Koron III
Torhaus und erster, innerer Stadtbezirk - Druckversion

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- Magal - 02-24-2010

Der Schlag fetzte die Robe in blutige Streifen und offenbarte den hageren Rücken des Alten. Magal taumelte, drehte sich fast einmal im Kreis. Den geforderten Schrei stieß er nicht aus, vielmehr entrang sich seinen Lippen lediglich ein gequältes Wimmern, die Augen des Hexers flimmerten. An dem eisernen Monolithen von Banes Gestalt sank er herab und umfasste dessen gerüstete Beine. Ich bitte euch, mächtiger Bane, seit gnädig mit einem alten Mann… war ich euch nicht stets treuer Freund… Berater und Reisegenosse? Ihr Götter, lasst nicht zu das sie mich zu Tode prügelt, nie wollte ich Leid unter euch säen. Noch bevor der zornige Rasankuri in fortstoßen oder verlachen konnte war Magal zu Ayris gekrochen. Kläglich, auf allen Vieren wie ein räudiges Tier.
Nun waren es ihre Fesseln die seine zittrigen Arme umschlossen.
Ich weiß ihr habt allen Grund zornig zu sein… aber bitte… lasst die Nachsicht walten, welche als Schönheit in euren Zügen liegt. Ihr seit kein bösartiges Wesen… nicht der Blutgier verfallen wie der gewaltige Bane. Erinnert euch doch der Reise… was wir überstanden. Ich… ich kann eine solche Bestrafung nicht erdulden, sie wird mich brechen… der Tod… es ist der Tod. Kläglich winselnd bettete das Haupt auf ihren staubigen Schuhen, schützend die Arme um den Kopf gelegt. Der große Schwätzer, der ewig grinsende Geck weinte und schluchzte wie ein zahnloses Waschweib. Der Ton dieses kläglichen Heulens schwoll an und ab, überschlug sich und war durch den dämpfenden Stoff so verzerrt das er fast wie etwas gänzlich anderes klang.
Wie… ein Lachen!
Möglicherweise eine hysterische Reaktion, durch Schmerz und Erschöpfung hervorgerufen. Doch dafür klang das Gelächter zu bewusst, zu klar, nun da es unfehlbar anschwoll. Der Alte fasste nach seiner Kapuze und zog sie zurück. Tatsächlich liefen ihm Tränen der Heiterkeit über die Wangen, die offensichtlich nicht länger so runzlig waren wie noch vor einigen Augenblicken. Waren sie das überhaupt je gewesen? Wer konnte die Attribute beschreiben, die dafür gesorgt hatten das jeder einen Greis in dem Hexer gesehen hatte? Vielmehr war das hier ein schlanker 36 Jähriger, nicht mit der Statur eines Kriegers, aber auch weit davon entfernt ein gebeugtes Alterchen zu sein. Ein Mann in den besten Jahren. Geschmeidig erhob er sich und schüttelte Staub und Lachanfall von sich ab. Das Blut rann in dünnen Fäden über seinen Rücken, dennoch zeigte er kein Anzeichen des Schmerzes. Vielmehr wischte er sich die Tränen auch den Ansätzen von Krähenfüßen, welche sich durch übermäßige Heiterkeit in die Flanken seiner Augenpartie eingegraben hatten.
Ist es das was ihr erwartet habt, was ihr sehen wolltet meine Freunde? Denkt ihr ich bin eine geschwätzige Antithese zu diesem dort? Magal deutete auf den zusammengeschlagenen Prediger.
Weit gefehlt, meine Kinder, weit gefehlt. Bittet, so wird euch gegeben, klopfet und es wird euch aufgetan. Seit wahrhaftig… und ihr werdet erkennen. Wieder lachte er und breitete die Arme aus, ganz wie der Gekreuzigte den er zitiert hatte und den im ganzen Universum nur noch eine Handvoll Lebewesen zu benennen wussten. Nun lächelte er Bane gewinnend zu. Wie waren die Konditionen eures Spiels noch? Vor dem neunten Mal? Er wandt sich an Ayris und zwinkerte zu ihr herüber. Vergebt mir wenn ich euch den gewaltigsten als Krieger nicht in die Sklaverei führen. Lassen wir es auf Wiedergutmachung beruhen. Mit einem kräftigen Ruck riss er sich die aufgeschlitzte Robe gänzlich auf, so das sie nun als unnützer Fetzen um seine Hüften hing und den sehnigen Oberkörper entblößt zeigte.
Wohl an!
Ayris schlug zu und Magal hätte nicht behaupten können das sie ihn schonte. Die Schwänze der Katze tanzten gar lustig auf seinem Rücken. Sie ließen Haut aufplatzen und sich in geröteten Streifen abschälen. Blut floss erst und begann dann zu spritzen. Das anfängliche Klatschen der Riemen war etwa ab dem fünften Schlag zu einem saugenden Schmatzen entartet, als die Tentakel des Bestrafers nur mehr auf rohes Fleisch trafen. Während dieser Zeit veränderte der Hexer seinen Stand, mit den herausfordernd abgespreizten Armen, nicht und auch sein Lächeln flackerte nicht für eine Sekunde. Ruhig und gleichmäßig hob und senkte sich der Brustkorb des Schwarzkünstlers.
Es war Illusion, alles war Illusion. Schmerz, die Unempfindlichkeit dagegen, was echt war und was Schein bestimmte er, nur er, Magal der Veränderer. Oh, die Pein würde kommen, denn sein Geist war an diese Hülle gebunden und wenn er auch verbergen und umleiten konnte, so konnte er doch nichts auslöschen. Alles wandelte sich zu irgendetwas. Möglicherweise starb er sogar an den entzündeten Wunden dieser Tat, aber nicht hier und nicht jetzt und nur das zählte im Moment.
Der achte Schlag traf ihn mit unvermittelter Wucht.
So wie er in der Wüste nicht geschwitzt hatte, obwohl er die Hitze gespürt, genau so verhielt es sich hier, wenn auch in anderem Maßstab, so doch im gleichen Prinzip.
Der neunte Hieb erfolgte.
Magal legte nun die Hände an die Seiten des Kopfes und schrie. Kein Schrei im Sinne gequälten Fleisches und auch kein symbolischer Laut um das Treiben zu beenden. Vielmehr war es ein Entlassen der aufgestauten Energie, der angezapften Kraft einer anderen Welt. Ein langgezogenes, atonales Heulen wie es kein menschliches Wesen zu erzeugen vermocht hätte. Mit in den Nacken gelegten Kopf pulsierte der Schrei eine ganze, lange Minute durch die Gasse und wirbelte den Staub in kleinen Wölkchen auf.
Schließlich ebbe er ab und der Hexer nahm die Hände bedächtig herunter. Kleine Rinnsale glitten an ihnen herab und ließen roten Regen auf das freigelegte Pflaster niedergehen.
Magal grinste noch immer.


