Koron III
Fürstliche Gemächer - Druckversion

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- Die Stimme - 11-02-2008

Obwohl Sahan Ibn Sida soeben aus den aufgeworfenen Doppelportalen des göttlichen Thronsaals begab, war seine gescheckte Beduinentracht staubig, zerworfen und von frühmorgendlichen Regen noch schleißig, klebten noch regelrecht an seinen Gliedern. Gemäß seines älteren Äußeren, war er jener, den man zum Botschafter seiner Herrlichkeit erwählt hatte, auch einer der wenigen Männer, welcher sich schon einer vollständigen Barttracht erfreuen durfte, ein überaus hoch geschätztes Statussymbol in ihrer Mitte. Etwas unbeholfen, möglicherweise resultierend aus langem, gewaltsamen Ritt welcher schon Stunden angedauert hatte, warf sich sein Burnus peitschend um seine Knie, schmerzten ihm einerseits die Beine, andererseits auch schon der Kopf. Nichts desto trotz hielt er das mitgeführte Bündel, ein in schwarze Laken eingeschlagenes Etwas, fest mit beiden sonnengegerbten Händen, während er sich fast rituell in den weggewischten Staub zu Füßen seines neuen, rechtmäßigen Legaten warf, untertänigste mehrfach mit der nackten Stirn den langsam antauenden Flur berührte, das Bündel dabei aufrecht darbietend, wie man eben seinem Meister eine Klinge reichen mochte.

“Oh göttlichster Gebieter, besalbt sei Euer Name, ich bringe Kundschaft aus dem Norden zu Euch!” , er entwickelte ohne seine rehbraunen Augen zu erheben das Bündel, während klatschend dessen blutiger Inhalt zu Boden schmatzte, “Göttlicher, dies ist die Botschaft jenes erst gestern gen Norden entsandten Meldereiters, welche beflügelt durch die lindernde Nacht und das vergossene Wasser, ritt wie sieben Winde, sein Carnak dabei zuschanden reitend! Iblis abd al Chalik, Meister des Araiwiten-Klans, lässt Euch jenes Zeichen seines närrischen Hochmuts überbringen: Sollet Ihr im Carnak Mist zu seinen Füßen erst euch suhlen, das gezahnte Maul vollgestopft von jenem Dung, das Haupt begossen mit Eurer durchlauchten “Herrschaft”, und Eure Freiheit als eherne Ketten um den Hals geschlagen, so würde er euch, Gnade erweisen, Ihm als Sklave zu dienen… Gebieter, dies sind nun die sterblichen Überreste eures treuen Dieners Yusip bin Mansuf, nördlicher Reiter, welcher kurz nach verstreichen der zweiten Stunde gehäutet, und mit eben jenen Frevelworten versehen worden war! Meister aller Schatten und des Nasses, an den Knöcheln band man seinen geschindeten Leib an sein eigenes Carnak, all das Fleisch war aufgerieben und vom Salz entstellt, noch ehe er zu früher Morgenstunde zurückgekehrt…”


- Abscheulich - 12-02-2008

Jahre der Ruhe, Jahre der Einsamkeit. Belanglose Zeitrechnung, denn anfangs zählt man noch die Stunden, geht dann auf Tage, rundet auf Monate, versucht die Jahre abzuschätzen und bis zuletzt ist es schlichtweg eine niemals enden wollende Ewigkeit. Seine Augen hatten viel gesehen, den unterschiedlichsten Generationen der Bewohnern hier nachspioniert, und ihren Aussagen gelauscht. Vielleicht seine einzigste Beschäftigung neben dem alltäglichen Fressen und Schlafen. Seine Augen waren es auch, die den Experimenten und Machenschaften der Führung auf den Spuren war, sah ihre aufblütende Zeit in den letzten Atemzügen und wurde Zeuge ihres quasi Unterganges, als sich der selbst ernannte Rat in Selbstgefälligkeit und Dekadenz verlor. Doch in den jüngsten Tagen waren die einschneidenden Veränderungen trotz Zurückgezogenheit nicht zu verkennen. EIn Umbruch zeichnete sich ab, begleitet von einstürmenden Streitern aus der tiefe der Wüste. Zerfressen von Neugier trieb es den Schatten aus der Unterwelt hinaus, um sich Gewissheit zu verschaffen und vor allem zu erfahren, wer hier nun Einzug gehalten hatte. Erst kürzlich erwachte die Schmiede in neuem Feuer, verkündete mit Inbrunst den Fall seines Herrschers. Gefahrlos war nun der Weg an die Oberfläche, nahm einem die Abwägung über Gefahr und Neugier ab.
Regungslos starrten die Pupillen aus einem kleinen Durchbruch, wo sich Wand und Decke in einem entlegenem Winkel trafen. Inzwischen verweilte er bereits einige Augenblicke in dieser starren Körperhaltung, als würde der ihm sich bietende Anblick seine Sinne fesseln. Und tatsächlich, so war die imponierende Gestalt des Kriegers ein Blickfang, der auch für die erfahrenen Augen eine Seltenheit darstellte. Wahrlich sonderbar war jedoch diese Aura, keinesfalls beeinträchtigt durch die Wunden, die dieser selbst versorgte. Er kannte diese, das nur zu gut. Wie oft spürte er diese bei der ewigen Esse, wie sie sich auf ihn legte, ihn warnte auch nur einen Schritt näher zu kommen. Und nun war sie hier? Nein, sie war hier. Diese Rüstung war es. Selbst ein einziger schneller Blick würde genügen diese unter tausenden wieder zu identifizieren.
Wer ist das? müssen ihn anschauen ... Nein! Das ist zu gefährlich, er hat ihn besiegt! Hat seine Rüstung an! Werden uns töten! ... Wir sind schneller, können immernoch abhauen ... Meinst du? Meinst du Abscheulich ist schnell genug? Aber schau nur seine Muskeln, seine Kraft, werden uns zerquetschen wie kleine Wanze! ... Looos jeeetzt! ... Guut, guut, Abscheulich werden vorsichtig sein und leise, werden sein wie Schaaatten ... Hihihi ... psssst!
Seine dünnen Arme griffen durch das Loch in der Wand hindurch und suchten bedächtig nach einem festen Untergrund auf dem brüchigen Baustoff in seiner Nähe. Mühelos zwängte er sich hindurch und zog seine hinteren Extremitäten in abstoßender Verwinkelung nach sich. Der erste Schritt war getan, nun befand er sich entweder in der Höhle des Löwen oder im Hain der Zuflucht, doch sein Gefühl tendierte zum ersten Gedanken, wer sonst sollte das Böse im Untergrund besiegt und dessen unheilvolle Panzerung sein Eigen gemacht haben. Die massige Gestalt hatte ihm den Rücken zugedreht, schien zu beschäftigt mit unzähligen Blessuren, keinesfalls ernsthafte Wunden. Zögerlich tastete sich die Kreatur vorwärts auf eine der Säulen zu, die in diesem Zwischenbereich der verschiedenen Gemächer den Raum zierten. Er versuchte sich von der vom Krieger aus gesehenen linken Seite zu nähern, doch die Lichtverhältnisse waren hier als auch auf der anderen Seite recht hell und somit ungünstig für ein solches Schleichmanöver - Wären da nicht seine zeitlich unerreichte Erfahrung darin und seine bermerkenswerte Fähigkeit der Tarnung. So lies er sich also nicht durch überhastete Bewegungen zu Risiken verleiten, sondern nutzte Nebengeräusche und seine Intuition um sich geduldig wie in Zeitlupe vorzuarbeiten. Dieses langsame Vorgehen brachte auch den Effekt, dass die unzähligen Muskeln der Pigmente unter seiner Haut genug Zeit hatten die Farbe seines Körpers der Umgebung anzupassen. Selbst der Schimmer verblichener Goldverzierungen wurde annähernd perfekt erreicht, ehe er sich der nächsten Säule näherte, die vor ihm in der Decke mündete und der Hautton in jene vergilbte grau-gelbe Musterung überging. Schritte näherten sich hörbar auf den steinigen Fließen auf eine Türe hinzu, ehe sie sich öffnete und ein Diener mit einer Schale klarer Flüssigkeit und frischen Tüchern eintrat. Die Kreatur spähte nur kurz hinter der Zylinderform hervor, erkannte aber dann, dass dieser den Kopf huldvoll und ehrerweisend gesenkt hatte. Nervös brachte er die Dinge an den Tisch und stellte sie leise darauf ab, ehe er sich nochmals tiefer verbeugte und auf einen Wink des Kriegers hin den Raum wieder verlies, ohne der Person an dem Tisch auch nur einmal den Rücken zuzudrehen. Das Schloss klackte heißer ein und ein sanfter Luftschwall ergoß sich von der Flügeltür in den Raum. Einen Moment verharrte die Kreatur an der Decke noch, dann setzte er wieder seine Handfläche an und tastete sich weiter vorwärts. Er konnte den Hünen bereits seitlich in Augenschein nehmen, erkannte daher auch die ersten sonderbaren Runen in seinem Gesicht, dessen Bedeutung sich noch nicht erschließen wollte. Fasziniert und durch Neugier getrieben wurde er allerdings nachlässiger in seinem Vorgehen, was auch zugleich bestraft wurde. Der Stein hier war über die Jahre mit kleinen Rissen durchzogen, zwar kein Problem was die Statik anging, doch nun lösten sich unter einem seiner knochenartigen Fingern winzige Bruckstücke und die Schwerkraft sorgte wie gewohnt für den Rest. Vor Schreck erstarrte er in jeglicher Bewegung wie zu Eis, während sein Herz nun lauter schlagen zu schien und sich ein Schub Adrenalin durch den Körper bahnte.
Der hat uns gehört! Das hat er! ... Schnauze! ... Hat gehört! ... Baah!


