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- Die Stimme - 01-24-2016 irgendwo über dem Ozean Staffelführer an alle, 40 Kilometer bis zum Wegpunkt. Staffel wird geteilt, Übergabe an Rot 1. Rot 1 Bestätigung. Kommen! Die antwortende Stimme kam ruhig und routiniert. Hier Rot 1, übernehme Kommando der Staffel. Rendezvouspunkt be 771. Guten Flug und bis später. Es knackte im Funk und in Bishops Cockpit war wieder nur vom gleichmäßigen Dröhnen der beiden Triebwerke der Hornisse erfüllt. Voraus, ein gutes Stück unter ihm, verließ Hauptmann Voss die Position, zog leicht nach oben und ließ sich zurückfallen, so das er nun neben Bishops rechter Tragfläche flog. Die sechs Bomber vom Typ Regenmacher formierten sich um, so dass nun Rot 1 die Spitze übernahm. Etwas weiter hinten folgte eine bauchige Transportmaschine. Während die beiden Jäger leicht nach Westen abdrehen würden, um auf dem Trägerluftschiff „Kottos“ zu landen, aufzutanken und Munition zu fassen. Die Bomber würden weiter voraus in der der Luft betankt werden, bevor die beiden Jäger voll bewaffnet wieder zu ihnen stoßen sollten. Die tödliche Fracht würden die Bomber auf dem Landefeld in Horning erhalten. Die halbe Strecke zu diesem Ziel war bereits geschafft. Über dem Meer herrschte Gohmor. Es war mit keinen Feindfliegern zu rechnen, doch für den Fall der Fälle würde die Bewaffnung der beiden Hornissen wohl ausreichen. Die Dreiviertelstunde, welcher der kleine Bomberverband ohne Geleitschutz war, war vertretbar. Voss und Bishop drehten leicht ab. Das Wetter war herrlich. Perfektes Flugwetter, hätte man behaupten können. Einige Schäfchenwolken, ansonsten strahlend blauer Himmel und ruhiges, glitzerndes Wasser. Voss war ein gutes Stück jünger als Bishop, hatte das Kommando bei diesem Überführungsflug jedoch aufgrund seines Ranges erhalten. Die Versetzung vom Schutzgeschwader 301. zur Sonderstaffel 001 war für den Leutnant zwar plötzlich, aber nicht wirklich überraschend gekommen. Oberstleutnant Rührig war nie ein Fan Bishops gewesen und hatte daraus auch keinen Hehl gemacht. Als sich dich Gelegenheit bot, hatte er ihn sozusagen über den grünen Klee, aus dem Geschwader heraus gelobt. Dann hatte er eine Woche warten müssen, bis man ihn mit einem Überführungsflug nach Horning schickte. Voss hatte ihn abgeholt, war korrekt und höflich geblieben, ohne dabei in irgendwelche übertriebene Kamaraderie auszuarten. Genau sowenig wie er sich zu irgendwelchen Einträgen in Bishops Akte, von denen er gewiss Kenntnis hatte, äußerte. Er hatte sich schlicht vorgestellt, ihre Flugroute erläutert und war Seite an Seite mit seinem neuen Mitstreiter zum Rollfeld gegangen. Seit ihrem Start vor einigen Stunden hatte er nur die offizielle Frequenz benutzt um Lageberichte einzufordern oder knappe Befehle zu geben. Er schwieg auch weiterhin, bis der Verband aus schwebenden Schiff in Sicht kam. Die gewaltige „Kottos“ war schon ein echter Hingucker. Mehr eine schwebende Stadt, denn ein Luftschiff. Allein die Antigravgondeln waren fast so groß wie die zwei Begleitkreuzer, die versetzt in einiger Entfernung hingen. Ich hoffe sie sind schon mal auf so nem Ding gelandet. Kann beim ersten Mal ein bisschen kitzlig sein. Ich gehe als Erster runter. Während die Ölfüße tanken und aufmunitionieren lade ich sie auf einen Kaffee ein. Wir sehen uns an Deck. Er gab die Frequenz frei und fünf Minuten später fingen sie das Funkfeuer des Trägers auf und erhielten genaue Landeanweisungen von der Leitstelle. - Bishop - 01-24-2016 [Einstiegspost von Leutnant Bishop] Wie Butter. Die H-1 sauste gleichmäßig und ruhig über die blauen Untiefen des Ozeans hinweg, lag stabil in der Luft und ließ den Einsatz bis hierhin aufgrund vergleichsweise geringer Geschwindigkeit der schweren Transportmaschine wie einen gemächlichen Ausflug anmuten. Alle Instrumente waren auf Monitoren angezeigt und über den Joystick ansteuer- und individuell anpassbar - kaum Mechanik im Cockpit. Genau deshalb schätzte Bishop die alten Propellerflugzeuge mit ihren Armaturen: Man hatte ein Gefühl dafür, wie die Maschine funktionierte, wie sie zusammengesetzt war, was ihr fehlte, wie sie atmete und arbeitete. In der Hornisse fühlte er sich hingegen mehr als Passagier denn als Pilot. Derweil er dem Befehl des Staffelführers über Funk lauschte, navigierte er auf dem linken Display zur Karte, um die Koordinaten für den späteren Treffpunkt zu markieren. Das kleine, leicht verwaschene Bild des Imperators, welches bisher über dem Feinhöhenmesser klebte, steckte er wieder zurück in seine kleine Gürteltasche. Ich hoffe sie sind schon mal auf so nem Ding gelandet. Kann beim ersten Mal ein bisschen kitzlig sein. Ich gehe als Erster runter. Während die Ölfüße tanken und aufmunitionieren lade ich Sie auf einen Kaffee ein. Wir sehen uns an Deck. Kitzelig, sagt er. Ich könnte sogar die verdammte ''Kottos'' auf seiner Hornisse landen. Ehrlicherweise müsste Bishop sich eingestehen, dass er tatsächlich noch nie auf einem Luftschiff gelandet ist, doch wollte er sich von einem Jungspund keine Blöße geben und tat die Aufgabe wie üblich ab. Vorzutäuschen, alles schon einmal erlebt zu haben war die halbe Miete. Gibt nichts Neues unter der verdammten Sonne, murmelte Bishop vor sich hin, bevor er in seinem schwer zu deutenden, brummeligen Ton über Funk antwortete. Ich sehe zu und lerne, Hauptmann... Das Manövrieren um diesen Titan der Lüfte erforderte einiges an Geschick, war jedoch mit der technischen Finesse einer Hornisse und etwas Erfahrung unter dem Helm zu bewältigen. Das eigentliche Problem bestand trotz der immensen Ausmaße der ''Kottos'' in ihren kurzen Landebahnen, von denen jeder Meter genutzt werden musste, wollte man nicht zu einem neuen Versuch ansetzen. Bishop gelang das Kunststück. Dankbar tätschelte er den Pilotensitz seiner Maschine, während er sich von einem Lotsen auf Deck zum Abstellplatz dirigieren ließ. Eine Ausgabe des Guardian hatte er vor ihrem Aufbruch gekauft, bisher jedoch keine Gelegenheit dazu gehabt, einen Blick hineinzuwerfen, also klemmte er sie zusammengefaltet in seinen Gürtel. Zischend öffnete sich das Cockpit. Ein Teil der Glaskuppel fuhr zurück. Dann brach der ganze Lärm des Luftschiffes über den Leutnant herein. Befehle wurden in Headsets gebrüllt, um das Brausen eines startenden Strahlenjets zu übertönen, Windböen peitschten über die flache Landebahn und drohten gar einen Techniker von den Füßen zu holen, Motoren, die den Riesen stabil hielten, heulten hier und da auf und unter all dem Getöse lag das beständige, dumpfe Dröhnen der Antigravgondeln. Nachdem Bishop sich gekonnt von den Tragflächen geschwungen hatte, versuchte er sich zunächst einen Überblick über dieses beeindruckende Wunderwerk zu verschaffen, wobei er um Haaresbreite von einem rücksichtlsosen Kleinsttransporter erfasst worden wäre, dem er vergebens hinterherfluchte. Es war als hätte man in ein Ameisennest gestochen. Alles