- Bane Karagoth - 02-26-2010

Seine Belustigung war ebenso schnell wieder verflogen wie sie gekommen war. Ayris anfänglicher Widerwille, das Jammern des gepeinigten Priesters und der entschlossene Ausdruck welcher in ihren Augen funkelte, als sie zur Tat schritt. Wie zufrieden war er doch gewesen als die Peitsche Magals Haut zerfetzt hatte, so zufrieden, das er noch immer nicht glauben konnte, dass der ehemalige Greis, sein wunderbares Spiel der Strafe, auf solch vollständige Weise gegen ihn hatte wenden können. Magal hatte es geschafft, die Strafe auf eine Weise hinzunehmen, die Bane nur noch mit seiner Hochachtung bedenken konnte. Obwohl er sich selbst dazu entschieden hatte einmal einen anderen Weg einzuschlagen, in ihm keimte der Zweifel, das er sich auf einem Irrweg befand, die Verwirrungen des Geistes kontrollieren, das Auskosten seelischer Pein und die Ängste anderer zu kennen. All das waren Dinge, die er anderen Überlassen sollte. Körperliche Schmerzen, damit konnte er Umgehen, Verletzungen und Verstümmelungen im Kampf das gehörte ebenso zu seinem Leben wie Plünderung, Mord und Folterungen. Die Ungläubigen zu vernichten und den Göttern de Weg zu bereiten, Gehorsam dem Stärkeren gegenüber, waren die Prinzipien nach denen er sein Handeln bestimmte. Doch was konnte er schon tun, wenn er geblendet wurde, der Schleier der Schwäche die Stärke verhüllte, sein Pfad auf Hindernisse traf, die sich nicht überwinden ließen ohne auf dem eingeschlagenen Weg von der geraden Linie auszuscheren. Der Schrei welchen der grinsende Irre ausstieß und damit die Luft und Sand wie eine Welle vor sich hertrieb, offenbar sowohl von Hohn als auch von Qual gespeist, hallte wie die Schreie zahlloser Dämonen der Geschichten durch die vom Licht erhellte Stadt, ging durch Mark und Bein. Längst hatte Banes Gesicht wieder die typischen grimmigen Züge angenommen, während er wortlos die Peitsche wieder an sich nahm, welche immer noch Fleisch und Hautfetzen zierten. Das Grinsen des Hexers zehrte an seinen Nerven, es fiel ihm schwer sich von dem Wahnsinn abzuwenden welchen er darin zu sehen glaubte. Dann bellte er:

Ayris! Kümmere dich um ihn, und behandle ihn gut, denn dank ihm bleibt dein Leben verschont, so unbedeutend es auch sein mag.

Dann wandte er sich wortlos ab, ging ein paar Schritte, starrte ins Leere. Vielleicht sollte er nicht nur ein Kräuterweib aufsuchen. Was er brauchte, war ein Zwiegespräch mit den Göttern, jemand der Wege erkennen konnte.


- Jeanne - 02-28-2010

Zu viele Faktoren, zu viele potenzielle Beutetiere. Dieses hier war weite Strecken geflüchtet, sehr zum Verdruss des Jagdmeisters. Offenbar besaßen sie einen gemeinsame Vergangenheit, er und einer dieser fettblütigen Hochgeborenen des großen Nests. Sein vom lebenden Gewebe abgelöster Skalp war jener Persönlichkeit offenbar noch einiges mehr wert als jener des anderen, der leichteren Beute, welcher sie in eben dieser Hoffnung überhaupt erst hierher gefolgt war. Was erhoffte sich einer wie er, einer der dem seltsamen Lichterkult in allen seinen nachtlästerlichen Varianten huldigte? In dieser sonnenverseuchten Einöde schienen selbst die dick beschichteten Schutzgläser die eigentümliche UV-Produktion des zentralen Lichts nicht aufzuhalten, ein beständiger, korrosiver Schmerz unterhalb der Linsen war die geringste Sorge die sie hierbei besaß. Vorsorglich hatte sie sich einer üblicheren Wüstenhaut bemächtigt, einer der bronzgesichtigen Kultisten musste sich deren entledigen, es war eine lautlose, beinahe schmerzlose Prozedur gewesen, kurzerhand durch eine Kralle den Hirnstamm durchtrennt, keinerlei übermäßiges Aufsehen oder verräterisches Blut war geflossen, wenngleich der “Schweiß” hier ohnedies niemanden sonderlich zu interessieren schien. Man hatte ihr unterschlagen das die markierte Beute durchaus über brauchbare Fänge und Krallen verfügte, was sie allerdings nicht abschreckte, sondern die zu erwartende Jagd umso interessanter gestaltete. Das Erlegen irgendwelcher Sammler und Verwalter erwies sich als müßig, meist sabbelten sie unmittelbar vor dem Blattstich noch kümmerliche Betteleien, boten große Zuwendungen an wertlosem Metall und Fleischlichkeiten an. Manch einer versprach Ländereien, doch was wenn das gegenüber keinerlei Interesse an “Sesshaftigkeit” hatte? Die meisten hauchten unmittelbar vor ihrem ableben noch einen starken Cocktail aus Adrenalin und Angstschweiß aus, die meisten verloren sich im individuellen Anblick des unpragmatischen “Jenseits” ehe das glimmende Seelenfeuer für immer in der umgebenden Nacht versank. Furcht, Angst und Panik, manche berauschten sich an derartigen Emotionen, andere fügten absichtlich übermäßigen und sinnlosen Schmerz zu, erhielten die Beute künstlich am Leben und viele von ihnen wurden dann ihrerseits erlegt und zwar durch die Herde der Beute. Dies waren sakrale Fehler, jene der urzeitlichen Jagd, die Beute musste schnell und effizient erlegt werden, keinerlei Spiel oder Belustigung darin, nur das Überleben, der einen oder anderen Seite. Man erfüllte einen natürlichen Zweck durch seine Arbeit, das Todesmal war allein Ansporn, die gewonnenen Zuwendungen erleichterten die nächste Jagd, gestalteten das töten effizienter, und dennoch gab es gewisse Grundsätze, Doktrinen die nicht verletzt wurden innerhalb dieses Rituals. Die Beute wurde stets mit adäquaten Mitteln erlegt, kein Sturmfeuerspeier gegen gewöhnliche Wilde, keine Lichterlanzen gegen ungepanzerte Ziele, ihre persönliche Abscheu gegenüber letztgenannten war nur ein zusätzliche Ansporn. Vermutlich hatte sie sich aus diesem Grunde heraus für einen ansatzweise lautlose Jagdwaffe entschieden, eine verkürzte Leichtmetallversion einer Armbrust, wenngleich durch winzige technische Modulationen in selben Maße durchschlagskräftig wie ein ausgewachsenes Repetiermodell. Die Problematik bestand weniger darin einen tatsächlich tödlichen Treffer an der Beute zu landen, als vielmehr darin das sich das zu erlegende Wesen inmitten eines “Kampfkreises” befand und somit unwahrscheinlich spontan erlegt werden könnte, zumindest nicht ohne eine übertriebene Selbstgefährdung.