- Kogan - 12-02-2008

Ein abgelegenes Gemach

Im Schein einer Öllampe löste Kogan die Stoffbahnen von seinem Leib. Er hatte kaum Wunden davongetragen, fühlte sich aber dennoch als hätte man ihn hinter einem Carnak hergeschliffen. Der Sand in den kleinen Schnitten erzeugte Schmerzen die unverhältnismäßig waren und grob spülte er sie mit Wasser aus. Der Angriff auf seine Geist war schlimmer gewesen und das Heulen des Sturmes, vor den verschlossenen Fenstern, beschwor noch immer Gespenster herauf, wenn auch nur graue Schatten, farblos im Vergleich zu dem was er dort draußen erlebt hat.
Ein Grund warum er sich für den Moment in diesen verfallenen Teil des Palastes zurückgezogen hatte war der das er nicht in diesem Zustand gesehen werden wollte. Noch immer benommen, von dem heimtückischen Gift gemartert. Immerhin ließ der Einfluss nach. Wasser etwas Ruhe und der Inhalt der bauchigen Weinflasche trieben die Spukwesen wieder ins Reich der Albträume. Gern hätte er nach Melanie gesehen doch der Heiler hatte recht gehabt als er andeutete das seine unkundige Anwesenheit nur hätte schädlich für sie sein können. Ohnedies blieb keine Zeit für Sorge oder Müßiggang. Was immer in diesem Sturm getrieben war, das die Menschen hatte Wahnsinnig werden lassen, es war ein Geschenk. Rasankur war weitgehend verschont geblieben, sah man einmal von einigen vorgeschobenen Posten am Stadtrand und in der Wüste ab. Um so schlimmer war es ihren Feinden ergangen. Ungeschützt war das seltsame Phänomen über sie hereingebrochen wie der leibhaftige Zorn der Götter. Allerdings glaubte Kogan nicht an einen Zauber. Das war nur eine unbestimmte Gewissheit, die er nicht hätte erklären können, so er es denn gemusst hätte. Doch er hatte Hexenwerk am eigenen Leib zu spüren bekommen und es war anders gewesen. Das minderte zwar nicht die erlebten Schrecknisse doch inzwischen war er sich sicher das es ein, mehr oder minder, natürliches Ereignis gewesen war. Vielleicht eine ungünstige Vermischung der giftigen Luft oder ähnliches.
Auch wenn diese glückliche Fügung die Reihen ihres Gegners ausdünnen würde, Siegestaumel war verfrüht. Nahm man an das die Hälfte der Feinde, was eine sehr großzügige Schätzung war, durch den Irrsinn umgekommen waren, dann kamen immer noch mehr als zehn Krieger auf jeden Verteidiger Rasankurs.
Der Fürst legte die Rüstung wieder an. Er hatte sich das Eisenkleid von einem Beduinen bringen lassen. Die beiden kindlichen Dienerwesen, deren Züge ihn so schmerzlich an Melanie erinnerten, schleppten die gewaltige Axt herbei und starrten ihn beim Hinausgehen böse an. Als wollten sie sagen, “Du böser Mann, du bist schuld.”, woran auch immer. Kogan betrachtete die Axt, das Sinnbild gedankenloser Zerstörungswut. Ihre Existenz, das geformte Stück Stahl das da unheilsschwanger auf dem Steintisch lag, war ihm im Alleinsein mehr Verheißung als es all ihre geflüsterten Visionen sein konnten. Das mienenlose Antlitz des Schlächters senkte sich über ihn als der Helm das Individuum fraß. Das Joch des Krieges war ein betäubender Gefährte, der Gedanken an später als unsinnig verlachte.
Ein Geräusch riss ihn aus seinem Sinnen. Ein verstohlenden Bröckeln, ein versehentlich bewegter Stein.
Als die Axt in seine Hand flog hinterließen die Stacheln tiefe Kratzer in dem, bis dato, markelosen Marmor.
ZU MIR!
Im tiefen Schatten neben der Tür glommen rote Augen auf, dann folgte ihnen der massige Leib des borstigen Ungeheuers. Grunz eilte an die Seite seines Herren, die gelben Hauer bleckend. Der Fürst packte in das struppige Nackenfell und hielt die Bestie daran.
Wo ist er? Such ihn!
In anderen Zeiten hätte er dem Geräusch keine Bedeutung beigemessen, oder die Reaktion auf seine angespannten Sinne zurückgeführt. Doch jetzt erschien es nicht unwahrscheinlich das der Feind Meuchelmörder in die Mauern geschleust hatte. Auch die Reaktion seines tierischen Begleiters ließ darauf schließen. Grunz stieß einen gutturalen Grunzer aus und wollte in eine dunkle Nische vorstoßen. Doch der Lord hielt ihn zurück.

