Koron III
Auf bösem Grund - Druckversion

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- Die Stimme - 01-11-2017

Die Soldatin wehrte sich, wie die sprichwörtliche Verrückte, die sie war. Dabei legte sie eine erstaunliche Kraft an den Tag, wand sich wie ein Aal und versuchte die Riemen zu zerreißen oder abzustreifen. Ihr eigenes Wohlergehen war ihr dabei schlicht weg egal. Sie schrammte mit dem Kopf und den Händen über den Asphalt, was dazu führte, dass sie sich frische Schürfwunden zufügte und die Wunde am Kopf wieder zu bluten begann. Die ganze Zeit über schrie sie stumm in den improvisierten Knebel und machte Arius nicht nur den Versuch schwer sie von A nach B zu bewegen, sondern stieß auch mit dem Kopf nach ihm, versuchte ihn mit jedem Teil des Körpers zu attackieren, den sie minimal noch bewegen konnte. Der PVSler schaffte es dennoch irgendwie in den Turm zurückzukehren. Ohnehin verwunderlich, dass die Tür aus Zentimeter dickem Verbundstoff unverschlossen gewesen war. Selbst im verringerten Alarmzustand wäre niemand so töricht gewesen den Eingang in die letzte Verteidigungsstellung einfach offen zu lassen.
Da hinter tauchten fleckige Deckenleuchten die Szenerie in ein trübes Licht, welches den Charme eines Kellers verströmte. Der Geruch nach trockenem Beton und allem, was das Leben mit militärischer Ausrüstung ausmachte. Waffenfett, Öl, Schuhputzzeug, Gummi und stockiger Kleidung.
Neben der Tür gab es eine MG- Stellung. Zog man an einem Gestänge, schoben sich die Panzerklappen vor einer runden Schießscharte zurück, die direkt neben der Tür eingelassen war. Die Besatzung konnte dann den Bereich vor dem Eingang bestreichen. Die Wasser gekühlte Waffe stand unberührt auf ihrem Dreibein da, Mit einer Plane abgedeckt, fünf Kisten Munition und ein Kanister mit zusätzlichem Kühlwasser fein säuberlich aufgereiht. An der nackten Betonwand klebte eine Schild mit Verhaltensmaßregeln während des Alarms und bei Sandstürmen. Außerdem ein Propagandaplakat, welches die Vorzüge des Dienstes in der PVS beschwor. Hinter einer halben Wand, in der ebenfalls eine Schießscharte eingelassen war, von der aus man die bekämpfen konnte, die es irgendwie ins Innere geschafft hatten, führte eine Treppe nach oben und eine nach unten.
In aufgesprühter Schablonenschrift war über einem Pfeil nach oben zu lesen:

Notquatiere
Krankenrevier
Mat. Lager 1 / Waffenkammer
Kommandobereich / Funk / Außenüberwachung
Gefechtsstellung Laserkan.

Das Nach unten weisende Äquivalent verkündete:
Arestzellen
Mat. Lager 2
Mat. Lager 3
Generatorraum
Schutzbereich Orbital- Atomarbeschuss

Im gesamten Turm war es still.
Andererseits waren die Wände und Schotten so dick, dass schon eine Etage über Arius eine wilde Party hätte toben können, ohne dass er davon wirklich etwas mitbekommen würde. Lediglich ein Brummen war wahrzunehmen, mehr in den Knochen zu spüren als wirklich zu hören. Vermutlich die Maschine, welche den Turm, seine Anlagen und die primäre Bewaffnung mit Energie versorgte.


- Arius Kruger - 01-12-2017

Die Gefreite strengte ihn an. Permanent versuchte sie ihn anzugreifen, lenkte ihn ab und verhinderte, dass er sich auf andere Dinge konzentrieren konnte. Das die Eingangstür eigentlich verschlossen sein sollte, fiel ihm daher auch nicht auf.
Dafür sah er die an die Wand gesprühten Hinweise, wie das Gebäude aufgegliedert war. Nach kurzem Überlegen entschied Arius sich dafür die Soldatin in einer der Arrestzellen einzusperren und erst dann das Gebäude weiter zu untersuchen.
Die Arrestzellen selbst waren schlicht. Ein fest an die Wand montiertes Bett mit Matratze, Decke und Kopfkissen und ansonsten nichts. Insgesamt gab es vier Arrestzellen und eine seperate Toilette, die für Wachen komplett einsichtbar waren. Arius verfrachtete die junge Frau in eine der Zellen und verschloss die Gittertür hinter ihr mit einem Schlüssel, der in einem Schlüsselkasten, direkt neben dem Gang nach oben, angebracht war. Da Arius nicht wusste, ob sich in den unteren Geschossen möglicherweise noch jemand aufhielt, überprüfte er das Schott zur darunter liegenden Ebene und verriegelte es dann so gut es ging. Das wichtigste war es jetzt den Funkspruch abzusetzen, die unteren Ebenen waren ihm da erst einmal egal und eine Überraschung, wie er sie mit der jungen Soldatin erlebte hatte, wollte er nach Möglichkeit erst einmal meiden. Die Gefreite selbst schien nichts von ihrer Wut verloren zu haben. Aufgrund der Fesseln am Boden liegend, warf sie sich immer wieder gegen die Gitterstäbe, um irgendwie an ihn ran zu kommen.
Da er ihr im Moment nicht weiterhelfen konnte, überließ Arius sie sich erst einmal selbst und stieg wieder nach oben. Da er jetzt nicht mehr abgelenkt wurde, hatte Arius die Zeit den Eingangsbereich genauer zu untersuchen. Er überflog kurz das Schild mit den Verhaltensregeln und zog dann die Tür, die nach draußen führte zu. Sollte sich draußen im Hof noch irgendjemand rumtreiben, reinkommen würde er erst einmal nicht.
Wie schon die Räume davor fand Arius auch das Notquartier völlig verlassen vor und stellte fest, dass es wie die anderen Räume im Turm eine penible Ordnung aufwies. Gewiss, Arius konnte zwar riechen, dass Menschen sich hier immer wieder einmal aufgehalten hatten, aber die Bettwäsche und die Decken und Kissen auf den Stockbetten waren fast schon über die Maße perfekt angeordnet. Da hier nichts groß seine Aufmerksamkeit erregte durchquerte er den Raum schnell und machte sich am Schott fürs nächste Stockwerk zu schaffen.
Mit etwas Mühe schaffte Arius es das Schott aufzustemmen, welches das Notquartier vom Krankenrevier trennte und trat langsam mit gezückter Waffe ein. So kurz vor dem Ziel wollte er sich defintiv keinen Fehler unterlaufen lassen.