- Naradas - 03-01-2010

Schweigend betrachtete Naradas, wie Aaron zu der sauberen Klinge griff, welche er ihm zugeworfen hatte. Als er den Besiegten aufgefordert zur Selbstverstümmelung aufgefordert hatte, hatte er daran gezweifelt das seiner Aufforderung folge geleistet würde, daher hatte er bereits das abgetrennte Teil des Klingenstabs eingesammelt und sich im Stillen darauf vorbereitet, den Unwilligen zu richten. Doch jetzt musste er beobachten wie die von der unbarmherzigen Sonne erhitzte Schneide durch Fleisch und Knorpel schnitt, er konnte erkennen wie dem Krieger der Schweiß austrat, sich in glitzernden Perlen auf der Stirn sammelte und wie er versuchte die Schmerzen zu unterdrücken, indem er mahlend die Zähne aufeinander presste. Und doch war kein Zittern zu sehen, als er den gepanzerten Arm ausstreckte und den ersten Fetzen Haut in Naradas dargebotene Hand fallen lies. Dann setzte Aaron schwer atmend die Klinge an das verbliebene Ohr an und begann mit drei Schnitten die Haut vom Knochen zu trennen. Als das Werk vollbracht und der Preis in seiner Hand lag, war Naradas durchaus beeindruckt. Er selbst hielt nicht sonderlich viel von Selbstverstümmlung, auch wenn er lieber am Leben blieb, als um seiner Hand willen zu sterben. Bei seinen Gegenüber aber konnte er sich recht gut vorstellen das der Wüstenkrieger aus dem Verlust seiner Ohren eine Art Abzeichen machen würde und als Symbol für Mut und Glauben tragen würde. Naradas war sich sicher, Aaron würde ihn nicht mögen, ganz im Gegenteil der Hass war direkt greifbar, aber ebenso sicher war es das dieser seine Niederlage anerkannte und seine Befehle so lange nicht mehr in Frage stellen würde wie Naradas seine angeeignete Autorität verteidigen konnte. Zur Schau getragene Stärke war das Mittel, Kontrolle zu wahren, und mochte sie noch so hohl sein, das Bild welches man schuf, war dabei weit wichtiger als das, was sich darunter befand. Wäre Aaron besonnen herangegangen, hätte seinen Gegner studiert und sich nicht so sehr von seiner Wut kontrollieren lassen, so hätte er hier wahrscheinlich sein Leben ausgehaucht. Es war das Zusammenspielt von vorgetäuschter Schwäche, Überraschung und behutsamer Vorbereitung, welches seinen Sieg ermöglicht hatte, ein schmähliche Niederlage und damit auch deutliches Signal an die anderen, welche der Fürst ihm zur Seite gestellt hatte. Mit ausdrucksloser Miene nahm er sein von Blut befreites Messer entgegen und reichte gab ihm ein Zeichen sich zu erheben:

Erhebt euch, Rasankuri, betrachtet euch als von einer weiteren Schwäche befreit und tut Buße, auf das ihr in Zukunft den Selben Fehler nicht wiederholt. Nicht nur die Götter werden dich dafür belohnen. Nimm den Hass und die Wut an, die ich dir geschenkt habe.

Naradas selbst fand die Worte etwas hochtrabend, er selbst war sich sicher das nur ein ruhiger Geist in der Lage war, etwas wahrhaft Großes zu vollbringen, aber seit er sich hier in dieser seltsamen Stadt aufhielt waren es die wenigen Sätze, die er mit einem gewissen Adeligen gewechselt hatte, welche ihm als Orientierung dienten.

Lass Hass und Wut deine Seele und deinen Körper stärken und tritt allen entgegen die sich dem Willen des Drachen nicht beugen wollten, zerschmettere sie mit deinem brodelnden Hass!

Naradas hatte die Arme ausgebreitet, den Klingenstab in der rechten Hand, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, sodass die blau glühenden Augen wie Sterne aus der darunter liegenden Finsternis hervorstachen. Reglos beobachtete er wie Aaron sich erhob sein gewaltiges Schwert einsammelte und wortlos aber mit entschlossener Miene vor ihm Haltung annahm.

Folge mir!