Komm aus deinem Loch. So kannst du auf der andern Seite berichten ein Fürst hat dich erschlagen und musst nicht eingestehen von einem Schweinehund gefressen worden zu sein.


- Melanie Zaebos - 12-03-2008

Heilsam. Lindernd. Ruhend. Was beschrieb jenen merkwürdigen Dämmerzustand, frei schwebend zwischen zwei unterschiedlichen Bewusstseinsebenen, Wachend, Dösend. Delirium? Es bedurfte mehr als bloß medikamentöser Dämpfung, die keimenden Wahnvorstellungen gänzlich zu unterdrücken. Vom gleißend weißem Sonnenlicht durchflutet, ruhten die stetig kreisenden Pupillen hintern einem geäderten Hautvorhang, gänzlich immun wider eine andere ausgesperrte Realität, verhaftet in einem disharmonischen Zustand, wie ihn wohl ansonsten lediglich ein sehr eingeschränkter Kreis kannte. Planetare Eklipsen flimmerten in unruhigen Bahnen, wagten physikalisch widersinnige Sprünge von hier nach da, während sie ihre eigensinnige Rotation auf beliebige Weise verdrehten. Verzerrte Winkel warfen sich durch fast materiell begreifliche Schattentäler, züngelnde Sauerstoffausscheidungen flackerten unruhig über den polaren Kappen eines Gestirns, erhellten den sonst trostlos grauen Raum in matten Blautönen, während sich die zarte Flammenspitze nach den Sternen reckte und mit ihrem fettigen Ruß Trabanten mit klebrigen Absonderungen beschichtete.

Blinzelt fegte sie ganze Makroversen wie lästige Grießkörner im Augenwinkel hinfort, dunstige Tränenperlen beendeten das schauderhafte Kometenwandern, während sie zunächst in apathischer Teilnahmslosigkeit die gemusterten, stellenweise korrigierten Firmamentbezeichnungen entlang des gegossenen Flurs besichtigte. Antrestes Primos, Luekta, seine fünf Monde, der blaue Gigant Ikemonlos, Pyrarch, Hydraphur mit seiner überdimensionierten Flottenbasis, Ultramar, die tausend Fangarme des unbegreiflichen Mahlstroms, Kar Duniashs nimmer müde Kriegsschmieden, Sol… Mars … Terra…

Fragmentarisch, durchsichtig wie eine angelaufene Buntglasscheibe, wie man sie aus klerikalen Bauwerken kannte, brachen verschieden getönte Lichterfacetten durch die ansonsten meist verhangenen Portalfenster. War es das silberne kühle Beschwichtigen des nächtlichen Mondes, oder der geißelnde Hitzeodem der erstrahlenden Sonne? Unmöglich abzuschätzen. Nicht minder schmerzte es an den größeren Nervensträngen unterhalb der schlitzförmig geöffneten Pupillen, Sinneswahrnehmungen welche wie mikroskopische Faserklingen den Glaskörper darunter verwundeten. Entnervend kratzten stählerne Röhrchen an den unersichtlichen Innenseiten ihres Fleisches, kaum erwacht, vernahm sie dessen überwältigende “Bedrängung” deutlicher als sie hätte etwas anderes wahrnehmen können. Stockend rasselte ihr die angestaute Feuchtigkeit innerhalb der Bronchien, während sich trockene Fäden quer über den Lungenlappen dahin spannten, Spinnennetzen gleich und dennoch nicht von physischer Natur. Wie viel Zeit war eigentlich verstrichen… undeutbar. Groteske Zahlenreime schwangen sich ermuntert durch die Peripherie ihres Selbstbewusstseins. Verdrängend generierten die lose schwebenden Nervenzellen weitere rudimentär wichtige Grundfragen, allesamt von wenig mehr Bedeutung als “Hunger” oder etwa “Aufstehen”. Langsam drehte sie ihren in formfreie Kissen gebetteten Kopf in eine etwas angenehmere Haltung.

Eine schwarzhaarige menschenähnliche Gestalt wringte soeben einen blutigverfärbten Lappen in eine tönerne Schale, Moschus haftete diesem entstellen wohl weiblichen Wesen an, faulig süß, viehisch. Man behauptete die exotischen Aromen jenes Lockstoffes würden auf etwa ein Drittel anziehend wirken, ein anderes ignorierte ihn da er nicht wahrnehmbar war, ein drittes verabscheute den bestialischen Gestank gänzlich. Anmaßend genug, entsprach das Geschöpf nicht etwas einem bestimmten “Hässlichkeits Ideal”, lediglich die nähere Struktur der Schultermuskulatur, sowie der Brust und verdrehten Arme war nachhaltig beschädigt, wenigstens das zart nach hinten fliehende Antlitz spiegelte noch eine begreifliche Sinnesruhe, etwas anziehendes, nicht zu sagen beschwichtigendes. Wohl drang nun auch das unterbewusste Erfassen des Wachzustandes in den Schädel der anderen, die karmesinroten Iriden zuckten unwillkürlich zusammen, fast als habe sie etwas erschreckendes wahrgenommen, oder würde sich zumindest über derartiges “brüskieren”. Was zunächst als “Scheu” hätte gewertet werden können, entpuppte sich als nachhaltiges Interesse, die spindeldürren, abgemergelten Knochenfinger wischten spürbar das eigentümliche Halsband beiseite während sie entlang ihrer hinteren Kieferpartie strich. Was immer sie tat, brannte unangenehm, als würden die säurebehafteten Hautpartikel über eine Schleimhaut oder dergleichen gleiten. Angespannt grub sie gereizt die eigenen Fingerkuppen tief genug ins zarte Unterarmsfleisch der anderen. Benetzend sprudelten winzigkleine Blutströpfchen hervor, die nachtmahrischen Pupillen schlitzten sich, sie zerrte das fragile Geschöpf übermäßig kraftvoll an ihre Liegestatt herab. Unerwartet wohl, sie gab nach. Reflex, möglicherweise hervorgerufen durch den eben erst entbrannten Schmerz, der blutige Lappen fiel, klatschend, verteilte aufgesaugtes körperwarmes Wasser, sowie rötlichere Strähnen über den Sandstein und das herab gleitende Laken. Erwiderung zeichnete sich als runzeliges Mienenspiel um die gekerbten Lippen, dies erstarb jedoch als sie erstickend, siedendheiß die angespitzten Fänge in die Kehle der unvorsichtigen Zweiten grub. Das spärlich gesegnete Leben wurde binnen Bruchteilen weniger Atemzüge regungslos ausgeblasen, erlischend wie ein Kerzendocht im Schneegestöber. Umständlich wälzte sie das entstellte Geschöpf unter ihre Bettdecke, während sie selbst sich von der pyramidenartigen Ruhestätte befreite, ungeschickt, torkelnd wie eine betrunkene Nachtgestalt herab balancierend.