war in Aufruhr. In freudiger Erwartung eines Kaffees suchten seine Augen den jungen Hauptmann und fanden ihn an einer Tür wartend, die in ein halbverglastes Gebäude mit einer Kantine führte. Von außen betrachtet wirkte sie recht verlassen. Lediglich an zwei Tischen konnte man Soldaten hektisch einen hellbraunen Brei in sich hineinschaufeln sehen. Voss winkte ihn zu sich. Noch einmal nach kopflos herumpreschenden Fahrern Ausschau haltend, joggte Bishop zu ihm herüber und musste dabei seine dünne Stoffmütze vom Kopf nehmen, die ihm sonst der Wind davongetragen hätte. Er folgte dem Hauptmann in den warmen, geschützten Korridor, richtete jedoch, bevor er die Kantine betrat, auf die Schnelle seine Frisur im Fensterglas und zuppelte am Druckanzug herum. Niemand interessierte sich für die beiden Neuankömmlinge. Voss war bereits wie von ihm versprochen dabei, Kaffee für sie beide zu organisieren, also ließ sich der ältere Leutnant lässig auf einen der vielen freien Plätze fallen und holte seine Zeitung hervor. Wäre es anhand der Abzeichen nicht offensichtlich, hätte man ihn für den Ranghöheren halten können. - Die Stimme - 01-25-2016 Hier! Voss kam mit zwei Aluminiumbechern zu ihrem Tisch. Das Zeug ist heiß, viel mehr kann man dem Gebräu allerdings nicht zugestehen. Er rutschte auf den, am Boden festgeschraubten Hocker. Wie um seine Worte zu untermauern, kippte er drei Tütchen Zucker in den schwarzen Sud, nippte daran, verzog das Gesicht und ließ Nummer Vier folgen. Wir haben zwanzig Minuten, also gerade genug um auszutrinken, aufs Klo zu gehen und das ich ihnen ein bisschen was über ihren neuen Chef erzähle. Er trank noch einmal und griff dann in die Innentasche seiner Fliegerjacke. Als sein Blick jedoch auf ein großes Schild fiel, welches das Rauchen mehr als deutlich untersagte, zog er die Hand enttäuscht wieder hervor. Den ganzen Einsatzkram muss ihnen oder besser uns... sowieso der Commodore erklären. Ich war eine Woche in Gohmor, da hat sich an der Front eh alles dreimal geändert. Ihr neuer Chef ist Major Debris. Die ist ein feiner Kerl, für einen Fremdwelter. Hat auf einigen anderen Welten gegen Götzenanber gekämpft oder sowas, gegen irgendwelche Wilden eben. Die ist echt anständig, kann nen Spaß vertragen und ist als Commodore auch zu gebrauchen. Was sie nicht ab kann, ist Schlampigkeit. Ich hatte mal zu einer Besprechung die Stiefel nicht richtig gebunden. Nur so reingeschlüpft, weils eben schnell gehen sollte. Junge, Junge hat die mir den Arsch aufgerissen. Aber ansonsten schwer in Ordnung. Ihr Stellvertreter ist Major Beisen. Flieger alter Schule. Hat schon alles in der Luft gehalten was Flügel hat. Angefangen als Kurierflieger und Aufklärer, dann bei den Bombern und dann irgendwie bei uns gelandet. Ist sich nach meinem Geschmack ein bisschen zu sehr mit den Ölfüßen Freund. Verstehen sie mich nicht falsch, ich habe nichts gegen die Schrauber, gute Leute dabei. Aber ich finde man sollten einen professionellen Abstand wahren. Deren Ding ist es unsere Maschinen am Laufen zu halten, unser Ding ist es böse Buben vom Himmel zu holen. Man sollte da die Welten nicht zu sehr vermischen. Aber er ist der Stelv. also soll er mal machen. Den Rest des Zirkus werden sie dann schon kennen lernen, wenn wir da sind. Er blickte auf seine Armbanduhr und entschied, dass noch genügend Zeit für eine Frage übrig war. Was haben sie eigentlich angestellt, dass man entschieden hat, sie von ruhigem Heimatschutzdienst nach Horning zu versetzen? Dem Staffelführer das Mädchen ausgespannt? - Bishop - 01-28-2016 Bishop blätterte eine Seite aus dem Guardian um, während er mit verkniffenen Augen aus einem der großen Fenster sah. In der Kantine herrschte stickige, warme Luft. Ein Aroma, das an abgestandenes Kartoffelwasser erinnerte, lag über dem Raum wie eine pelzige Decke. ''...planen mehre Gesellschaften die Einrichtung eigener Personenwagen, speziell für Mutanten...'' Er schnaubte amüsiert. Gerade als sein Augenmerk auf eine Werbeanzeige für den sogenannten Kaffee der Synthetic Küche gelenkt wurde, kehrte Voss zurück, um ihm eine zweifellos noch schlimmere Plörre zu servieren. Dennoch wusste Bishop die Geste zu schätzen und nickte kaum merklich. Der Hauptmann machte soweit einen vernünftigen Eindruck; da hatte er schon unter ganz anderen Kalibern fliegen müssen. Er trank das heiße Gebräu schwarz... oder eher grau-braun und vermied es so gut es eben ging, seine Geschmacksknospen länger als nötig damit in Berührung zu bringen. In Gohmor pflegte er seinen Kaffee mit reichlich Styger Milch zu zelebrieren, einer teuren, weil importierten Vorliebe, die jeden noch so schlechten Kaffee aufwerten konnte und zudem allerhand gesundheitsfördernde Eigenschaften besaß. Auch nur danach zu fragen war auf jeder Militärbasis und wohl erst recht auf diesem Luftschiff vergebene Liebesmühe. Nach einem kurzen Briefing wurde der Junge nun doch neugierig. Andererseits sprach es für ihn, auch die andere Seite beleuchten zu wollen, nachdem er gewiss einen Blick in die weniger löblichen Einträge von Bishops Akte geworfen hatte. Nun wollte er also wissen, was den Leutnant in die Sonderstaffel verschlagen hatte. ''Da gab es vermutlich so Einiges'', begann dieser, ohne seinen verkniffenen Blick zu lockern. Selbst wenn Voss gar nichts über ihn wusste, sähe Bishop keinen Sinn darin, einen Hehl aus seiner Vergangenheit zu machen. Er hatte seine Ecken und Kanten, mit denen nicht jeder zurecht kam, doch gerade deshalb hielt er es stets für das Beste, damit offen umzugehen. ''Ich habe eine Flasche Rahzvod im Flieger. Wenn wir in Horning gelandet sind, werde ich mir einen Schluck genehmigen. Das habe ich immer so gemacht. Ich habe meine Maschine immer sauber runterbringen können, bis auf zwei Male, die ich vom Himmel geholt wurde. Aber ich bin immer noch am Leben. Halten Sie davon, was Sie wollen.'' Bishop kippte den letzten Rest seines mittlerweile lauwarmen Kaffees hinter und stellte den Becher lautlos auf den Tisch. ''Rührig jedenfalls hielt davon nichts. Ebenso wenig hielt er von meinem Alleingang in Sektor C-7. Offiziell hatten wir für diesen Sektor keine Befugnis. Vielleicht erinnern Sie sich noch: galt damals als völlig verseucht und absolute Verbotszone, vor allem für Zivilisten. Ich habe keine Ahnung, was sich die Schmalhirne dabei gedacht hatten, ihre kleine Karawane dort entlang zu führen, nur um ein paar heruntergekommene Siedlungen im Nachbarsektor zu erreichen, aber beinahe hätten sie den Preis dafür bezahlt. So ein mutierter Xeno-Abschaum fiel über sie her. Keine Banditen, dafür verhielten sie sich zu animalisch... Ich meine, es gab einen kurzen Artikel von irgendeinem unbedeutenden Schmierfink in einem kleinen Käseblatt, aber davon abgesehen hatte Rührig die Presse schweigen lassen. Ist auch scheißegal, jedenfalls sind wir hin – Marino, Thornton und ich. Haben den Viechern Blei zu fressen gegeben. Wir hatten keinen Befehl