Koron III
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- Ignatz Schnabelmayer - 06-04-2018

Benommen richtete sich der Professor auf, schwankend und selbst mit dem Geschmack von Blut im Mund. Hatte er sich irgendwo den Kopf angeschlagen oder in der Aufregung schlicht auf die Zunge oder Innenseite der Backe gebissen? Schwanke das Boot so sehr oder er selber? Sequoyah am Boden, scheinbar verwundet.
Das Tier im Begriff ihre Nussschale zu versenken und sie alle ins Wasser und damit in sein todbringendes Refugium zu ziehen.
Ignatz repartierte das Gewehr, was eine unverbrauchte Patrone auswarf und in das Wasser platschen ließ, welches schon zu ihrem Fußen schwappte und zusehends das Boot füllte.
Er bemerkte nicht einmal, dass er seine Waffe zum zweiten Mal durchlud. Er legte an.
Der Schädel des Dornenrücken kam ihm groß wie der Platz der Helden in Gohmor vor und doch befürchtete er selbst auf diese kurze Entfernung zu verfehlen, so sehr schaukelte alles. Als er endlich einen leidlich festen Stand gefunden hatte, ließ das Tier vom Boot ab und tauchte unter.
Er will uns wieder rammen! Stieß der Professor zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und ließ die Verderben heißende Linie von Kimme und Korn über die schwarze Wasseroberfläche wandern. Im Boot herrschte Ruhe, doch nicht aus Erleichterung geboren, sondern aus bangem Abwarten und Unvermögen das vorzubereiten was kommen würde.
Sequoyah atmete schnell und flach, hatte die Hand auf die Brust gepresst und zwischen seinen Fingern tropfte Blut hervor, dass im Schein der einen Fackel, die nicht während des Angriffes erloschen war, schwarz wie Tinte aussah.
Aber die Linke war kraftvoll um den Bootsrand gekrallt und sein Blick ging wachsam und besorgt über das Wasser. Ein gutes Zeichen.
Dort! Flüsterte einen belegte Stimme, die Ignatz keinem der Männer explizit zuordnen konnte. Sein Blick zuckte kurz zu der deutenden Hand und dann in die Richtung, in die sie wies.
In einiger Entfernung tauchte der Kopf des Stachelrücken auf. Von ihnen abgewandt, offenbar strebte er wieder dem Ufer zu. Für eine Sekunde war Ignatz nun doch versucht zu feuern, so sehr hatte sich jede Faser seines Körpers jetzt darauf eingestellt es zu tun.
Dann wandte das Tier den Kopf und sah zu ihnen zurück. In seinen Augen spiegelte sich das Mondlicht und das breite, mit Zähnen gespickte Maul schien sie anzugrinsen. Er verschwindet! Konstatierte er, ebenso überrascht wie erleichtert. Es will uns täuschen. Blaffte Cordell, in dessen Stimme mehr Angst als Überzeugung mit schwang. Er hätte uns erledigen können, wenn er gewollt hätte. Weder muss er uns täuschen, noch ist er dazu in der Lage. Es ist ein Raubtier.
Belehren sie mich nicht.
Fuhr Cordell jetzt hoch. Ihr Zögern hätte uns fast alle das Leben gekostet. Ignatz war bewusst, dass aus dem Mann die überstandene Todesangst sprach und schließlich hatte er ja auch nicht ganz unrecht. Dennoch sprudelte auch in seinem Blut das Adrenalin und wo er zu einem anderen Zeitpunkt vielleicht Besonnenheit hätte walten lassen, gingen nun die Pferde mit ihm ebenso durch. Mit Ruhm haben sie sich auch nicht eben bekleckert, Mann. Mit ihrem läppischen Revolver hätten sie es nur noch wütender gemacht.
Noch wütender? Sind sie noch bei Trost? Noch wütender ging doch wohl kaum. Ich sollte sie…
Er sprang auf, brachte das Boot erneut zum Schaukeln. Na was? Ignatz stand ihm breitbeinig gegenüber, die Hände so fest um das Gewehr geballt, dass die Knöchel weiß hervortraten. Cordell war größer und stämmiger als Ignatz und wenn er ihn im Fall eines Falles auch nicht erschießen würde, so war er doch bereit ihm den Kolben des Gewehres über den sturen Schädel zu ziehen.
Am Ufer erkletterte der Stachelrücken die Böschung und schüttelte sich Wasser aus dem Fell. Was für eine Wunde ihn Sequoyahs Muskete auch beigebracht hatte, im Augenblick war nicht ersichtlich wo er getroffen hatte und wie stark der Verletzung war. Der Jäger schenkte der Beinahebeute noch einen langen Blick und verschwand dann im Dickicht.
Während sich Schnabelmayer und Cordell in ihren Streit steigerten besah sich Bijan den Verwundeten. Es blutet stark, scheint aber nicht sehr tief zu sein. Du wirst ein paar beeindruckende Narben davon tragen wenn du… hey bleib doch liegen. Aber Sequoyah dachte nicht daran. Er zog sich in eine sitzende Position, ächzte unter Schmerzen und blickte angespannt in die Nacht. Er ist nicht wegen uns weg. Sprach er mit belegter Stimme. Nicht weil er das Interesse verloren hat und auch nicht weil ihn meine Kugel vertrieben hat. Er ist weg weil er vor etwas anderem Angst hat.
Das immerhin unterbrach die Streiterei und sorgte dafür, dass sich die Männer unbehaglich anblickten. Unstimmigkeiten unter Lämmern interessierten den Metzger selten und sie taten besser daran damit nicht ihre Zeit und ihre Möglichkeiten zu verschwenden. Der Zank wurde stillschweigend auf später verlegt und in die Besatzung des geschundenen Bootes kam Bewegung. Man räumte dem Verwundeten den meisten Platz ein, während sich Cordell daran machte das eingedrungene Wasser mit seinm Hut über Bord zu schöpfen und Bijan sich des Motors befleißigte. Ignatz bezog Posten in der Spitze des Dingis und versuchte die Augen überall zugleich zu haben. Der Motor sprang hustend an und das Boot begann sich Fluss aufwärts zu quälen.
Dieser Bewegung wohnte eine gewisse Sicherheit inne, dennoch fiel allen nun überdeutlich die vollkommene Stille auf, die noch immer um sie her herrschte.
Gewiss, ihr Kampf, das Schreien und Schießen, die pure Anwesenheit des Stachelrückens, all das mochte dafür gesorgt haben, dass der Urwald just an dieser Stelle den Atem anhielt. Doch gerade diese Stille schien zu schreien, dass der Mensch an diesem Ort nicht zu sein hatte. Der überbordenden Vitalität wohnte eine bösartige Bedrohung inne, die nicht hätte deutlicher hervortreten können, wenn die Kreaturen der Nacht die Luft mit ihren bizarren Stimmen gefüllt hätten.
Der Außenborder dröhnte unangenehm laut und auch wenn sie mit jedem gewonnenen Meter hätten mehr aufatmen können sollen, war das Gegenteil der Fall.
Etwas war dort.
Am Ufer, in den Bäumen, hielt mit ihnen Schritt und es war nicht der Stachelrücken. Weder konnten sie etwas sehen, noch hören und doch war es zu spüren. Das dies keine Einbildung war oder wenn doch dann eine, der sie alle unterlagen, zeigte sich daran, dass alle angestrengt auf das linksseitige Ufer starrte.
Einmal gingen Ignatz die Nerven durch und er feuerte in das Dickicht, überzeugt davon eine Bewegung gesehen zu haben. Das Donnern der großkalibrigen Waffe klingelte ihnen in den Ohren, dennoch konnten sie hören, wie die Kugel durch dicke Blätter schmetterte und Pflanzensaft verspritzte.
Doch weder hob sich damit die Anspannung, noch schien die Bedrohung zu verschwinden. Als sie eine Flussgabelung passierten und die Geschwindigkeit drosseln mussten, da sich hier treibende Äste und Baumstämme gesammelt hatten, glaubte Cordell das Geräusch eines ins Wasser fallenden Körpers gehört zu haben. Er hatte inzwischen den Revolver mit Kugeln aus seiner Hosentasche nachgeladen und umklammerte die Waffe verbissen, ohne dass sich ihm ein Ziel bot.