Versunken in eigensinnigen, möglicherweise befremdlichen Begehren, kauerte eine ältliche Gestakt gekrümmten Rückens über einem aufgeschlagenen Folianten. Die pergamentartigen Seiten waren stellenweise vergilbt oder angesengt worden, krachend strich er lesend abermals eine glatt. Unbemerkt glitt sie lauernd, wie durch einen bisher ungekannten animalischen Trieb heraus näher heran. Zirkulierend konnte sie beinahe schon dessen wärmenden Atem durch die Luftröhre hinab in den aufgeblähten Lungen sehen, Kompression, Überdehnung, ausgebeuteter Lebenshauch wurde ausgestoßen. Graues, loses Haar bedeckte seine warzige Schädeldecke, seine plumpen Hände waren stellenweise verwachsen, sieben anstatt zehn Fingern. Dicke Knorpel verzierten eine nackte Stelle entlang seines Rückenmarks, etwas wucherte unterhalb des Haaransatzes, etwas wie ein schleimiges Wundmal, und dennoch, schien dieser eine Art Medicus im primitiven Sinne zu sein. Dies änderte sich abrupt, verräterisch feucht mochte ihr ausgestoßener Atem kräuselnd über seine Nackenhaare gewandert sein, den Schädel seitwärts neigend, versuchte er sich darin eine unbekümmerte, nur allzu menschliche Frage zu artikulieren, scheitere jedoch am Widerstand einer plötzlich vorgehaltenen Hand. Verwunderung, wenn auch getrübt durch ein winziges Quäntchen Abscheu oder Bestürzung, prangerte da zwischen seinen Lidern. Seine drei fingrige Linke scharte rücklings nach einem seiner halbekliptischen Operationsmesser, gleichsam ungeschickt wie sie wohl selbst sein mochte, führte er dies geradeso zwischen sie beide, das es dem Mädchen keine größere Schwierigkeit bereitete ihm das Messer zu entwenden.

Melancholisch blinzelte ein entsagendes Grinsen im verzogenen Mundwinkel des langsam einsackenden Alten, gerade als hätte er bereits erahnt das er eines Tages durch sein eigenes Werkzeug den Todeskuss empfangen würde. Schlagartig implodierten die mehrmals durchstochenen Flügel seiner sich langsam entleerenden Lungen, keuchend rang er selbst unter vorgehaltener Hand noch nach dem wichtigen Element und dessen lebensspendender chemischen Verbindung. Es war ihm versagt, tastend griff er sich orientierungslos den Torso ab, quetschte ausströmenden Lebenssaft zurück, während sich seine Augen immer mehr in gläserne Kugeln verwandelten, durchsichtig und filigran, rangelnd schlitterten seine ausgestreckten Füße übers aufgeraute Fliesenbildnis des Gemachs, endlich sank er. Verdrehter Augen umfing in die stille Nacht, der ewige, zeitenlose Schlaf. Nicht so sie, fast instinktiv, ermuntert aus dem ursprünglichen Wesen heraus, erspürte sie etwas, etwas das sie anzog wie Metall durch Magnetgestein angezogen wurde. Ungesehen stahl sie sich wie eine das Mondlicht scheuende Katze durch die viel zu engen Korridore, zog jedoch eine rot getränkte Spur zaghafter Fußabdrücke hinter sich her, etwas das ihrer Aufmerksamkeit schmählich entging. An einem altertümlichen Treppenkopf angekommen, lauschte sie zunächst den flüchtig aufsteigenden Geräuschen stählerner Sohlen, gefolgt von gutturalen Flüchen und etwas das wie ersticktes Gestammel klang. Dann huschte sie hinab, selbst an den durchdachten Zwischenebenen des Thronsaals, tiefer, vorbei an einer neubelebten Waffenkammer, sowie Kerkern, deren staubige Kettenglieder noch immer mahnend durch ungesehenen Wind schaukelten. Knochen säumten die untersten Stufen, Becken, Oberarm und dicke Schenkelknochen, ein geborstener Schädel lag schief auf einer Kante. In der ferne war stummes Rauschen zu vernehmen, hell klingend, erfrischend, segensreich. Sie eilte voran, weiter auf den Quell zu, vernahm das sonst ignorierte Bersten winzigster Wasserkristalle, das kaum hörbare platzen eines Tropfens, den dem menschlichen Geist entfremdeten Klan des Urmeeres, wie es wohl vor Äonen existiert haben mochte. Da lagen sie, hünenhafte, kolossale Zisternen, im selben überdimensioniert verschnörkelten Stil wie die restliche Wüstenpromenade errichtet und nicht minder huldvoll als die mächtig emporsteigenden Pyramiden der Oberwelt.

