügelig und mit einem kleinen Turm über dem Eingang. Die genaue Funktion interessierte Jord genauso wenig wie jeden anderen aus seinem Team. Ihn interessierte nur, dass sein Display das Zielicon darüber legte und dass die einzige Gegenwehr hier aus den beiden Soldaten vor dem breiten Haupteingang bestand, die von zwei Schüssen vom Leben zum Tod befördert wurden.
Sie hatten den halben Weg über den Vorplatz zurückgelegt, als sich zeigte, dass der Gegner doch noch ein letztes Aufgebot ins Spiel werfen konnte.
Um die Ecke des Gebäudes kam ein etwa acht Meter hoher Panzerriese gespurtet.
Ein automatisierter Frontautomat der letzten Generation, wie er oft noch im Garnisonsbetrieb eingesetzt wurde. Die Gestalt war humanoid, aber Arme und Beine wirkten zu lang, proportional zum Rumpf und kleinen Kopf.
Er war schnell!
Bereits um die Ecke herum und dicht bei ihnen.
Seine Unterarm und Torso- Gatlings spuckte einen Leuchtspur durchwirken Strom unter sie, fräste Garben von Kratern in ihre Anzüge, ohne ihnen bei derart ungelenken Beschuss wirklich gefährlich werden zu können.
Plesonautfeuer war die Antwort. Dieses ließ Panzerung wie Wachs von den Protektoren des Riesen tropfen, schaffte es jedoch nicht tiefer einzudringen. Die Kampfmaschine war mit einem Satz zwischen ihnen, trat Saja, der heute kein Glück beschienen zu sein schien, einem Fußball gleich, davon und in das Gebäude, durch welches sie soeben Tunnel gebrochen hatten. Siers wurde von dem niederstampfenden Fuß, der Saja gerade auf eine unfreiwillige Reise geschickt hatte, an den Boden gefesselt. Das hinderte Siers nicht daran stoisch Schuss um Schuss in den Panzerriesen zu pumpen. Der ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken, langte nach unten und ergriff Feddix, der vor ihm gestanden hatte und feuerte was seine Waffe hergab. Der Riese legte einen dreigliedrigen Greifer um ihn und riss den Anzug in einer flüssigen Bewegung an der Hüfte in zwei Teile. Schwarze Servoflüssigkeit und Blut vermischten sich.
Feddixs Name wurde auf der Liste auf Jords Display ausgegraut.
Jord glich die Formation den neuen Bedingungen an und feuerte dabei sein Gewehr ab, bis der Lauf zu glühen begann. Die anderen taten es ihm gleich, bemühten sich dabei die angeordnete Formation einzunehmen und den Panzerläufer mit konstantem Beschuss einzudecken, klein zu kriegen.
Der schien eine Methode gefunden zu haben mit seinen Feinden besser fertig zu werden als durch den unbefriedigend ineffizienten Beschuss durch die Schnellfeuerkanonen.
Schon streckte er den Greifer nach einem weiteren Mitglied von Jords Team aus. Einer der drei Finger war durch die Einwirkung der ultrahoch erhitzten Materie ihrer Waffen verformt und zusammengeschmolzen, doch das würde die brutal einfache Effektivität seines Vorhabens nicht mindern.
Als die Maschine den Oberkörper leicht beugte um sich einen der unablässig weiterschießenden Feinde zu greifen, traf ihn ein mannsdicker roter Lichtstrahl.
Dieser verdampfte die rechte Seite des Panzerriesen, der einen hohen Ton ausstieß, der nach einem schrillen Schrei klang und sogar Jords Schallisolierung zu durchdringen vermochte, ganz so als spürte die Maschine die Verletzung, die ihr beigefügt wurden war. Der Gigant richtete sich wieder auf und schwenkte den Oberkörper in Richtung der neuen Bedrohung. Ein zweiter Schuss löschte den Panzerriesen aus und ließ nur die staksigen Beine und einen Teil des Hüftgelenks zurück. Dieses fiel wie in Zeitlupe nach hinten, als Siers den Fuß wegstemmte, der noch immer auf ihm ruhte, aber dem jetzt keine Kraft mehr innewohnte.