erhalten und ich bin sicher, der wäre auch ausgeblieben. Die Händler hätten verrecken können. Selbst Schuld. Hätte auch nie wer erfahren. Genau das war auch später Rührigs Meinung zu diesem Vorfall und ich verstehe sehr gut, warum es Richtlinien, Befehlsstrukturen und Vorschriften gibt, doch vielleicht haben sie während ihrer Zeit in der Luft auch schon gelernt, dass ein strategisches Oberkommando die Situation aus der Ferne nie so einschätzen können wird wie Sie als Pilot. Wir haben den Leuten ihren geldgierigen, kleinen Arsch gerettet und das ist verdammt noch mal, was der Heimatschutz tun sollte.'' Bishop linste in seinen leeren Becher und ließ die letzten Tropfen des schmuddeligen Getränks am Boden kreisen, bevor er hinzufügte: ''Die Rechnung dafür folgte auf dem Fuße. Die Strahlung musste uns regelrecht aus unserem Blut gespült werden, so versifft waren wir. Keine angenehme Behandlung. Ich hab noch nie so heftig und so viel gekotzt in meinem Leben. Naja - '' Er nickte in Richtung der großen Uhr, die in die linke Kantinenwand eingelassen war. ''Genug geplauscht.'' Bishop reckte seine Glieder, nachdem er sich erhoben hatte. Dann nahm er den Guardian auf, rollte ihn zusammen und wandte sich in Richtung Tür, als ihm einfiel, dass er noch eine Sache loswerden wollte. ''Was ihren 'professionellen Abstand' angeht, können Sie sich damit so viel Mühe geben wie sie wollen. Ist alles eine Suppe. Wir sind nun mal aufeinander angewiesen; läuft bei der Infanterie nicht anders als bei den Kettengesichtern, genauso wie die Zivis auf unsere Streitkräfte und wir auf sie angewiesen sind. Womit wollen sie fliegen ohne Treibstoff, ohne Metall für die Maschinen, ohne Arbeiter, die sie zusammensetzen – und wozu überhaupt? Aus Spaß an der Freude? Ich jedenfalls fliege für diese beschissene Stadt'' – er deutete mit der gerollten Zeitung in Richtung Nordosten, wo außerhalb ihrer Sichtweite Gohmor lag – ''und ihre beschissenen Bürger. Was anderes gibt es auf diesem beschissenen Planeten schließlich nicht, für das es sich zu kämpfen lohnt. Aber ich will Ihnen nicht erzählen, mit wem sie sich anzufreunden haben.'' Bishop merkte, wie er sich langsam in Rage redete. Eigentlich gehörte es sich für ihn nicht, seinem Hauptmann gegenüber einen solchen Ton anzuschlagen, doch er hatte sich noch nie beherrschen können oder wollen. Sein Schritt wurde zackiger und mit einem mehr ruppigen als freundlichen ''Da, Neues aus der Heimat.'' drückte er einem Techniker, der ihnen an der Türe Platz gemacht hatte, seine Zeitung in die Hand. - Die Stimme - 02-01-2016 Voss lächelte dünn und zuckte mit den Achseln, als der verwirrte Blick des Technikers sich mit dem seinen traf. Er kannte diese Sorte Männer. Bei der Marine hätte man sie knurrige alte Seebären genannt. „Alter Luftbär“ hätte vielleicht auch gepasst, wirkte in dieser Terminologie jedoch leidlich albern. Der Hauptmann kam zu dem Ergebnis, dass Bishop es mit der Sonderstaffel gut getroffen hatte und seinem unwilligen, vorherigen Chef dankbar für die Versetzung sein konnte. Voss hatte gewiss noch nicht so viele Dienstjahre auf dem Buckel wie Bishop, doch einige Verwendungswechsel hatte auch er schon durch und bisher hatte er keinen Posten innegehabt, wo man so tolerant gegenüber Individualitäten, Befindlichkeiten und kleinen Macken gewesen war. Einzig was Debris von der Flasche in Bishops Cockpit halten mochte blieb abzuwarten. Solange es keine Probleme durch Alkohol gab gedachte Voss jedoch nichts zu melden, was keiner Meldung wert war. Er ließ seinen Kaffee stehen und drückte sich an dem Techniker vorbei, der noch in der Tür begonnen hatte die Zeitung zu lesen. Schnell wurde dem Ruf der Natur gefolgt und dann wieder in den Maschinen Platz genommen. Die Tankanzeigen waren am Anschlag, die Waffenschirme zeigen volle Munition und vier gesicherten Sternenglanz- Raketen. Dem Weiterflug stand also nichts im Wege. Start und Annäherungsflug verliefen reibungslos und nach dreißig Minuten hatten sie den Verband aus Bombern und Frachtflugzeug eingeholt, Voss setzte sich an die Spitze und übernahm wieder das Kommando. Er ließ sich Meldung geben. Auch das Auftanken in der Luft war sauber abgelaufen. Allein, je näher sie Hornings Küste kamen, um so schlechter wurde das Wetter. Der Hauptmann ließ die Maschinen aufsteigen um Regen und Windböen zu entgehen. Doch zum späten Nachmittag hin half nicht einmal mehr das, zumal sie sich langsam auf den Landeanflug vorbereiten mussten. Als die Maschinen die Wolkendecke durchstießen, zeigte sich das Einsatzland wenig gastfreundlich. Das Meer lag als graue Fläche unter ihnen, hier und da von den Rauchfahnen der gohmorischen Kriegsschiffe zusätzlich verunstaltet. Die landgelegene Seite des Zweigeteilten Meeres schien sich etwas heller auszunehmen. Das musste der Bereich sein, der in der zweiten Hälfte des Jahres trocken lag. Die Finne, jedne trennende Landscheide, ließ sich am diesigen Horizont nicht ausmachen, doch sie war dort irgendwo und dahinter begann das Feindesland. Einige Dammstädte waren zu sehen, künstliche Inseln von denen ebenfalls der Rauch der Herdfeuer aufstieg und die in wenigen Stunden schon von Flakscheinwerfern gesäumt sein würden. Ihr Ziel war "Alljähre", die nächste der Dammstädte. Die Struktur der Siedlung war erweitert wurden, mit schwimmenden Hafenanlagen, an denen Schiffe verschiedenster Bauart ankerten und zwischen denen kleinere Boote wie Schwimmkäfer umher flitzten. Der eigentliche Augenöffner war jedoch die Landebahn, die fast genauso lang war wie die Ausdehnung der kleinen Stadt. Auf Pontons ruhte eine ebene Fläche aus metallenen Waben, vom Regen matt glänzend. Positionslichter erleichterten den Anflug und am Rand des Flugplatzes standen gut zwanzig Maschinen aufgereiht. Die Bomber setzten als erste zur Landung an, was unter diesen Wetterbedingungen kein Kinderspiel war. Zwei der Maschinen mussten durchstarten und den Anflug erneut wagen. Der Transporter benötige zwar nur einen Versuch, hatte jedoch soviel Schwung drauf, dass er von den Fangleinen am Ende der Bahn gestoppt werden musste. Die beiden Hornissen landeten problemlos, auch wenn das Feld unter ihnen bockte und auf den Wellen ein Eigenleben zu führen schien. Letztlich jedoch kamen alle Vögel runter und wurden vom Bodenpersonal auf ihre Positionen dirigiert. Als Bishop seine Kanzel öffnete griff sogleich der scharfe, nach Salz und Seetank riechende, Seewind nach den Aufschlägen seiner Fliegerjacke. Voss winkte ihn heran, da über den Lärm der beschäftigten Betriebsamkeit dieses Ortes keine Unterhaltung möglich gewesen wäre. Zu ihrer Linken ragte die Dammstadt aus dem Wasser. Ein massiver Kegelstumpf, von einer Mauer gekrönt, die nur an wenigen Stellen von altertümlich wirkenden Walmdächern überragt wurde. Eine Treppe aus Metallgittern überbrückte die 15 Meter Strecke bis zur Mauer und erübrigte es so die regulären Eingänge auf der anderen Seite der Stadt