Es übte eine magische, dämonische Ausstrahlung aus, die flachen, schimmernden Massen, welche in sich selbst zirkulierend, sachte an die steinernen Ränder brachen. Groteske Schauerfiguren erhoben sich aus den etwa zehn Meter erhöhten Balustraden, gossen aus geöffneten Amphoren glasklares Gewässer, während es sich dem Herzen jenes Bassins zu langsam in ein kränkliches Smaragdgrün wandelte. Zweifellos war jenes quellende, kühle Nass ebenso verdorben wie alles andere flüssige Element dieses Grates, dennoch sprang sie ohne notwendiges Federlesen und in tödlicher Verachtung mitten hinein in einen düsteren Schatten der bis zum finsteren Kern selbst hinab reichen mochte. Ungestüm wand sie sich in keimenden Süßwassergräsern, während schimmernde Algen entlang eines entfernteren Winkels heranvegetierten. Sekunden wandelten sich dahin, verformten sich zu merklich zeitlicheren Minuten, indes zeigten sich keinerlei merkliche Anzeichen irgendeiner Atemnot, anstelle deren fühlte sie sich beinahe in ihrem ursprünglichen Element, so als wäre dies seit grauer Urzeit schon Heimstatt ihrer selbst gewesen. Und es war noch etwas… wie ein sanfter Widerhall des eigenen Herzensschlages, fluktuierend, schwach ansteigend und dann wieder abebnend. Nicht allzu fern glitten singend herabstürzende Massen hinein in eine sonst beinahe stumme Umgebung, Präsenzen wurden spürbar, ältere, jüngere, entfernte und nahe, Welten verschoben sich, in kümmerlich ausgelöster Kiesel an der Oberfläche glich einem Donnerwetter, während laute innerhalb des Bassins außerhalb stumm und lautlos schienen. Wundersam, wie sich Geist und Leib zu einer materiellen Einheit verschmolzen, wie das klebrige Blut an Zähnen, Lippen und Fingern abblätterte, wie sich geschwungene Wasserströmungen an der fließenden Bewegung des Körper brachen. Sie verweilte und genoss, indes sich das ihr begreifliche Universum invertierte und einen gänzlich anderen Betrachtungswinkel ermöglichte.


- Abscheulich - 12-04-2008

Als wäre das magere etwas ein in Stein gehauenes Gebilde, so hing es wie gelähmt an dieser Stelle der Decke. Völlig ungeschützt verglichen mit dem gerüsteten Krieger und als wäre das nicht schon genug der Gefahr, so trat ihm jetzt noch ein bulliges Tier zur Seite, dass bereits seinen Geruch durch die Nüstern seiner Schnauze gewittert hatte. Gleich würden sie es entdecken, gar keine Frage, und die Decke bot vermutlich auch keinen wirklichen Vorteil. Zwar konnte man keine offensichtlichen Distanzwaffen erkennen, doch darauf wollte sich die Kreatur nicht verlassen. Jemand, der das schreckliche Böse aus dem Untergrund der Schmiede besiegen und heil wieder zurückkehren konnte, hatte bestimmt die Macht und die Mittel ihn zu fassen zu bekommen.
Versteck dich, beweg dich, machen was! ... Trau mich nicht, Tier schauen so böse, hab Ansgt! Der Krieger werden mich in seine Finger bekommen und brechen das Genick ... Hör auf zu wimmern! Schwach, schwach bist du! Wehr dich! Beweg dich! Kämpfen! ... Ich kann nicht, will nicht, will warten bis er nicht mehr nach mir sucht ... Pah, Angst, Angst, so werden wir sterben! Früher wir sind auch nicht gestorben, weil wir uns verteidigt haben! ... Ja? ... Ja! Du hast vergessen Weißkittel den du hast getötet? Mit unseren scharfen Krallen du hast ihm durchgeschnitten seinen dürren Hals! ... Ja! Jaaaaa! Wir können gewinnen! Sind schnell, sind stark! ... SIND STARK!
Mit neuem Elan spülte es die Lähmung aus seinen Gliedern und im Augenwinkel erspähte es jene Säule, die es zuvor passierte. Mit einem Sprung könnte es sie erreichen, würde dabei nur etwas an Höhe verlieren, doch somit könnte es zumindest etwas zwischen sich, dem Krieger und dem borstigen Tier bringen. Ohne weiter darüber nachzudenken schätzte es die Weite ab, dann wartete es auf einen Moment, der für diese Aktion günstig wäre, also beide nicht gerade in seine Richtung blickten. Mit einem kraftvollen Schub drückte es sich von der Decke ab und wieder rieselten Steinchen und Staub zu Boden. Auf mittlerer Raumhöhe klatschte es auf die Rundung der Säule und die Krallen bohrten sich hörbar in den glatten Untergrund, um ein Abrutschen zu verhindern. Da es nun sowieso entdeckt worden sein musste, bestand nun kein Grund mehr weiterhin im Heimlichen zu verweilen, nur das Verborgene würde es beibehalten und deshalb kletterte es auch auf die vom Krieger abgewandten Seite.
"Fürst? Welcher Fürst? ... Du haben erschlagen Herrscher der Esse, sehen du haben an seine Platten", die Stimme hallte krächzend durch den Raum, dennoch war die Position der Kreatur mit etwas Geschick leicht zu bestimmen, "Wer bist du, dass erschlagen hast diesen Krieger? Dich noch nie hier gesehen ...", die bis gerade eben noch ruhig gehaltene Stimme wurde plötzlich ungehalten, angekündigt durch einen knurrenden Laut, "Naargh, wo ist diese Rat? Böse... BÖÖÖSEEE! HASSEN IHN! Hassen ihn... Verfluchen ihn... SIE ALLE! Wie ausgewechselt fuhr die Stimme dann in ruhigem, fast lieblichem Ton weiter fort. Wüsste man es nicht besser, so könnte man meinen es hätte hier noch einen Zwillingsbruder irgendwo im Raum verstecktt, doch Stimme und die Richtung aus der sie kam, ließen nur den Schluss zu, dass es auch wirklich alleine sein musste, "Fürst auch diese haben getötet? Bestrafung? Hihihi! Jaaaaa, Bestrafung!"


- Kogan - 12-04-2008

Unter der schützenden Haut des Helmes legte sich Kogans Stirn in Falten. Er wusste nichts rechtes anzufangen mit diesem merkwürdigen Besucher. Ein Attentäter schien er, trotz der Lautlosigkeit mit der er sich bewegte, nicht zu sein. War er doch einer, dann entweder mit einer krankhaft gespaltenen Persönlichkeit, oder aber mit dem Hang zur Schauspielerei. Hätte der Fremde jedoch über die Mittel verfügt ihn zu töten, dann wäre dies sicher schon geschehen, aus dem Schatten heraus. Für ein Zögen gab es keinen Grund und so vermutete er das es sich mit diesem Besucher anders verhielt.

Ich unterwarf den Schatten alter Zeiten und ließ den, in Wahnsinn verkrüppelten Rat erschlagen. Ihre toten Körper tanzten zu meiner Krönung. Ich herrsche in Rasankur uns alles was darinnen lebt ist mir Untertan.
Also krieche nicht im Schatten herum wie ein Tier, so du nicht wie eines sterben möchtest. Zeig dich, nenne mir deinen Namen und tu es schnell, denn ich bin kein geduldiger Mann! Dann wollen wir sehen ob es dir erlaubt wird weiter die Luft meiner Stadt zu atmen.