- Die Stimme - 01-13-2017

Das Schott zur Krankenstation war verriegelt, jedenfalls hatte es anfangs den Anschein. Als Arius sich ein letztes Mal dagegen stemmte, bewegte es sich wieder erwarten doch. Ein kreischendes Geräusch von der anderen Seite, Metall über Beton. Jemand hatte das Schott notdürftig verbarrikadiert. Unter Aufbietung seiner ganzen Kraft gelang es ihm die Luke aufzuschieben. Als erst einmal ein Spalt geschaffen war konnte er sich gegen den Rahmen stemmen und was immer da auch blockierte wegdrücken.
Ihm Schlug ein bestialischer Gestank entgegen.
Eine Mischung aus Verwesung, Kot, Urin und altem Blut. Fliegen summten im Raum.
Ein metallener Aktenschrank lag vor dem Eingang, ließ sich aber am Ende doch wegschieben. Auch hier funktionierte die Beleuchtung und enthüllte ihm die Szenerie in ihrer gesamten Schrecklichkeit.
Die Krankenstation war spartanisch eingerichtet, wie alles im Turm.
Ein Operationstisch, vier Krankenliegen und in einer Ecke ein kleiner Bereich, der dem behandelnden Arzt als Schreibecke diente. Die Wände säumten Medizinschränke und Materialspinde.
An der linken Seite lagen drei Leichenschäcke, mit Körpern gefüllt und fein säuberlich aufgereiht. Der Arzt saß an seinem Schreibtisch. Die obere Hälfte seines Schädels fehlte, beziehungsweise war V- förmig über die Station verteilt. In seiner steifen Hand hing noch die Dienstwaffe, mit der er sich das Leben genommen hatte. Die Blutspritzer bedeckten die paar medizinische Fachwerke auf seinem Tisch, die Akten und Blätter darauf und auch das Tonbandgerät, welches zentral vor ihm positioniert war.
Da der Strom während dessen, was auch immer in dem Außenposten geschehen war, unbeirrt lief, verlieh der laufende Ventilator und die eingeschaltete Schreibtischlampe dem Ganzen den Eindruck, als wäre alles erst vor wenigen Minuten passiert. Das getrocknete Blut sprach jedoch eine andere Sprache. Die Spulen des Tonbandes drehten sich und das durchgelaufene Band erzeugte bei jeder Drehung ein leises „Flapp Flapp Flapp“.
Abgesehen von den Leichen war jedoch noch jemand im Raum. Auf einer der Liegen hatte man einen Mann mit Lederriemen fixiert. Er trug ein Patientennachthemd, der kurze Haarschnitt und die trainierte Figur ließen jedoch ebenfalls auf einen Soldaten schließen. Offenkundig litt der Mann unter den Folgen starker Dehydrierung. Seine Lippen waren rissig, die Augen eingefallen, die Haut fahl wie bei einem Toten. Er sah Arius und obwohl er ganz eindeutig so schwach war, dass er dem Tode näher stand als dem Leben, versuchte er sich aufzubäumen und gegen die Fesseln zu wehren. Seiner Kehle entrank sich ein heißeres Krächzen. Zu mehr schienen die geschundenen Stimmbänder nicht mehr fähig zu sein. Er fletschte die Zähne wie ein angriffslustiges Tier.


- Arius Kruger - 01-14-2017

Es verschlug Arius förmlich den Atem, als er das Schott endlich aufgestemmt hatte. Es roch so schlimm, wie damals im Sommer auf Meran Magna, als die Leichen der Gefallenen sich vor Hitze aufblähten und die Lebenden mit ihrem Gestank quälten. Er hatte den Geruch gehasst und bekam jedes mal einen Würgereiz davon. Auch jetzt kam es ihm wieder hoch und er musste erst ein paar Schritte ins Notquartier zurücktaumeln und dort tief durchatmen, um sich nicht zu erbrechen. Zum ersten mal seit er Gohmor verlassen hatte, holte Arius wieder seine Gasmaske hervor und streifte sie sich über. So wurde es wenigstens etwas erträglicher. Wieder betrat Arius den Raum, sah die drei gefüllten Leichensäcke und auch den Arzt, der sich selbst das Leben genommen hatte. Die Frage war nur warum. Es gab scheinbar noch Strom, schließlich waren die Lampen an und er konnte auch das ferne tiefe Brummen hören. Arius vermutete, dass entweder die Schotts, die nach oben führten auch verschlossen waren und der Arzt sich ohne Aussicht auf Rettung das Leben genommen hatte oder, dass das Funkgerät weiter oben im Turm nicht funktionierte. Was schlimm wäre, da er dann per Krad seine Meldung erstatten und die überlebende Soldatin sich selbst überlassen musste. Und auf sich allein gestellt, würde sie wahrscheinlich nicht bis zum Eintreffen der Rettungsteams überleben.
Arius überflog die Akten und Blätter des verstorbenen Arztes kurz, legte sie dann aber wieder weg. Medizin war noch nie seine Stärke gewesen und die ganzen Fachwörter in Hochgothisch machten die Sache in keinster Weise leichter.
Das einzige, das noch verblieb war das Tonbandgerät, auf dem der Arzt hoffentlich das hier Geschehene wenigstens zum Teil erklären konnte. Arius drückte die Abspieltaste und blätterte noch einmal die Blätter auf dem Schreibtisch durch, als ihm etwas im Augenwinkel auffiel. Der festgeschnallte Mann auf der Liege war ihm schon vorher aufgefallen, er hatte ihn aber für ebenso tot gehalten, wie alle anderen, die sich hier in diesem Raum befanden. Aber er hatte sich bewegt, sah ihn sogar an und krächzte etwas. Auch wenn er dem Tode nahe schien und die Zähne fletschte, als Arius sich näherte, war da doch diese geringe Hoffnung, dass er im Gegensatz zu der Soldatin vielleicht nicht vollkommen den Verstand verloren hatte.
Arius suchte sich einen Plastikbecher, füllte etwas Wasser aus seiner Trinkflasche in diesen und versuchte dem Gefesselten die Flüssigkeit einzuflößen.
Trinken sie! Man hat mich aus Gohmor hierhergeschickt um nachzusehen, was geschehen ist. Machen sie sich keine Sorgen. Wir werden sie hier schon heil rauskriegen.
Währenddessen lief das Tonbandgerät im Hintergrund immer weiter und spielte seine Aufnahme ab.