Es schlug zehn Minuten später zu! Das tat es so plötzlich und mit blitzartiger Schnelligkeit, dass weder die wieder aufgenommene Fahrt, noch die erhöhte Wachsamkeit der Männer etwas verhindern oder eine angemessene Reaktion herbeiführen konnten. Ignatz wirbelte herum, als er das Aufspritzen von Wasser hörte.
Hinterher hätte er nicht mehr sagen können was er gesehen hatte. In einer Fontäne aus Flusswasser war ein Durcheinander aus Extremitäten zu sehen. Ein bulliges Etwas, vielleicht von menschenähnlicher Gestalt, vielleicht nicht. Es ging alles viel zu schnell. Groß war es und dennoch ließ es die geschmeidige Agilität wie des Stachelrückens wie einen schwangeren Zuchtgrox aussehen.
Den Herzschlag, den es brauchte um sich aus dem Wasser zu katapultieren hatte Ignatz eine grässliche Assoziation zu dem unheiligen Fetisch, den er Sequoyah gezeigt hatte, auch wenn bestenfalls die unnatürliche Anzahl von Armen, Klauen oder was immer es war, diesen Eindruck erzeugt haben dürfte. Das Ding erreichte den Scheitelpunkt seines Sprunges, packte Bijan in einer Umarmung und war verschwunden, ehe das Wasser noch die Insassen des Bootes durchnässen konnte. Der Unglückliche hatte nicht einmal die Zeit zu schreien. Das Ungeheuer war bereits abgetaucht als Cordell ins Wasser feuerte und Ignatz es ihm nach kurzen Zögern nach tat. Sicher bestand die Gefahr Bijan zu treffen, doch niemand musste aussprechen was alle dachten. Eine verirrte Kugel war gewiss die gnädigere Alternative. Doch weder tauchte das Untier wieder auf, noch ein Opfer. Beide waren vom Fluss wie verschluckt.
Nach ein paar Minuten begannen Nachtvögel, Insekten und anderes, lichtscheues Getier wieder ihr Konzert anzustimmen.


- Sequoyah - 06-09-2018

Mit schmerzverzerrtem Gesicht richtete sich Sequoyah auf seine Muskete stützend auf. Der Professor und Cordell standen am Bootsrand und feuerten wild ins Wasser. Bijan war fort, von diesem Wesen gepackt und in die feuchten Tiefen des Flusses verschleppt. Sequoyah hatte es nur für den Bruchteil von ein oder zwei Sekunden gesehen, bevor es verschwunden war. Seine Arme oder Klauen und die tödliche Eleganz die es an den Tag gelegt hatte. Und eine Intelligenz, die ihn beunruhigte, da sie ihm nicht sehr tierisch vorkam. "Hört auf zu schießen. Es macht keinen Sinn mehr. Bijan ist tot." Nachdenklich starrte er in die Stelle, wo das Wesen abgetaucht war und schwieg für einige Momente.
Dann wandte er sich an seine beiden Begleiter, die angespannte Blicke zwischen einander, ihrem dritten Begleiter und dem Flus wechselten. "Wie kannst du eigentlich so ruhig sein!" Ereiferte sich Cordell, dem das pure Entsetzen ins Gesicht geschrieben stand. "Bijan wurde gerade von diesem Monster getötet und auf nimmer wiedersehen vom Wasser verschluckt und du regst dich nicht auf? Zeigst keine Angst? Was bist du für ein Mann?" "Ich habe Angst und bin besorgt. Aber das ist nicht der richtige Zeitpunkt, um sich diesen Gefühlen hinzugeben." Dann wandte Sequoyah sich an den Professor. "Hört du es Ignatz? Der Wald lärmt wieder. Es ist vorbei. Wir werden nicht nocheinmal angegriffen. Zumindest diese Nacht."
Langsam näherte er sich dem Rand es Bootes und starrte auf die schwarze Wasserfläche. "Wir sollten uns jetzt von Bijan verabschieden."
Mit diesen Worten zog sich Sequoyah die Klinge seines Messers über den linken Handteller und ließ das im Fackellicht schwarz glänzende Blut von seiner zur Faust geballten Hand ins Wasser tropfen. Schweigend hielt er Ignatz das Messer hin und wartete ab, wie seine Kameraden verfuhren ohne ihr Verhalten zu kommentieren. Anschließend nahm er es wieder entgegen und verstaute es, entnahm eine handvoll Tabak aus seinem Beutel und streute diesen ebenso in den Fluss und verharrte schweigend für einige Augenblicke. "Bijan mag tot sein, aber seine Seele wird uns als Schatten begleiten. Wir müssen sie respektieren und an sie gedenken. So lange wir uns an Bijan erinnern, wird sie auf dieser Welt bleiben können. Aber..." und Sequyahs Finger hob sich warnend, als er seine Begleiter ernst anblickte "...aber wir müssen alle seine Besitztümer verbrennen. Wir haben kein Anrecht auf sie und er selbst braucht sie noch." Cordell schaute ihn entgeistert an und wandte sich besorgt an den Professor. "Was für einen heidnischen Unsinn redet der Mann da? Bijan ist vor dem goldenen Thron des Gottkaisers und empfängt gerade seinen Richtspruch! Bringen sie ihrem Begleiter Respekt vor den Toten bei und lassen ihn nicht so freveln." Als Sequoyah ihn wegen dieser Aussagen mit ernster Miene ansah, schlug der Matrose das Zeichen des Aquila vor seiner Brust und zog sich Richtung Motor zurück. "Ich... ich versuche uns mal hier rauszubringen. Nicht das das Vieh vielleicht noch mal kommt. Auf die Worte ihres Freundes gebe ich da zu unserer Sicherheit lieber nichts."
Stotternd sprang der Motor wieder an und das Boot quälte sich so schnell es ging flussaufwärts. Cordell warf während der Fahrt alle paar Sekunden einen Blick über seine Schulter zurück und umklammerte mit weiß hervortretenden Fingerknöcheln seinen wiedergeladenen Revolver. Der Schrecken saß ihmimmer noch in den Knochen und er würde sich wahrscheinlich erst wieder halbwegs sicher fühlen, wenn er auf dem Dampfschiff war. Sequoyah hatte darauf bestanden an der Spitze des Dingis zu sitzen, da er am besten in der Dunkelheit sehen konnte, was etwas vorgeschoben klang, da sie auch mit "nachtblinderen" Ausgucken bisher ganz gut durch die Nacht gekommen waren. Auch Ignatz Hinweise, dass er sich der Verletzung wegen schonen solle, lehnte er mit einer brüsken Handbewegung ab. So saß er nun, mit der wieder geladenen Muskete quer über den Beinen, in der Spitze des Dingis und ließ seinen Blick über beide Seiten des Ufers schweifen.
"Du hast es wiedererkannt nicht Ignatz? Das Ding aus dem Fluss." Die dunklen Augen musterten den Professor nachdenklich. "Ich kann sehen, dass dich der Gedanke daran beunruhigt. Die Vorstellung, dass der Fetisch vielleicht echter ist, als du dachtest. Vielleicht aber auch nicht. Wir haben es ja nur für den Bruchteil eines Augenblicks gesehen. War es ja ein bösartiger Geist oder vielleicht doch nur ein Tier? Ein unnatürlich schlaues, wie dir vielleicht aufgefallen ist. Die lange Strecke die es uns verfolgt hat, obwohl es doch deutlich leichter zu erlegende Beute hier im Regenwald gegeben hätte. Der Angriff aus dem Hinterhalt oder, dass es uns sowohl an Land, wie im Wasser mühelos verfolgen konnte. Es ist glaube ich ins Wasser gewechselt, als wir die Flussgabelung passiert haben und wir langsamer werden mussten. Und es konnte im Gegensatz zu dem Dornenrücken eindeutig zwischen uns und dem Boot unterscheiden. Ich glaube nicht, dass es ein Tier war. Zu schlau, zu geduldig, zu planend... Es muss ein Geist oder Dämon gewesen sein." Fragend schaute Sequoyah den Professor an. "Oder was denkst du dazu?"
Dann schwieg er und ließ dem Professor Zeit, um seine Gedanken zu sammeln und ihm zu antworten. Erst rund zwanzig Minuten später sprach er wieder.
"Ich rieche Rauch. Wir sollten bald den Dampfer erreichen."