zu benutzen. Auf der Mauer waren Posten aus PVSlern, Flakgeschütze und MG- Nester waren bemannt. Die Soldaten salutierten nicht, wenn sie sie passierten. Mit Scharfschützen war auf der Wasserwüste zwar nicht zu rechnen, doch diese Reglung galt im Felddienst, ganz gleich wie sich die Umgebung gestaltete. Sie stiegen auf der anderen Seite die Mauer hinab und waren gleich um einiges geschützter vor Wind und Wetter. Die Straßen Alljährs waren eng und wurden fast ausschließlich von Militär dominiert. Nur hier und da stach einer der gegerbten Zivilisten dieser Region heraus. Voss führte Bishop zu einer Gaststädte, die das Schild über der Tür als „Harpunier“ auswies. Die Schänke war kurzerhand zum Quartier der Sonderstaffel umfunktoniert wurden, da sie nicht nur genügend Raum für die Piloten bot, sondern auch nah genug am Landefeld lag, um bei Alarm schnell reagieren zu können. In der Mitte des Gastraumes stand ein Kartentisch, auf dem sich Papiere stapelten. Materialkisten türmten sich an einer der Wände. An den anderen Tischen saßen einige Gestalten in Fliegerkombie, mit den gefütterten Jacken ihres Berufstandes angetan. Die Bleiglasfenster waren bis auf Brusthöhe mit Sandsäcken verbarrikadiert. Voss! Hast du uns vermisst, oder ist der Urlaub schon vorbei? Wollte einer der Burschen, mit geschniegeltem Haar und einer erkalteten Pfeife im Mundwinkel, von den Neuankömmlingen wissen. Wedernoch Gustav, aber mir wurde gesagt, dass du es zwei Wochen ohne meine Hilfe geschafft hast nicht abgeschossen zu werden. Das erschien mir so unglaubwürdig, dass ich mich selber überzeugen musste. Und was hast du uns da noch mitgebracht? Verlangte eine stämmige kleine Frau aus einer Ecke zu wissen. Leutnant Bishop. Der Ersatz für Neumeister. Hat man übrigens was gehört? Er hat die OP überstanden, wird das Bein aber verlieren. Voss brummte nur und führte Bishop um die Theke herum. Dem Neuen folgten leidlich interessierte Blicke. Sie betraten den Raum, der wohl einmal das Reich des Wirts gewesen war und nun als Büro des Kommodores diente. Hinter einem Schreibtisch saß eine Frau mit konzentrierter Miene über einer Karte, welche sie mit einem Zirkel bearbeitete und sich nebenbei Notizen machte. Eine dampfende Tasse diente als Gewicht, um die Kartenränder zu beschweren. Das schwarze Haar fiel ihr als Pferdeschwanz über die Schulter. Als die beiden eintraten ließ sie ihre Arbeit sein und sah auf. Voss machte Meldung. Keine besonderen Vorkommnisse während des Flugs. Er übergab seinem Vorgesetzten eine Mappe mit Dokumenten aus Gohmor und durfte dann wegtreten. Major Debris wies Bishop an sich zu setzen. Die nächsten Minuten musste der Pilot seine Zeit der zu lesenden Korrespondenz aus der Hauptstadt opfern. Dann endlich richte der Major das Wort an ihn. Nun Leutnant, da wären sie also. Ich begrüße sie in der Sonderstaffel 001. Vielleicht hat ihnen der Hauptmann schon etwas erzählt, also unterbrechen sie mich ruhig, wenn ich mich wiederhole. Unsere Staffel besteht zum Großteil aus Fremdweltlern und solchen Kameraden, die an anderer Stelle anecken, nicht reinpassen oder wie auch immer Missfallen erregt haben. Man betrachtet uns vielleicht als eine Art Abstellgleis für unliebsamen Ballast. Ich sehe das gänzlich anders und erkenne eine Chance darin eine Einheit zu führen, die aus Männern und Frauen besteht, die sich nicht scheuen ihren eigenen Kopf zu benutzen, wenn es gefragt ist. Das bedeutet nicht, dass ich hier ein lockeres Leben zulasse. Ich gedenke niemanden an seine Pflicht gegenüber dem Imperator und dem Gouverneur erinnern zu müssen. Ich bitte mir soldatische Korrektheit und Zuverlässigkeit aus. Darüber hinaus interessiert mich nicht, was in irgendwelche Akten geschmiert wurde. Für mich kommen sie hier als unbeschriebenes Blatt an und ich nehme mir die Freiheit heraus mein eigenes Urteil zu bilden. Weder Rügen noch Orden sind für mich von Belang, solange sie vor ihrer Zeit bei der 001 angehäuft wurden. Soviel zu meiner kleinen Ansprache, die ich jedem Neuen halte. Was den Dienst angeht, so wird ihnen die Hornisse zugeteilt, mit der sie her geflogen sind. Wir haben hier das Glück mit genügend Ausrüstung versehen zu werden. Ein Privileg was wir in der Heimat leider nicht haben, wo wir teilweise noch mit Propellermaschinen arbeiten dürfen. Sie werden dem Flügeltrio von Hauptmann Voss zugeteilt. Der Dritte im Bunde ist Leutnant Mendes, die Kurze, die sie vielleicht im Aufenthaltsraum gesehen haben. Es gibt angesetzte Operationen, Patrouillierenflüge und Alarmflüge. Sollten sie die Sirene hören... wenn sie sie hören wissen sie schon das sie es ist, dann ab in die Maschinen und hoch den Arsch. Was, wer und wo erfahren sie dann in der Luft. Diese Erfahrung machen sie vielleicht schneller als gedacht, denn jetzt wo die Schwemme überflutet ist spielt sich mehr in der Luft, als auf dem Boden ab. Sie bekommen die alte Stube von Leutnant Neumeister, oben im zweiten Stock. Noch sind sie da allein, aber gut möglich, dass wir noch weiteren Zuwachs bekommen. Die Kiste mit ihrem Zeug sollte im Transporter gewesen sein. Man wird sie bringen lassen. Dienstbesprechung um Siebenhundert morgen früh. Da werden sie dann zu den Diensten eingeteilt. Das ist das Wichtigste für heute. Die Feinheiten, wie hier was läuft, erfahren sie dann schon in den nächsten Tagen. Irgendwelche Fragen? - Bishop - 02-04-2016 Merkwürdig. Irgendetwas lief hier nicht richtig, doch Bishop konnte nicht mit dem Finger darauf zeigen. Hoch oben, über der Schlechtwetterfront, hatte einer der Computer ausgesetzt und musste neu gebootet werden. An sich nichts wirklich Ungewöhnliches. Es hätte nicht passieren dürfen, gerade weil die Hornisse noch eben auf der Kottos grob durchgecheckt worden war, aber solche Dinge kamen eben vor. Vermutlich hatte das Dreckswetter Schuld daran und machte der Technik zu schaffen. Und doch lag ihm seither ein flaues Gefühl quer in der Magengrube, an dem selbst der gute Rahzvod nichts hatte ändern können, den er sich, wie nun auch der auf ihn wartende Voss erfahren hatte, rasch vor dem Ausstieg gönnte. Es war als würde ihm ständig jemand im Nacken sitzen. Er vermied es tunlichst, sich auf ihrem Weg durch die Straßen wie ein paranoider Wunderling nach jedem zweiten Schritt umzusehen oder die PVSler argwöhnisch zu beäugen. Als Neuer in der Staffel konnte er darauf verzichten, direkt am ersten Tag einen fragwürdigen Ruf angeheftet zu bekommen, daher nickte er auch nur kurz in die Runde, als sein Name unter den anwesenden Piloten genannt wurde und hielt es für das Beste, sich nach dem Treffen mit Major Debris zurückzuziehen, um einen klaren Kopf zu bekommen. War sicher nur das neue Umfeld und die Müdigkeit, die seinem Urteilsvermögen einen Streich spielten. In einem Nebensatz erfuhr er von dem Mann, der vor ihm diesen Posten besetzt hatte. Musste also sein Bein hergeben, dachte Bishop bei sich und wurde dabei wieder seiner eigenen