Naradas machte auf dem Absatz kehrt, RS-47 klammerte sich auf seiner Schulter fest dann bahnte er sich seinen Weg durch die zurückweichende Masse der Palta, zurück zu den Lastwagen und den übrigen Rasankuri die er ausgewählt hatte.


- Lyra - 03-01-2010

Vom Ort der Selbstverstümmelung abgewendet, die Augen zu einem schmalen Spalt geschlossen und diese noch zusätzlich mit der Hand abgeschirmt, versuchte sie sich durch die Menge der Zuschauer zu drängen. Sie wollte weder sehen, wie sich dieser Mann seine eigenen Ohren abschnitt, noch das, was nachher von ihm über bleiben würde. Und sie war nicht schlecht überrascht von sich selbst, als sie sich bei der Frage ertappte, ob der Mann danach noch etwas würde hören können. Und sogleich malten sich in ihrem Kopf Horrorvisionen aus, wie das aussehen müsste, wenn sich ein Mann selbst die Ohren abschnitt. Übelkeit überkam sie, ein Schwindelgefühl, das Verlangen nach Luft und Freiraum. Und zumindest letzteres sollte sie jetzt bekommen, schaffte sie es doch nun die Reihen der Schaulustigen zu durchbrechen. Kurz musste sie noch torkeln, doch dann erreichte sie eine Ruine, zwei kleine Stockwerke mit einer Treppe verbunden, dem Verfall nahe und große Teile vom oberen Stockwerk fehlten, an dessen brüchigen Mauer sie sich abstützen konnte, wodurch sie ein wenig Halt bekam. Doch es half nicht, die Übelkeit zu vertreiben. Stattdessen ruhte sie sich aus und versuchte die Visionen der Gewalt aus ihrem Denken zu verbannen, eher Schlecht denn Recht. Sie konnte sich zumindest ein wenig ablenken, als sie, nachdem sie sich auf den Sandboden niedergelassen hatte, sah, dass Karlesch ihr gefolgt war. Anscheinend hatte dieser Tatsächlich den Auftrag, bei ihr zu bleiben und sie zu beschützen. Und dann schrie plötzlich jemand. Staub wurde aufgewirbelt, sie hatte Glück, im Windschatten der Ruine zu sitzen. Doch dann wollte Lyra sich umdrehen, nachschauen, was passiert war. Doch ihr Körper gehorchte nicht. Im Gegensatz zu diesem, ihr Geist jedoch sehr wohl. Man konnte wohl sagen, dass sie plötzlich neben sich stand und sich selbst beobachten konnte. Doch damit hatte sie nun auch schon die Kontrolle über ihren Geist ebenso verloren, er bewegte sich von selbst, nach oben in die Luft, doch nur wenige Meter, sodass sie durch ein Fenster im oberen Stockwerk, dessen Glas schon lange zerstört war, sehen konnte. War sie gerade durch die Mauer gebrochen? Widerstand hatte sie keinen gespürt, aber das musste nicht bedeuten, konnte sie doch auch sonst nichts von sich spüren. Dann richtete sich der Blick durch das Fenster, über die Menge der Leute hinweg auf einen Platz. Dort stand ein Mann, Mitte dreißig, welcher anscheinend gerade ausgepeitscht wurde, sowie noch zwei Männer, davon einer am Boden liegend, und eine Frau. Doch während all die Menschen rund um den schreienden irgendwie verschwommen und unklar wirkten, schien dieser eine doch wie ein Leuchtfeuer und es schien, als ob mit seinem anhaltendem Schrei irgendwelche Druckwellen von ihm weg gingen und sich in alle Richtungen ausstreckten, jedoch mit der Distanz langsam verblassten. Was ist das? Was geht hier vor sich? Was ist los?
Sie konnte sich diese Fragen nicht beantworten, und sie hatte auch keine Zeit dafür. Mit einem Mal befand sie sich auf einer Alptraumlandschaft. Sie war an einem Meer mit Strand. Doch statt dem angenehmen Sand bestand der Strand aus Kadavern von allen Möglichen Wesen, und statt dem Meer und seiner feuchten Gicht war ein Meer aus Blut und eine unbeschreibliche Hitze, welche unbarmherzig über die Szenerie hinweg wehte. Krähen machten sich gemütlich, nahmen ihren Anteil vom Strand und schlangen diesen herunter. Ein weiterer Körper wurde von einer Welle herangetrieben, direkt vor Lyra, und mit Erschrecken sah sie, dass es ihr eigener Körper war, jedoch vollständig, ohne die Behinderung durch das Bionic. Stattdessen war der menscheneigene Arm vollständig erhalten. Und damit landete eine Krähe auf dem Kopf des herangespülten Körpers und machte sich sogleich daran, ihre Beute zu verschlingen, bevor noch mehr Krähen kommen könnten, und versengte ihren Schnabel in das Auge.
Und, genauso schnell wie zuvor, war sie wieder an einem anderem Ort. Sie war wieder in Rasankur, wieder in ihrem eigenem Körper. Ihr Auge war ganz, und sie hatte keinen menschlichen Arm. Allmählich klärte sich ihre Sicht wieder, und Hilfe suchend sah sie sich nach Karlesch um. Dieser stand nun ein wenig abseits, am Rand der Ruine, und sah von dort aus nach, was passiert war. Mit großer Mühe richtete sich Lyra auf, Adrenalin durchflutete ihren Körper, ihre Hände zitterten und ihre Beine waren unsicher, ob sie stehen, gehen oder fallen sollten. Doch nichtsdestotrotz stige sie die Treppe hinauf in das obere Stockwerk, zu dem Fenster, an dem sie glaube, vorhin noch gestanden zu sein. Sie musste einfach wissen, ob es echt war oder nicht. Was es war. Und tatsächlich, vom Fenster aus hatte sie die Selbe Sicht, und wie sie es sich vorher eingebildet hat, gesehen zu haben, stand dort dieser Mann und schrie. Jedoch war nun alles klar, nichts war verschwommen. Was sollte sie jetzt tun? Sollte sie dieses Mysterium in die Kategorie „Besonderheiten Rasankurs“ einordnen? Sollte sie das soeben Geschehene einfach vergessen, verheimlichen, und so tun, als wäre nichts passiert? Sollte sie sich mit dem Gesuch um Hilfe an jemanden wenden? Aber an wen sollte sie sich wenden? An diesen Mann, der dort schrie? An Karlesch? An den Krieger, welcher seinem Kontrahenten befahl, sich die Ohren abzuschneiden? Sie würde diesem Mann, der ausgepeitscht worden war, fragen. Sie würde ihm einmal erzählen, was passiert war. Und sie würde hoffen, dass dieser ihr helfen konnte. Und wenn nicht, würde sie es verschweigen und als Geheimnis mit ins Grab nehmen.