- Die Stimme - 01-14-2017

Zitat:Audiotagebuch Stabsarzt Korff heute ist der... der...
Ein langes Schweigen als überlege der Sprecher angestrengt.
Tag 209... Ich habe mich für dieser Form der Aufzeichnung entschieden, da mir das Schreiben zusehends schwer fällt. Meine Gedanken entschwinden mit... ich bin unkonzentriert... kann mich nicht... ich weiß nicht was ich sagen will... wie die Wörter, wie man sie schreibt. Die Aufzeichnung wird durch das Klicken einer Taste pausiert und setzt dann wieder ein. Keine Nachricht vom Hauptquartier. Der Magnetsturm hält schon zwei Tage an. Habe dem Hauptmann vorgeschlagen den Außenposten zu evakuieren... zurück nach Go... Gohm... in die Stadt zurück. Oder an der Peripherie zu Posten... äh... Posten 1/18 .
Was?
Nein Ich...
Auf der Aufnahme ist kein zweiter Sprecher zu hören.
Der Hauptmann und der Kommissar wollen nicht weg... den Posten nicht aufgeben.
Der Kommissar hat den Hauptgefreiten Moser erschossen, weil er allein weg wollte.
Er hat es Verrat genannt.
Aber seine Augen... die Augen.
Es hat ihm Spaß gemacht ihn umzubringen.
Ich kann nicht...
Wieder eine Pause.

Tag... äh... ein Tag nach gestern.
Die Lage spitzt sich zu. Breitmann und Prüßner haben sich schlimm geprügelt. Obwohl sie sonst immer wie die Glucken aufeinander hingen. Ich musste Preußner nähen.
Wir hätten den aus der Wüste nie rein hohlen sollen. Auch als sie ihn schon erschossen hatten.
Es war nicht richtig.
Aus der Wüste kommt nichts Gutes und der...
Ja... das erzähl ich doch gerade, um Terras Willen.
Der Hauptmann und der Kommissar haben sich im Kommandobereich verschanzt. Wer hoch will wird abgeknallt haben sie gesagt. Alle sind jetzt wie von Sinnen. Sie prügeln sich draußen und irgendwer hat sein Gewehr leer geschossen. Auf der Mauer...
Was wenn sie mich auch umbringen wollen?
Ich muss meine Dienstwaffe aus dem Schrank nehmen und...
die Stimme des Sprechers entfernt sich vom Aufnahmegerät und man hört ihn irgendeine Schublade öffnen.
Auch ja... durch die Entfernung ist die Stimme etwas leiser. Unteroffizier... ähm... Schneider... richtig.
Er ist bei mir.
Fixiert und sediert.
Zweihundert Milliliter... von... von dem mit dem gelben Zettel. Er hat die Gefreite Nesh in der Küche angegriffen. Hat mit einem Stuhl auf sie eingedroschen.
Konnte sie nicht behandeln sie hat sich... versteckt in der... na
der Arzt schnalzt mit der Zunge, scheinbar wütend darüber, dass ihm das Wort nicht einfällt. wo das ganze Essen ist. Sie lässt keinen rein... von draußen. Eine kurze Pause, dann das markante Geräusch einer durch geladenen Waffe.
Keinen rein lassen... von draußen... ja... das ist es. Die Taste wird gedrückt.

Was es sein kann... ich... vielleicht im Wasser oder Luft?
Aber das geht nicht... alles wird gefiltert. Sowas ist noch nie passiert. Gift im Essen vielleicht... aber das ist ja alles verpackt.
SEI DOCH MAL RUHIG!
Wen er anschreit ist nicht auszumachen, doch Korff scheint irgendetwas zu werfen. Ein Scheppern, dann eine weitere Unterbrechung der Aufzeichnung.

Das erneute Einsetzen der Aufnahme ist von einem unverständlichen Flüstern beherrscht. Nicht die Stimme des Arztes, vielleicht der angegurtete Unteroffizier auf seiner Liege.
Das geht eine gute Minute so.
Dann plötzlich lautes Wummern. Jemand scheint an die Tür der Krankenstation zu hämmern. Durch Metall gedämpfte Rufe und Schreie von der anderen Seite, mehrere Stimmen.
Dann die gehetzte Stimme Korffs.
So dumm... nur nen Schrank vor der Tür aber sie sind zu gnaaarrr um es wegzuschieben. DUMM!, brüllt er, was im Hintergrund mit noch wütenderem Klopfen und Hämmern beantwortet wird.
Es macht sich in den Kopf rein. Ein Klatschen. Der Sprecher scheint sich heftig gegen die Schläfe oder die Stirn zu schlagen.
Nistet sich ein... redet und redet und redet und redet und redet und redet und redet und redet.
Immer zu!
Ich kann nicht mehr denken. Nicht mehr dssssm.
Sie haben ja nie nach der Stellplatznummer gefragt. Es waren meine Koffer... sie hatten kein Recht. Kein dssssm, nein
Er wimmert und weint leise.
Ich hatte vier... so große mit weißen Flecken. Wo sind die?
Was? Im Gartenhaus?
Nein, nein, ne ne.
Er brüllt voller Wut und Verzweiflung, was die Aufnahme überlastet schnarren lässt.
Dann ein leises Kichern.
Schmöckt wie Öl. Damif krief if sie. Die Stimme ist undeutlich, da der Arzt etwas im Mund zu haben scheint.
Dann ein lauter Knall.
Danach ist noch eine Weile das Hämmern an der Tür zu hören, die unartikulierten Schreie von der anderen Seite des Durchganges und das wirre Gemurmel des Gefesselten und halb betäubten Unteroffiziers.
Dann irgendwann Stille.