Jords Rundumsicht offenbarte ihm, dass es der Tatzelwurm gewesen war, der sich einige Sekunden Zeit genommen hatte und ihrer Verzögerung mit zwei Schüssen seiner Kuppeln abhalf, bevor er sich wieder seinem eigentlichem Zerstörungswerk widmete.
Auch Saja schloss wieder auf. Sie hinkte, hatte den unfreiwilligen Flug ansonsten jedoch so weit überstanden, dass sie die erlittenen Verletzungen mit schmerzstillenden Verabreichungen kompensieren konnte.

Der Trupp drang in das Gebäude ein und arbeitete sich zum Ziel vor. Es gab noch vereinzelten Widerstand, gleichsam verbissen wie nutzlos. Endlich sprengte Jord mit seinem Körper die Türen auf, hinter denen sich das Zielobjekt befand. Das grüne Icon drehte sich verheißungsvoll über dem Kopf eines Mannes, welcher hinter seinem umgeworfenen Schreibtisch Deckung gesucht hatte und den Inhalt einer Pistole gegen sie verschwendete. Jord machte zwei Schritte in den Raum hinein und hob den linken Arm. Ein grauer Klumpen schoss aus dem Sprühspender auf seinem Handrücken hervor. Das Gewirr dehnte sich im Flug aus, klatschte schwer gegen den Oberkörper des Mannes, der promt von den Beinen geholt wurde.
Kurz strampelte er noch, doch als sich der Paralyseleim verhärtete, musste er seine ganze Kraft auf das Atmen verwenden. Jord ging zu ihm, schob den Schreibtisch beiseite und packte den Mann im Genick.

Supreme- Pilot Kara bekam das visuelle Signal, dass die Mission erfolgreich abgeschlossen wurden war. Sie lächelte und beorderte die Brüter zurück. Sie gönnte es sich die Temperatur um ein weiteres Grad zu erhöhen.
Ein befriedigend erfolgreicher Morgen.



- Kogan - 12-11-2016

Terrorwaffen wie die Bohrwürmer oder ganze Armeen von mechanisierten Kampfmaschinen verliehen auch solchen Fraktionen ein Gewicht, die zahlenmäßig nicht mit den Armeen der Großen mithalten konnten. Zumindest wenn sie wie die reicheren Gruppierungen über die nötigen, finanziellen Mittel verfügten.
Trotz der zerbrechlichen Ordnung, die die PVS aufrecht zu erhalten suchte, befand sich Gohmor in einer Abwärtsspirale, an deren Ende unweigerlich die Anarchie dräute. Schlimmer als die pure Tragödie des bürgerkriegsähnlichen Zustandes war die Konsequenz daraus, dass die Hauptstadt und die koordinierende Macht des Planeten so sehr damit beschäftigt war sich selbst zu zerfleischen, dass ihr die Kontrolle über den Planeten aus den Händen zu gleiten begann. Jeder Opportunist und Kriegstreiber sah seine Chance gekommen nach der Macht zu greifen und so breitete sich der Wundbrand des Krieges aus, wobei die Makropole der Ursprung der Infektion war. Während sich für die Geschehnisse in der Stadt noch genügend Belege finden lassen um wenigstens ein grobes Bild zeichnen zu können, sieht dies für die Aktivitäten in vielen anderen Regionen zu damaligen Zeit bedauerlicherweise ganz anders aus. Selbst für die sogenannte Liga der freien Fürstentümer, welche unmittelbar um Gohmor herum angesiedelt waren.
Dabei handelte es sich um einen losen Zusammenschluss kleinerer Adelshäuser, welche über Landbesitz verfügten, der sich unmittelbar um die Makropole herum finden lies. An der Bresche wurde nach wie vor Bergbau betrieben und ins Landesinnere hinein, heute ausgedörrte Wüsten und geschundene Einöde, erstreckten sich weite Felder, Waldgebiete und unzählige Quadratkilometer Grasland. Die genauen Abläufe sind heute nicht mehr zu rekonstruieren doch zwei Dinge stehen fest. Erstens, aus dem Gebiet der Liga wurden mehrere Atomraketen auf die Makropole abgefeuert und Zweitens, der Deflektorschild der der Stadt war aktiv, wodurch diese geschützt war.