- Ignatz Schnabelmayer - 06-26-2018

Ignatz nahm das Messer nicht an, um sich dem Ritual der Ehrbekundung anzuschließen. Gedankenverloren reichte er es an Cordell weiter, der ein Gesicht machte als hätte er eine tote Ratte übergeben bekommen.
Ignatz fühlte sich ausgebrannt und müde, jetzt wo Adrenalin und Todesangst seinen Körper nicht mehr aufputschten. Selbst auf die engstirnige Sichtweise auf die Glaubensbekundungen seines Kameraden konnte er nicht mit der gewohnten Eloquenz reagieren.
Andere Welten, andere Sitten. Kommentierte er lustlos. Ein jeder ehrt den Gottkaiser wie es ihm schicklich erscheint. Konzentrieren sie sich jetzt auf das Steuern und lassen sie uns alles Weitere bei Tageslicht, einem TangKahve und möglichst vielen Waffen um uns her bereden.
Sie können ihre Kritik und ihre Eindrücke dem Kapitän schildern, genauso wie ich.
Das werde ich auch!
Knurrte Cordell und beugte sich damit brütend über die Steuerstange des Motors.
Ignatz war derweil seinerseits in sich gekehrt. Es hatte einen Toten gegeben unter seinem Kommando. Hätte er sich von Sequoyah doch nur nie zu diesem Abenteuer überreden lassen. Dann würde der unglückliche Bijan noch unter den Lebenden weilen. Das Forscherglück einen leibhaftigen Stachelrücken gesehen zu haben kam ihm in Vergleich zu diesem Verlust schal und bedeutungslos vor.
Zumal, so wurde ihm in diesem Moment klar, ihm ohnehin niemand glauben würde, so er von seiner Sichtung berichtete. Seine Erzählung würde sich in die Riege der Kryptozoologie einreihen und der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Die Zeugenaussage eines knurrigen Flussschiffers und eines halbwilden Fremdweltlers würden daran auch nichts ändern. Bijan war ganz und gar umsonst gestorben.

Geist oder Dämon… So ein Unsinn! Er reagierte brüsker auf die Erklärungsversuche seines Freundes als beabsichtigt. Hieß es nicht das getroffene Hunde bellen würden?
Er zwang sich zur Ruhe und legte sein eigenes Gewehr ebenfalls über die Knie, in Imitation seines Gegenübers. So konnte Sequoyah den rückwärtigen Bereich ausspähen, währen er nach vorn hin Ausschau hielt. Selbst wenn ihr unheimlicher Angreifer verschwunden war, barg der Dschungel auch so noch genügend Gefahren um ihnen den Gar auszumachen.
Nein, nein es war ein Wesen aus Fleisch und Blut, dass Bijan geholt hat. Wir haben genügend Lärm gemacht, dass jeder Jäger im Umkreis von vier Kilometern auf uns aufmerksam werden konnte. Das uns letztlich einer gefunden und verfolgte, der selbst den Stachelrücken einschüchtern konnte, war gleichsam vorhersehbar wie tragisch. Was es war weiß ich nicht? Aber es war ein Tier, da bin ich ganz sicher. Wenn auch ein ausnehmend intelligentes, dass will ich eingestehen.
Geister müssen nicht warten bis ein Boot langsamer wird um sich im richtigen Moment ins Wasser fallen zu lassen.
Auch der Fetisch erklärt sich durch einen logischen Schluss. Wenn dieses Tier und seine Artgenossen die Wälder durchstreiften, so tun sie dies nicht erst seit gestern. Da es offenkundig nicht davor zurückschreckt Menschen als Beute anzusehen ist es nachvollziehbar, dass die Einheimischen eine natürliche Angst vor der Kreatur entwickelt haben. Angst die in Verehrung oder den Versuch Abwehrzauber zu nutzen umgeschlagen ist. Wenn die Statuette Ähnlichkeiten mit dem Wesen aufweißt… wobei ich mir nicht sicher bin. Ich habe es kaum gesehen. Aber wenn das der Fall ist, dann könnte die Figur doch zur Abwehr des vermeintlichen Monsters gedient haben. Immer davon ausgehend, dass die Figur überhaupt etwas mit dem Angreifer zutun hat und uns hier nicht Zufall und überreizte Nerven einen makaberen Streich spielen.
Er bemerkte, dass er dabei war zu dozieren und schwieg, die Aufmerksamkeit wieder auf die Umgebung richten.