Verletzung gewahr. Ein Kugelhagel hatte damals nicht nur das Cockpit ordentlich zersiebt, sondern auch sein linkes Knie zu Brei zerschlagen. Wäre nicht sein Vater ungefragt für eine teure Operation und eine exquisite Behandlung außerhalb des Militärkrankenhauses aufgekommen, würde er wohl heute am Stock gehen, statt für die Luftwaffe zu fliegen. Kaum Auszudenken. Bishop liebte die Luftwaffe. Das heißt, er liebte vornehmlich das Fliegen, aber auch die Kameradschaft, das Abenteuer, das ehrlich erworbene Ansehen unter der Bevölkerung, das in seinen Augen in einem krassen Gegensatz zu dem seiner leiblichen Familie stand, die lediglich einen Namen und vererbtes Vermögen vorweisen konnte. Dabei schimpfte er oft gegen die Strippenzieher im Hintergrund der Streitkräfte. Er hielt es für falsch, dass nahezu jeder, der militärischen Einfluss ausübte, aus "gutem Hause" kam. Der Krieg, den er und seine Kameraden nun an der Küste Hornings ausfechten mussten, war gewiss weder Zufall noch Reaktion auf eine vorangegangene Provokation, ebenso wenig wie die ersten Truppen zum Schutz der Pilger entsandt worden waren. Sie waren Bauernopfer, die in ein Wespennest stechen sollten, damit die hohen Herren der Hauptstadt nur nicht in ein schlechtes Licht gerückt würden, wenn sie nach Blut und Vergeltung riefen. Auch wenn Bishop nicht oft in ihren Kreisen verkehrt hatte, glaubte er die Spiele des Adels und der Politik zu kennen, die immer auf dem Rücken des kleinen Mannes ausgetragen wurden. Er meinte, die anfänglich vorgetäuschten diplomatischen Bemühungen als Blendwerk zu durchschauen und hielt die weitere Entwicklung und Eskalation für taktisches Kalkül der macht- und geldhunrigen Bewohner aus den obersten Ebenen Gohmors. Expansion um jeden Preis, so jedenfalls lautete seine Theorie. Ob er damit recht behalten sollte, konnte nur die Zeit zeigen. Vielleicht würde er es aber auch nie erfahren und musste sich weiter seinen Teil denken und fluchen, bis er eines Tages im Namen des Imperators sein Leben geben würde. Diese Gedanken gingen ihm auch durch den Kopf während er Major Debris' kleiner Willkommensrede lauschte und als er schließlich gefragt wurde, ob er noch irgendetwas wissen wolle, konnte Bishop nach einer kurzen, fast schon unangenehmen Pause nur den Kopf schütteln und Brummen. "Danke, Major. Wenn Sie erlauben, werde ich mich nun auf meine Stube zurückziehen." Debris erwartete von ihrem verschlossenen Gegenüber an diesem Abend keine tiefgründigen Gespräche mehr, obgleich sie gern ein wenig mehr von dem Neuzugang gewusst hätte, um über ihre Truppe im Bilde zu sein. Doch so ließ sie den Leutnant wegtreten und widmete sich wieder ihren Karten. Bishop durchschritt unterdes ohne ein weiteres Wort den alten Schankraum, stapfte nachdenklich die Stufen zum zweiten Stockwerk hinauf, wo er sich nach der Tür mit dem Schild 'Lt. Neumeister' umsah und dort auf das Eintreffen seines persönlichen Hab und Guts wartete, während er noch darüber sinnierte, was an seiner Lage so verdammt faul war. - Die Stimme - 02-09-2016 Der Schankraum hatte einmal mehr eine Wandlung durchgemacht und war nun zum Briefingraum geworden. Die Männer und Frauen der Sonderstaffel saßen auf Kisten, Stühlen und Tischen, mehr oder minder ausgeschlafen. Vor der Theke stand eine Tafel, welche mit einer Karte der Schwemme bespannt war. Darauf zeigten sich diverse taktische Zeichen, Routen und Flugwege. Ein paar der Piloten waren bereits damit beschäftigt ihre eigenen Karten auf den neusten Stand zu bringen, für andere war der Morgenkaffee und Gespräche über dies und das vorrangiger. Endlich betrat Major Debris den Raum, jetzt selbst mit Fliegermontour und Jacke angetan. Meldung wurde nicht gemacht, der Commodore zählte nur schnell mit den Augen durch. Wo ist Zucker? Wollte sie dann wissen. Ein stiernackiger Mann, der mehr in das Klischeebild der Infanterie gepasst hätte, schob seinen Zahnstocker von einer Seite des Mundes auf die andere und antwortete. Hat die Scheißerei. Hat wohl was von dem Fisch gefressen, denn die hier so aus dieser Brühe von Meer ziehen. Hat erst gekotzt wie ein Reiher und ist dann mit Volldämpf zum Schacht. Schätzte sie hockt noch drauf und verflucht alles was Flossen hat, oder sie hat es mit trockener Buchse bis zum Sani geschafft. Danke Haase! Sie ist krank, hätte mir aber auch als Antwort gereicht. Ein paar gedämpfte Lacher, doch für wirkliche Begeisterung war es schlicht zu früh. Zu den Tagespunkten, Herrschaften. Sicher haben sie es bereits in der Kantine oder sonstwo gehört und ja es stimmt. Kardinal Septin ist gestorben. Aus Gohmor ist Staatstrauer für eine Woche angesagt. Einen Waffenstillstand wird es nicht geben, da von den Zefas nicht viel Mitgefühl erwartet werden kann. Trinksprüche sind in der Trauerwoche allein auf den Kardinal auszubringen. Die Angehörigen der PVS werden angehalten Totenmessern und Trauergottesdienste beizuwohnen. Ohnehin hat Vater Ibranitzki sich bei mir darüber beklagt, dass bedauerlich wenig Mitglieder der 001 seine Gottesdienste besuchen. Das wäre vielleicht die Gelegenheit für einige von Ihnen ihr Seelenheil ein wenig aufzupolieren. Dann haben wir einen Neuzugang. Leutnant Bishop kommt vom Schutzgeschwader 301 zu uns und wird mit Voss und Mendes fliegen. Bishop melden sie sich nach der Besprechung auf dem Landefeld bei Techpriester Numinax. Er hat irgendetwas an ihrer Maschine entdeckt. Etwas mit den Logikverarbeitern und den Anzeigen im Cockpit. Ich habe die Anfrage von einigen von ihnen weitergeleitet, bezüglich der individuellen Markierung ihrer Maschinen. Das Oberkommando gestattet das Anbringen persönlicher Symbole und Abschussmarkierungen. Diese dürfen jedoch nicht die vorgeschriebenen Markierungen beeinflussen, sollen in der Größe angemessen sein und weder blasphemische, noch übersexualisierte Motive zum Inhalt haben. Wenn also jemand von ihnen seine Maschine tatsächlich mit Abziehbildchen verschandeln will, übertreiben sie es gefälligst nicht. Nun zu den Diensten für Heute. Es folgte die Einteilung. Die Hälfte der Staffel wurde als Begleitschutz eines Bomberverbands abgestellt, der Edos im Norden anflog um die Industrieanlagen weiter in Schutt und Asche zu legen. Das Flügeltrio Voss würde gegen Mittag zu einem Patrouillienflug entlang der Küste aufbrechen. Ein paar Änderungen der Lagekarte wurden erläutert, dann ließ Debirs wegtreten. Während die Soldaten sich zerstreuten oder über den Tot des Kardinals sprachen, mam Mendes zu Bishop und drückte ihm die Hand. Sie reichte ihrem Kameraden gerade einmal bis zur Hüfte, doch ihr Händedruck schien befähigt Steine zu Staub zu zermahlen. Mendes der Name, aber die meisten nennen mich "Tex“, das kannst du dir aussuchen, höre auf beides. Du bist also der Ersatz für Neumeister, ja? Ich hoffe du hasts drauf, Stadtjunge. Ich häng nämlich an meinem Arsch. - Bishop - 02-15-2016 07:05 "Tun die meisten", kam als knappe Antwort zurück. Der Neue erwiderte den festen Händedruck und nickte. "Bishop." Mehr sagte er nicht, bevor er sich wieder der Karte zuwandte, um den tragbaren, kleinen Computer seiner Hornisse mit deren Änderungen zu speisen. Er fühlte sich, da sie immerhin in einem Flügeltrio fliegen würden, trotz seiner ureigenen Brummeligkeit dazu genötigt, die Eile zu erklären. "Keine Zeit zu plaudern." Er blickte kurz vom Bildschirm auf und stellte fest, dass Mendes noch immer neben ihm stand. "Ich muss wissen, was mit der Maschine nicht stimmt. Hab ein ganz mieses Bauchgefühl dabei und auf mein Bauchgefühl war bisher noch immer Verlass." Tex warf Voss einen schwer deutbaren Blick zu und zuckte mit den Schultern. "Wie du meinst", sagte sie wieder an Bishop gewandt. "Dann sehen wir uns nachher auf Startbahn D. Ach, äh und wundere dich nicht: Der Tech ist ein bisschen seltsam, aber das wirst du gleich selbst herausfinden." 