Niemand vermag zu sagen was die Liga zu der Attacke bewegte. Vielleicht sahen sie die Zeit gekommen die Mächtigen des Planeten auszulöschen und selbst deren Platz einzunehmen, vielleicht verlor auch nur ein einzelner oder eine kleine Gruppe der Verantwortlichen die Nerven und drückte den roten Knopf. Ebenso ungewiss ist warum die Deflektoren aktiv waren. Wurden die Oberen Gohmors gewarnt? War dies eine übliche Maßnahme in diesen unsicheren Zeiten? Oder wollte man vielleicht gar nicht so sehr jemanden am Betreten der Stadt hindern, als an ihrem Verlassen?
Die Geschichtsschreibung weiß es nicht zu sagen. Belegt sind jedoch einige der Konsequenzen dieses Angriffes.

Diese Wahnsinnigen!
Sie haben es tatsächlich getan. Ist jetzt die ganze Welt verrückt geworden?
Gnade Terras, Atomrakten!
Wir haben die Erschütterungen gespürt. Es waren drei und auch wenn die Schilde gehalten haben, der Maschinengott sei für seinen Schutz gepriesen, so blieb die Stadt doch nicht völlig unbeschadet. Gebäude stürzten ein und jene, die Zugang zu den äußeren Bereichen hatten, die Ladearbeiter oder die Besucher von Tageslichtgärten, erblindeten zu Hunderten und Tausenden als die künstlichen Sonnen am Schild detonierten. Die Slums in dieser Gegend sind fort. Keine rauchenden Ruinen, komplett von der Oberfläche Korons getilgt. Wie viel Menschen mögen im nuklearen Feuer zu Asche verbrannt sein?
Die Auswirkungen gingen über die Bresche hinaus und betrafen sogar das Gebiet der LfF. Auch wenn die Deflektoren nicht aktiv gewesen wären, hätten sie etwas von der Strahlung abbekommen. Ihre Grenze ist schließlich nicht einmal hundert Kilometer weg. Was haben sie sich davon versprochen?
Und was glauben sie was jetzt passieren wird? Es gibt Zwist und Mord in Gohmor, aber dieser Angriff wird sie vereinen.
Die Narren haben einen Sturm entfesselt und sich selbst verdammt.

Tagebuch Notiz von Bruder Johannes Denker


Die Antwort der Stadt ließ nicht auf sich warten.
Man nahm eine Verstrahlung der äußeren Bezirke in Kauf, allein um das Prinzip zu wahren. Die Schilde wurden gesenkt und konventionelle Waffen feuerten auf Ziele, welche in ihrer Reichweite lagen. Es gibt knappe Berichte von Schlachten zwischen Truppen aus Gohmor (Teilweise zusammengesetzt auch Einheiten die sich bis dato feindlich gegenüber gestanden hatten) und Kräften der Liga. Ob Letztere gehofft hatten nach dem Beschuss der Hauptstadt mit Atomwaffen, strategische Knotenpunkte zu besetzen oder ob sie nur bereit standen um die unausweichlichen Vergeltungsmaßnahmen abzufedern, bleibt unklar. Gohmor jedenfalls überzog die Länder der Liga freier Fürstentümer, die wie ein Gürtel um die Stadt herum lagen, mit einem Bombenteppich, währen ein schier endloser Heerwurm der Makropole entströmte und das niedermachte, was danach noch aufrecht stand.