Dieses Schweigen wurde erst unterbrochen als Sequoyah bemerkte, er rieche Rauch. Ignatz konnte nichts dergleichen feststellen. Er roch nur das Wasser, den schweren Duft der Vegetation und den Schmauch an seinen Händen und in seiner Kleidung. Dennoch zweifelte er nicht an den Fähigkeiten des anderen. Wenn der Dampfer sich an die Anweisungen hielt, würden sie spätestens bei Sonnenaufgang aufgeschlossen haben. Das Sequoyah jetzt schon den Rauch riechen konnte musste nicht soviel bedeuten. Derartige Gerüche konnten weit tragen während des Schweigens der Welt, wo die Luft so unbewegt war, dass sich etwa der Rauch einer Zigarette ewig in der Luft zu halten schien. Auch war es denkbar, dass das Schiff in Luftlinie sehr nah zu ihnen lag, während die Windungen des Flusses die Entfernung um Kilometer erhöhten. Tatsächlich erreichten sie ihr Ziel nicht schnell, sondern kamen sogar nur zäh voran. Die Strömung des Orogangwa war stark und der Motor hatte sein Tun.
So sehr sich der Professor auch dagegen wehrte, das Erlebte, die Monotonie und das sanfte Schaukeln forderten ihren Tribut und ein ums andere Mal fielen ihm die Augen zu. Er straffte sich und versuchte alles um sich wach zu halten. Er studierte die Zahnabdrücke in der Bootswand und versuchte daraus die ungefähre Körperlänge des Tieres zu berechnen und diese dann mit seinen Beobachtungen in Einklang zu bringen. Er schöpfte Flusswasser und benetzte sich das Gesicht.
All das half vorübergehend. Trotzdem musste ihm der Kopf auf die Brust gesunken sein, denn als er hochschreckte stahl sich bereits das Grau der Morgendämmerung durch die Wipfel und auf dem Wasser kräuselte sich ein feiner Nebel.
Er rieb sich die Augen mit Daumen und Zeigefinger und reckte den verspannten Hals. Gerade wollte er sich bei seinen Begleitern erkundigen wie lange er eingenickt war und warum ihn niemand geweckt hatte, als ihm auffiel, dass sowohl Sequoyah, als auch Cordell stocksteif auf ihren Plätzen saßen und auf einen Punkt am Ufer starrten.
Cordell stand der Mund offen, als hätte er eine Erscheinung des Heiligen Septinanus, während Sequoyah die Augen zusammenkniff, als versuche er etwas in der Ferne auszumachen.
Unmöglich!
Flüsterte der Matrose und als Ignatz Augen zu dem Punkt wanderten, den beide anstarrten, war er geneigt ihm zuzustimmen.
Am linksseitigen Ufer lief Bijan!
Er hatte mühe sich durch das Unterholz zu kämpfen, stolperte immer wieder und musste sich an den Luftwurzeln der Bäume festhalten. Seine Kleidung war noch klitschnass, klebte an seinem Körper und das lange schwarze Haar hing ihm in Strähnen ins Gesicht.
Ignatz Gehirn kam auf Touren. Der erste Gedanke, dass er vielleicht noch träumte, die Schrecken der letzten Nacht verarbeitete, erwies sich als falsch. Sein zweiter Gedanke ging in Richtung der Wahnwürmer, die ihre Opfer in eine Art wandelnde Irre verwandelten. Doch selbst wenn das der Fall gewesen wäre, hätte die Bestie, die Bijan der Gruppe entrissen hatte, doch wohl irgendwelche Verletzungen hinterlassen müssen, bevor der Parasit sich eingenistet hätte. Ganz zu schweigen davon, dass er niemals zu Fuß die Strecke hätte zurücklegen können, die sie mit dem Boot bewältigt hatten.
Keine Wunden.
Der Mann wirkte blass und irgendwie benommen, dass ja. Fast wie ein Schlafwandler bahnte er sich einen Weg durch das Gestrüpp, stolperte und rappelte sich wie trunken wieder auf. Es gab nur eine Erklärung und Ignatz sprach sie aus, ohne zu bemerken, dass er das Gedachte laut äußerte.
Die Kreatur muss ihn wieder freigelassen haben.


- Sequoyah - 08-09-2018

Auch wenn er es vor Ignatz nie zugeben würde, so hatte die Müdigkeit und Erschöpfung auch Sequoyah, während der Nacht fast überwältigt. Mehrmals war er für einige Momente eingenickt und wieder hochgeschreckt. Nur Cordell schien durchzuhalten, auch wenn das Sequoyah von seiner Position in der Spitze des Bootes nicht sicher sagen konnte.
Die Nacht endete so plötzlich, wie der vorherige Tag geendet hatte. Innerhalb weniger Minuten ging die Sonne auf und vertrieb die Dunkelheit. Durch den feinen Nebel konnten sie endlich wieder ihre komplette Umgebung wahrnehmen und waren nicht mehr auf das dürftige Licht der Fackeln und Taschenlampen angewiesen. Angesichts der Schrecken der letzten Nacht eine pure Wohltat für alle Bootsinsassen. Nur Ignatz schien es nicht mitzubekommen, war doch sein Kopf nach vorne gefallen und die Anspannung zum Teil aus seinem schlafenden Körper gewichen. Sequoyah machte sich nicht die Mühe ihn aufzuwecken und ließ ihn ruhen. Der Professor würde froh sein, wenn er dem Kapitän nicht übernächtigt, sondern ausgeschlafen gegenüber treten und sich für den Tod von Bijan rechtfertigen würde.
Langsam ließ Sequoyah seinen Blick über beide Ufer gleiten, wo alles ruhig war. Noch ruhig war um genau zu sein. Denn in weniger als einer Stunde würden sich die Geschöpfe des Waldes wieder in voller Lautstärke bemerkbar machen. Gerade als er sich nach einer Trinkflasche beugen wollte, bemerkte er aus dem Augenwinkel am Ufer eine Bewegung. Erst vermutete er ein Tier, doch das konnte es nicht sein, schließlich lief es auf zwei Beinen, wie ein Mensch. Ja, ein Mensch und nicht irgendeiner. Sequoyah kniff die Augen zusammen, um die Gestalt genauer zu betrachten und hörte Cordell scharf ausatmen.
"Unmöglich!"
Ja, das war es. Anders war es nicht erklärbar, dass Bijan ein Stück weit vor ihnen am linken Flussufer entlangeilte. Er war noch völlig durchnässt, als wäre er eben erst aus dem Wasser gekrochen und hetzte scheinbar blindlings vorwärts.
Hinter sich hörte Sequoyah den Professor sprechen, der scheinbar auch schon aufgewacht war.
"Die Kreatur muss ihn wieder freigelassen haben."
"Unmöglich," entgegnete Sequoyah. "Es gibt keinen Grund warum sie so etwas tun sollte. Es muss eine Falle sein. Sie will uns in ihre Nähe locken oder ablenken. Ich sagte doch, dass es ein Geist gewesen sein muss. Und das da vorne ist nicht Bijan. Der Geist hat seine Gestalt angenommen und will uns täuschen. Das macht ihn noch um einiges gefährlicher, als ich dachte. Wir sollten nicht auf seine Tricks hereinfallen. Haltet Abstand Cordell und fahrt weiter. Auf solche primitiven Tricks werden wir nicht hereinfallen."
Die beiden anderen Männer starrten ihn nur entgeistert an.
"Bist du wahnsinnig?" Zischte der Bootsführer "Das da vorne ist eindeutig Bijan und nicht irgendein Hokuspokus an den vielleicht glauben magst. Ich habe mir den Schwachsinn schon lang genug anhören müssen und werde nicht deinem Aberglauben zuliebe einen Kameraden im Stich lassen!"
Mit diesen Worten lenkte er das Boot in Richtung Ufer und schaute nach einer passenden Anlegestelle.
"Ich verstehe deine Sorgen, aber hier besteht eine reale Chance unseren Begleiter wieder zu retten. Und diese Gelegenheit sollten wir beim Schopfe packen, finde ich." Versuchte der Professor Sequoyah zu besänftigen.
Langsam brachte Cordell sie näher ans Ufer, hielt aber einen gewissen Sicherheitsabstand. Einerseits traute auch er der wundersamen Wiederkehr von Bijan nicht richtig und wenn sie schon in die Falle tappten, würde wenigstens nur Sequoyah dran glauben müssen. Außerdem mochten sich im Flachwasser Hindernisse befinden auf denen sich das Dingi festsetzen konnte.
Sequoyah bedeutete dem Seemann nicht weiter heranzufahren, überreichte Ignatz seine Muskete und sprang in das trübe Wasser. Hier war es noch etwas mehr als hüfttief und er musste sich gegen die Strömung in den Schlamm stemmen, um nicht abgetrieben zu werden. Entlang der Luftwurzeln der Bäume zog er sich langsam in Richtung Ufer und erkletterte sie um das Wasser so schnell wie möglich zu verlassen. Man wusste ja schließlich nie was in den Fluten lauern mochte. Dann hangelte er sich so geschickt es ging in Richtung Ufer und nahm, das Messer in der rechten Hand, die Verfolgung auf. Wobei von einer Verfolgung eigentlich nicht die Rede sein konnte. Bijan hetzte zwar so schnell es ging voran, war aber eindeutig an seiner Belastungsgrenze angekommen, taumelte eher als das er lief und war mehrmals kurz davor hinzufallen. Sequoyah hingegen verringerte mit federnden Schritten spielend die Distanz, setzte ohne abzubremsen über Hindernisse hinweg, packte den völlig durchnässten Mann, riss ihn zu Boden und setzte ihm das Messer an die Kehle. Für ein paar quälend lange Sekunden wartete er darauf, dass sich Bijan als der Gestaltwandler entpuppte, den Sequoah in ihm sah. Doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen glotzte ihn der Überwältigte verwirrt an, als ob er gerade erst aufgewacht wäre.
"Was soll das Sequoyah? Warum hälst du mir dein Messer an den Hals? Und was machen wir hier am Ufer?"
Der so Angesprochene reagierte in keinerlei Weise auf die Fragen, schaute sich stattdessen misstrauisch um und zog ihn schließlich auf die Beine.
"Wir haben keine Zeit. Müssen sofort weg." Mit diesen Worten packte Sequoyah Bijan und schliff ihn Richtung Fluss zum Boot. Zusammen mit Ignatz gelang es ihm den noch immer Verwirrten aus dem Wasser ins Boot zu hieven und sich selbst hineinzuziehen, ehe Cordell sie wieder in Richtung Flussmitte steuerte und Fahrt aufnahm. Die Versorgung von Bijan überließ er zum Großteil dem Professor, wie auch die Fragen die auf den Geretteten einprasselten. Nur vereinzelt mischte Sequoyah sich kurz ein, bat Bijan einzelen Dinge zu wiederholen oder stellte ihm selbst ein paar kurze Fragen, bei denen es meist um dessen Sinneseindrücke ging, seitdem er im Wald aufgewacht war, oder wie er sich an seinen Angreifer erinnerte. Ansonsten sagte er aber nicht viel, da seiner Meinung nach nur ein Schamane ihnen wirklich dabei behilflich sein würde, die vergangene Nacht und Bijans Zustand zu verstehen.
Erst knappe zwei Stunden später erhob er wieder seine Stimme für eine kurze Ansage.
"Ich rieche Rauch. Das Schiff ist nahe."