Wie um diese Worte zu unterstreichen ruckte Grunz vor und nur der eiserne Griff des Kämpfers verhinderte das er sich losriss und auf der gewitterte Fleisch stürzte.


- Abscheulich - 12-05-2008

Indessen arbeitete es im Kopf des Wesens, als es sich die Worte im Geiste nochmal vorlaß. Es hatte sich schon lange nach dem Tod des Rates gesehnt, zu lange hatten sie ihre dreckigen Finger überall in diesen Gemäuern, sahen alle Geschöpfe die nicht ihrer Kreation entsprangen als wertlos und verfolgten Abtrünnige ohne auch nur den Hauch von Erschöpfung zu zeigen. Die Kreatur zählte auch dazu, immer wieder ließ sie sich kurz an der Oberfläche blicken, doch die Reaktionen waren stets abweisend und endeten in Verfolgung. "Hat den Rat erschlagen lassen ... Jaa .... und ist nun neuer Herrscher ... Herrscher!" Leise flüsternd fasste es die Worte nochmals zusammen, nahm dabei eine Hand von der Oberfläche und kratzte sich durch die feinen Haare. Mit einem plötzlichen Ruck lugte es nun um die Rundung und setzte eine Extremität weiter nach vorne. Im Schein des Lichtes konnte man die scharfen Krallen nur zu gut erkennen, wie sie nun unruhig, vielleicht sogar nervös über den Pfeiler strichen. Die Augen ausdruckslos wie des eines Blinden auf den neuen Herrscher und das seltsame Borstentier gerichtet, gab es schnurrende Geräusche von sich. Im krassen Gegensatz zu der krankhaften Persönlichkeit, prangten die dolchartigen Zähne warnend aus seinem Maul, als wolle es zeigen, dass man es auf keinen Fall unterschätzen durfte. "Ihr ... Ihr sein neuer Herrscher? ... Hmmm ...", wieder schnurrte es, setzte nun allerdings Gließdmaß vor Gliedmaß und gab sich ganz zu erkennen. Unnatürlich setzten die beinartigen Gebilde immer wieder nach, was schwachen Mägen garantiert ein Würgen abverlangt hätte. "Ihr erschlagen Rat ... böse Rat ... sagen verkrüppelt!" In hypnotischen Schlangenlinien näherte es sich schließlich dem Boden des Raumes und ließ dabei nur selten den wachsamen Blick von den beiden ab. Schließlich lag es geduckt darauf und näherte sich noch wenige Schritte kriechend, stoppte aber dann in einem großen Sicherheitsabstand und richtete seinen Oberkörper in die Höhe, dabei eine Hand auf seine dürre Brust legend, "Wir heißen 'Abscheulich', haben bekommen Namen von Bewohnern Rasankur mit weißen Kitteln ... HASSEN, HASSEN SIE! ...", die Stimme wechselte unerwartet wieder in einen aggressiven Ton, verschwand allerdings wieder so schnell wie sie gekommen war, "... sein böse gewesen, haben uns aufwachen lassen hinter Glas, wie viele andere hier ....", schluchzte es und rieb sich mit einer Hand im Gesicht, nur um sie wieder wegzunehmen und mit stolz geschwellter Brust den Kopf anzuheben, "... aber wir konnten entkommen! ... Jaaaaa, entkommen! Hihihi! Waren zu schnell! Haben geschlitzt einen von ihnen die Kehle auf!" Ein schallendes Gelächter gab der Schadenfreude Ausdruck, die das Wesen beim töten verspührt haben musste. Der Schweinehund an der Seite des Kriegers ruckte wieder und grunzte, während der Speichel bereits aus seinem Maul tropfte, in heißer Erwartung auf das Fleisch der Kreatur. Verschrocken, als hätte man das Feuer auf ihn eröffnet, machte es einen weiten Satz nach hinten und klebte nun wieder an der runden Säule. Fauchend öffnete es sein Maul, sichtlich in Angriffsstellung. Als es jedoch bemerkte, dass der Krieger weiterhin seinen eisernen Griff um das Borstentier beibehielt, wurde seine Körperspannung wieder etwas lockerer.


- Kogan - 12-05-2008

Die Kreatur deren Name, wohl aus einem Missverständnis geboren, aber dennoch überaus passend, war hatte das schlichte Gemüt eines Kindes. Sicher eines gebrochenen und misshandelten Kindes, aber dennoch simpel gestrickt. In der zeitlosen Dauer der Einsamkeit musste es sich selbst als besten Kameraden entdeckt und seine Persönlichkeit gespalten haben. Das einzige Mittel um sich Gesellschaft zu verschaffen wenn man ein Ausgestoßener ohne Seinesgleichen war. Der Fürst ließ die Axt sinken. Dieses Wesen ängstigte ihn nicht. Zwar hatte es die Natur, oder wohl ehr die Weißkittel von denen es plapperte, mit einigen raubtierartigen Attributen ausgestattet, doch diese reichten weder um ihn zu bedrohen, noch um zu erschrecken. Er hatte wahrlich furchteinflößendere Dinge erblickt als diese verdrehte Spottgeburt. Mochte seine Chancen auf Sieg auch nur bestehen wenn der Gegner gänzlich arglos war oder gar schlief, so hatte hatte dieser Abscheulich doch offenkundig andere, nutzbare Fähigkeiten. Immerhin war er unbemerkt an erfahrenen Wächtern vorbeigeschlichen, hatte Mauern und Riegel überwunden. Mochte er auch nicht den besten Attentäter abgeben, so konnte er doch ein brauchbarer Spion sein. Dies galt es herauszufinden, das Können zu prüfen. Kogan glaubte zu wissen das der Schlüsse, um dieses Wesen für sich zu nutzen, in dessen Sehnsucht nach Anerkennung und dem naiven Geist verborgen lag.

Höre, Abscheulich. Ich habe die töten lassen die dich einst quälten und ich kann noch mehr für dich tun. Diene mir und die Tage in denen du dich allein durch die Dunkelheit getastet hast werden der Vergangenheit angehören.
Die Chance dazu gebe ich dir.
Du hast die Fremden gesehen die um die Stadt herum lagern? Die sie bedrohen und ihre heiligen Mauern schleifen wollen. Unter ihnen ist einer der mir etwas gestohlen hat. Einen Stab von der Länge eines kleinen Mannes etwa.
Er zeigte die Größe mit der Axt an. Aus vier Stangen ist er gedreht, die sich oben zu einer Knospe vereinen. Runen zieren den Schaft, du wirst ihn erkennen so du ihn siehst. Er hat einen hohen Wert, also befindet er sich sicherlich im Besitz eines Oberen. Bringe mir diese Waffe und ich nehme dich in meine Dienste auf. Kogan wandt sich ab ohne eine Antwort des Wesens abzuwarten. Lediglich als er die niedrige Tür erreicht hatte hielt er noch einmal inne.
Du siehst also, ich lasse dir die Wahl Abscheulich. Beweise dich und du erhebst dich zu etwas von Bedeutung. Er öffnete die Pforteund schritt hindurch.
Tu es nicht und friste dein bedeutungsloses Sein in ewiger Einsamkeit. Der Bolzen fiel ins Schloss und ließ den Mutanten in der Dunkelheit zurück.