Das hatte zur Folge, dass sich einige Mitglieder der Liga gegen ihre Verbündeten stellten, um der Rache Gohmors zu entgehen. Die Hauptstadt wiederum entfesselte zwar ihren Zorn gegen das Umland, hatte jedoch noch nicht einmal alle Feuer der Rebellion hinter den eigenen Mauern erstickt und nun loderten sie wieder auf. Das führte dazu, dass Einheiten gegen die Kämpfer der Liga fochten, die in ihrem Kern von gegenseitigem Misstrauen beseelt waren. Die Adelshäuser der Liga bekriegten sich untereinander, im Streben Gohmor zu gefallen und so einer Vernichtung zu entgehen. Wenn die kämpfenden Truppen der Hauptstadt aber nun erfuhren, dass in Gohmor von irgendeiner Fraktion Verrat an den eigenen Leuten geübt worden war, so verwandelten sich Kameraden, mit denen man eben noch Seite an Seite gestritten hatten, plötzlich in Feinde. Die schwach wirkenden Splitter der Liga erkannten solch eine Uneinigkeit in den Reihen ihrer Gegner und waren plötzlich wieder alt eingeschworende Verbündete, die ihre Waffen von den Kehlen des jeweils anderen nahmen und gegen die richteten, die sie soeben noch für sich einnehmen wollten. Kurz gesprochen, die Militäroperationen nach dem atomaren Angriff auf Gohmor, waren ein einziges Hin und Her an wechselnden Bündnissen, verzweifelten Lagen und plötzlicher Oberhand. Ein Zustand der charakteristisch für den gesamten Krieg der Häuser werden sollte. Dies alles muss vor der militärtechnischen Überzüchtung der kämpfenden Fraktionen betrachtet werden. Die einzelnen Soldaten waren hochgerüstete Kampfmaschinen, die sich jedoch lächerlich unbedeutend ausnahmen, im Vergleich zu den technischen Tötungswerkzeugen, die neben ihnen einher schritten. Jegliches Maß war längst überschritten. Techketzerei war ebenso alltäglich geworden, wie die beschworenen Geister biologischer, atomarer und chemischer Kriegsführung. Tagtäglich starben entmenschlichte Elitekrieger in giftigen Wolken oder wurden von aggressiven Bakterien aufgefressen. Durch die verwüsteten Kriegsgebiete stapften dann Roboter und semiintelligente Automaten, welche die Schlachten über den Körpern der Gefallenen fortführten.
Als die Stärksten des Planeten aufeinander einschlugen mit allem was ihre Hexenküchen des gegenseitigen Ermordens ausbrüteten, sahen auch weniger mächtige Völker und Nationen ihre Chance gekommen, bei der Neuverteilung Korons ihren Hut in den Ring zu werfen. So attackierten etwa die sogenannten Zentralstaaten (vermutlich ein Bündnis aus drei oder vier Nationen, welche man wohl im Zentralgebiet der heutigen Wüste verorten musste) die Liga freier Fürstentümer aus dem Landesinneren, offiziell um Gohmor zu Hilfe zu eilen. Man kann davon ausgehen, dass ihnen nichts ferner lag und sie vor hatten sich erst die Ressourcen der geschlagenen Liga anzueignen und diese dann gegen Gohmor zu richten oder allgemein die eigene Expansion voranzutreiben. Der Hinterhalt ging jedoch nicht auf, als sich die Überfallenden ihrerseits überfallen sahen.
Rasankur hatte die Maske der Selbstverteidigung und der Wahrung eigener Interessen gänzlich abgelegt und führte einen Angriffs- und Eroberungskrieg, der den Aggressionen der anderen Staaten in Nichts nach stand. In Gohmor begrüsste man diese unerwartete Entlastung der Front, zumal Rasankur versicherte, dass man kein Interesse daran habe, die Herrschaft und Souveränität Gohmors in Frage zu stellen.
Eine Aussage die in der Hauptstadt mehr als eine Interessensbekundung an einem Bündnis gesehen wurde, da man zu keinen Zeitpunkt wirklich glaubte, dass die Staaten und Zusammenschlüsse der äquatorialen Mitte einen wirkliche Gefahr darstellten können. Lediglich Haus Orsius mahnte schon in jenen Tagen zur Achtsamkeit gegenüber dieser aufstrebenden Nation. Sie ahnten die Gier des Aasfressers, der sich nur so lange mit den Resten der Beute begnügt, bis er fett genug ist den dominanten Räuber anzufallen.