- Ignatz Schnabelmayer - 08-14-2018

Und genau so hat es sich zugetragen Kapitän. Für mich ist das Ganze ebenso verwunderlich und rätselhaft wie für sie. Ich kann nur sagen, dass Bijan keine körperlichen Schäden davongetragen hat, die über ein paar Kratzer und blaue Flecken hinausgehen. Er leidet unter Verwirrung und wie mir scheint um eine umfassende Amnesie. Aber davon abgesehen geht es ihm blendend. Die kleine Kajüte, die war gleichsam Brücke, Kartenraum und Schlafplatz für Kapitän Smollert. Mit den vier anwesenden Männern verwandelte sie sich in etwas, dass kaum größer war als eine Besenkammer und in dem gefühlte fünfzig Grad herrschen mussten. Dabei war es so schwül, dass jedem die Kleidung am Leib klebte und das Haar als verschwitztes Wirrwarr am Schädel.
Smollert hatte sich die Berichte aller drei Männer schweigend angehört. Bijan zu befragen brachte derzeit wenig. Er antwortete zwar mit knappen Sätzen, schien aber sehr abwesend zu sein. Darüber hinaus verwies er nur auf seinen Gedächtnisschwund. Der Kapitän hatte angeordnet, dass er sich ausruhen sollte und genau das tat er jetzt.

Ihre Nasen hatten sie diesmal nicht getäuscht. Nachdem Sequoyah Rauch gerochen hatte waren sie nach weniger als einer halben Stunde in Sicht des Flussdampfers gekommen, der sich asthmatisch schnaubend gegen die Strömung schleppte. Man hatte ihnen zugerufen und gewunken und manch derber Scherz über die Beute, die wohl so groß gewesen war, dass man sie hatte zurücklassen müssen, war durch den tierischen Spott des Dschungels geklungen. Die Späße der groben Besatzung verklang jedoch, als ihr lädiertes Boot nah genug heran war, dass man von Deck einen Blick darauf und auf seine Insassen werfen konnte.
Wasser im Rumpf, frische Beulen und Kratzer, obendrein die gestanzten Zahnreihen einer augenscheinlichen monströsen Bestie.
Die Männer sahen derweil nicht viel weniger lädiert aus. Der Wilde verwundet, Bijan einem Gespenst ähnlicher als einem Lebenden und die anderen beiden von Erschöpfung und nackter Furcht für den Augenblick um gute zehn Jahre gealtert.

Das hört jetzt auf. grollte der Kapitän und stürzte den verbleibenden Inhalt des Flachmannes herunter, dem er während des gesamten Gespräches immer wieder zugesprochen hatte. Diese Risiken und Tollheiten dulde ich keine Sekunde länger.
Es ist meine Expedition.
Erhob der Professor halbherzigen Einwand. Doch eigentlich war er wesentlich zu erschöpft um eine Diskussion zu führen, deren Ausgang ohnehin feststand. Hinzu kam, dass der Kapitän sich einen kapitalen kleinen Rausch angetrunken hatte und mit ihm in diesem Zustand noch weniger zu reden war als ohnehin schon.
Und es ist mein Schiff! Fuhr er Ignatz über den Mund. Sie bringen mit ihren Eskapaden meine Männer in Gefahr und ihre Bezahlung dafür deckt das in keinster Weise ab. Dieses Mal ist es glimpflich abgegangen, wobei wir nicht wissen was Bijan für Langzeitschäden davongetragen hat. Sie sind schließlich trotz allem kein Mediziner. Ignatz erhob sich und ignorierte den Gesichtsausdruck der Genugtuung auf Cordells Zügen.
Darüber wird noch zu reden sein Kapitän. Allerdings werde ich das tun, wenn sie nüchtern und ich ausgeschlafen bin.
Ich habe in dieser Sache alles gesagt mein Herr.
Zeichnen sie ihre Pflanzen und fangen sie von mir aus Vögel und Fische. Aber gewöhnen sie es sich ab alle Monster des Urwaldes aufzuscheuchen.

Gefolgt von seinem Kameraden verließ Ignatz die Kajüte und rannte fast mit den Männern zusammen, die wie durch Zufall alle in unmittelbarer Hörweite der Brücke zutun gehabt hatten. Das einzige Zeichen bezüglich seines Gemütszustandes geschah in Form der Tür, die so laut ins Schloss krachte, dass die verdreckte Glasscheibe darin klirrte.

Sie stiegen die schmale Leiter hinunter zum Deck und organisierten sich in der Kombüse jeweils eine Schale des Mittagessens. Chemisch gereinigtes Wasser und eine Art Eintopf, der aus einer Vielzahl einstiger Flussbewohner bestand. Der Smutje passte so sehr zu dem Kahn wie alles andere.
Sie verzogen sich unter das Blechdach am Heck, wo auch ihre Hängematten lockten. Erst vergewisserte er sich, dass sich niemand an seiner Kiste zu schaffen gemacht hatte, dann ließ Ignatz sich seufzend mit dem Rücken daran niedersinken. Skeptisch stocherte der Professor in dem Eintopf herum, dann besiegte der Hunger seine kulinarischen Vorbehalte.

Das Ganze wird langsam unschön mein Freund. Bemerkte er zwischen zwei Bissen, bedacht darauf, dass keine Neugierigen in unmittelbarer Nähe waren. Der Kapitän will uns loswerden, soviel steht fest. Es gibt wohl Gerüchte, dass es im Norden Krieg gibt. Es ist mir ein Rätsel woher irgendjemand auf diesem Schiff so etwas wissen könnte, wo wir doch keinen Kontakt zur Zivilisation haben. Aber ich habe den Eindruck der Kapitän glaubt Ähnliches.
Dann wird er sein Schiff in Sicherheit bringen wollen und jeden Vorwand nutzen um umzukehren. Etwas, was ich keineswegs zutun gedenke.
Die Frage ist also, wenn es zu dem kommen sollte, was ich hier skizziere. Wie sollten wir deiner Meinung nach verfahren?