- Arius Kruger - 01-15-2017

Zu seiner Enttäuschung musste Arius feststellen, dass auch der Unteroffizier völlig durchgedreht war und selbst in seinem erbärmlichen Zustand noch versuchte ihn zu beißen. Auch diesem Mann war wohl leider nicht zu helfen. Das einzige was er noch für ihn tun konnte war ein schneller Tod, damit er nicht elendig verdurstete. Arius zog seine Laserpistole, zielte auf den Punkt zwischen den Augen des Unteroffiziers und sprach ihn noch ein letztes mal an.
Kamerad Schneider, es tut mir leid, dass es nun so endet. Sie haben treu und gut Gohmor, dem Imperium und vor allem dem Imperator gedient. Möge er ihrer Seele gnädig sein. Der Imperator beschützt!
Es knackte einmal laut, als die Pistole den Laserstrahl abfeuerte, der Körper zuckte ein letztes mal und dann war wieder nur das tiefe Brummen der Anlage zu hören.
Danach zog Arius einen Hocker zum Tisch des Arztes, nahm sich einen Kugelschreiber und ein leere Blatt Papier und spulte die Aufnahme ein weiteres mal ab.
Der Arzt wurde immer wirrer, je länger das Band abgespielt wurde, dass war klar. Jetzt musste Arius sich aus dem Wirrwar herleiten, was auf dem Stützpunkt geschehen war.
Fest stand zumindest, dass es einen Magnetsturm gegeben hatte, der den Stützpunkt von der Außenwelt abschnitt. So weit so gut. Aber danach wurde es bruchstückhaft. Aus irgendeinem Grund verschanzten sich die beiden höchstrangigen Offiziere in der Spitze des Turms und drohten damit jeden zu erschießen der ihn zu nahe kam. Aber warum? Arius hätte es verstanden, wenn das am Ende passiert wäre, nachdem schon alles am zusammenbrechen war und die Offiziere sicher gehen wollten, dass eine Nachricht nach außen drang. Aber das war nicht geschehen. Stattdessen war es ganz am Anfang passiert, bevor die anderen aufeinander losgegangen waren und einen Funkspruch hatte es auch nicht gegeben. Es hörte sich alles sehr verdächtig an. Wenigstens wusste Arius, wo er die Beiden wohl finden würde.
Dann war da noch dieser ominöse Tote aus der Wüste, von dem der Arzt gesprochen hatte und dem er die Schuld an dem Ganzen gab. Arius konnte sich nur schwer vorstellen, dass ein Einzelner einen ganzen Stützpunkt dazu bringen konnte sich gegenseitig zu massakrieren. Und das nachdem er tot war. Er hatte zwar damals bei der imperialen Armee gelernt, dass es Psioniker gab, die anderen Menschen ihren Willen aufzwangen, aber sie mussten immer noch lebendig sein, wenn sie ihr Hexenwerk veranstalten wollten. Aber hier wurde von einem Toten gesprochen. Hatte der Arzt nicht auch gesagt, dass irgendwer auf der Mauer geschossen hatte? Das war wohl der Tote gewesen, den er auf dem Wehrgang gefunden hatte. Bloß auf wen hatte er geschossen? Die eigenen Leute? Oder auf irgendwelche Angreifer? Zumindest musste es wohl noch irgendwo einen Psioniker gegeben haben, denn der Arzt hatte auch von einer Stimme in seinem Kopf gesprochen, die permanent geredet hatte. Wahrscheinlich hatten die Anderen diese Stimme in ihrem Kopf gehört, auch wenn der Arzt es irgendwie geschafft hatte nicht völlig auszurasten und alles und jeden anzugreifen. Das galt aber irgendwie auch für den Kommissar und den Hauptmann, die sich weiter oben verschanzt hatten. Vielleicht waren sie aber auch in der Zwischenzeit übergeschnappt und hatten sich gegenseitig abgeschlachtet.
Was musste er als nächstes also tun? Die beiden Offiziere und das Funkgerät finden und Kontakt nach außen aufnehmen. Das würde er als allererstes machen. Dann musste er die restliche Besatzung des Stützpunktes finden. Wahrscheinlich waren sie in den von ihm verriegelten Kellergeschossen. Und dann schließlich noch diesen Toten finden, den der Arzt erwähnt hatte. Da in der Zwischenzeit scheinbar niemand den Stützpunkt betreten hatte, musste er auch noch irgendwo hier sein. Aus einem Verdachtsmoment heraus öffnete Arius die drei Leichensäcke und schaute in sie hinein. Es waren nur drei tote Soldaten, was auch sonst. Dann fiel ihm wieder ein, was er noch tun musste und sammelte von allen Toten im Raum die Erkennungsmarken ein. Schließlich verstaute Arius noch das Tonbandgerät und seine Notizen in seinem Koppelzeug und stieg die Treppe weiter nach oben in Richtung Kommandozentrale.


- Die Stimme - 01-16-2017

Das es ein Fehler gewesen sein könnte den Unteroffizier zu erschießen, das wurde Arius in dem Moment klar, als der Tote auf seiner Liege zurück sank.
Den Gestank nach verbranntem Fleisch und dem verkohlten Bettzeug, da wo der Schuss wieder ausgetreten war, ersparte ihm seine Schutzmaske. Die Augen des Mannes starrten blicklos an die Decke, aus seinem halb geöffneten Mund schlängelte sich ein Rauchfaden.
Zwei Erkenntnisse schlichen sich in Arius Geist, während er sich daran machte die Krankenstation mit den gesicherten Beweisen zu verlassen.
Zum einen, dass er soeben eine Vorgesetzten getötet hatte. Wahnsinnig oder nicht, Erlösung oder nicht. Der Mann hatte ihn nicht angegriffen, auch wenn er es vielleicht gern getan hätte. Er war gefesselt gewesen und unter Umständen hätte man ihm in Gohmor helfen können. Vielleicht war der Irrsinn, der aller erfasst zu haben schien, nur vorübergehend?
Die zweite Sache war vielleicht sogar noch beunruhigender.
Arius hatte die Tat genossen.
Sicher, er hatte dem ohnehin Verdammten Gnade angedeihen lassen, aber hatte es ihm nicht eine ungewohnte Befriedigung verschafft? Die leichte Krümmung des Zeigefingers, das kurze Vibrieren der Pistole und der Kerl existierte nicht mehr.
Die Aggression, mit der er Arius bedacht hatte hatte sich gegen ihn gewandt. Die Macht lag bei Arius.
Er war der Bessere gewesen, der Überlegene.
Ein animalisches Gefühl des Triumphes, so ungewohnt und fremd, wie auf sonderbare Weise befriedigend. Wäre es nicht ebenso erhebend nicht nach oben zu gehen in die Kommandozentrale, sondern nach unten? Zu der eingesperrten Gefreiten und ihr das gleiche Schicksal angedeihen zu lassen?
Vielleicht dieses mal ohne die Pistole. Sondern mit einem Schlaginstrument oder besser noch mit der bloßen Faust. Einfach die Tür öffnen und sie kommen lassen. Dann mit bloßen Händen das beenden, was er vorhin angefangen hatte. Das Leben aus ihr heraus prügeln. Seine Hände um ihren dürren Hals legen und zudrücken. Die Daumen über ihre Augen legen und dann...
Er vertrieb diese befremdlichen Gedanken und Bilder der Gewalt mit einem Kopfschütteln.
So war er nicht und auch die Hinrichtung des Gefesselten war ein Akt der Erlösung. Dennoch summte eine gegenteilige Wahrheit in seinem Hinterkopf, dunkel und klebrig wie alter Schlamm, falsch und doch mit einem Anspruch auf Richtigkeit.
Arius musste mehrmals blinzeln um diese Gedanken ganz zu verscheuchen, einen klaren Kopf zu bekommen. Der Betonturm, nein diese Betongruft wirkte sich auf sein Gemüt aus. Die Wände schienen bedrückend näher zu kommen. Das man ihn allein hier her geschickt hatte, in dieses Schlachthaus. Nur um irgendwelche PVS internen Ränkespiele zu befeuern. Es war sein Leben, dass gefährdet wurde.
So etwas machte wütend.
Wütend, ja!
Er war bereits wieder im Treppenhaus, als er von der unteren Stufe ein Rascheln hörte, wie von verstohlenen Schritten.
Die Waffe kam erneut hoch.
Aber da war nichts. Nur das gleichbleibend entnervende Summen der Maschine im Keller.
Sein Weg nach oben brachte ihn an einer weiteren Leiche vorbei. Dieser Soldat trug die voller Kampfausrüstung, war jedoch mit der Feueraxt bewaffnet, die er irgendwo von der Wand gerissen hatte.
Eine gute Waffe, eine ehrliche Waffe.
Kein feiger Schuss aus der Entfernung, nah am Feind. Den geschliffenen Dorn der Axtrückseite durch die Schädeldecke eines Angreifers treiben.
Das Axtblatt in Fleisch vergraben.
Mit den Händen die Eingeweide herausreißen.
Das Atmen fiel Arius unter der Maske schwer, er hatte einen untypischen Schweißausbruch und musste sich die Gasmaske vom geröteten Gesicht ziehen.
Das half!
Die Luft war alles andere als frisch, doch er konnte wieder etwas besser denken. Der Tote hatte sich offenbar das Genick gebrochen, als er rückwärts die Treppe herunter gefallen war.