Derartige Bedenken wurden jedoch abgetan, da man in der Makropole seine eigenen Probleme hatte und Rasankur sich zum einen an seine Ankündigungen hielt und zum anderen im Norden und Osten eigene, aufflackernde Konflikte mit Anreinern zu bewältigen hatte. Den Wüstenstaat sah man als hochwillkommenden Puffer zwischen Gohmor und einigen Feinden im Norden und Osten. Sollte sich die Loyalität dann doch als brüchig erweisen, war man zuversichtlich den unterentwickelten Nachfahren einstiger Götzendiener ein weiteres Mal den Gar ausmachen zu können.


Kriegsverlauf in anderen Regionen des Planeten


An dieser Stelle wollen wir einen Blick auf andere Nationen des Planeten richten und eine Übersicht darüber geben, wie diese sich verhielten, währen die Kämpfe auf dem zentralen Kontinent anhielten.
Leider kann kaum einer Fraktion mehr Besonnenheit bescheinigt werden, als den Kräften rings um die Hauptstadt herum.
Allenfalls das heutige Syrne blieb während dieser Phase des Krieges von Kämpfen verschont. Doch nicht etwa weil die Kombattanten den Kleinstkontinent und die Kornkammer des Planeten schonen wollten, sondern schlicht weil keiner eine größere Streitmacht zu dessen Eroberung abstellen konnte, ohne dadurch dem Feind an den Grenzen eine Lücke in der eigenen Rüstung zu offenbaren.
Zwar hätten auch sehr viel kleinere Kontingente bereits ausgereicht, Schlüsselpositionen auf Syrne zu besetzen, doch wären derart kleine Armeen nicht in der Lage gewesen eine effiziente Verteidigung und Verwaltung des so eroberten Gebietes zu gewährleisten. So beschränkten sich einige Nationen darauf Flotten vor den Küsten Syrnes patrouillieren zu lassen und dies als Maßnahme des Schutzes zu deklarieren. Dieser Versuch der Dominanz wurde jedoch schon bald aufgegeben, nachdem einige, sehr Material intensive Seeschlachten in den Gewässern vor Syrene geführt wurden, die keinen klaren Sieger erkennen ließen und den vorherigen Patt keineswegs aufzuheben im Stande waren.

Wie auch heute schon, zeigte sich Truzt als dominante Macht auf dem Kontinent Vorago.
Nachdem der eiserne Griff Gohmors und mehr noch der Adelshäuser sich gelockert hatte, war der Stadtstaat bestrebt, die eigene Vormachtstellung auszubauen und zu etablieren. Anders als auf dem Schwesterkontinent Septinanus, ging es den ausschlaggebenden Machtblöcken auf Vorago jedoch nicht vorwiegend um Landgewinn und territoriale Eroberungen.
Hier ging es um die Sicherung von Ressourcen und von Handelsmöglichkeiten.
Letztere vor allem bezüglich des interplanetaren Handelsverkehrs, welcher sich zu einem erheblichen Wirtschaftsfaktor entwickelt hatte, nachdem Gohmor so sehr damit beschäftigt war, sich selbst und seine Nachbarn zu zerfleischen, dass von einem geregelten Handelsverkehr keine Rede mehr sein konnte. Truzt gedachte in diese entstandene Lücke vorzustoßen und begann massiv an einer eigenen Raum- Handelsflotte zu arbeiten.
Dazu stand recht schnell ein durchaus sinn hafter Plan bereit. Die Armeen Truzts und seiner Verbündeten würden gegen den eigenen Kontinenten unter eine einheitliche Agenda bringen, was vor allem das Zurückdrängen jeglichen Adelsgeschlechtes beinhalten würde und die Zerschlagung potenzieller Widersacher gegen die Zentralregierung.