- Sequoyah - 09-10-2018

"Von wem hast du die Gerüchte gehört das es Krieg geben soll? Und wo im Norden? Wird Gohmor angegriffen?"
Im Gegensatz zu Ignatz hatte Sequoyah keine Probleme mit dem Inhalt seiner Schüssel. Gierig schlang er die Fische hinunter und sparte sich den großen Flusskrebs als allerletztes auf.
"Vielleicht gibt es an Bord ja eins von diesen Funkgeräten. So heißen die doch nicht? Soll ich später mal danach suchen?Und wenn ich dich richtig verstehe will der Kapitän uns töten? Und du fragst mich, was wir tun sollten? Das einfachste wäre ihm zuvorzukommen..." Sequoyah rammte sein Messer duch die kleinteiligere und dadurch schwächere Bauchpanzerung des Krebses und stemmte sie auf, um das gare Fleisch freizulegen. "... und ihn vorher selbst zu töten. Davor würde ich dir aber abraten. Die Mannschaft könnte sich direkt an uns rächen." Er schwieg für einige Augenblicke um in Ruhe zu kauen und zu schlucken. Mit einer abgetrennten Schere des Krebses zeigte er schließlich wieder zum Professor. "Wir könnten natürlich auch versuchen den Kapitän abzusetzen. Aber wer wird dann sein Nachfolger? Cordell scheint zumindest auf seiner Seite zu stehen und sein Wort wird bei der Mannschaft wahrscheinlich mehr zählen als unseres. Und selbst wenn wir uns gegen beide durchsetzen können, kann die restliche Mannschaft sich trotzdem entscheiden umzukehren, dir dein Geld wegzunehmen und uns verschwinden zu lassen."
Für einige Augenblicke aß er weiter, zerlegte den Krebs und ließ seine Worte bei Ignatz erst einmal sacken.
"Da wir uns wahrscheinlich nicht auf die Mannschaft verlassen können und wir ohne die Mannschaft den Dampfer nicht benutzen können, könnten wir natürlich auch versuchen das Dingi zu beladen und zu zweit zu verschwinden. Aber wie stabil ist das Boot noch seit gestern Nacht und können wir überhaupt genügend Vorräte darin einlagern? Und würde der Kapitän nicht auch versuchen uns am Diebstahl des Dingis zu hindern?
Wir werden wohl auf dem Schiff hier bleiben müssen und die Weiterfahrt irgendwie erzwingen."
Sequoyah türmte die Schalenreste des Krustentieres in seiner linken Hand auf und warf sie schwungvoll über Bord.
"Ich denke, dass sicherste wäre, wenn die Mannschaft und der Kapitän erst gar nicht die Wahl hätten weiterzufahren oder umzukehren. Die Gefahr der Rückfahrt müsste so gewaltig sein, dass sie nicht anders könnten als den Fluss weiter hinaufzufahren. Ich weiß aber leider nicht, wie es zu einer solchen Situation kommen sollte oder wie wir sie herbeiführen könnten."


- Ignatz Schnabelmayer - 09-16-2018

Nein er würde uns nicht umbringen. wiegelte Ignatz ab.
Im selben Moment dachte er jedoch genauer über diese Möglichkeit nach, die er in einem anderen Licht als völlig abwegig und gar keines weiteren Gedankens für würdig befunden hätte.
Dann würde er sein Geld nicht sehen. Es war abgemacht, dass er die Hälfte vor und während und die zweite Hälfte nach Rückkehr bekommt. Seine eigene Stimme klang weit weniger überzeugt als es wünschenswert gewesen wäre. Konnte das sein? Würde der Kapitän so weit gehen und sie umbringen lassen, sich dann auf den Rückweg machen und mit der erhaltenen Summe zufrieden sein?
Unwahrscheinlich. Der Kerl war ein Trunkenbold und alles andere als ein Ehrenmann, doch so einen Schurkerei konnte sich der Professor bei ihm nicht vorstellen.
Und doch... es musste ja keine Klinge im Schlaf oder Kugel in den Rücken sein. Es würde schon genügen, wenn der Dampfer es versäumte sie wieder aufzunehmen, wenn er und Sequoyah auf einer ihrer Erkundungstouren im Dschungel waren. Es gab genug Kreaturen die gern bereit waren die Drecksarbeit zu erledigen.
Vielleicht, aber gehen wir nicht gleich vom Schlimmsten aus. Ich denke eher, dass er einen Vorwand zum Umkehren suchen wird.
Ein Krieg könnte der passende Anlass dazu sein. Woher er wissen könnte das es einen gibt kann ich dir beim besten Willen nicht sagen. Ein Funkgerät hat er jedenfalls nicht.
Hätte er eines, hätte er es bei der Verhandlung unserer Reise mit in die Abmachung einbezogen um für vorhandene Ausrüstung eine höhere Gebühr herauszuschlagen.
Mein Einwegsender, mit dem ich die Artikel verschicke, ist das einzige Moderne Kommunikationsmittel das und zur Verfügung steht. Und vielleicht...
So schlich sich eine Idee in seinen Geist, eine kleine Rückversicherung. Ich könnte den Kapitän immerhin sagen, dass ich eine Information über seine genaue Identität und eine Beschreibung seiner Person und sein falsches Spiel verschickt hätte.
Ein dünnes Sicherungsseil, denn auf diesem Kontinent kann man ein Kriegsverbrecher sein, ohne dass einen Arm der Justiz erreicht, wen kümmert da ein verschollener Zoologe? Dennoch gut möglich, dass wir dadurch einem ruchlosen Mord entgehen. Aber kaum dem Vorwand zur Umkehr. Das Schiff in unsere Gewalt zu bringen halte ich genauso für unmöglich, wie einen Grund zu finden, der unseren Kapitän an der Rückkehr hindert.
Jedenfalls fällt mir keiner ein.
Wenn dich der Blitz der Eingebung trifft, dann nur immer raus damit.
Meine Idee wäre derweil folgende: Früher oder später werden wir ein Dorf passieren. Ich hörte zwei Matrosen darüber reden, dass das längst überfällig sei und man jeden Tag damit rechne. Zwar kann man sich nicht ganz sicher sein, wie sich die Eingeborenen so tief im Dschungel uns gegenüber verhalten, doch wenn es hart auf hart kommt, dann versuche ich mein Glück lieber mit einem Häuptling oder Ältesten, als mit dem betrunkenen Kapitän und seinen Halunken.
Wenn wir also ein Dorf ansteuern und dort freundlich empfangen werden, so werden Vorräte und Holz gebunkert. Dass kann einige Stunden dauern, vielleicht auch über Nacht. Ich kann mir vorstellen, dass unsere kühnen Kameraden sich einem guten Rausch hingeben, wenn die Dörfler gastfreundlich sind. Das mag eine Gelegenheit sein uns von den anderen abzusetzen und die Reise auf eigene Faust fortzusetzen.
Unsere sieben Sachen mitzunehmen sollte nicht das Problem sein.
Aber eins ist klar. Schlagen wir uns in den Dschungel, dann bin ich der Blinde und du der Sehende. Es mangelt mir nicht an Entschluss und Unternehmungsgeist, doch das ändert kaum etwas an dem Umstand, dass ich der Städter bin und trotz meiner Profession kaum etwas vom Überleben in der Wildnis weiß.
Ich bin bereit zu lernen, aber die Entscheidung überlasse ich dir. Du musst sagen ob du uns lebend durch diese Wildnis bringen kannst oder ob dich der Umstand daran hindert, dass dieser Wald nun einmal nicht auf deiner Heimat liegt und dir auch fremd ist.
Und natürlich das du verwundet bist... wie übrigens steht es um deine Verletzung?