- Ayris - 03-03-2010

Sie holte aus. Wieder und wieder und wieder. Ihr rechter Arm fuhr zurück, ihre Muskeln spannten sich an; Kraft schoss bis in ihre Fingerspitzen, nur um sich dann impulsiv zu entladen als er vorschnellte und den zuckenden Schmerz mit sich brachte. Wie eine beständig zuschnappende Hydra zerteilte die mehrschweifige Peitsche die schwül heiße Luft und ließ überall dort die zu züchtende Haut aufplatzten wo immer sie auftraf. Jeder einzelne Schlag schallte mit dem Geräusch eines reißenden Sehnenstranges über den Platz, es war beileibe kein schöner Laut wenn man dem distinguierte Maßstäbe zugrunde legte, aber in dieser Stadt mit seinen andersgearteten Bewohnern, die jeglicher imperialen Kultur spotteten und höhnten, besaß ein Wort wie „zivilisiert“ keine Bedeutung.
Hier vernahm man es, entgegengesetzt aller humanitären Bemühungen etwaiger, anderer Volksgruppierungen, mit Entzücken und Wohlgefallen, aber auch mit insbrünstiger Boshaftigkeit und Häme. In dem Königreich des Schwarzen Drachen durfte bestraft werden wann immer ein Höhergestellter des hiesigen Kastensystems es gegenüber einem „niederen“ für adäquat hielt. Wog man in den Ballungszentren des Gottimperators, beispielsweise den gesegneten Makropolen, noch juristisch ab ob ein Häretiker nun rechtlich verbrannt oder doch nur auf herkömmliche Weise erschossen wurde, oder wie im Vorzeige Städtebund Truzt, wo die Moralflagge für Menschlichkeit und Gleichberechtigung wie nirgends sonst auf ganz Koron geschwungen wurde, so war dies hier Vororten, innerhalb der archaischen, geschichtsträchtigen Mauern Rasankurs ohne Relevanz.

Klammerte man sich wie sie augenblicklich an der untersten Sprosse der geltenden Nahrungsleiter fest, konnte man nur darauf hoffen zu überleben wenn man bedingungslos gehorchte oder jemand „Bedeutsamen“ auffiel. Und das am besten positiv. Sich wegen einer Tölpelhaftigkeit plötzlich verblutend im Staub wiederzufinden, darauf mochte sie gut und gern verzichten. Da ergriff sie lieber die Chance sich ihrer eigenen Haut zu erretten und einem anderen Schmerz zuzufügen. Das es ausgerechnet Magal war, der für ihre Unachtsamkeit büßen sollte, war vielleicht nicht sonderlich rechtmäßig, aber wenn sie es genau nahm, was war schon gerecht? Es war auf alle Fälle dem vorzuziehen was ihr eventuell hätte blühen können. Ayris hatte gar nicht vorgehabt ihn mit so heftigen Hieben für sein Vergehen zu traktieren, aber Banes gewalttätig lüsterner Blick hatte ihr kaum eine andere Möglichkeit gelassen.
Drum schlug sie zu, zunächst noch recht lahm, mehr Show als wirkliche Handarbeit, doch mit der Fortführung der Strafe stieg in ihr auch ein unbändiges Verlangen dem Wehrlosen ein stetiges mehr an Pein beibringen zu wollen. Die splitterbesetzten Enden des Folterwerkzeugs blitzten silbrig im Lichte der Sonne, einige Tropfen perlten von ihren scharfen Spitzwinkeln wie kostbarer Rebensaft. An Anfang der Tortur waren es ihrer nur wenige, doch mit jedem fortgeführten Klatschen der Gerte auf entblößten Rücken, wurde aus den Wenigkeiten roten Blutes ein wahrer Sprühregen der verschwenderisch im Wüstensand landete und vertrocknete.

Die Begierde einem Wesen willentlich und mit Genugtuung Schmerz zu bereiten erfüllte sie so unversehens wie abrupt, endlich war sie es einmal die einem anderen weh tun konnte, nicht umgekehrt! Endlich vermochte sie einmal ihrer angestauten Wut freien Lauf zu lassen ohne dass sie irgendetwas ausbremste oder behinderte. Sie musste rein gar nichts bedenken oder fürchten, einfach nur zuschlagen und den erbärmlichen Wicht der vor ihr im Dreck kauerte seiner Würde zu berauben, sich über ihn zu erheben und ihn zum Krüppel zu machen. In diesem Moment hatte ihr Opfer nicht einmal mehr einen Namen. Ihr Zorn waberte wie ein rötlicher Schleier vor ihren Augen, ihr Arm ruckte wie von etwas fremden beseelt wüst nach vorne und zurück, der Peitsche niemals eine Auszeit gönnend. Primitivste, urzuständlichste Empfindungen drohten ihren Geist zu überschwemmen und die letzte Rationalität mit sich fortzuspülen. Sie merkte diesen Vorgang nur halb und halb, so sehr war sie Gefangene der eigenen Gelüste und Triebe, die beinahe zu etwas unkontrollierbaren in ihr erwuchsen. Ayris wäre sich nicht sicher gewesen ob sie mit dem „strafen“ aufgehört hätte bevor sie auch das letzte Quäntchen Leben aus Magal heraus geprügelt hätte, wenn mit dem Kahlhäuptigen nicht jene seltsame, alles verändernde Wandlung geschehen wäre.