Die Kräfte auf Septinanus konnte man vorläufig sich selbst überlassen und musste nur rechtzeitig das zermalmen, was aus der Asche des dortigen Krieges als Sieger oder besser als Überbleibsel hervorgebrochenen käme. Derweil würde man eine Flotte aus Handelsraumschiffen bauen, welche von großen, warpfähigen Trägern in andere Systeme transportiert werden und dort wie ein Schwarm des glänzenden Profits die aufgegebenen Routen der gohmorer Handelsgesellschaften okkupieren sollten.
So wenig von dieser Epochen noch künden mag, so ist es doch interessant zu sehen, dass diese einfachen und billigen Fracht- und Handelsschiffe vom Typ Raumkogge, nach wie vor existieren und über das gesamte Imperium verbreitet sind.
Mit dem dadurch erwirtschafteten Profit und der Macht des eigenen, zentralisierten Kontinentes im Rücken, würde Truzt über kurz oder lang auf dem brennenden Kontinent Septinaus anlanden, die Reste der dortigen Despoten beiseite fegen und letztlich ganz Koron in ein goldenes Zeitalter der Prosperität geleiten.
Allein, die Pläne der Strategen scheiterten kläglich an der Realität.
Truz errang seine ersten Siege am Verhandlungstisch und nicht auf dem Schlachtfeld. Bis auf die Gebiete des heutigen Tu Pekok, Gerau und Kaptal,(also die nördlichste Region des Kontinents) ließen sich alle Staaten und Reiche von der Zukunftsvision blenden, die die Herrscher von Truzt zeichneten.
Der Adel, der durch die kulturelle Entwicklung der zentralen und südlichen Regionen Voragos hier ohnehin nicht sonderlich stark vertreten war, floh ins Exil nach Septinanus oder in den Norden.
Dort stellte nämliche eine Tribus- Monarchie eine Ausnahme von der Kontinentenregel dar. Das zusammengeschlossene Reich der drei Herrscher, die in wechselnder Folge einen Schahanschah aus ihrer Mitte erhoben, geruhten keinesfalls ihre Lebensart gegen die Pläne der fernen Krämerstadt truzt einzutauschen. Hinzu kamen die geflohenen Adligen aus dem Süden, welche ebenfalls mit dem Rücken an der Wand standen.
Es kam hier also zu einem ersten, wirklichen Krieg auf dem Kontinent Vorago und dieser sollte in seiner Heftigkeit kaum weniger brutal sein, als die auf dem Schwesterkontinent.
Die Überheblichkeit, mit welcher Truzt und seine Verbündeten an die Eroberung des Nordens heran gingen, erhielt bald schon einen kräftigen Dämpfer, denn zwar fuhren die Einheiten des Südens Siege ein, für diese ließen sie die Truppen der Adligen jedoch einen blutigen Zoll bezahlen. Neben der verbissenen Entschlossenheit, mit der sich die Tribus- Monarchie gegen den Aggressors stemmte, kamen Zahlungen aus Gohmor, welches trotz der eigenen Probleme keinen kompletten Kontinent von Adelsgegnern heranwachsen lassen wollte und ein unerwarteter Verbündeter griff persönlich in die Geschehen ein.
Truzt sah, nachdem ein Vorankommen auf dem Landweg in einem zermürbenden Stellungskrieg festgefahren war, einen Schwachpunkt des Gegners in dessen Flotte. Als Tor nach Septinaus verfügte die Länder zwar über eine beachtliche Handelsmarine, aber kaum über Kriegsschiffe. In diesem Bereich hatte man sich stets auf andere Kräfte verlassen, die für den Schutz der Handelswege einstanden. Diese mächtigen Fraktionen waren nun jedoch in eigene Konflikte verwickelt und so stand die Tribus- Monarchie mit Küsten da, vor denen der Gegner ungehindert schalten und walten konnte.
Man bereitete daher in Truzt bereits eine Invasionslandung vor, konnte man sich doch den Ort der Landung nahezu aussuchen. Dieser Vorteil wurde jedoch zerschlagen, als Schiffe aus Primus Egressus den Bedrängten zu Hilfe eilten. Uralte Familienbande innerhalb der Adelsgeschlechter verpflichteten das nördliche Inselreich zu dieser Beistandstat.