Ein Blick nach oben zeigte die schwere Tür zum Kommandoraum. Sie war offen, konnte gar nicht geschlossen werden, weil ein Arm dies verhinderte. Als Arius langsam näher kam, ließ sich erkennen, dass der Arm abgetrennt wurden war. Wie nun Schritt für Schritt den Gefreiten höher die Treppe hinauf trugen, sah er noch mehr Körperteile herumliegen. Jemand war dort regelrecht zerstückelt wurden. Blut wie Farbe nach allen Seiten verspritzt. Immer wieder erstaunlich wie viel des Lebenssaftes der menschliche Körper beinhaltete.
Auch wer das Gemetzel angerichtet hatte war ersichtlich, als Arius den Treppenabsatz vor der Zentrale erreichte.

Die Zentrale selbst war viereckig und verfügte ringsum über Fenster, die im Alarmfall mit Stahlschotten verschlossen werden konnten. Dazu war jedoch wohl niemand gekommen, als das Chaos ausgebrochen war. Eine Seite nahm diverse Beobachtungstechnik in Anspruch. Starre Sichtgeräte und Radarschirme.
Eine Schreibecke, der im Sanitätsbereich nicht unähnlich, wenn auch größer. Dort lagen das gewaltige Dienstbuch, in welches unzählige Generationen von Wachsoldaten ihre Beobachtungen und ihren langweiligen Dienstablauf dokumentierten. Bedienanweisungen und technische Handbücher ergänzten die tröge Bibliothek. In der Mitte des Raumes führte eine Leiter nach oben, vermutlich in die Stellung der Laserkanone. Eine weitere Partie der Zentrale war von der Funkeinrichtung beherrscht. Zentral neben der Leiter befand sich ein Kartentisch, auf dem eine erleuchtete Plastikkarte der umgebenden Wüste betrachtet werden konnte. Ein billiger Abklatsch zu einer Holo- Darstellung. Andererseits gab es im umgebenden Ödland nicht wirklich viel was man auf einer Karte festhalten konnte.
Der unweigerliche Fokus der Betrachtung lag jedoch auf der Gestalt im langen Ledermantel, die sich in diesem Moment langsam zu Arius umwandte. Sie hatte mit dem Rücken zum Eingang gestanden, als beobachte sie im Stile eines großen Feldherren, was draußen vor sich ging.
Der Kommissar sah übel aus, doch die Insignien seines Amtes waren noch zu erkennen. Mantel und Uniformshemd mit Blut beschmiert, ebenso wie sein Gesicht, dass von einem Dreitagebart geziert wurde. Letzteres Detail passte ironischer Weise weniger zum Anblick eines Kommissars, als das verschmierte und braun geronnene Blut. Besonders um den Mund herum klebte davon besonders viel, was einen unangenehmen Hinweis darauf gab, wie sich der Mann die Tage über ernährt hatte. Seine Augen funkelten fiebrig unter dem Schirm der schief sitzenden Mütze hervor. Als er Arius erblickte krächzte er etwas. Wenn es ein Wort war, so ließ es sich nicht mehr als solches erkennen.
Er hob den Arm, der Gefreiten mit ihrem Schälmesser gar nicht einmal so unähnlich. Doch Anstatt eines Küchenutensils hielt er ein Kettenschwert in der Hand.
Die Zähne wirbelten nicht, der Motor blieb stumm.
Vielleicht war die Energiezelle defekt, vielleicht hatte der Kommissar auch schlicht die Fähigkeit eingebüßt seine Waffe zu aktivieren. Aber der geschliffenen Zähne der Kette waren auch so gefährlich genug. Der Kommissar holte aus, traf den Bildschirm eines Sensormonitors, der Funken sprühend implodierte.
Der Mann in Schwarz bemerkte es nicht einmal. Er stapfte knurrend auf Arius zu und trat kraftvoll einen Drehstuhl beiseite.