Kogan unterdessen schlug den Weg zurück zu seinen Wohnräumen ein. Er wollte nach dem Befinden Melanies sehen. Als er die Stufen erklomm dachte er über das hässliche Geschöpf nach. Beurteilte er es richtig, so würde es versuchen das geraubte Artefakt zurück zuholen. Wenn es gelang dann waren seine Fähigkeiten wirklich nützlich. Scheiterte es aber, lagen ein paar Mutantenknochen mehr zum Bleichen in der Sonne.
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Eine eiskalte Hand krampfte sich um sein Herz als Kogan das Blutbad gewahrte das in ihrem Allerheiligsten, ihrem letzten Refugium des Privaten, angerichtet war. Sein erster Gedanke galt Melanie und er fürchtete halb sie zwischen den Toten liegen zu sehen. Ein Befürchtung die sich als unbegründet herausstellte, den Gedanken aber gleicht wieder auf neuerlich Entführung lenkte. Konnte es sein das er seine geistige Gesundheit, oder das was der Kriegerfürst dafür hielt, aufs Spiel gesetzt hatte nur damit sie ihm, aus einer grausamen Laune der Götter heraus, wieder entrissen wurde? Hastig sah er sich in dem Raum um und erkannte schnell das sich das Geschehene anders darzustellen schien. Der Lebenssaft, der bereits trocknete und eine klebrig, bräunliche Färbung anzunehmen begann, stammte wahrlich nur von den anwesenden Leichen. Zwischen den Spritzern und Lachen konnte er nun die Abdrücke schlanker Frauenfüße ausmachen. Nachdem sie auf einer der oberen Stufen in das Blut des Arztes getappt war schlängelten sich die Spuren grazil die Stiege hinab. Auf dem Marmorboden angelangt liefen sie dem Knochenleser zu, wo die Verursacherin offensichtlich das Schicksal des alten Geistersehers besiegelt hatte. Kogan konnte ein Lächeln nicht unterdrücken als ihm die Ironie auffiel. Wenn ein Wahrsager hinterrücks Meuchelmord erfuhr war dies nichtgerade ein Beweis für den Wert seiner Kunst. Melanie musste also erwacht sein und aus einer ihrer Launen heraus dieses Schlachtfest angerichtet haben. Wer konnte schon sagen was ihren Unmut erregt hatte? Selbst er, der sie auf dieser Welt sicher am besten kannte, konnte nicht immer nachvollziehen welchen Strömungen ihren Gemütszustand beeinflussten. Der Eigensinn der Frauen und dieser im Besonderen, gepaart mit den fremdartigen Einsichten die sich ihr offenbarten, mochten ihr Gründe bieten die sich anderen Menschen entzogen. Wie es sich auch verhielt, es freute den Krieger das sie ihre albernen Vorbehalten, gegenüber dem Töten, offensichtlich zur Gänze abgelegt hatte. Auch wenn die unregelmäßig klaffenden Wunde ihn zu dem Entschluss kommen ließ, das er ihr einige Lektionen im Umgang mit der Klinge würde geben müssen.
Es stellte sich nun jedoch die Frage, wohin sie geeilt war. Dem Fürsten schien es, während er sich daran machte die Fährte aus blutigen Zeichen zu verfolgen, als wäre es sein Schicksal ihr bis in alle Ewigkeit nachzusetzen um sie aus misslichen Lagen zu befreien. Vielleicht wäre er mit einem einfacheren, weniger eigensinnigen Weib besser bedient gewesen? Doch er verneinte die selbstgestellte Frage innerlich sofort wieder. Die fanatische Liebe zu Melanie, so fatal sie am Ende auch sein mochte, war das Bezeichnenste was ihm in seinem bisherigen Dasein widerfahren war. Das die Krönung zu einem Stadtherren hinter diesem Fakt anstand mochte einiges über dessen Bedeutung für den Krieger aussagen.
Eine verschleierte Dienerin, die frisches Wasser hatte bringen wollen, stieß einen spitzen Schrei aus als sie das Massaker im Gemach ihres Herren erblickte.

Räum das auf!

Mit diesem barschen Befehl schob er sie beiseite und verfolgte die klebrige Spur weiter. Sie führte erstaunlich weit und als sie schwächer wurde befand sich der Suchende bereits tief in den Eingeweiden des Palastes. Doch nun endeten die grausigen Hinweise und von hier aus hätte sie überall hin laufen können. Ratlos drehte sich der Schlächter im Kreis und studierte die möglichen Wege ohne das ihm dadurch eine Eingebung erhellte. Grunz Interesse an der Suchaktion beschränkte sich darauf den Weg zurückzugehen und die blutigen Abdrücke aufzulecken. Kogan indes lauschte in der Hoffnung ein verräterisches Geräusch aufzuschnappen. Doch nur der Sandsturm tobte in einiger Entfernung gegen die Wälle.
Da war es ihm als würde Gesang an sein Ohr getragen, wie aus weiter Ferne, wie aus einem Traum. Der helle Klang schwebte aus einem unscheinbaren Seitengang zu ihm und unwillkürlich folgte er dem Geräusch. Eine schmale Stiege führte in die Katakomben und jeder getane Schritt ließ das Lied lauter werden. Weder konnte er einzelne Worte ausmachen, noch erklären warum der Ton so fordernd an ihm riss, ihn aufforderte noch schneller durch die modrigen Gänge zu eilen. Dennoch kam ihm dieser Sog bekannt vor, doch nur woher? Der Fürst hatte eine Fackel entzündet, die Folterkammern passiert und erreichte gerade den natürlich gewachsenen Fels, als es ihm plötzlich einfiel. In der unterirdischen Deponie hatte er dieses Gefühl zum ersten Mal gespürt. In jener bizarren Eigenwelt aus Müll und dem Abfall einer ganzen Zivilisation. Damals war der Ruf jedoch martialischer gewesen, weniger subtil. Nicht lockend sondern flehentlich, verlangend.
Der Schein der Fackelflamme verlor sich in der Weite jener schwarzen Höhle die der Lord nun betrat, spiegelte sich auf der gekräuselten Oberfläche des Sees.