- Sequoyah - 09-25-2018

Sequoyah machte eine wegwerfende Handbewegung.
"Die Verletzung ist nicht so schlimm, wie sie aussieht. Bjian hat sich schon um sie gekümmert und ich kann immer noch zum Schiffsarzt gehen. Ich werde damit im Dschungel schon zurecht kommen.
Ich kann dich schon durch den Dschungel führen. Er ist zwar schon sehr anders als in meiner Heimat, aber doch nur ein Wald und am Ende sind die Regeln an die man sich halten muss, immer die Gleichen.
Du wirst dann nicht nur die Bereitschaft zum lernen brauchen. Du wirst sehr schnell lernen. Da werde ich schon drauf aufpassen. Schließlich muss jeder von uns irgendwann mal eine Nachtwache schieben. Und wir haben ja schon gesehen, was alles im Wald auf uns lauern kann.
Und das Dorf würde sich natürlich dafür eignen, um zu verschwinden. Vorausgesetzt natürlich, dass sie uns freundlich gesinnt sind. Vielleicht gibt es dort auch einen Schamanen oder ein paar Alte, denen wir von dem Wesen erzählen können, dass uns auf dem Fluss angefallen hat. Es kann gut sein, dass sie es auch schon kennen und uns sagen können, wie wir uns am besten vor ihm schützen. Mit etwas Glück würden sie uns vielleicht auch helfen und die Schiffsmannschaft zusätzlich ablenken oder uns ein paar Träger und Ortskundige mitschicken, die uns im Wald helfen. Denn auf die sind wir auf jeden Fall angewiesen, um all unsere Sachen zu transportieren. Du magst vielleicht jetzt denken, dass wir nur unsere Sachen brauchen, das wird aber nicht reichen. Wir müssten auf jeden Fall noch Dingemitnehmen, die nicht uns, sondern zum Schiff gehören, wie zum Beispiel Töpfe, Macheten und einiges mehr. Und wir können das nicht alleine schleppen. Selbst nur mit unseren eigenen Sachen auf dem Rücken, werden wir bei dem feuchten, heißen Wetter und dem unwegsamen Gelände sehr schnell ermüden.Ich denke, dass wir die Augen aufhalten sollten, um festzustellen, wo was auf dem Schiff hier genau gelagert wird. Dann hätten wir, wenn die Zeit zum Aufbruch gekommen ist, alles schneller beisammen, um zu verschwinden."
Sequoyah gefiel die Idee des Professors den Kapitän zu erpressen zumindest im Moment nicht so richtig. Besonders seine Ausführungen über die Wahrscheinlichkeit sie damit zu schützen waren nicht besonders gut. Er hatte eher das Gefühl, dass sie damit im Moment alles nur noch komplizierter machen würden.
"Ich würde dem Kapitän noch nicht sagen, dass wir den Einwegsender dabei haben. Er könnte sich dadurch unter Druck gesetzt fühlen und villeicht etwas dummes tun. Behalte ihn liebe im Auge und wenn er sich verdächtig verhält, kannst du ihn immer noch damit einschüchtern.
Ob ich dich durch den Wald führe, hängt für mich am Ende weniger von deinen Sorgen über den Kapitän ab, sondern daran, was du im Wald zu finden hoffst. Wenn du nur weiter Tiere und Pflanzen sammeln willst, sollten wir meiner Meinung nach auf dem Schiff bleiben. Der Dschungel ist so groß, dass selbst wenn wir zehn weitere Male neu geboren und hierher reisen werden würden, wir sie nicht alle sammeln und beschreiben könnten. Außerdem kannst du auf dem Schiff hier all deine Funde verstauen und musst nichts zurücklassen. Und wenn wir wieder in Gohmor wären, könntest du bis zu deinem Tod an deiner..." Sequoyah starrte angestrengt in Richtung Decke, beim Versuch das Wort richtig auszusprechen, "Univu... nein... Universiat Texte über sie schreiben und in der Zeitung veröffentlichen.
Oder hoffst du etwas Besonderes hier zu finden, dass man so oder so nicht mit dem Schiff erreichen kann und wo du nicht willst, dass Menschen wie der Kapitän und seine Mannschaft es auch sehen? Einen Schatz? Ein seltenes Tier? Oder noch etwas anderes?
Wenn das der Fall wäre, bin ich gerne bereit die Gefahr aufzunehmen und mich mit dir in den Wald aufzumachen."


- Ignatz Schnabelmayer - 09-26-2018

Du kennst mich einfach zu gut, alter Freund! Dieser Einwurf war nur halb im Scherz gemeint, denn wenn sie auch noch keine Ewigkeiten miteinander bekannt waren, empfand Ignatz für seinen Begleiter doch ein aufrichtiges Vertrauen, welches er keinem der anderen auf diesem Seelenverkäufer zugesprochen hätte.
Tatsächlich beschäftigen mich seit einiger Zeit sehr spezielle Motive.
Motive die durchaus nicht im Gegensatz zu meiner Arbeit stehen.
Eine lange Pause, während der er ins Grau des Morgens blickte und unbewusst mit dem Löffel in seiner Hand spielte. Bald würde die Welt nicht länger den Atem anhalten und der Himmel würde seine Schleusen wieder öffnen.
Ich glaube es war diese Figur. Er nickte in die ungefähre Richtung, wo der Fetisch gut verpackt verborgen lag. Der Angriff jener absonderlichen Bestie mit den vielen Armen und das unkooperativen Verhalten des Kapitäns taten ihr Übriges mich in meinen Plänen zu bestärken.
Etwas ist nicht richtig in diesem Dschungel… etwas Bedrohliches hängt über allem.
Ich bin weder abergläubisch, noch für die Stimmungen von Orten in einem Maß empfänglich, dass es meine Professionalität beeinträchtigen. Aber hier…
Wieder Schweigen.
Weißt du ich habe während meines Studiums mit dem Okkulten herumgespielt. So wie es viele in dieser Phase des Lebens tun. Man ist jung, kommt mit dem Lernen als wichtiges Element des Lebens in Berührung und glaubt irgendwann das man zu den wenigen Auserkorenen gehöre, die das wahre Wissen erlangen können. Dann ließt man den irren H. Neumann oder irgendwelche Märchen über Rasankur und glaubt Einblicke zu erlangen. Die Stimmung und das Geschmäckle des Verbotenen ist dabei interessanter und kitzelnder als der Unsinn den man liest.
Wenn man erkennt wie wenig Gehalt all dieser Blödsinn hat, wendet man sich wieder wahrer Wissenschaft zu und hakt das Ganze als die Grillen der Jugend ab.
Jedenfalls dachte ich das.
In Vorbereitung zu dieser Reise habe ich einen Teufel in Frauengestalt getroffen, Alexandra Eleonora di Corvo-Orsius, so nannte sie sich.
Ich hoffe inständig inzwischen hat eine ihrer Intrigen sie Bekanntschaft mit ihrer eigenen Medizin machen lassen. Die Zeit vor dem Aufbruch war chaotisch. Es ging um gestohlenes Geld, um ein Duell und ja… um Mord.
Ich habe meine Seele für das hier verkauft, Sequoyah und manchmal denke ich, dass ich sie nicht nur im übertragenen Sinne verkauft habe.
Ich musste zeitweilig fliehen, untertauchen. Dabei wurden mir Dinge aufgezwungen, die mich zweifeln lassen ob all der Unsinn, denn ich im Studium in staubigen Wälzern gelesen habe, tatsächlich Unsinn war. Im Schein der Neonlampen Gohmors mag man manches verleugnen, was hier draußen spürbar wird. Was als Schemen durch den Nebel des Morgens schleicht. Ich fürchte keine Raubtiere und keinen giftigen Ungeheuer. Aber ich glaube auch nicht, dass wir es damit zu tun haben.
Das Ding das Bjian geschnappt hat… es hat irgendwie mit der Figur zu tun. Ich kann es dir nicht fundiert belegen. Ich weiß es einfach. Nenn es eine Ahnung, eine Eingebung. Wenn dieses Monster da draußen einen Einfluss auf die Kultur und Kunst gehabt hat, dann muss es sehr alt sein. Ich habe Berichte über große Völkern in den Dschungeln gelesen, die sonderbare Kreaturen wie Götter anbeteten. Allgemein geht man davon aus, dass die barbarischen Hochkulturen sich in den Steppen des Kontinentes und an den Küsten etabliert hatten und das es im Dschungel nur Kleingruppen in den Größenordnungen von Dörfern gab. Die verfemten Werke sprechen hingegen von gewaltigen Städten und Staaten, verborgen im ewigen Grün. Ich glaube, dass die kleine Figur aus einer dieser Städte stammt. Ich will mir keinen Entdeckerruhm sichern… naja vielleicht ein wenig… aber die wissenschaftlichen Erkenntnisse könnten beachtlich sein. Zoologische ohnehin, denn so tief im Landesinneren war vor uns noch kein Gelehrter. Anthropologische und historische Eindeckungen ganz zu schweigen.
Das aber sind nur Ausflüchte und Vorwand. Du hast Ehrlichkeit verdient, mein Freund und ich will sie dir gewähren.
Ich muss in dieses Herz der Finsternis um meiner selbst Willen. Was in diesem Land auf meiner Seele lastet wird durch den vierarmigen Teufel in Stein symbolisiert. Was Bjian ergriff war diese Schwere in Fleisch und Blut. Ich muss all dem auf den Grund gehen, mich ihm stellen und dazu in das Grün vordringen.
All das ist wirr und ich kann es so unendlich schwer in Worte fassen. Vielleicht wird es mir gelingen wenn ich mehr darüber nachgedacht habe.
Ich werde gehen, so oder so. Aber mit dir habe ich eine Chance lebend wieder hervorzukommen.