Sein Wimmern und Winseln war nie eines gewesen, auch den Schmerz schien er geheuchelt zu haben, obgleich sie ihm seine Haut aufs brutalste Art vom Rücken geschält hatte. Sein Blut durchfeuchtete und säugte den durstigen Boden Rasankurs und das strahlende Höllenrund am Firmament brannte sengend auf seine aufgerissenen, unverhüllten Oberkörper herab. Doch trotz all dem was sie schreckliches und bejammernswertes mit seinem Leib angestellt hatte, tat er das was wohl nur ein Wahnsinniger oder vollständig Gefühlloser tun konnte; er lachte. Colchis, er lachte! Und nicht nur das allein, ebenso schwafelte er dazu. Sein Mundwerk war nie still und ruhig gewesen während des Prozederes, wie ein Ertrinkender im Meer der Sünde war er zuerst zu ihr gekrochen und hatte den Reuigen gemimt, hatte wieder einmal eine seiner vielen Masken aufgesetzt, doch die Verurteilung hatte er vielmehr begrüßt, denn von sich gewiesen. Sein Gebaren erweckte fast den Eindruck als spiele er ein besonders infames Spiel, dessen Regelkonstrukt sich kontinuierlich änderte, jene Umgestaltungen ihn aber mehr erfreute als die schnurgerade, fortlaufende Einheitlichkeit. War er deshalb nach Rasankur gekommen? Weil die Stadt der vergessenen Götter ihm Wonnen, Verwirrungen, Verwunderungen und Überraschungen zu spenden vermochte wie weit kein anderer Ort in nah oder fern? So betrachtet hatte Magal sein Paradies auf Erden gefunden. Vielleicht erkannte der Mystiker das in diesem Augenblick auch, denn immerhin strich er seine letzte Verkleidung ab.


(Fortsetzung morgen)


- Ayris - 03-04-2010

Anders konnte die Außenweltlerin seine Wandlung nicht erklären. Er streifte sein Alter einfach mit der abgefetzten Haut ab. Statt unter ihren Hieben schwächer zu werden, wurde er stärker. Ihre Marter zerstörte eine Oberflächlichkeit an ihm, die offenkundig niemals wahrhaftig existiert hatte. Sie hatte den Hakennasigen als älteren Mann kennen gelernt, fortan war er für sie rostiges Eisen gewesen. Nie zuvor war ihr der vornehmlich jüngere, drahtige Mann aufgefallen der feststehend unter dem Kostüm geschlummert hatte. Wieder einmal wurde ihr die ganze Bandbreite von Magals hinterhältiger Macht deutlich, seiner manipulativen Macht. Er war ein Illusionist par excellence. Hatte er sie alle die gesamte Zeit über nur das Sehen lassen was sie hatten sehen wollen? Oder was sie sich in ihren Köpfen zu ihm ausgemalt hatten? Schon der Gedanke war beklemmend.

Aber wie dem auch immer war, nach dem neunten Hieb sank die Peitsche in ihrer Hand und Bane, der sich an der Situation anscheinend satt geschaut hatte, vor allem da sie nicht das von ihm gewünschte Resultat erzielt hatte, grapschte ihr das Foltergerät wieder aus den Fingern und befahl ihr sich um den geschundenen Geistverdreher zu kümmern. In seinen verschlagenen Augen meinte sie einen Hauch Furcht zu lesen oder zumindest eine gewisse Fassungslosigkeit wegen dem was mit ihrem Begleiter vorgegangen war als er sich abwandte und davon stampfte. Sogar dem Rasankuri Krieger behagte Magals Nähe nicht und jetzt sollte sie auch noch für ihn Sorge tragen. Sie fluchte laut und unflätig. Ein Rest der befremdlichen, belebenden Wut wallte noch durch ihre Venen und ließ ihre Hände zittern. Finster äugte sie hinunter zu dem hockenden Psioniker. Ein anmaßendes Grinsen zierte sein nun jüngeres, aber dennoch gefurchtes Gesicht. Unschuldig zuckte sie mit den Achseln.
Tut mir Leid… ich hoffe du kannst mir verzeihen. Aber ich hatte, wie so häufig, keine Wahl. Wenn du unbedingt auf jemanden böse sein willst, da hinten läuft er.“ Mit einem Daumen deutete sie über ihre Schulter auf die breite, gepanzerte Rückseite des dahin trottenden Kämpfers.
Auf so eine... ausgefallene Idee wäre ich nie gekommen musst du wissen, aber offenbar hattest du eh dein Vergnügen daran und deinem Aussehen hat es auch nur… unwesentlich geschadet. Also ich meine, du bist ja der reinste Wünsch-dir-was! Wechselst du öfters dein aktuelles Äußeres sobald du tiefgreifende Schmerzen erfährst? Wenn ich das früher gewusst hätte…“ Sie schnalzte belustigt mit der Zunge und streckte ihm eine bebende Hand hin, an der er sich aufrappeln konnte.

Ein beeindruckender Trick, großes Kunststück Magier Magal! Damit könntet Ihr es bis zum königlichen Hofe schaffen, wo Ihr dann vor dem fürchterlichen Schwarzen Drachen Höchstselbst aufträtet um ihm und seiner Hexe und seinem Gefolge zu imponieren, zumindest für eine Kurzweil, denn als nächstes würden sie Euch an die Biester in ihren Arenagruben verfüttern um zu sehen ob Ihr Euch auch noch zerstückelt und im Tode zu wandeln vermögt. Aber lassen wir diese Heiterkeit. Ein Fest steht bald an und wir müssen Euch noch waschen und wieder herrichten, es sei denn der jetzige Aufzug aus triefenden Absonderungen und evidenten Stolz gefällt.“ schmähte sie ihm seine absolute Darbietung als Künstler der Vorspiegelung und Sinnestäuschung. Er ließ sich aufhelfen, schlug die Geste nicht aus, noch immer kein wehklagender Ton. Manch anderer hätte gebrüllt wie am Spieß vor brennender Qual. Nicht er. Warum? Wie machte er das? Er war doch ein Mensch. Betrog er sich selbst um seine Gefühle? Ayris schickte sich an eine Richtung auszuspähen um dem Auflauf und der Dichte der Menge zu entkommen. Dabei blieb ihr Blick an der ungetrübten Miene eines Jünglings in Amtstracht haften, der wohl die ganze Zeit über reglos anbei gestanden hatte. Jäh huschten ihre Augen auch zu dem blutig gesprenkelten und zerrissenen Bündel Kleider und morscher Knochen seitlich neben ihr im Sand.
Oh und die beiden hier sollten wir besser nicht vergessen, so spannend deine Aufführung auch war. Wenigstens einer von ihnen dürfte uns genug einheimische Zahlungsmittel einbringen das wir uns neu ausstatten könnten. Unverfälschtes und linderndes Wasser für Kehle und Körper, was anständiges zum schmausen, frische Garderobe, ein paar Wundverbände und so weiter und so fort. Klingt doch vielversprechend oder?