- Melanie Zaebos - 12-06-2008

Stromlinienförmig plätscherte durch grünliche Algen gefärbtes Wasser aus den uralten Krügen der Gargylen. Einzelne, flüchtige Tropfen perlten durch den Fall an der glatten Oberfläche ab, so das ein leichtes rieseln am stellenweise gebrochenen Beckenrand zu vernehmen war. Schwüler Dampf kroch wie verstorbene Seelen darüber, unmerklich viel kühler erschien diese Grotte den die restliche Welt, welche hinter Dunkelheit und uraltem Gestein verborgen lag. Unterdrückt, möglicherweise auch nur eine fantasielose Einbildung, haftete dieser tiefen Kammer eine majestätische Aura an.

Fehlgeleitete Schallwellen aus den pelzigen Mündern flatternder Schattenwesen hallten von sämtlichen Oberflächen wieder, während sich die schweren stählernen Stiefel des gekrönten Herrschers rasselnd durch den abgenutzten Mergel und Kalk schoben, welcher sich im Laufe ungepflegter Jahrhunderte hier gebildet hatte. Wie ein zielloser, aber auch rastloser Wanderer, strich er einen glühenden Fackelstab erhoben tapsig durch die alles verschlingende Finsternis welche jenseits eines fragilen Lichtkegels hauste. Einhändig spähend, dennoch schlagbereit das Beil in einer Hand auswuchtend, was für sich alleine einem übermenschlichen Kraftakt entsprechen müsste.

Unter den aalgleichen “Küstenschwingungen” des Gewässers stellte sich ein anderes Bild dar, ein gesichtloser Myrmidone watschelte unvorsichtigen Schrittes durch ein ihn gänzlich unbekanntes Terrain, sich schützend wie an einer Planke bei Schiffsbruch an einer erstickenden Fackel festhaltend. Instinktiv setzte er seine Schritte bedachter, seitlich abgestützt um jederzeit wiederum Halt finden zu können, während sich die Halbschärfe seiner mörderischen Axt ein wenig selbst durch die reflektierende Oberfläche des Wasser abzeichnete. Ein schmaler, gerade mal mannbreiter Korridor spaltete das Bassin oberirdisch, während unterhalb des Flüssigkeitspegels mehrere schleusenartige Verbindungen existierten, welche wohl einstmals als eine primitivere Form der Filtrierung genutzt worden waren. Doch eine äonenlange Verwahrlosungen hatte einen deutlichen Tribut gefordert, somit waren sämtliche der feinmaschigen Kupfernetze bereits von Rost zerfressen worden, hingen als abgerissene Fasern in ein trübes Nass. Weiters war das bedachte Aufsetzen seiner Haken wie lauter Donnerschlag oder Trommelwirbel zu vernehmen, zumindest unterhalb, während es sich oberhalb gerade mal als “Schlurfen” offenbarte. Der Schlächter selbst schien beunruhigt, oder abgelenkt, mehr wie ein räudiges Tier nach weggeworfenen Futterresten suchend den ein intellektbegabtes Lebewesen. Dennoch schien es seine untrügerische Beharrlichkeit welche ihn vorantrieb, weiterhin zu suchen, was auch immer es war das er sich hier erhoffte zu finden. Sie ergriff ein glattes Steinplättchen von der untersten Ablagerung alter Fassadensegmente, tauchte lautlos an die spiegelglatte Schwärze der Oberfläche während sie in einiger Entfernung deutlich vernehmbar den gepanzerten Rücken sehen konnte. Aus einer neckischen Laune heraus balancierte sie die eben “Münze”, ehe sie diese halbwegs gezielt an den Hinterschädel seines Helms speckte und lautlos untertauchte ehe er eine “erschrockene” Pirouette vollzogen hatte.


- Kogan - 12-06-2008

In einem platschenden Wasserhalbkreis wirbelte der Krieger herum. Um ein Haar hätten das spritzenden Nass das Fackellicht ausgelöscht. Kogan hielt es höher und die Flamme zuckte nervös, als fürchte sich das Wasser. Ihr Schein enthüllte dem Kämpfer ohnedies nicht, die Oberfläche lag glatt nur seine eigenen Schritte und der Sturzbach aus den Krügen und Mäulern der steinernen Wächter durchbrachen diese Makellosigkeit.

Ich habe keine Zeit für diese Spielchen Melanie! Die Beduinen werden ihren Schock schnell überwinden und wieder angreifen. Ich sollte auf den Mauern sein.

Keine Antwort, nur das Echo das ihn nach äffte und mit den eigenen Worten verhöhnte. Dann enthielt er doch eine Entgegnung als ein neuerliches Steinchen gegen den gepanzerten Hinterkopf klirrte. Wieder drehte er sich zu der vermeintlichen Quelle der Neckerei und wieder war nichts zu erspähen. Dieses Mal echote sein gereiztes Knurren zurück. Kogan riss sich den Helm vom Kopf, da ihm dieser die ohnehin schlechte Sicht zusätzlich behinderte und ließ ihn achtlos fallen. Bis zur Hälfte versank er in seichten Wogen und starrte grimmig aus dem Nass.

Du benimmst dich kindisch. In diesem See könne alle möglichen schädlichen Substanzen enthalten sein. Willst du dich vergiften törichtes Weib?

Wieder keine Antwort.
Der Krieger war inzwischen bis zu Hüfte in die flüssige Dunkelheit eingetaucht und ließ das Strahlen der Fackel systematisch über das Wasser wandern. Doch bis auf den gespiegelten Schein war nichts zu sehen. Wie konnte sie solange die Luft anhalten?
Plötzlich schnellte etwas hinter ihm in die Höhe. Zwischen dem Rauschen des aufgewühlten Wassers glaubte er ein helles Lachen zu hören, dann löschte ein Schwall die Fackel aus. Es zischte einmal kurz dann war Schwärze alles was ihn umgab.

Du hattest deinen Spaß, Melanie! Sagte er ins Nichts und seine Worte schienen noch lauter, noch mehr fehl am Platze.
Jetzt lass uns wie in den Palast hinaufgehen.

Wenig verwunderlich das er keine Erwiderung erhielt. Immerhin bemerkte er das es doch nicht so absolut dunkel war wie seine, durch das Feuer überreizten, Augen anfangs vermutet hatten. Ein schwaches, grünliches Leuchten ging vom Grund des Gewässers aus und umhüllte alles mit einer diffusen Aura. Ein befremdlicher, wenn auch überaus schöner Anblick, wie sich der Fürst eingestehen musste.
Nur von der Frau, die hier ihren Schabernack mit ihm trieb, war nach wie vor nichts zu sehen.