- Arius Kruger - 01-24-2017

Im ersten Moment war Arius geschockt und wusste nicht, was er tun sollte. Das von den beiden Männern wenigstens einer noch am Leben sein würde hatte er erwartet. Schließlich waren sie hier oben vor den anderen Soldaten sicher und da sie nicht die Krankenstation angegriffen hatten, war er davon ausgegangen, dass sie möglicherweise noch nicht wahnsinnig geworden waren. Leider hatte er sich da geirrt, da der Kommissar auch nur noch ein gewalttätiger Irrer war. Für Arius eine beunruhigende Erkenntnis, da für ihn Kommissare unfehlbar waren und auch in den verzweifeltsten Situationen nicht die Nerven verloren.
Instinktiv hob er die Maschinenpistole und richtete sie auf den auf ihn zumarschierenden Mann. aber der Finger krümmte sich nicht um den Abzug, kein Geschoss verließ den Lauf. Arius konnte den Mann da nicht erschießen. Es war nicht die bewusste Entscheidung sich gegen die Idee in seinem Hinterkopf zu stellen, die ihn dazu drängte den Kommissar umzubringen. Es war seine Indoktrination, die ihn daran hinderte, ein sein ganzes Leben über anerzogener Gehorsam gegenüber Vorgesetzten. Der Mann, der ihn da angriff mochte ein Wrack sein, der nur durch diesen merkwürdigen fremdartigen Hass angetrieben wurde, der scheinbar alle hier befallen hatte. Aber er trug eine Uniform und zwar nicht irgendeine Uniform. Es war die Uniform eines Kommissars, eines Mannes also, der in Arius Gedankenwelt unantastbar war, dem ohne Zögern gehorcht wurde und an den man nicht Hand anlegte.
Er würde ihn nicht angreifen. Was blieb war also nur die Flucht und der Versuch ihn irgendwo einzusperren. Dazu musste er aber erst einmal diesen Raum lebend verlassen, was derzeit nicht unbedingt sicher war. Schon war der Kommissar an ihn herangekommen und schwang das Kettenschwert in einen mörderischen Bogen auf ihn herab. Arius gelang es sich dem Hieb durch einen schnellen Seitenschritt zu entziehen, sodass das Schwert nur in den Boden krachte. Auch den nächsten Attacken konnte er ausweichen und musste dabei auf zwei Dinge aufpassen. Zum einen musste er irgendwie zum Ausgang gelangen und zum anderen, durfte der Kommissar in seinem Wüten hier oben nicht die Funkanlage zerstören.
Mit einem Hechtsprung nach vorne gelang es Arius schließlich unterhalb eines waagerecht angesetzten Schlages durchzutauchen und in Richtung Eingang zu entkommen. Fast hatte er es geschafft, da traf ihn ein Schlag in den Rücken und schleuderte ihn vollends aus dem Raum raus. Arius hatte völlig unterschätzt, wie schnell der Kommissar noch war, ein eigentlich vermeidbarer Fehler, schließlich hatte er sie oft genug im Kampf gesehen. Geistegegenwärtig rollte er sich zur Seite weg und entkam so dem mit zweihändig nach unten ausgeführten Stoß des Kettenschwertes zum Teil. Anstatt einem zertrümmerten Brustkorb erlitt Arius nur einen tieferen Schnitt am rechten Oberarm und schaltete um. Nicht mal einen Augenblick nachdem der Schmerz sein Gehirn erreicht hatte, wurde sein Verstand wieder von Gewaltfantasien überschwemmt. Und dieses mal bekam er sie nicht unter Kontrolle. All sein Pflichgefühl wurde von einem Gedanken hinwegeschwemmt: Rache! Der Mann, der da auf ihn herabstierte war kein Kommissar mehr, sondern nur noch ein dreckiges Stück Aas, das es gewagt hatte Hand an ihn anzulegen. An ihn, Arius! Mit einem zornigen Brüllen schnellte er nach oben packte den Kommissar und begann mit ihm zu ringen. Nach ein paar Augenblicken gelang es Arius dem Kommissar das Kettenschwert zu entreißen und es zu Boden zu werfen. Jetzt kämpften sie beide unbewaffnet, schlugen aufeinander ein, versuchten den anderen irgendwie zu packen und zu Fall zu bringen. Bei einem Rückwärtsschritt trat Arius auf einmal ins Leere, verknackste sich den Knöchel auf der Treppenstufe und fiel dann mit dem anderen Mann rücklings die Treppe hinunter. Selbst das stoppte nicht die beiden wie tollwütige Hunde kämpfenden Männer, die schließlich vor der Waffenkammer zum liegen kamen. Schließlich gelang es Arius seinen Gegner niederzudrücken und mit Faustschlägen ins Gesicht zu malträtieren, während er sich selbst das eigene Blut aus den Augen blinzelte.
Arius letzter Schlag saß. Der Kopf des Kommissars wurde nach hinten gerissen, schlug hart gegen eine Treppenstufe und sackte dann reglos zurück. Der Mann selbst regte sich auch nicht mehr, scheinbar war er in Ohnmacht gefallen. Die Hände des Soldaten schlossen sich um den Hals seines Kontrahenten, seine Finger drückten immer fester zu, gruben sich förmlich in den Hals des am Boden Liegenden. Aber warum nur würgen? Warum nicht mehr? Das Arschloch hatte doch auch versucht ihn mit dieser Knochensäge in Stücke zu hacken. Wie den Hauptmann. Die rechte Hand löste sich vom Hals des Kommissars, griff zum Gürtel und zog das frisch geschärfte Bajonett. Nur einmal zustechen, oder vielleicht doch mehrmals. Ihn noch ein bisschen leiden lassen für die ganze Scheiße, die hier ablief. Der Arm streckte sich nach oben und schnellte dann in Richtung des Halses.
Nein!
Mit all den ihm noch verbliebenen Reserven seiner Willenskraft, gelang es Arius seine Hand ein winziges Stück weit nach außen zu lenken und das Bajonett nicht in den Hals des am Boden liegenden Mannes zu rammen. Mit einem hässlichen Knirschen traf es auf den Betonboden, brach ein paar kleinere Stücke hinaus und wurde durch die Wucht des Aufpralls selbst schwer in Mitleidenschaft gezogen.
Unter ihm befand sich nicht mehr der Mann, den er eben so sehr hatte töten wollen, sondern wieder nur die Uniform. Die Uniform, der man unter allen Umständen gehorchte, die ihrem Träger erst die Autorität verlieh so zu agieren, wie es von ihm erwartet wurde. Und die dieses Wrack von einem Mann zu seinen Füßen, wieder in das verwandelte, was er eigentlich für Arius war. Ein Anführer, ein Unantastbarer, ein Vertreter von ihm auf Terra.
Arius ließ das Bajonett fallen, atmete keuchend aus und stand mit wackeligen Beinen auf. Wie war das eben passiert. wie war er in diesen Gewaltrausch geraten? Warum hatte er so völlig die Kontrolle verloren? Mit zitternden Fingern löste er die Schnalle seines Helms und nahm ihn langsam ab. Dann warf er ihn aus einer Drehbewegung heraus, vor Wut laut schreiend und mit voller Kraft gegen die Wand. Der Helm verschwand klappernd die Treppe in Richtung der Krankenstation davon und ließ Arius mit dem Ohnmächtigen zurück. Arius lehnte sich gegen die Wand und rutschte schließlich langsam an dieser herunter, um in einer Hockposition zu verharren. Er fuhr sich mit beiden Händen durch Haar und Gesicht und versuchte seine Gedanken zu ordnen.
Er war beim Handgemenge eben gerade verletzt worden und musste sich verarzten. Den Kommissar musste er auch irgendwie stabilisieren und retten. Und dann war da ja noch die Funkanlage. Mit schmerzverzerrtem Gesicht stand er auf, humpelte zu dem Ohnmächtigen, prüfte kurz, ob er noch lebte und schleppte ihn dann ein Stockwerk weiter runter ins Krankenrevier. Dort angekommen, hievte er ihn auf eine der Liegen und fixierte den Körper des Mannes in ähnlicher Art und Weise, wie auch der tote Unteroffizier verschnürt worden war. Mit lautem Geklappere wühlte Arius sich durch die verschiedenen Arzeneischränke, bis er alles gefunden hatte, was er brauchte um sich selbst und den Kommissar notdürftig zu verbinden. Kurz überlegte Arius, ob er Beruhigungsmittel schlucken sollte, um sich wieder konzentrieren zu können, entschied sich aber schließlich dagegen. Hier konnte er sich nicht auf Medikamente verlassen, sondern nur auf seinen Glauben und seine Ausbildung. Glauben! Ja, das war es!
Er kniete sich auf den Boden der Krankenstation, zog aus seiner Tasche seine alte Ausgabe des "Imperialen Infanteristen inspirierende Instruktionen", blätterte in den letzten Abschnitt zu den Gebeten und begann zu lesen. Das Buch war zwar stark zerlesen, voller Eselsohren und der Kleber, der alles zusammenhielt löste sich langsam auch immer mehr auf, aber das war unwichtig. Wichtig war, dass es ihm in schwierigen Zeiten Halt gab. Die meisten hätten es wohl für wahnwitzig gehalten an diesem Ort und unter diesen Umständen sich einfach auf den Boden zu setzen und sich in ein Buch zu vertiefen. Aber Arius war nicht einer von ihnen. In diesem Außenposten lauerte etwas dunkles, bösartiges und verschlagenes. Auf Stahl allein konnte er sich hier nicht verlassen, um lebend herauszukommen. Hier würde ihm nur Glauben an den Gottkaiser helfen.
Oh Herr, sende dein heiliges Licht aus und schütze deinen treuen Diener gegen die Finsternis, die an diesem Ort hier dräut. Sei die Klippe, an der sich die Welle bricht, die Fackel in der Dunkelheit, der Fels auf den man baut. Schütze deinen treuen Diener, der dir immer folget. Darum bitte ich dich, oh Herr der Menschheit.
Nach einer knappen Viertelstunde hörte Arius wieder auf zu beten, verstaute das Buch, stand auf und machte sich entschlossenen Schrittes in Richtung Kommandoraum auf. Die Unsicherheit war überwunden, der Zweifel verschwunden und die bösartige Stimme im hinteren Winkel seines Kopfes nicht mehr zu hören. Jetzt war da nur Glaube und Entschlossenheit, die sich in Arius zu einer weißen Maske erstarrten Gesicht abzeichneten. Er wusste wieder, was er tun musste und dieses Wissen bestärkte ihn. Arius setzte sich auf den Platz des Funkers, streifte sich dessen Kopfhörer über, überprüfte noch einmal die Sendefrequenz, hoffte darauf, dass er die Heimatbasis erreichen würde und begann mit dem Funken.