- Naradas - 03-07-2010

Soweit so gut, offenbar hatten die restlichen Rasankuri zumindest vorerst die Lust verloren, den Versuch zu wagen zu meutern und sich seinen Anweisungen zu widersetzen. So wie es sich für eine gehobene, militärische Truppe gehörte, warteten diese relativ geordnet bei den Lastwagen auf seine Anweisungen. Auf halber Strecke dorthin, lungerten erschöpfte Palta, weitere Rasankuri, darunter Bane, Ayris und der übel zugerichtete Magal herum. Gerade bei letzterem musste er zweimal hinsehen, bevor er sich sicher war, das es sich tatsächlich um den seltsamen Kauz handelte. Der größte Teil der versammelten Menge war im Begriff sich aufzulösen, offenbar hatten sie genug gesehen oder hofften zumindest, woanders einen besseren Schnitt zu machen. Mit einem deutlichen Handzeichen lies er Aaron bis auf seine Höhe aufrücken, sodass der entstellte, immer noch blutende Krieger ihn hören konnte, ohne das er rufen musste:

Schaff die Männer auf die Lastwagen, wähle fünf Rasankuri aus die sich unter den Rasankuri und auch unter den Palta umhören sollen. Ich suche vor allem Leute, die sich auf Motoren verstehen oder die zumindest Lesen und Schreiben können. Es ist mir egal, wie ihr die Kerle heranschafft, solange es passiert. Und mach ihnen klar, dass ich dafür sorgen werde, dass ihr Kopf auf einem Pfahl Platz findet, wenn sie mich enttäuschen. Und wenn sie den Weg zurück zur Truppe nicht finden dann haben sie sich schon als wertlos erwiesen und tun gut daran mir nicht mehr unter die Augen zu kommen.

Ein weiteres Handzeichen entließ den Krieger. Naradas selbst steuerte auf Ayris und Magal zu. Bane lies er außer Acht, er verspürte kein Verlangen sich mit dem Schlächter anzulegen, vor allem nicht gerade jetzt, nachdem er sich gerade gegen Aaron hatte behaupten müssen. Wie einfach erschien ihm jetzt das Leben bei den Korsaren. Nach jedem Überfall dauerte es oft ganze Wochen bis wieder etwas geschah, mehr als genug Zeit sich zu erholen, für Training und alles andere. Hier am Boden erschien ihm alles viel hektischer, er kam sich vor als stolpere er von einem Chaos zum nächsten. Beim näherkommen wurde ihm bewusst, das Magal mehr als üben zugerichtet war. Er wusste welchen Schaden eine Peitsche anrichten konnte, wenn er aber Magals Rücken betrachtete fühlte er sich eher an eine Schlachterei erinnert. Dem wimmernden Priester ging es nicht gerade besser, aber dieser war auch von eher geringem Interessen für Naradas. Bei Magal aber stand er in der Schuld und es gab noch einige Dinge, die er von ihm zu erfahren hoffte. Das Grinsen welches sich aber trotz der schweren Verletzung über Magals Gesicht zog, zeugte von so etwas wie fortgeschrittenem Wahnsinn. Vorausgesetzt der Hexer würde die Wunden welche die Peitsche geschlagen hatte überleben, so war es fraglich ob der Schaden an Magals Verstand nicht vielleicht viel größer war. Andererseits: Magal war weit zäher als man es ihm ansah. Die Tatsache, dass er ihnen allen bis hierhin vorgegaukelt hatte, er wäre ein alter Mann den vielleicht nur noch Jahre vom Jenseits trennten lies Naradas hoffen das die Prügel die er bezogen hatte ihm nicht völlig das Hirn aufgeweicht hatte. Trotzdem wandte er sich direkt an Ayris welche offenbar den Versuch wagte, dem Verrückten ein paar kontrollierte Töne zu entlocken.

Na, wenn haben wir den hier? Muss ich raten, wem ihr die kleine Ungemacht zu verdanken habt oder erübrigt sich die Frage?

Naradas warf einen vielsagenden Blick auf den gepanzerten Rücken welchen Bane ihnen zugewand hielt.