11:52 Die Hornisse schnitt mit beruhigend monotonem Zischen der starken Strahlentriebwerke durch den verwaschenen Himmel über der Finne. Weiter unten konnte Bishop einige Nebelschwaden entlang der Küste ausmachen. Es nieselte nur noch leicht. Das Flügeltrio Proteus tauchte in V-Formation durch schier endlose Weiten eines windstillen, melancholischen Graus. Sie würden eine Patroillie bis hinunter zu den Ausläufen des Schwarzen Bandes fliegen, von wo aus sie die Von Quesen sehen können und schließlich wieder über einen kleinen Schlenker zur Basis zurückkehrten sollten. Ein Knacken im Funk. "Achten Sie auf jedes Signal Ihres Detektors, Bishop." Es war Voss' Stimme. "Du kennst das schon, Tex: Die Jungs haben in letzter Zeit ihre Tarntechnik aufgerüstet und warten in Chameleoline auf ihre Gelegenheit, uns runterzuholen. Also wachsam bleiben! "Verstanden." Bei Numinax handelte es sich, wie eigentlich bei allen Techpriestern, tatsächlich um einen wunderlichen Kerl, beschloss Bishop, als er die Begegnung des heutigen Vormittags Revue passieren ließ. Allerdings war er, und das traf ebenfalls auf alle Techpriester zu, wenn überhaupt nur zur Hälfte ein Mensch. Das erklärte so Einiges. Bishop waren die Anhänger dieses Kultes seit jeher suspekt gewesen, auch wenn er neidlos zugeben musste, dass sich der Mann mit den technischen und mechanischen Finessen der Hornisse auskannt wie kein Zweiter. So sehr sogar, dass er hatte nachfragen müssen, was zum Henker dieser nun eigentlich hatte sagen wollen. 07:30 "Mutwillige Manipulation." lautete das allgemeinverständliche Urteil. "Nach meinen Berechnungen vor 17 Stunden, 22 Minuten programmiert. Laienhaft, wenn mir diese Bemerkung gestattet ist. Ziel war offenbar Überbrückung der manuellen Steuereinheiten, sowie Abschaltung der Triebwerke." "Heißt das... Ich sollte über dem Ozean abschmieren?" "Es liegt mir fern, die Ereignisse zu interpretieren. Ich habe lediglich Fakten dargelegt. Der Logikverarbeiter wurde auf seinen Werkszustand zurückgesetzt. Meine Arbeit hier ist getan." "Verdammt nochmal!", rief Bishop ungehalten. "Zu diesem Zeitpunkt waren wir auf der Kottos, wo unsere Maschinen aufgetankt und gecheckt werden sollten. Es ist unmöglich, dass dort jemand von Außerhalb Zugriff hatte. Das ist Sabotage in den eigenen Reihen!" "Ich wiederhole: Es liegt mir fern, die Ereignisse zu interpretieren. Meine Arbeit hier ist getan. Wenden Sie sich mit Anliegen dieser Art an ihre Vorgesetzten." 11:58 Bishop hatte sich an Debris gewandt und nur an Debris. Dies war ein heikler Sachverhalt, den es bis zur genauen Aufklärung streng vertraulich zu behandeln galt, damit kein giftiges Misstrauen unter den Kameraden gesät wurde. Zwar hatte er keinen Zweifel an Numinax' Urteil, doch konnte sich der Pilot beim besten Willen nicht erklären, weshalb jemand seine Hornisse hätte sabotieren sollen oder wer dafür überhaupt in Frage käme. Hatte es Voss treffen sollen und sie wurden verwechselt? Welchen Sinn hätte es überhaupt, den Geleitschutz zu eliminieren, wenn die Bomber ganz offensichtlich problemlos durchgekommen waren? War die Motivation am Ende gar privater Natur? Nicht jeder konnte Bishop leiden, aber Feinde unter den eigenen Leuten hatte er sich, soweit er es beurteilen konnte, keine gemacht. Vor allem keine, die einen solchen Anschlag begründen könnten. Er verwarf die Gedanken und ließ den Blick erneut über die Instrumente schweifen. Bisher hatten die Detektoren nichts erfassen... Moment, was war das? Die Treibstoffanzeige hing schon verdächtig tief, dabei waren sie bei Weitem noch nicht so lange in der Luft. Bishop schaltete auf genaue Messmethode und beobachtete wie die Zahl auf dem Bildschirm immer rapider schrumpfte. Mendes, die neben ihm, aber ein wenig höher flog, bestätigte ihm soeben, dass es sich dabei nicht nur um einen Fehler in der Anzeige handelte: "Hast du heute deine Spendierhosen an, Bishop? Du ziehst ne mächtige Spur hinter dir her. Gute Güte, du verlierst Unmengen an Sprit!" Ein Knacken und Rauschen. "Bishop, melden! Was ist da los? Wie viel Treibstoff haben Sie noch?" "Geben Sie mir einen Augenblick..." Wieder ein Knacken. "Jetzt sitze ich auf dem Trockenen. Kann keinen Schadensbericht geben. Alle Instrumente funktionieren tadellos. Weiß der Warp, was hier geschehen ist, aber so viel ist klar: Ich werde mir die Gegend da unten mal etwas genauer anschauen müssen." Nach einer halben Minute verlor die H-1, in deren Cockpit es mittlerweile aufgrund der fehlenden Triebwerkgeräusche ungewohnt still geworden war, bereits merklich an Geschwindigkeit. Voss hatte sich unentwegt, aber vergeblich bemüht, einen Funkkontakt zu finden, doch das Trio befand sich außerhalb der Reichweite ihrer Basis in Alljähre und auch die Von Quesen war noch zu weit entfernt. 12:07 Angespannt presste sich Bishop in seinen Sitz und hatte so seine Probleme, die mittlerweile mehr stürzende als gleitende Hornisse durch den heftigen Wind der Küste zu manövrieren. Er war auf 190 Meter gesunken, durchschnitt gerade ein Nebelfeld und geriet durch die nächste Böe fast ins Trudeln. Herrschten auf ihrer eigentlichen Flughöhe noch optimale Bedingungen, peitschte es hier unten unbarmherzig gegen die Klippen der Finne. Voss gab die Suche nach einer Funkfrequenz nicht auf. Auch Mendes, die zunächst Gelassenheit vorspielte, zeigte sich nun äußerst besorgt, als sie von Bishop erfahren hatte, dass sein Schleudersitz nicht reagierte und er sich eine andere Lösung einfallen lassen wollte. Bishop konnte ohne Antrieb bisher nicht mehr tun, als zu reagieren und gegenzusteuern, war er doch bei seiner jetzigen Geschwindigkeit nicht mehr als ein Spielzeug der Naturgewalt, das schon bald ausgedient haben und an den Felsen zerschellen oder im Morast versinken würde. Der stetige Regen der letzten Tage hatte den Boden zu seiner Rechten sichtlich aufweichen lassen. Das weitläufige Plateau erinnerte an eine kahle Sumpflandschaft. Mit einer weichen Landung konnte der Leutnant dennoch nicht rechnen; dazu war sein Winkel zu