- Sequoyah - 10-31-2018

"Ich werde mit dir kommen. Das steht für mich nicht zur Diskussion, wie du gerne sagst. Ich vertraue dir bei dieser Entscheidung so sehr, wie ein Kind seinem Vater."
Sequoyah wusste, das Ignatz solche Vergleiche nicht gern mochte, schließlich waren sie beide seiner Meinung nach gleichberechtigte Reisepartner, die sich gegenseitig mit ihrem Wissen unterstützten, aber er sah das nicht ganz so. Der Professor hatte diese Reise organisiert und zumindest im grobem ihre Reiseziele festgelegt. Außerdem war er rund zehn Jahre älter als Sequoyah und damit nach seiner Meinung durch das höhere Alter der Ranghöhere. Und dann hatte es ja noch die Begebenheit am Gohmorer Raumhafen gegeben, wo der Professor ihn vor den Machenschaften eines Kriminellen gerettet und später auch sicher durch alle Sicherheitsüberprüfungen gebracht hatte, womit Sequoyah tief in seiner Schuld stand. Eine Schuld, die er durch seine Dienste als Reisebegleiter wieder wettzumachen gedachte. Es stand somit gar nicht zur Diskussion, ob er den Professor verlassen würde oder nicht.
"Der Kapitän ist glaube ich nicht grundlos nicht gewillt uns zu helfen. Ich habe das Gefühl, dass er wie du spürst, dass hier im Wald etwas nicht stimmt. Es ist bei ihm wahrscheinlich wie bei diesem alten Seemann, der auf dem Segelschiff war, mit dem wir von Gohmor hierher gefahren sind. Der wusste auch immer, dass ein Sturm drohte, wenn sein Knie geschmerzt hat und das lange bevor irgendwelche Wolken zu sehen waren. Aber am Ende ist es egal warum er uns nicht helfen will und wir werden ihn mit den anderen zurücklassen."
Auch wenn Sequoyah fast nichts von Ignatz Jugenderzählungen verstand, da er vieles nur kurz anriss, um dann gleich zum nächsten Thema zu springen, so hörte er ihm doch gerne zu. Es schien, als ob der Professor schon viel erlebt hatte, bevor sie sich begegnet waren und mit jeder Information die er preisgab glaubte Sequoyah mehr von dieser ihm immer noch so fremden Welt zu verstehen.
"Ich bin mir nicht sicher, ob ich alles verstehe, was du mir erzählst, aber ich werde versuchen dir bei deiner Suche soweit es mir möglich ist beizustehen. Bist du dir sicher, dass dich nur deine Erfahrungen aus dem Studium verfolgen? Du hast mir ja schon einmal dieses Buch gezeigt, es war ganz alt und abgegriffen... "Vorstoß ins grüne Land", ja so hieß es. Du hattest mir erzählt, dass du es seit du ein Kind warst unzählige Male gelesen oder wenigstens durchgeblättert hast. Bist du durch das Buch selbst auf die Idee gekommen hierher zu kommen oder war es in gewisser Weise vorherbestimmt ab dem Moment als du es das erste mal angefasst hast? Also der erste Schritt in dieser Kette, der mit dem Buch begonnen, im Studium dich zu den Texten über Rasankur geführt und hier im Dschungel mit deinem Kampf gegen innere Dämonen vorerst geendet hat?"
Sequoyah starrte in den Wald hinüber, der sich am Ufer entlang erstreckte und dessen Bewohner vor dem wieder einsetzenden Regen Schutz gesucht hatten. Abgesehen vom Regen der auf das Blechdach tröpfelte und dem keuchenden Schiff war es wieder einmal still geworden.
"Seit wir dieses Schiff betreten haben, habe ich dich noch nie so betrübt gesehen. Lass dich nicht von deinen Sorgen und dunklen Vorahnungen überwältigen Ignatz."
Sequoyah hockte sich neben den Professor und zeigte in Richtung Wald. "Da draußen ist wovor du dich fürchtest, aber auch wie du gesagt hast, wo du um deiner selbst Willen hingehen musst. Vergiss dabei aber nie, was dich stützt und dir hilft. Wie Asmussens Buch oder die Taschenuhr deines Vaters. Lass sie dein Halt sein, damit du nicht von dem was im Dschungel lauert verschlungen wirst.
Und falls das deiner Meinung nach nicht reichen sollte, kenne ich da etwas, dass dir vielleicht helfen könnte alle deine verwirrten Gedanken und Gefühle einzuordnen und all dem was auf dich einströmt eine Ordnung zu geben. Ein Ritual um genau zu sein. Wenn wir im nächsten Dorf einen Schamanen finden, der mir hilft es vorzubereiten, könntest du dich ihm unterziehen bevor du den Dschungel betrittst.
Wir könnten aber auch versuchen Bijan zu dem Schamanen zu bringen. Vielleicht kann er ihm helfen sich wieder an die Ereignisse von letzter Nacht zu erinnern und uns damit mehr über die Kreatur erzählen. Er könnte etwas mehr Licht ins dunkel bringen. Wenn wir aber Pech haben, wird er sich weigern und möglicherweise sogar den Rest der Mannschaft alarmieren. Es wäre also recht risikoreich.
Zeitlich werden wir aber denke ich nicht beides schaffen können, wenn wir gleichzeitig noch alle Sachen vom Schiff holen müssen und weit genug im Wald verschwinden wollen, damit der Kapitän uns nicht wieder finden kann. Die Entscheidung was vom beiden wichtiger wäre, oder ob wir überhaupt etwas davon machen, überlasse ich aber dir."