- Magal - 03-07-2010

Auch ihr scheint eine Wandlung durchzumachen, meine Liebe. Dankbar nahm er den dargebotenen Arm der Frau als Stütze. Noch immer zeigte sich sein Tritt fest, doch hatte sich ein leichtes Zittern hineingeschlichen, vorallen wenn ein Windstoß feinen Sand in die bloßliegenden Wunden wehte.
Nun da ihr das Zepter der Unterdrückung nicht spüren musstet, sondern spüren lassen konntet, scheint ihr mir nicht nur erfrischt, sondern vermittelt den Eindruck das eine große Last von euch genommen ist. Sie steuerten einen der Brunnen an, deren allgegenwärtige Präsenz nun, da sie ihrer Funktion wieder nachkommen konnten, ins Bewusstsein drängte.
Meint ihr noch immer das ich alter Narr euch keinen Dienst erweisen kann? Nicht alles erschließt sich im Geist von vortragendem Lehrer und blöde gaffenden Schüler. Ihr erinnert euch an die verspottende Rede unseres Herrscherpaars? Ihr Vorwurf das es euch nicht möglich ist das Chaos als das zu erkennen was es ist? Ich klammere mich aus dem Kreis der Betroffenen aus, da ich mir vorbehalte mein ganz eigenes Bild der Urmächte zu bewahren. Sie haben recht, ohne Zweifel. Doch sie tun euch auch Unrecht wenn sie verlangen das zu begreifen in dessen Zentrum sie selbst sich befinden. Doch die Wege erschließen sich einem jeden auf andere Art. Dem guten Naradas indem er sich im gefährlichen Schein des herrschaftlichen Gestirns sonnt, Sei es ihm vergönnt und mögen die Dunklen geben das er sich nicht die Finger verbrennt. Das altbekannte Grinsen gewann die Oberhand, nachdem sich die Zeichen des Schmerzes in des Hexers Antlitz gestohlen hatte. Was euch angeht, meine Liebe, so solltet ihr erkunden was soeben geschehen ist. Ihr habt genossen was ihr tatet, nicht was? Oh ja das habt ihr. Müsst ihr deshalb euer Gewissen beruhigen, Erklärungen in den rächenden Gelüsten für selbst erlittenes Übel suchen? Nein, das müsst ihr nicht. Weil euch Unrecht widerfahren ist, bedeutet das nicht das ihr nun auf der anderen Seite der Tribüne Platz nehmen müsst. Das ist der Weg, mein Kind. Sinne über diesen ersten Schritt.
Im Schatten eines steinernen Kriegers, welcher mit ausladender Geste ein imaginäres Heer in die Schlacht befahl, wollten Mann und Frau soeben Platz nehmen. Als der Teufel, welcher auftauchte wenn man sprichwörtlich die Rede auf ihn kommen ließ, sie ansprach. Auch wenn der Rasankuri das Wort an Ayris gerichtet hatte, ließ Magal es sich nicht nehmen seine ganz eigene Form der Gratulation auszusprechen.
Naradas! Vor Tagen noch in den Klauen dämonischen Ungeziefers und schon heut in der Gunst des Drachens? Die Rüstung der Rasankrui steht euch prächtig und wird gewiss noch so manches Zierwerk erhalten, so ihr denn euren Aufstieg konstant haltet. In den Reihen von uns niederem Gesindel hört man schon die Kunde eurer Taten. Seite an Seite mit dem Fürsten, so sagt man. Vergebt mir das ich geklatschten Beifall nicht beisteuern kann, doch ich fürchte all zu hastige Bewegungen könnten mir den letzten Rest verbliebener Haut vom Gerippe rutschen lassen.


- Lyra - 03-08-2010

Was auch immer das war, was gerade passiert war, Lyra wusste es nicht. Sie konnte es sich nicht erklären. Ob es normal war, dass der Körper sich nicht mehr bewegen lässt, der Geist jedoch plötzlich den Körper verlässt um kurz darauf durch eine Mauer zu gleiten? War das überhaupt wirklich der Geist? Eine andere Erklärung hatte sie selbst nicht, was könnte es dann sonst sein? Und was waren das für Druckwellen, die von dem Mann ausgingen, kurz danach, als sie jedoch selbst, mit ihren eigenen Augen sah, nicht mehr sichtbar waren? Fragen über Fragen. Doch eines war sicher: Dieser Mann dort, war wahrscheinlich der einzige, der ihr diese Fragen beantworten konnte. Dieser Mann hat das ausgelöst, indem er schrie. Und dieser Mann würde möglicherweise sterben, wenn sie ihm nicht helfen konnte. Lyra war keine Ärztin, sie hatte nur die kurze Ausbildung in der Medizin genossen. Sie konnte nicht sagen, wie schlecht es um den Mann stand, erst recht nicht auf solch eine Distanz. Doch, und da war sie sich sicher, wenn die Wunden unbehandelt blieben, könnten sie sich entzünden, oder er würde durch eine Infektion sterben. Sie musste ihm helfen, so gut es nur ging.
Doch was, wenn wieder so etwas passiert? Was, wenn wieder solch eine Horrorvision kommt, weil ich näher zu ihm hingehe? Ich will nicht wieder das sehen müssen? Aber was, wenn ich nicht hingehe um ihm zu helfen? Dann wird er wahrscheinlich sterben, und dann habe ich ihn quasi umgebracht, weil ich ihm nicht geholfen habe. Ist es mir das Wert? Nein, lieber sehe ich mir diesen Horrorstrand ein weiteres Mal an, als dass ich das Blut von jemanden an meinen Händen kleben habe, den ich hätte retten können.
Entschlossen stand sie auf und eilte die Treppe herab. Ich muss dem Mann helfen gehen., sagte sie noch zu Karlesch, während sie an ihm vorbei rannte. Dadurch, dass die meisten der Zuschauer sich nun zurückzogen, war das Vordringen nun stark erleichtert. Und, wie sie nun sah, half eine andere Frau nun dem Mann. Gemeinsam steuerten diese anscheinend auf einen der Brunnen zu. Und der Krieger, mit dem sie vorhin noch zu tun hatte, war auch dort. Doch dieser machte nicht den Anschein, als ob er da sei, um zu helfen.
Kurz darauf erreichte sie die kleine Gruppe, und ohne sich vorzustellen, nahm sie den anderen Arm des Gepeinigten und legte ihn sich über die Schulter.
Wir müssen ihm helfen! Ich habe Verbandszeug und Medikamente, die uns helfen, am Flugfeld nördlich der inneren Mauer. Wenn wir ihn dorthin schaffen können, können wir ihn auch gleich dort behandeln.
Was ist jedoch, wenn die Anderen ihn gar nicht helfen wollen? Die essen hier doch ihre Opfer, was, wenn sie ihn gar nicht behandeln wollen, sondern essen? Ach, das werden sie schon sicher nicht. Immerhin ist da vor uns ein Brunnen. Und sie werden ihn schon sicher nicht zum Brunnen bringen, nur damit sie beim Essen auch etwas zum Trinken haben.
Aber was, wenn ich es schaffe, ihm zu helfen, er überlebt, mir jedoch auch nicht sagen kann, was da passiert ist?
Dann wird mein einziger Lohn wohl seine Dankbarkeit sein, sowie das Wissen, dass ich ein Leben gerettet habe!