steil und seine Geschwindigkeit noch zu hoch. "Mendes, sehen Sie zu, dass sie vor meiner Nase verschwinden!", gab er über Funk an seine hilflose Kameradin durch. "Machen Sie keine Mist, Bishop! Ich will nicht noch mal auf einen weiteren Ersatz warten müssen", antwortete sie mit einer deutlichen Beunruhigung in der Stimme, während ihre Maschine abdrehte. Bishop hingegen war die Ruhe selbst. Er konnte es sich nicht erklären, doch in den brenzligsten Situationen behielt er stets den Überblick, wägte sachlich Chancen ab, zögerte jedoch auch nicht, Risiken einzugehen. So manches Mal bekam er Stunden nach einem nervenaufreibenden Erlebnis erst nervöses Flattern, musste sich mit einen guten Schluck beruhigen oder sich gar hinlegen, doch im Eifer des Gefechts fürchtete er nichts und niemanden. Er brauchte Schub. Die Ruder allein reichten nicht aus, um gegen den Wind anzukämpfen und die Hornisse in einen halbwegs vernünftigen Winkel zu bringen. Bishop wählte auf dem flackernden Monitor die Sternernglanz-Rakten an, gab ihnen Bodenkoordinaten rund fünf Kilometer vor seiner aktuellen Position und ließ sie ausfahren. Nur noch 85 Meter über dem Boden. Auf 60 Meter zündete er beide Raketen, ohne sie auszuklinken. Das Manöver war äußerst riskant, denn er konnte nicht sagen, ob der kleine Schub ausreichen würde, die Maschine hochzuziehen, damit sie nicht mit der Nase voran abstürzte. Auch waren die Raketen freilich nicht dafür gedacht, die Maschine anzutreiben und für ein solches Vorhaben schlecht platziert. Sollte die Korrektur gelingen, der Wind ihn aber unerwartet herunterdrücken, würden die Dinger direkt unter seinem Hintern hochgehen. 30 Meter. Die Nase bewegte sich langsam nach oben. Unter ihm rauschten die Mantelstromtriebwerke der Sternenglanz-Raketen. Die Instrumente zeigten eine gefährliche Hitzeentwicklung am Rumpf. Noch 15 Meter. Die Nase lag fast waagerecht. Eine weitere Windböe sorgte für leichte Seitenlage, doch es war keine Zeit mehr für weitere Korrekturen. Alles, was jetzt noch blieb, war die beiden Raketen auszuklinken und zum Imperator zu beten. Bishop betätigte den Abzugsknopf auf seinem Joystick und schloss die Augen. 12:15 Der Schädel summte und fühlte sich seltsam taub an. Im ganzen Körper spürte er sein Blut zirkulieren, als würde es verzweifelt mit voller Kraft durch alle Adern gejagt, um zu prüfen, ob diese noch vorhanden waren. Er öffnete die Augen und musste mehrfach blinzeln, bis er klar sehen konnte. Er saß in einem Cockpit, in seinem Cockpit, in dem Cockpit einer H-1. Er war am Leben. Bishop blickte an sich hinunter und bewegte die Gliedmaßen. In den Beinen hatte er kein Gefühl, aber sie reagierten. Der heftige Ruck in den Gurt musste die Blutzufuhr eingeschränkt und dafür gesorgt haben, dass sie eingeschlafen waren. Ein paar Blutspritzer hatten seine Fliegerjacke benetzt. Er tastete sich ab und zuckte schließlich zusammen, als er sein Gesicht berührte. Die komplette linke Seite der Glaskanzel war zersprungen. Dabei musste ein Teil seine Stirn dort aufgeschnitten haben, wo der Helm verrutscht war, doch wenn das alle Blessuren waren, die er davongetragen hatte, konnte er sich glücklich schätzen... Wieder einmal. Einige Bildschirme flackerten unregelmäßig auf. Langsam kehrte Bishops Gleichgewichtssinn zurück und er bemerkte, dass seine Hornisse mit einer Linksneigung tief im Morast der feindlichen Küste feststeckte. Ein wenig Wasser, das bereits den Boden des Cockpits bedeckte, plätscherte über die gesprungen Scheibe hinein. Er löste den Gurt, stützte sich mühsam und stöhnend ab und kletterte möglichst bedacht, um sich nicht noch weitere Schnittwunden zuzuziehen aus dem Wrack heraus. Während er noch mit einem Bein im Innern hing, nahm er ein leises Piepen war. Er kannte das Geräusch. Es war der Detektor. - Kurt Messer - 02-16-2016 ... ich sage ja nur, dass ich nicht verstehe warum du jetzt gleich schon abhauen willst. Mal ganz davon abgesehen, dass wir uns die Überfahrt zurück niemals leisten können. Warum? Na weil wir hier früher oder später drauf gehen. Wir sind dem Sensenmann inzwischen so oft von der Schippe gesprungen, dass wir längst überfällig sind. Ja schon klar, aber seit der Gefangenschaft haben wir es doch ganz gut getroffen. Wir haben Gäule, Waffen und was zu Futtern. Dein Verständnis von "Gut" ist auch mal richtig komisch. Die Klepper sind Schindmähren, die eigentlich nur noch für die Abdeckerei zu gebrauchen sind, Kurt tätschelte seinem Carnak die Flanke, nicht persönlich nehmen Mädchen. Unserer Knarren sind Museumsstücke ohne genügend Munition und was wir in uns rein schaufeln fressen wo anders nicht mal die Hunde. Kurt und Fedor ritten so weit versetzt, dass sie während ihrer Unterhaltung nicht schreien mussten, aber auch nicht so nahe, dass eine Salve sie beide erwischen konnte. Alles wahr, aber denkst du in Gohmor wären wir besser dran? Zwei abgehalfterte Pilger. Darauf wartet der Arbeitsmarkt sicher. Irgendwo über ihnen war das dumpfe Brummen von Fliegern zu hören und wenn sie die Augen zu den kargen Baumwipfeln richteten, dann konnten sie einen Blick auf drei Flugzeuge erhaschen. Diese Burschen waren fein raus. Krieg aus der Vogelperspektive. Kein Schlamm, keine Läuse und kein Hunger. Ein bisschen auf die anderen Fliegerschnösel ballern und zum Abendessen wieder im Offizierskasino. Kurt verschwendete keinen weiteren Gedanken an die Vögel. Alle mal ist die Wahrscheinlichkeit geringer von irgendeinem Arschloch im Schlaf erstochen oder am Tage erschossen zu werden. Ganz sicher gegeben, aber eben geringer. Die ganze Diskussion ist aber solange blödsinnig, solange wir nicht an Kohle kommen. Daran arbeite ich. Oh, der große Stratege arbeitet daran. Und könntest du mich auch in deinen genialen Plan einweihen? Dann könnte ich vielleicht... bäh. Fedor wischte sich etwas vom Gesicht und roch daran? Was ist? Fragte Kurt erschrocken, halb im Sattel gedreht, eine Hand bereits auf der Gasmaskentasche. Strich 13? Ne... Promethium. Beide sahen wieder nach oben. Die Flieger hatten eine Kurve beschrieben und einer von beiden sank nicht nur rapide, sondern zog auch eine weiße Spur aus Treibstoff hinter sich her. Vielleicht eine verpasst bekommen. Vielleicht! Sind das welche von uns? Glaub schon. Und woran erkennst du das? Na das erkennt man eben, wenn man bei der PVS war. Du warst gerade mal 3 Monate da. Schnauze! Er geht runter. Plötzlich flammte es zwischen den Doppelflügeln auf und die Maschine wurde für einen Moment nach vorn und wieder in die Höhe gerissen. Woho... was war das? Der versucht scheinbar alles um nicht abzuschmieren. Der Flieger sackte wieder nach unten. Scheint ihm nicht zu gelingen. Der klatscht ins Meer. Gruß an die Fische. Die Finne war nur etwa zwei Kilometer zu ihrer Linken und davor gab es nur Wasser. Ne der schafft es aufs Land. Zwei Schekel dagegen. Soviel hast du doch gar nicht. Okay... eine Nachtwache. Gemacht! Fedor sollte seine Wette