- Die Stimme - 01-27-2017

Der Fluch war saftig, klang aber nur hohl durch den Äther, aus Gohmor herüber. Bedachte man die starke Sendeanlage auf dem Dach des Turms, wurde erst deutlich wie sehr die Wüste etwas gegen den menschlichen Drang der Kommunikation zu haben schien.
Teufel noch eins! Hörte man Blankes blecherne Stimme im Kopfhörer der Funkeinrichtung knistern. Es hatte gedauert, bis mehrere Verteilerzentralen Arius in die Gamarai-Kaserne durchgestellt hatten. Und das obwohl es sich um eine Notfallfrequenz handelte. Ein schönes Wespennest, in dass sie da einen Stock gestoßen haben Gefreiter. Kruger hatte ihn in präzisen, knappen Worten die Geschehnisse geschildert und um weitere Anweisungen gebeten.
Ich schicke einen Dekon- Zug zu ihnen. Volle Ausrüstung, Begleitschutz und jeden verdammten Spezialisten den die auftreiben können. Ich fürchte man wird sie erst einmal in Quarantäne stecken, bis raus ist was da alle hat durchdrehen lassen. Reine Sicherheitsmaßnahme, aber wir wollen schließlich nicht, dass sie sich zu diesen Ausgeflippten gesellen. Die Burschen von der chemischen Kriegsführung werden sich gleich auf den Weg machen. Ich werde ihnen schon verklickern, dass sie keine Zeit zu verlieren haben. Das kann ich ihnen wenigstens zusichern. Das Wetter sieht gut aus und in dem Gebiet sind keine Luftpiraten aktiv. Wenn sie Glück haben, können sie fliegen und sollten noch vor Einbruch der Nacht bei ihnen sein, Soldat. Falls sie einen gepanzerten Konvoi los schicken, dauert es länger. Bis morgen früh, wenn sie die Nacht durch fahren.
Sehen sie zu, dass sie sich bis dahin bedeckt halten. Wenn dieser Einfluss, was immer es auch sein mag, Auswirkungen auf sie hat, dann verlassen sie das Gelände.
Ich weiß das die Wüste nicht der beste Platz zum Zelten ist, aber immer noch besser als wahnsinnig werden. Wenn sie meinen, sie wären ihm Turm sicherer, dann igeln sie sich da ein, bis die Verstärkung anrückt. Aber wägen sie das sehr genau ab Kruger. Ich würde es bedauern, wenn die Jungs vom Dekon- Zug sie umlegen müssten, weil sie sich in einen sabbernden Irren verwandelt haben.
Die Frequenz rauschte, wurde schwächer und fing sich dann widerwillig. Das schien Blanke am anderen Ende auch zu bemerken.
Sie haben ihrer Einheit einen großen Dienst erwiesen, Junge. Man wird sich erinnern, dass es ein Mann der Zehnten war, der im Alleingang raus fand was dort passiert ist. Jetzt achten sie auf sich, dass sie gesund und munter wieder nach...
Die Stimme des Offiziers wurde von Rauschen ertränkt und an der Schalttafel der Funkanlage leuchte ein rotes Lämpchen über der Beschriftung „Störung“ darunter flackerten die Signallichter über „Atmosphärisch“ und „Elektromagnetisch“. Arius nahm die Kopfhörer ab und schob das Mikro von sich. Als er nach seiner Maschinenpistole griff, gewahrte er, dass er seine Waffe auf dem Dienstbuch abgelegt hatte.
Blut klebte auf den Seiten und machte einen Großteil der Eintragungen unleserlich. Die vorherigen Seiten waren wenig spektakulär. Beobachtete Wetterphänomene und einige Staubwolken am Horizont, die auf Motorbarbaren schließen ließen, waren noch das Aufregendste. Ansonsten nur Rundgangprotokolle und Kontaktaufnahme mit den Grenzposten zur Linken und zur Rechten. Beziehungsweise Vermerke, wenn diese nicht möglich waren, was wohl den weitaus häufigeren Zustand darstellte.
Auf der Seite, die aufgeschlagen gewesen war, sah es schon anders aus. Zwischen den Spritzern aus geronnenem Lebenssaft konnte Arius ein paar Eintragungen erkennen. Die anfangs kerzengerade Handschrift war mit voranschreitenden Einträgen sichtlich zittriger geworden und zum Ende hin zu einem unleserlichem Gekrakel verkommen.

Zitat:0325: Gefreiter Klee: Feuert auf unbekannte Person, die versucht mit einfacher Kletterausrüstung die Mauer zu erklimmen. Wirkung auf Eindringling tödlich. Der Gefreite meldet, die Person sei mit einem Gewehr bewaffnet gewesen, nach dem sie mit einer Hand griff, als der Gefreite die Person anrief.