verlieren, denn die Hornisse vollende ihren Bogen und der Schub durch die Raketen hatte ihr genug Schwung und Auftrieb verliehen, dass sie weder gegen den Fels der Finne prallte, noch ins Meer stürzte. Das Flugzeug ging sogar so nah runter, dass die beiden Pilger den Aufprall und der Bersten der Sumpfbäume hören konnten. Wir machen die Biege, oder? Kurt zögerte. Komm schon Mann, in zwanzig Minuten wimmelt es hier von Zefas oder Mutis. Die Finne gehört immer noch denen. Wir reiten hin! Wieso, zum Henker? Na weil Piloten goldene Uhren, Lederjacken mit Echtfell und sonderangefertigte Dienstpistolen und sowas alles haben. Kurt hatte seinem Tier bereits die Fersen gegeben und galoppierte in Richtung Rauchfahne. So eine Scheiße! Fedor eilte ihm nach. Der Flieger hatte ein paar der Bäume umrasiert und seine Nase dann in den weichen Erdboden gegraben. Eine der vier Tragflächen war abgerissen, die andere nach oben gebogen. An einer Seite spielten ein paar zögerliche Flammen, waren aber bereits wieder im Verlöschen begriffen. Kurt hörte den eigenen Atem in den Ohren, wofür die Gasmaske verantwortlich zeichnete. Gut möglich, dass die Zefas das Gebiet mit Gas beschossen, um den Piloten zu killen. Der lange Schlauch, der zum Filter am Gürte hinunter führte, wurde von Kurt ebenfalls hinter den Gürtel gesteckt, damit er nicht im Weg rumhing. Die Carnaks hatten sie in einiger Entfernung angebunden und nun näherten sie sich auf leisen Sohlen durch das dornige Unterholz. Messer schob die Kapuze etwas zurück um besser sehen zu können. Das war dank der Maske auch so schon schwer genug, aber Strich 13 reagierte auch mit der Haut. Zum Glück trugen seine Hände eine schützende Dreckkruste. Da war Fedor! Er machte einen Bogen um die Absturzstelle und näherte sich von hinten. In Händen hielt er seine MP. Die Waffe war leer, aber das wusste außer ihnen beiden schließlich keiner und wenn es darum ging jemanden abzumurksen, dann konnte der hünenhafte Fedor auf den Knüppel zurückgreifen, denn er sich aus einer Hornigeiche geschnitzt hatte und dessen Ende mit Metallbeschlägen verstärkt war. Was diese primitive Waffe mit einem Schädel anrichten konnte, hatte Kurt schon bei so manchem Mutanten erleben dürfen. Er selbst war mit einer erbeuten Muskete bewaffnet, auf deren Pfanne er in diesem Moment Pulver gab. In diesem Klima sog sich das Zeug innerhalb von Minuten mit Feuchtigkeit voll und war dann nicht mehr zu gebrauchen. Aber solang gedachten sie ohnehin nicht zu bleiben und zu Not hatte er ja immer noch den Katzbalger bei sich. Fedors Gesicht, ebenfalls von einer Gasmaske zum Besseren verändert, drehte sich in Kurts Richtung. Er gab das Zeichen und spannte den Hahn seiner Waffe. Dann näherten sie sich in geduckter Haltung dem Flieger. Von diesem drang eine quäkende Funkstimme an ihre Ohren. Proteus Drei, ich wiederhole. Gebiet nicht sicher! Wenn möglich nach Osten durchschlagen und mit eigenen Kräften verbinden. Proteus Drei, ich wiederhole. Gebiet nicht sicher! Wenn möglich nach Osten durchschlagen und mit eigenen Kräften verbinden. Proteus Drei, ich wiederhole. Gebiet nicht sicher! Wenn möglich nach Osten durchschlagen und mit eigenen Kräften... - Bishop - 02-18-2016 "Scheiße nochmal", knurrte Bishop, als er, schon halb aus der Kanzel geklettert, nun doch wieder kehrtmachte. Sein Kopf arbeitete nur langsam. Vorsichtig ließ er sich zurück in den Sitz fallen, drehte mit einer ungewohnt zittrigen Hand den Funk leise und griff mit der anderen unter sich, um nach dem Erste-Hilfe-Kasten und seiner Dienstwaffe zu tasten. Er fand beides, zog es hervor und starrte einen unschlüssigen Moment lang auf die zwei flackernden Monitore, die noch funktionierten. Pflichtbewusst hätte er den Funkspruch beinahe beantwortet, würde ihn nicht eine innere Stimme zögern lassen. Für ihn gab es nun keinen Zweifel mehr daran, dass die feige Sabotage ihm galt. Wenn er schon zuvor niemandem völliges Vertrauen hatte schenken können, wie sollte er jetzt? Alles, was er von den neuen Kameraden der Sonderstaffel wusste war, dass sie hier und da in ihrer Laufbahn angeeckt waren - ähnlich wie er selbst. Unliebsame Personen, die man auf das Abstellgleis geschoben hatte. Bishop zückte sein Kampfmesser. Irgendwer wollte ihn tot sehen. Er schlug den Funk mit mehreren Hieben des Knaufs kaputt. Es war also für's Erste besser, wenn irgendwer ihn für tot hielt. "Auf feindlichem Territorium abgestürzt..." Ein weiterer Hieb. "Funkkontakt verloren. Kein Lebenszeichen. Solche Dinge passieren, nehme ich an. Schlau eingefädelt." Nicht nur, um seinen unbekannten Widersacher auf eine falsche Fährte zu führen zerstörte er den Funk. Auch wollte er den Aasgeiern der Heimatgarde, die das Wrack früher oder später plündern würden, nicht die eingespeicherten Frequenzen in die Hände spielen. Mit der Klinge löste Bishop rasch die Schrauben, welche den Flugschreiber hielten und ließ diesen in seine Hand gleiten. Der Detektor hatte derweil an Saft verloren, seine Warnung hingegen war nicht vergessen. Mit dem kleinen Verbandskoffer und dem Flugschreiber auf dem Schoß duckte er sich etwas tiefer in das Cockpit. Seine Stiefel waren von dem hereintröpfelnden Wasser schon völlig durchnässt. Er steckte das Messer weg und schob das Visier seines Pilotenhelms hoch, um besser sehen zu können. Ein weiterer Kontrollblick auf den Detektor brachte keine neue Erkenntnis; der Bildschirm blieb schwarz und kalt. Mit gezückter Halbautomatik suchte der Leutnant die Umgebung ab und wischte angespannt eine kleine Blutspur weg, die eben in sein linkes Auge fließen wollte. "Du kannst nicht hier hocken bleiben, du Idiot", flüsterte er sich selbst zu. Doch welche Möglichkeiten blieben ihm? Wer auch immer sich ihm näherte, war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Mitglied der Heimatgarde. Bishop selbst war geschwächt, musste gegen immer stärker werdenden Kopfschmerz ankämpfen und war zudem in der Unterzahl, soviel hatte er dem Signal des Detektors noch entnehmen können. Da war etwas... Der matschige Boden konnte jeden noch so geübten Schleicher verraten! Wenigstens zwei Leute kamen schmatzend, wenn auch auf Lautlosigkeit bedacht, auf die Hornisse zu. Er drehte sich um, konnte aber durch das verschmierte und von zahllosen Rissen übersäte Glas nichts erkennen. Nur die offene linke Seite gewährte ihm einen Blick ins Freie. Jemand warf einen langgezogenen Schatten auf die große, schlammige Pfütze. Offenbar versuchte wer in geduckter Haltung von hinten an die Kanzel zu treten. Vielleicht doch Mutanten, die in den Sümpfen lebten? Bishop hielt den Atem an und wartete ab. Als er den Fremden nur wenige Schritte entfernt vermutete, warf er seinen Oberkörper aus der Öffnung und gab in der Hoffnung, das Überraschungsmoment auf seiner Seite zu haben, einen intuitiven Schuss ab, feuerte zwei Mal mehr, als er den anderen verschreckt Deckung suchen sah und schwang sich zurück in die Kanzel. |