0330: Voller Alarmzustand, alle Posten besetzt. Laserkanone hochgefahren. Allerdings keine weiteren Angreifer aus >unleserlich durch Blutspritzer<

0400: Halber Alarmzustand, nur Bereitschaftsposten bleiben zur Beobachtung auf Mauer. Keine weiteren Aktivitäten in der Wüste. Toter wird vom Fuß der Mauer geborgen.

0410: >unleserlich durch Blutspritzer<

0420: Toter ist mit einer Feuerwaffe alter Bauart bewaffnet. Kommissar Huf meint es handle sich um ein “Drachenschema“. Darüber hinaus ist der Tote in einen gepanzerten Schutzanzug gekleidet. Dr. Korff entfernt den Anzug. Starker Gestank. Der Tote weißt kleinere Mutationen auf. Lippen und Augenlider wurden scheinbar chirurgisch entfernt. Starke Ekzeme und Hauterkrankungen. Ich lasse >unleserlich durch Blutspritzer< im Mat. Lager 3. Möchte jegliche Ansteckungsgefahr für die Mannschaft so gering wie möglich halten.

0505: Begutachte gemeinsam mit Kommissar Huf die Dinge, die >unleserlich durch Blutspritzer< hatte. Das alte Sturmgewehr und zwei Sichelmagazine mit Zusatzmunition. Zwei Atemfilter, ebenfalls sehr alt, wie es scheint. Aber noch brauchbar. Ein sonderbares Götzenbild aus Ton. Kommissar Huf zertritt es und lässt die Scherben in die Wüste werfen. Ein Behälter mit einer zähen, stinkenden Paste. Könnte sich um eine Art Notration handeln. Ein ovales Gebilde, von der Größe eines Kinderkopfes. Farbe von Eierschalen, absolut glatt. Der Tote trug es in einem Netz an seinem Gürtel. Die Funktion ist unklar. Ein Schlauch mit Wasser, scheinbar aus Menschenhaut. Ein rostiger Dol>unleserlich durch Blutspritzer<
Lasse alles in Mat. Lager 3 schaffen und durch Unteroffizier Gruber verschließen. Niemand soll >unleserlich durch Blutspritzer<

0612: Kontaktaufnahme noch immer nicht möglich. Störung durch Fangsturm.
Danach wurden die Eintragungen sporadischer und zunehmend wirrer. Der Kommandant des Stützpunktes berichtete von Gewalt unter der Mannschaft und fing selber an in jeder Handlung potenziellen Verrat zu wittern. Anfangs schien er Vertrauen in den Kommissar zu haben, doch bevor die Schrift zum Gekritzel eines Geistesschwachen wurde, unterstellte er selbst dem Politoffizier hinterhältige und finsterste Absichten. Letztlich hatte er damit auf verdrehte Weise sogar recht gehabt.


- Arius Kruger - 02-01-2017

Der Tote, von dem der tote Arzt gesprochen hatte, war also ein Mutant gewesen. Irgendwie verwunderte es Arius in keinster Weise, dass es Probleme gegeben hatte. Mutanten verursachten schließlich immer Probleme und Gohmors laxe Haltung ihnen gegenüber machte das ganze nur schlimmer. Dann wurde immer davon geschwafelt, dass man ihnen gegenüber Gnade und Mitgefühl zeigen sollte und wie dankten sie es einem? Sie bewaffneten sich, beteten irgendwelche dunkle Götzen an und attackierten die PVS. Und im Materiallager 3 lag jetzt irgendwelches Teufelszeug herum, das die Kreatur mit sich herumgeschleppt hatte. Wenn man sie ein für alle mal mit Stumpf und Stiel ausgerottet hätte, wäre das hier nicht passiert. Kopfschüttelnd schob er das Buch wieder zurecht und verließ den Kommandoraum. Im Turm selbst würde er nicht bleiben, dass war zu gefährlich. Also raus in die Wüste und hoffen, dass die Verstärkung nicht unendlich lang auf sich warten lassen würde.
Beim Verlassen des Kommandoraums fiel ihm auf, dass es noch zwei Fragen gab, auf die er noch keinerlei Antwort hatte. Wo war die restliche Besatzung des Turms hin? Der Kommandant hatte geschrieben, dass die unteren Ebenen auf seinen Befehl hin verschlossen worden waren. Und der Arzt hatte festgestellt, dass die Durchgedrehten nicht einmal ein Schott öffnen konnten, das er nur durch einen umgekippten Aktenschrank gesichert hatte. In den Kellergeschossen durften sie also nicht sein, auch wenn Arius derzeit nicht das Bedürfnis hatte auf Nummer sicher zu gehen und nachzuschauen. Schließlich lag da unten auch noch der Kadaver des Mutanten mit all seinem merkwürdigen Besitztümern.
Und wie war der Angreifer eigentlich erst beim Ersteigen der Mauer aufgefallen? Der Stützpunkt stand mitten in einer Ebene aus Sand und kleinerem Geröll. Nichts hinter dem man sich verstecken konnte, um nicht der Besatzung des Wachturms aufzufallen. Alles sehr merkwürdig. Irgendwie wurde alles immer verworrener, je mehr Zeit er hier verbrachte. Es war höchste Zeit diesen Ort zu verlassen.
Ehe er den Turm verließ schaute Arius noch einmal nach den Gefangenen, flößte ihnen mittels Zwang etwas zu trinken und zu essen ein und ging noch einmal sicher, dass die Schleuse von den Arrestzellen in Richtung der nächsttiefer liegenden Ebene wirklich verriegelt war. Er wollte sich ja nicht vorwerfen müssen, durch Unachtsamkeit sein eigenes Leben und das der Gefreiten Nesh aufs Spiel gesetzt zu haben.
Draußen angelangt, suchte Arius sich alles an Ausrüstung zusammen, die er brauchte und schleppte sie aus dem leicht geöffneten Tor hinaus ins Freie. Zuerst baute er sein Zelt ein Stück vom Tor entfernt direkt am Fuß der Mauer auf und versah es mit einer kleinen tückischen Überraschung in Form einer zur Sprengfalle umfunktionierten Handgranate. Zwar ging er nicht davon aus, dass groß etwas passieren würde, aber ganz sicher konnte man sich ja hier nicht sein. Dieser eine Mutant hatte es ja auch irgendwie unbemerkt zur Mauer geschafft. Anstatt sich also möglicherweise in seinem Zelt überraschen zu lassen, grub Arius in einigen Dutzend Metern Entfernung ein etwas größeres Schützenloch, tarnte dieses mit einer Plane aus dem Stützpunkt, sowie Sand und Steinen ab und kroch dort hinein. Er hatte Munition, Wasser und Essen und musste jetzt nur noch bis zum Eintreffen der Verstärkung abwarten.